The Legend of Heroes: Trails of Cold Steel 3 - Test, Rollenspiel, PlayStation4, PC, Stadia, Switch

The Legend of Heroes: Trails of Cold Steel 3
09.07.2020, Jens Bischoff

Test: The Legend of Heroes: Trails of Cold Steel 3

Der Bürgerkrieg erreicht die Switch

Während PS4-Spieler bereits dem vierten und letzten Teil von Nihon Falcoms Rollenspiel-Saga entgegenfiebern, feiert sie auf Switch mit The Legend of Heroes:  Trails of Cold Steel 3 jetzt erst ihre Premiere. Ob die Portierung auf Nintendos Konsole gelungen ist und wie schwer der Einstieg ohne Vorkenntnisse fällt, klärt der Test.

Trails of Cold Steel 3 spielt eineinhalb Jahre nach den Ereignissen von Trails of Cold Steel 2, die zum Ende des Erebonianischen Bürgerkriegs geführt hatten. Serien-Protagonist Rean Schwarzer ist mittlerweile vom Schüler zum Ausbilder an der Thor-Militär-Akademie avanciert. Allerdings nicht im Hauptsitz, sondern in der neu gegründeten Zweigstelle in Leeves, wo er die nächste Heldengeneration in eine ungewisse Zukunft führt, da der errungene Frieden noch auf sehr wackeligen Beinen steht und sich im Hintergrund bereits neue Machtkämpfe und Intrigen anbahnen.

Zerbrechlicher Frieden

Die Erzählung der epischen Bürgerkriegsgeschichte beginnt trotz vorausblickenden Auftakts auch dieses Mal sehr gemächlich. Allein bis man das Städtchen Leeves das erste Mal verlässt, vergehen gut und gerne zehn Stunden. Und bis dahin hat man nur einen Bruchteil des Abenteuers erlebt. Laut Hersteller soll das Spiel mehr Wörter haben als alle sieben Harry-Potter-Romane zusammen bzw. mehr als doppelt so viele wie die gesamte Herr-der-Ringe-Trilogie oder The Witcher 3, nämlich über 1,1 Millionen.

Auf der Militärakademie in Leeves treffen neue Rekrutinnen und Rekruten ein.
Schade nur, dass die Texte lediglich ins Englische und Französische übersetzt wurden. Eine deutsche Lokalisierung gibt es nach wie vor nicht. Zudem ist die auf Switch nur mehr auf Englisch verfügbare Tonspur (wer japanischen Originalton will, muss den erst via eShop herunterladen) noch immer sehr fragmentiert: Während viele Dialoge der Hauptgeschichte überhaupt nicht mit Sprachausgabe unterlegt sind, kann die Vertonung auch immer wieder spontan ein- oder aussetzen - teils sogar mitten im Gespräch. Ein andermal reden nur bestimmte Teilnehmer, während andere nur Textblasen ausspucken. Die Vertonung wirkt jedenfalls wenig homogen und teils fast schon grotesk, während Inszenierung und Technik kaum noch zeitgemäß sind. Hin und wieder kann es trotz der unspektakulären Optik sogar zu Slowdowns kommen.

Neueinsteigern dürfte auch das erst spät einsetzende Tutorial negativ aufstoßen. Erzählerisch hat man jedoch an sie gedacht und die Geschichte so konzipiert, dass man auch ohne Vorkenntnisse gut mitkommt, da für Rean ein komplett neuer Lebensabschnitt an einem für ihn bis dato unbekannten Ort beginnt. Trotzdem trifft man natürlich nicht nur auf neue, sondern auch auf viele alte, teils sogar aus der Trails-in-the-Sky-Reihe stammende Gesichter, die sich aber zumindest Reans Schülern in der Regel kurz vorstellen oder vorgestellt werden, um Zusammenhänge und Reaktionen zu verstehen.

Epische Geschichte

Praktische Einstiegshilfe: Im Backstory-Menü kann man sich über Schauplätze, Charaktere und Ereignisse der beiden nicht auf Switch erschienenen Vorgänger detailliert informieren.
Darüber hinaus gibt es auch ein Backstory-Menü, über das man sich über die Schauplätze, Charaktere und Ereignisse der beiden Vorgänger detailliert informieren kann. Ein Speichern des Spielstands ist abseits von Kampfhandlungen, Storysequenzen und Dialogen nach wie vor jederzeit möglich. Die Schrift ist mitunter allerdings recht klein und so vor allem im Handheld-Modus nicht immer angenehm lesbar. Touch-Funktionalität gibt es leider auch keine. Dafür wurden über 20 kosmetische DLCs, die vormals separat erhältlich waren, direkt ins Spiel integriert. Trotzdem sind auch auf Switch haufenweise Zusatzinhalte käuflich erhältlich.

Der Schwierigkeitsgrad bietet fünf Stufen, die sich jederzeit anpassen lassen. Und wer an einem Gegner scheitert, kann den Kampf beliebig oft wiederholen und bei Bedarf den Kontrahenten sogar sukzessive schwächen. Herausforderungen gibt es trotzdem genug - vor allem, wenn Boss- und Spezialgegner auf den Plan treten und sich mit fiesen Kräfteschüben und Statusbeeinträchtigungen vorstellen. Zudem können sich mehrere umherziehende Gegner zusammenrotten oder einem in den Rücken fallen. Man selbst kann es ihnen natürlich gleichtun und versuchen, sie seinerseits vor Kampfbeginn mit einem Angriff von hinten zu überraschen, mit einem vorzeitigen Treffer kurzzeitig zu lähmen oder neuerdings mit einem aufladbaren Spezialangriff noch stärker zu schwächen.

Die anschließenden Auseinandersetzungen laufen rundenbasiert ab und bieten eine angenehme Mischung aus Taktik und Dynamik: Die Zugfolgenleiste zeigt nicht nur an, wer wann an der Reihe ist und welche Aktionen welche Verschiebungen bewirken, sondern lotst auch bestimmten Positionen Boni zu, die es durch geschicktes Agieren möglichst für sich in Anspruch zu nehmen gilt. Das Spektrum reicht von einfachen Heilungen und Energieauffrischungen über kritische Treffergarantien und Statusbeeinträchtigungen bis hin zu kostenlosen Sofortzaubern. Der Einsatz von Magie ist sonst nämlich eher kostspielig und mit Wirkzeiten behaftet, während der man vom Gegner unterbrochen werden kann.

Zug um Zug

In den rundenbasierten Kämpfen sind vor allem Timing und Stellungsspiel wichtig.
Neben Zaubern und Standardangriffen stehen je nach Ausrüstung und Energiepegel auch diverse Spezialangriffe zur Auswahl. Wer all seine Spezialenergie auf einmal opfert, kann sogar ungeachtet der Zugfolge ins Geschehen eingreifen, wertvolle Boni kassieren und verheerenden Schaden anrichten. Viele Angriffe haben spezielle Stoßrichtungen oder Flächenwirkungen. Zudem spielen Waffen-, Elementar- und Statusanfälligkeiten sowie oft von Kontern begleitete Ausweich- und Trefferwahrscheinlichkeiten eine große Rolle, während es im Anschluss leistungsbezogene Erfahrungsboni regnet.

Schwächen und Stärken der Gegner werden wie gewohnt erst nach und nach offengelegt, was sich aber auch wieder durch Zauber, Items oder Spezialfertigkeiten beschleunigen lässt. Anschließend wird alles in praktischen Datenbanken verewigt, die man für Vorbereitungszwecke nutzen kann. Ansonsten können Verteidigungen gebrochen und Gegner dank entsprechender Break-Balken noch gezielter ins Wanken gebracht, Formationen geändert sowie Kampfpartner und Gruppenmitglieder gewechselt werden. Um Stellungsvorteile zu nutzen, kann man sich außerdem frei über das Schlachtfeld bewegen sowie mitgeführte Kampfobjekte einsetzen. Auch Fluchtversuche sind in der Regel möglich.

Valimar und andere Stahlkolosse kommen auch zu Kampfeinsätzen.
Neu ist neben einer modernisierten Menüführung auch die Möglichkeit, im Kampf verdiente Bonuspunkten nicht nur für einzelne Partneraktionen, sondern auch für Gruppenstärkungen zu nutzen. Die halten zwar nur eine gewisse Anzahl von Ruden an, können, im richtigen Moment eingesetzt, das Blatt jedoch oft wenden. So z. B. wenn man kurz vor einem schweren Gegenangriff, ein Schutzschild aktiviert oder vor einer dringend benötigten Heilung die Zauberwirkzeit reduziert. Manche Waffen besitzen sogar eine Transformationsfunktion, um zwischen verschiedenen Angriffsarten wie Nah- und Fernkampf zu wechseln. Andere lassen sich wiederum auch unterwegs zur Überwindung von Hindernissen nutzen, während sich die Kämpfe selbst automatisieren und beschleunigen lassen.

Neue und alte Facetten

Hin und wieder wird auch wieder an Bord von riesigen Mechs gekämpft, die mittlerweile auf den deutschtümlichen Namen "Panzer Soldats" hören und zum festen Bestandteil der militärischen Streitkräfte zählen. Reans Mech Valimar ist ebenfalls wieder mit von der Partie. Rean und seine dieses Mal über 20 spielbaren Gefährten definieren sich neben ihrer Ausrüstung nach wie vor maßgeblich durch das individuelle Anpassen ihrer vielseitigen Arcus-Gadgets. Diese lassen sich mit magischen Quarzen bestücken, die ihren Trägern ein immer breiteres Spektrum an Zaubern, Talenten und Fertigkeiten zur Verfügung stellen. Die Steckplätze dafür sind allerdings begrenzt, oft bestimmten Quarzarten vorbehalten und können erst nach und nach entsperrt werden.

Das primär installierte Quarz eines Arcus entwickelt sich wie gewohnt weiter und verleiht seinem Träger eine bestimmte Ausrichtung, kann aber ebenfalls ausgetauscht werden. Später kann man sogar die Hauptquarze anderer Gruppenmitglieder zu einem gewissen Grad mitbenutzen. Die Kombinationsmöglichkeiten sind aber auch dank unterschiedlicher Abarten und manueller Nachproduktionen sehr vielfältig, die benötigten Rohmaterialien auf mehreren Wegen erhältlich. Darüber hinaus dient Reans Arcus auch als Kommunikations-Tool, um Transportmittel anzufordern und Freunden interessante Gerüchte, sehenswerte Landschaftsaufnahmen oder andere Informationen zu übermitteln.

Die Arcus-Gadgets bieten zahlreiche Kombinations- und Einsatzmöglichkeiten.
Der von ortsspezifischen Pflicht- und Nebenaufgaben geleitete Spielverlauf gestaltet sich zwar noch immer etwas zäh und linear, punktet aber immer wieder mit überraschenden Ereignissen und charmanten Details. Das Spektrum an Schauplätzen und Aufgaben ist jedenfalls angenehm vielseitig, die Karten-, Turbo- und Schnellreisefunktionen ein Segen, der Umfang des Abenteuer wieder enorm. Ambitionierte Sammler und Ausrüstungsperfektionisten können problemlos Dutzende Stunden Spielzeit anhäufen, Enzyklopädien vervollständigen, Rekorde verbessern und bis ans Ende der militärakademischen Karriereleiter klettern.

Viel zu tun

Je besser man bei militärischen Prüfungen und optionalen Hilfeleistungen abschneidet, um so schneller steigen der Rang und die damit verbundenen Belohnungen. Darüber hinaus gibt es mit dem Einhel Keep auch wieder einen sich sukzessive erweiternden Spezial-Dungeon für Trainingseinsätze. Wer will, kann sich die Zeit auch wieder mit Kochen, Angeln, Lesen oder Kartenspielen vertreiben. Das Angeln wurde im Gegensatz zu den Vorgängern klar verbessert, das Kartenspiel sogar gegen ein noch motivierenderes Sammelkartenspiel im Stil von Magic, Yu-Gi-Oh und Co. ersetzt.

Wer die Beziehungen zueinander pflegt, erhält im Kampf öfter Unterstützung.
Wer freie Zeit mit seinen Freunden verbringt, stärkt dadurch auch wieder die Beziehungen zueinander, wodurch man im Kampf öfter Unterstützung erhält: Mal besteht die Chance, gegnerische Angriffe abzufangen oder zu kontern, mal können Verletzungen geheilt oder verbrauchte Energiereserven aufgefrischt werden. Grundaktionen wie automatisch ausgelöste Folgeattacken und Finisher beherrschen aber alle miteinander befreundeten Gruppenmitglieder.

Fazit

Inszenierung und Technik des in Japan mit Trails of Cold Steel 4 bereits abgeschlossenen Bürgerkriegsdramas sind auch auf Switch alles andere als zeitgemäß, das gemächliche Spieltempo garantiert nicht jedermanns Sache, die Vertonung spärlich und willkürlich. Schade ist auch, dass lediglich in englische und französische Übersetzungen investiert wurde und der japanische Originalton auf Switch erst noch heruntergeladen werden muss. Touch-Unterstützung oder angepasste Schriftgrößen im Handheld-Modus sucht man ebenfalls vergeblich. Wer damit leben kann, freut sich aber über eine gelungene Fortsetzung einer wahrlich epischen Geschichte, die selbst Neueinsteiger nicht im Regen stehen lässt. Die Riege an spielbaren Charakteren ist immens, die Charakter- und Beziehungspflege unglaublich motivierend. Zudem hat das taktische Rundenkampfsystem einen moderneren Anstrich und neue Facetten erhalten. Doch auch abseits der Schlachtfelder gibt es viel zu tun. Das neue spielinterne Sammelkartenspiel "Vantage Masters" hat regelrecht Suchtpotential!

Pro

  • epische Story
  • üppige Charakterriege
  • facettenreiche Rundenkämpfe
  • flexibles Skill-System
  • motivierende Charakter- und Beziehungspflege
  • unterhaltsame Nebenaufgaben
  • praktische Karten- und Notizfunktion
  • aufrufbare Rückblicke der Vorgänger
  • über 20 kosmetische DLCs bereits integriert

Kontra

  • angestaubte Inszenierung und Technik
  • sehr gemächliches Spieltempo
  • nur sporadische Sprachausgabe
  • keine deutsche Lokalisierung
  • japanischer Originalton nur als Zusatz-Download
  • mitunter schlechte Lesbarkeit im Handheld-Modus

Wertung

Switch

Die Switch-Premiere der Bürgerkriegssaga begeistert trotz angestaubter Präsentation mit toller Story, Rundentaktik und Charakterpflege.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

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  • Es gibt Käufe für Fähigkeiten, Karten, Figuren, Waffen, Geld, XP oder Spielmodi.
Kommentare
Scour1

Die Spielmechanik an sich ist nicht schwierig zu durchschauen. Es sind je Teil immer mal ein paar Systeme dazugekommem, die einem etwas mehr strategische Möglichkeiten geben, aber das ist alles noch verständlich.
Das hört sich ja gut an

vor 4 Jahren
yopparai

Edit: Ach, was soll‘s...

Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 4 Jahren
4P|Jens

Schade ist auch, dass lediglich in englische und französische Übersetzungen investiert und der japanische Originalton auf Switch sogar gestrichen wurde.
Das stimmt doch überhaupt nicht? Den muss man sich nur im eShop kostenlos runterladen, der ist nichtmal besonders groß.
Das ändert zwar nichts daran, dass der Originalton im Auslieferungszustand nicht vorhanden ist, den Verweis auf den Zusatz-Download habe ich aber dennoch hinzugefügt, danke für die Anmerkung

vor 4 Jahren
yopparai

Die Spielmechanik an sich ist nicht schwierig zu durchschauen. Es sind je Teil immer mal ein paar Systeme dazugekommem, die einem etwas mehr strategische Möglichkeiten geben, aber das ist alles noch verständlich.

vor 4 Jahren
Scour1

Thanks für deine Erläuterungen

Du beziehst dich hauptsächlich auf die Storylines, aber die Spielmechanik an sich ist hoffentlich eingängig?

Ich würde eh mit einen der älteren bzw. ersten Teil anfangen, manche Teile findet man ja ab und zu bei GOG im Angebot

vor 4 Jahren