Tower of Time - Test, Taktik & Strategie, Linux, Switch, PlayStation4, PC, XboxOne

Tower of Time
02.07.2020, Jens Bischoff

Test: Tower of Time

Turmerkundung für Konsolen

Mehr als zwei Jahre nach dem PC-Debüt öffnen Event Horizon, Digerati und die Stage Clear Studios auch auf PlayStation 4, Xbox One und Nintendo Switch die Pforten des Tower of Time. Wir sind eingetreten und haben die Konsolenadaptionen des klassischen Rollenspiels einem Test unterzogen.

Der Tower of Time ist ein geheimnisvoller Turm im Fantasyreich Artara, der verkehrt herum in die Erde gerammt wurde. Warum und von wem ist nicht bekannt. Schon als Kind hatte man das Gemäuer nach einem Erdstoß entdeckt und neugierig erkundet. Doch eine körperlose Stimme verkündete, dass die Zeit noch nicht reif sei und man den Ort wieder verlassen solle. Zwanzig Jahre später liegt Artara nach einer schweren Katastrophe in Trümmern. Überall herrschen Krieg, Trockenheit und Hungersnöte.

Sesam öffne dich!

Doch man hegt Hoffnung, dass der Turm womöglich die Rettung bereithalten könnte. Eine Expedition soll Klarheit verschaffen. Und tatsächlich erhält man dieses Mal Einlass. Allerdings steigt man nicht selbst in die Tiefen hinab, sondern dirigiert seine treuen Gefolgsleute Kane und Maeve von einem magischen Thron aus Stockwerk für Stockwerk ans Ziel. Dabei entdecken der Schildwächter und die Meisterschützin auch Spuren früherer Besucher sowie antike Schriften und Artefakte, die tief in die längst vergessene Vergangenheit Artaras blicken lassen.

Von einem magischen Thron aus dirigiert man sein Gefolge in die Tiefen einer Turmruine.
Im weiteren Verlauf der Expedition gesellen sich sogar Verbündete, wie Elfendruide Aeric oder der zwergische Runenlord Rakhem zur Expeditionsgruppe hinzu, bis man die Kontrolle über sieben einzigartige Charaktere mit individuellen Ansichten und Fertigkeiten inne hat. Allerdings kann man maximal vier Akteure gleichzeitig auf Erkundung schicken. Wer das sein soll, kann man in der Regel frei bestimmen und dank praktischer Teleporter und Stadtportale auch je nach Situation jederzeit ändern.

In den Kämpfen gegen lebende Tote, angriffslustige Orks und andere feindselige Kreaturen greifen die Gruppenmitglieder in Reichweite befindliche Gegner automatisch an - allerdings nur mit Standardangriffen. Will man Zauber und Fertigkeiten nutzen, bestimmte Ziele aufs Korn nehmen oder vorteilhaftere Positionen einnehmen, muss man das manuell Anweisungen geben. Zudem wollen Manareserven, Abklingzeiten, Gegnerwut sowie elementare Resistenzen und Anfälligkeiten berücksichtigt werden. Damit keine unnötige Hektik aufkommt, lässt sich das Kampfgeschehen jederzeit auf Knopfdruck einfrieren und nach der Befehlsvergabe wieder fortsetzen.

Entspanntes Taktieren

Die Echtzeit-Kämpfe können jederzeit eingefroren werden, um in Ruhe Anweisungen zu geben.
Im PC-Original war seinerzeit auch ein alternatives Zeitlupentempo möglich, das auf den Konsolen allerdings nicht mehr zur Auswahl steht. Die von Maus und Tastatur auf Controller übertragene Steuerung macht trotz gewisser Komforteinbußen allerdings eine gute Figur. Schade nur, dass man auf Switch nicht auch Touch-Unterstützung implementiert hat, was sich gerade in den Kämpfen regelrecht angeboten hätte. Ein weiteres Ärgernis ist die besonders im Handheld-Modus der Switch, aber auch für Couch-Spieler mitunter sehr kleine und damit schlecht lesbare Schrift.

Kritisiert werden muss in diesem Zusammenhang auch die schlampige deutsche Lokalisierung, die allerlei Lücken, unschöne Worttrennungen und Textüberlappungen oder PC-Altlasten wie „Mauszeiger“-Angaben enthält. Der englische Erzähler macht allerdings wieder Boden gut und verdient mit seinen stimmungsvollen Ausführungen Lob - ebenso wie der meist gefühlvolle Soundtrack. Ansonsten ist die Inszenierung aber eher schlicht und unspektakulär, der Großteil der Dialoge unvertont.

Mangelnde Sorgfalt

Dafür kann man hier und da manipulativ auf Gespräche und Entscheidungen Einfluss nehmen und damit auch die moralische Ausrichtung der Gruppe bestimmen, was sich wiederum auf die Charakterwerte niederschlägt. Erfahrungspunkte gibt es hingegen keine. Stattdessen sammelt man Blaupausen und Gold, um Stützpunkteinrichtungen aufzuwerten und Charakterstufen zu erhöhen. Letzteres erlaubt neben dem individuellen Verbessern von Charakterwerten auch das Erlernen und Modifizieren von Zaubern und Kampfertigkeiten.

Darüber hinaus kann auch Ausrüstung facettenreich gefertigt und angepasst werden. Als Rohstoffe dienen gefundene Kristalle, die aber nicht nur zum Herstellen neuer, sondern auch zum Anpassen bestehender Waffen und Rüstungen dienen, in die sich sowohl Werte steigernde Kristalle als auch magische Schriftrollen einarbeiten lassen.  Zudem können unterwegs seltene Schmieden für weitere Upgrades sowie Brunnen oder andere Ereignisse und Objekte für charakterliche Veränderungen genutzt werden, die nicht immer positiv sein müssen.

Achtung Bauarbeiten!

Gelegentlich können auch Rätselaufgaben bewältigt oder Geheimbereiche entdeckt werden.
Hier und da können auch Rätselaufgaben angegangen oder Geheimbereich entdeckt werden. Selbst die Kämpfe halten gelegentlich spezielle Aufgabenstellungen, wie das Zerstören von Countdown-Portalen, das Verteidigen von Manakugeln oder das Meistern von mehrstufigen Bosskämpfen bereit. Es lassen sich sogar Dutzende völlig optionaler Kampfherausforderungen freischalten, in denen man lukrative Belohnungen erbeuten kann. Ein Speichern des Spielstands ist abseits von Kämpfen und Dialogen jederzeit möglich, ebenso wie ein Anpassen des Schwierigkeitsgrads in fünf Stufen.

Weniger gefallen hat mir hingegen die nur sehr limitierte Kamerakontrolle, die trotz Magergrafik immer wieder ins Stottern geratende Bildrate sowie die grafischen Abstriche der Switch-Fassung hinsichtlich Texturen und Beleuchtung. Selbst die Autosave-Funktion fehlt auf Nintendos Konsole. Die Ladezeiten könnten hier und da ebenfalls flotter sein und auf der Xbox One haben die Entwickler sogar versäumt, provisorische Bildratenzähler zu entfernen. Wirklich verheerend war allerdings der Day-One-Patch der ansonsten technisch ebenbürtigen PS4-Fassung, der dem Spiel nicht nur ein grafisches Downgrade auf das Niveau der Switch-Version verpasst sowie sämtliche Sprachausgabe deaktiviert hat, sondern es auch bei jedem Versuch, die Spieleinstellungen zu ändern, einfrieren lässt, was natürlich einen erheblichen Mangel darstellt.

Fazit

Tower of Time ist auch auf PlayStation 4, Xbox One und Nintendo Switch ein sowohl erzählerisch als auch spielerisch überzeugendes Rollenspiel alter Schule. Uneingeschränkt empfehlen kann ich es trotzdem nicht: Vor allem der aufgrund gravierender Bugs selbst eine Woche nach Release mangelhafte Zustand der PS4-Fassung verdient eine klare Kaufwarnung. Doch auch auf Xbox One und Switch müssen schwache Portierung und schlampige Lokalisierung bemängelt werden. So gibt es auf Switch grafische Abstriche und fehlende Features, während die Lesbarkeit vor allem mobil zu wünschen übrig lässt. Auch Touch-Funktionalität wurde komplett ignoriert. Das ist ärgerlich, denn im Kern handelt es sich um ein stimmungsvolles Rollenspiel mit interessanter Story und Dramaturgie, facettenreicher Charakter- und Ausrüstungspflege sowie spannenden Echtzeit-Kämpfen mit taktischer Pausefunktion. Wer wählen kann, sollte aktuell aber auf jeden Fall zur am wenigsten verhunzten Xbox-Version greifen!

Pro

  • interessante Story und Dramaturgie
  • sieben einzigartige Gruppenmitglieder
  • individuelle Charakterentwicklung und Ausrüstungs-Upgrades
  • Echtzeit-Kämpfe mit taktischer Pausefunktion
  • durch Entscheidungen beeinflussbare Gesinnungen
  • optionale Rätsel und Kampfherausforderungen
  • stimmungsvoller Erzähler und Soundtrack
  • praktische Schnellreisemöglichkeiten

Kontra

  • gravierende Bugs (PS4)
  • angestaubte Technik und Inszenierung
  • eingeschränkte Kameraführung
  • schlampige Lokalisierung
  • teils sehr kleine Schrift (vor allem Im Handheld-Modus der Switch)
  • keine Touch-Unterstützung (Switch)

Wertung

Switch

Erzählerisch und spielerisch überzeugendes Rollenspiel alter Schule, das leider sehr schlampig portiert und lokalisiert wurde.

PlayStation4

Erzählerisch und spielerisch überzeugendes Rollenspiel alter Schule, das aktuell unter gravierenden Bugs leidet.

XboxOne

Erzählerisch und spielerisch überzeugendes Rollenspiel alter Schule, das leider schlampig portiert und lokalisiert wurde.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

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Kommentare
Todesglubsch

Sollte hier noch jemand reinschauen:
Aktuell sind die Bugs ... immer noch vorhanden. An nem Patch für Switch und PS4 wird, laut PC-Entwickler, wohl gearbeitet, aber sie wissen auch nicht, wie lange es dauert.

In Anbetracht der Schwere der Bugs die auftreten können (im Review wird wohl nur die Spitze der Eisberge genannt), ist das ne ziemlich fade Leistung.

vor 4 Jahren
NigelOclamus

Ich hab das Spiel gleich zu Release auf der PS4 gekauft und mich schon ein wenig gewundert, dass ich von den im Test erwähnten Bugs verschont blieb.
Bis ich jedoch zum ersten Mal manuell gespeichert habe. Beim nächsten Start war der Ton weg, alle Einstellungen zurückgesetzt und ich kam nicht mehr aus dem Menü raus. Ich habe dann den Spielstand gelöscht und arbeite jetzt nur noch mit dem Auto-Save, was auf den ersten Blick zu funktionieren scheint.
Das ist zwar alles unbefriedigend, aber vielleicht hilft das dem ein oder anderen.

vor 4 Jahren
zaphood

"Aber wieso ist das ne Unlogik? Wird im Spiel ja auch erwähnt, dass die Helden nur durch das Training in den Gebäuden was neues lernen können."

Hast recht Todesglubsch. Falsches Wort. Wollte damit nur ausdrücken, dass es bei mir die Immersion etwas geschädigt hat ....

vor 4 Jahren
Todesglubsch

Nur eine Sache hat mich an Tower of Time sehr gestört und das war die Unlogik, daß man den Turm immer wieder verlassen konnte um zu Skillen etc. Dabei wurde doch immer wieder in der Geschichte von Tiefen, Einsamkeit und kein Zurück gesprochen. Dieser Umstand führte bei mir zu einem leichten Immersionsbruch.
Naja, zugegeben, die Stadt hätte man auch besser in das Spiel integrieren können.

Aber wieso ist das ne Unlogik? Wird im Spiel ja auch erwähnt, dass die Helden nur durch das Training in den Gebäuden was neues lernen können.

Ich fand's dann schon unlogischer, dass der Turm angeblich auf dem Kopf steht, man aber trotzdem Treppen nach unten geht, um eine Etage "darüber" zu erreichen. Und ja, das Spiel versucht dies mit "It's magic" zu begründen, aber dämlich isses trotzdem. Erinnert mich immer an The Book of Unwritten Tales.
"Wieso kann der Drache fliegen?"
- "Wie meinst du das?"
"Naja, bei seiner Flügelspannweite und dem ganzen Gewicht das er momentan trägt, ist es eigentlich unmöglich, dass er sich aus eigener Kraft in der Luft ha..."
- "Magie!"
"Was?"
- "Durch Magie! Wenn du etwas nicht erklären kannst, ist es immer durch Magie!"
Solche Spiele würd ich auch nicht auf der Konsole spielen. Ich bin ansich ein fast reiner Konsolenspieler, aber Pillars, Divinity oder sowas geht mit M+T halt besser. Divinity OS 2 hab ich aufm PC sogar mit Gamepad gestartet und dann doch schnell auf M+T gewechselt.
Pillars 1 und Divinity 1+2 waren eigentlich ganz angenehm mit Pad. Das Inventar war ein bisschen fummelig, ja. Aber ansonsten konnte ich mich nicht groß beschweren. Hurz, gab ja sogar nen Mauszeigermodus, damit man bequem größere Bewegungsbefehle geben konnte und nicht die ganze Zeit aktiv steuern musste. Tower of Time hat dagegen ... naja, keine so gut durchdachte Konsolenanpassung.

vor 4 Jahren
zaphood

Also wenn ich jetzt Werten dürfte, würde ich PC=84% vergeben. Das Spiel ist für mich persönlich Klasse, aber es ist, trotz der von mir weiter oben geschilderten Stärken, nicht Vollkommen (was immer man darunter verstehen mag ).
Was solche Jubelwertungen angeht bin ich auch knausrig.

PS: um meine Wertung einordnen zu können (bin ja nicht 4Players ): Pillars of Eternity 2 würde ich 85% geben

Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 4 Jahren