Resolutiion - Test, Action-Adventure, PC, XboxOne, PlayStation4, Switch

Resolutiion
05.06.2020, Matthias Schmid

Test: Resolutiion

Postapokalyptisches Cyberpunk-Zelda?

Das optisch gewaltige Action-Adventure Resolutiion nimmt sich Links Abenteuer zum Vorbild, zitiert Hyper Light Drifter und macht es dem Spieler absichtlich nicht leicht. Hier kommt der Test.

Postapokalyptische Erzählung, gepixelte Dystopie oder fantastischer Fiebertraum zwischen Zelda und Hyper Light Drifter? Ein bisschen von alledem! Das deutsche Entwicklerstudio Monolith of Minds, welches eigener Aussage zufolge aus den „wütenden Brüdern Richi und Günther“ besteht, arbeitete seit 2015 an seiner Vision eines modernen, stylishen 2D-Action-Abenteuers. Surreal illustriert von Artist Chris Rafferty und atmosphärisch untermalt von den Kompositionen Gerrit Wolfs , tischt mir das Spiel eine Welt auf, wie ich sie bislang noch nicht gesehen habe. Look und Design der Landschaft erinnern in Grundzügen an Hyper Light Drifter und Superbrothers: Sword & Sworcery EP - im Detail ist Resolutiion aber ungleich schmutziger und abgefuckter, und damit letztlich sehr glaubhaft bei der Inszenierung seiner pixeligen Dystopie. Die namenlose Hauptfigur, ein schlaksiges Menschlein mit bedrohlich wirkenden Krallenhänden, nennen die Macher auf der offiziellen Website „The Resolver“ - sie nimmt es auf mit „zynischen Göttern, fühlenden Maschinen, Eiferern, Technikfeinden und pelzigen Tieren“. Es geht um Algorithmen und ums Hacken, um vermeintliche Ritter, die ihr Lager zwischen eingestürzten Wolkenkratzern aufgeschlagen haben, und um den Fall eines Imperiums. Mehr kann ich zur Geschichte fast nicht sagen - weil ich sie nicht verstanden habe! Kryptische Hinweise, philosophische Andeutungen oder vieldeutige Textfragmente sind schön und gut, all das kann zu einem lustvollen Erschließen der Geschichte beitragen. Im Fall von Resolutiion haben es die Macher meiner Meinung nach aber deutlich übertrieben - mir war selten klar, was die Figuren mit ihrem Gebrabbel von mir wollen, und was denn nun mein Auftrag bzw. meine Daseinsberechtigung in der Spielwelt ist.

Bitmap Brothers

Komm, kleine Mieze: Mitten in der lebensfeindlichen Pixelwüste taucht plötzlich eine Riesenkatze aus dem Sand auf.
Aber wo ich nun schon mal da bin, kann ich mich auch ausgiebig umschauen - das wird in den nächsten Stunden mein wesentlicher Zeitvertreib. Aus isometrischer Perspektive, wie man es in klassischen Zelda-Episoden oder z.B. jüngst in ITTA gesehen hat, erkundet man eine äußerst stimmungsvolle Spielwelt: Es geht durch die Ruinen einer gefallenen Metropole, über schmale Brücken durch ein Meer aus Blut und Geschwüren, zur einer azurblauen Wasserlandschaft oder hinab in verwinkelte Stollen voller Bergbau und buddhistischer Mönche. Eine wirklich strange Mischung! Resolutiion hält sich dabei nicht an typische Motivpaletten der Postapokalypse oder des Cyberpunk: Inmitten einer orangeroten Wüste, wo versteinerte Titanen aus dem Sand ragen, bricht urplötzlich ein grinsendes Katzenmonster aus dem Boden - so schrill hat selten jemand den Dune’schen Wüstenwurm interpretiert. Anderswo fallen mich Arielles Horror-Schwestern beim Strandspaziergang an oder ringe ich vor urbaner Graffiti-Kulisse mit Mr. P, einem Penis-Monster, das sich am vermeintlichen Ende des Kampfes plötzlich in zwei Neon-Phalli aufteilt, die im Duo auf mich zustürmen.

Wenn es unter Tage so hübsch aussieht, wird man gern zum virtuellen Bergmann.
Gekämpft wird in Resolutiion nur gelegentlich, den Großteils des Spiels verbringt man mit Laufen, Suchen und vor allem Absuchen. Denn durch viele Bildebenen, sich überlagernde Hintergründe und organische Levelgrenzen ist es oft schwer ersichtlich, wo sich ein kleiner Durchgang verbirgt oder welches Objekt eine tatsächliche Barriere darstellt. Im Zweifelfall rennt man lieber einmal zu oft gegen eine massive Wand - aus Sorge, einen kleinen Weg zu verpassen. Die auf Knopfdruck einblendbare, hübsche Karte hilft bei der Orientierung und sorgt dafür, dass man immer weiß, wie die Bereiche der Welt miteinander verknüpft sind - mehr Details, stufenloses Zoomen oder selbstständiges Markieren interessanter Orte hätten mein Spielerlebnis aber bereichert. Oft hatte ich das Gefühl, die Entwickler wollen es mir absichtlich ein bisschen schwerer machen als nötig. Natürlich ist das legitim, es steigert aber eben nicht in allen Belangen meinen Spielspaß.

Castleroid-Konzept

Auch typische Metroidvania-Barrieren, wo ich ohne eine bestimmte Fähigkeit noch nicht durchkomme, sind in Resolutiion meist geheimnisvoll oder seltsam: Hier gibt es nicht einfach zerstörte Brücken, die man reparieren kann, oder einen Greifhaken, um sich auf höhere Ebenen zu ziehen. Nein, hier muss es kryptischer sein: Zerbröselte Stege stellt man durch eine seltsames Werkzeug namens „Chromatic Abberation“ wieder her, Barrieren aus Ranken bombt man mit einer Granate kaputt, die statt einer Explosionswolke einen transparenten Kubus erzeugt. Eine Weile habe ich mich auch gefragt, ob da an manchen Stelle eine Leiter in der Wand verborgen ist, die ich aktuell noch nicht erklimmen kann. Später fand ich dann ein Item, das meinen Charakter einen Schwall gelber Brühe verschütten lässt - und damit geht es dann an genau diesen Stellen hoch.

Bemüht anders?

Mr. P tut euch nichts - der will nur spielen!
Die Kämpfe in Resolutiion sind weniger kreativ: Standardfeinde zerpflückt man mit raumgreifenden Nahkampfattacken oder Schüssen aus dem Gewehr. Dauerballern ist tabu, das verhindert die kurze blaue Energieleiste, aus der sich nicht nur eure Schüsse sondern auch die zum Ausweichen nötige Sprintfähigkeit speist. Das macht die Auseinandersetzungen zwar nicht gleich langwierig, aber doch länger als es die überschaubaren Attacken der bösen Wesen tragen. Viele Schufte hauen einfach stupide und voraussehbar zu, auch mancher Zwischengegner ist mit ordentlich (Corona-) Abstand ein Klacks. Eine spielerisch nebensächliche, aber doch unerwartete Besonderheit stellen die „Finishing Moves“ dar: Sämtliche Feinde, aber auch viele NPCs können nicht nur niedergestreckt, sondern mit einem zusätzlichen Schlag in zwei Hälften gespalten oder blutigen Pixelmatsch verwandelt werden.

Resolutiion ist ein wunderschönes Spiel - sowohl im Standbild als auch in Bewegung ist aber mitunter schwer zu erkennen, wo Feinde lauern und wo der Weg langgeht.
Resolutiion wurde ursprünglich für alle aktuellen Systeme angekündigt, erschienen ist es Ende Mai aber nur auf Switch und PC (Steam + GOG). Computerspieler machen aktuell das bessere Geschäft: Sparen sie doch nicht nur drei Euro, sondern erhalten gratis auch das 270-seitige, digitale Artbook „Polychromatic: The Art of Resolutiion“. Wer sich in den mal sphärischen, mal treibenden Soundtrack verliebt, kann ihn im offiziellen Shop des Musikers erwerben. In der Switch-Version stieß ich nach circa vier bis fünf Spielstunden auf einen unschönen Bug: Beim Benutzen einer Treppe zwischen den Bereichen „Rusty Dock“ und „Hollow Valdez“ stürzt das Spiel unweigerlich ab. Zwar kann man diese Stelle durch einen Umweg umgehen, die Entwickler haben den Fehler eigenen Aussagen zufolge aber bereits beheben können und ein Update bei Nintendo eingereicht. Wann der Patch auf Switch aber live geht, ist aktuell noch nicht bekannt. Laut Twitter-Kommentaren kann der Fehler auch in der PC-Version auftreten. Da kommen übrigens die vielen Speicherstände sehr gelegen, die das Spiel automatisch anlegt. Wer Resolutiion auf Switch im Handheld-Modus zockt, sollte im Menü tunlichst die Vibration abstellen, sonst ist das unschöne Dauerbrummen der Hybridkonsole euer Reisebegleiter.

Wie und wo kaufen?

Fazit

Resolutiion hat es mir mit seiner verzwickten Wegfindung, den seltsamen Fähigkeiten und der bruchstückhaft erzählten Geschichte nicht leicht gemacht. Aber das ist prinzipiell okay. Bekanntlich haben nicht wenige Zocker da draußen viel Spaß mit Titeln, die sie zum Suchen, zum Trainieren, zum Experimentieren zwingen. Im vorliegenden Fall möchte ich aber differenzieren: Das Erkunden der Welt ist sehr motivierend, weil sie so betörend, so wild, so ungewöhnlich aussieht, aber auch weil der Aufbau angenehm verschachtelt, aber nicht zu komplex ist. Auch die nach und nach erhaltenen Gadgets haben mich positiv überrascht - da hat sich jemand Gedanken gemacht! Weniger angenehm fand ich das ständig notwendige Absuchen aller Bildschirm-Ecken nach Treppen oder Durchgängen; hier hätten etwas mehr Übersicht und eine klarere Abgrenzung von begehbaren und nicht zugänglichen Bereichen gut getan. Die Story schließlich hat mich gar nicht abgeholt - wenn es so vage, so fragmentarisch wie hier ist, kann man sich das auch ganz sparen. Unterm Strich steht ein spannendes, mutiges und audiovisuell eindruckvolles Action-Abenteuer, das bei seinen Kämpfen aber zu wenig eigene Wege geht.

Pro

  • cooles, fantasievolles Szenario
  • starke Pixelgrafik
  • optisch vielfältige Settings innerhalb der Welt
  • schrille tierische Riesenwesen
  • stylische Karte,...
  • atmosphärischer Soundtrack
  • einfallsreiche Fähigkeiten/Items
  • mehrere Spielstände automatisch archiviert

Kontra

  • bruchstückhafte, schlecht erzählte Geschichte
  • teils kaum erkennbare Wege und Durchgänge
  • taktisch wenig anspruchsvolle Bossfights
  • blutige Finisher hätte es nicht gebraucht
  • ...die aber Zusatz-Funktionen vertragen könnte

Wertung

PC

Sieht fantastisch aus, klingt super und belohnt mitdenkende Entdecker - Kampfsystem und Story können da leider nicht Schritt halten.

Switch

Sieht fantastisch aus, klingt super und belohnt mitdenkende Entdecker - Kampfsystem und Story können da leider nicht Schritt halten.

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Kommentare
Doc Angelo

Schade. Scheint tatsächlich das geworden zu sein, nach was es von Anfang an aussah: Ein schlechter Abklatsch von HLD.

Trotzdem ein interessanter Titel was Technologie angeht, weil es mit der Godot Engine gemacht wurde, und auch alle anderen Tools ebenfalls freie und offene Software waren.

Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 4 Jahren
nawarI

Ich persönlich konnte mit Hyper Light Drifter schon nicht viel anfangen - HLD war irgendwie... ich hab noch nie ein Spiel gesehen, das den Kopf so tief im eigenen Ar**h hat. Diese kryptische Erzählweise ist bei Bloodborne und bei Hollow Knight sehr cool und trägt massiv zur Atmosphäre bei, aber HLD hat nur versucht kryptisch und mysteriös zu sein ohne diesen Ansprüchen gerecht zu werden.
Ich hab ja nix dagegen, wenn Entwickler daherkommt und brüllt "ICH SCHAFFE 50 LIEGESTÜTZE" , wenn er von seinem Spiel überzeugt ist. Bei Bioshock, Arkham City, God of War, Uncharted merkt man auch, dass die Entwickler extrem von ihrem SPiel überzeugt waren, mit dem Unterschied, dass die halt auch 100 Liegestütze geschafft hätten, während HLD nach 15 halt schon schwitzend zusammenbricht.
Resolutiion klingt jetzt nach dem brauchbaren Abklatsch eines halbwegs brauchbaren Abklatsches..

Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 4 Jahren
aGamingDude

Ich finde, zu sagen man hätte sich hier optisch von Hyper Light Drifter inspirieren lassen schon arg untertrieben. Hier hat man abgekupfert, was anhand der Karte nochmal richtig deutlich wird. An sich hat man sich hier das Look&Feel von HLD genommen und einen abstrusen, wilden und strangen Überbau draufgepfropft.

Ich finde diese Art Spiel eigentlich immer interessant. Das ist mir aber von allem etwas zu viel, ohne dabei wirklich selbstständig zu sein. Schade.

vor 4 Jahren
MrLetiso

Klingt vielversprechend! Danke fürs Testen!

vor 4 Jahren