Crayta - Test, Logik & Kreativität, PC, Stadia

Crayta
17.07.2020, Jan Wöbbeking

Test: Crayta

Googles Antwort auf Dreams

Sony hat kreativen PS4-Spielern Dreams beschert, doch auch Google will Bastlerträume wahr werden lassen: Den Spielebaukasten Crayta vom englischen Entwickler Unit 2 Games gibt es vorerst nur für Stadia. Für den Test haben wir Probe gebastelt und auf einen möglichen Input-Lag geachtet.

Während sich im vor Möglichkeiten überquellenden Dreams vor allem Freunde malerischer Pinselstriche austoben, kümmert sich Crayta spürbar weniger um stilsicheres Design - dafür mehr ums klassische Spielvergnügen. Sobald man in der Online-Lobby gelandet ist, kann man sich sofort nahtlos mit anderen Nutzern in die Spiele stürzen, basteln oder in sortierten Kreationen stöbern. Der zuvor erstellte Avatar kommt auch in den meisten vorhandenen Spiel-Genres zum Einsatz.

Nicht stylish, aber spaßig?

Dessen aalglattes Design weckt ungute Erinnerungen an Microsofts Xbox-360-Avatare: Er lässt sich nicht einmal sonderlich vielseitig umgestalten, so dass man relativ ähnliche Spieler-Figuren durch die Online-Welt streifen sieht. Und das, obwohl sich das Konzept von Crayta stark auf füllende Fortschrittsbalken und freischaltbare Anpassungen konzentriert. Wie in einem Handy-Spiel soll man alle paar Minuten neue Graffiti-Tags und anderen Klimbim im Menü „abholen“ – na wenn‘s denn sein muss...

Es werden viele praktische Bausteine geboten, die künstlerischen Möglichkeiten sind aber weit von den Pinselstrichen in Dreams entfernt. Die meisten Kreationen drehen sich um 3D-Konzepte in Schulter- oder Ego-Sicht. Für 2D-Spiele kann man die Kamera fest seitlich justieren.
Sackboy hatte mit seinen Preisblasen ein viel motivierenderes System! Zum Glück halten sich die Unterschiede zwischen den zwei Editionen (siehe Kasten) in Grenzen. Abgesehen von der lustigen Katzendrohne haben uns die kosmetischen Freischaltungen der Deluxe-Edition herzlich wenig interessiert – hier füllt sich der XP-Balken schneller. Passend zum Fokus auf den Avatar rennt und hüpft man meist mit ihm durch 3D-Genres wie Hindernis-Parcours auf Zeit, eine Bomberman-Variante im Mehrspieler-Modus oder auch einfache Shooter im Free-for-all, Capture-the-Flag oder Battle Royale. Einige davon stammen von den Entwicklern selbst, der Großteil aber bereits von fleißigen Nutzern. Die am besten bewerteten bzw. in diversen Kategorien vorgestellten „Spielchen“ sind durchaus gelungene Kandidaten für eine spaßige Runde zwischendurch. Größere Welten aus miteinander verknüpften Levels wie in LittleBigPlanet 3 finden sich hier aber kaum.



Lust auf ein Online-Duell?

- saisonaler Post-Launch-Content, der im Laufe von 2020 erscheint (darunter „Summer Sports“, „Sci-fi Colonies“ und „Dark Circus“)Schade auch, dass motivierende Features wie globale Bestenlisten oder auch Import von Musik erst später nachgeliefert werden. Sie hätten die zahlreichen Parcours-Wettrennen eine ganze Ecke spannender gemacht. Bei diesen Wettläufen machen sich leider die Nachteile der Streaming-Technik bemerkbar: Mit einem Stadia-Probemonat in 1080p (und 50-Mbit-DSL) war in solch reaktionsschnellen Spielen eine leichte Verzögerung spürbar. Sie bleibt zwar minimal, doch das reicht schon, um einem manchmal das Sprung-Timing zu verhageln, z.B. auf der Flucht durch die von Lava überschwemmte Stadt. Nach etwas Gewöhnung kann man sich damit ähnlich arrangieren wie zum Start des trägen Yooka-Laylee - doch die langsameren Genres wie Rätsel- oder Aufbauspiele passen einfach deutlich besser zur Stadia-Fassung von Crayta.

Folgende Editionen sind erhältlich:

- Premium Edition: Kostenlos für Nutzer von Stadia Pro

- Non-Pro-Subscribers: 34,99 Euro

Inhalte:

- die Grundversion des Spiels

- 500 Crayta Credits (In-game Währung zum Kauf von kosmetischen Items)

- saisonaler Post-Launch-Content, der im Laufe von 2020 erscheint (darunter „Summer Sports“, „Sci-fi Colonies“ und „Dark Circus“)

- Upgrade von der Premium Edition: 22,99 Euro

- Full Deluxe Edition: 54,99 Euro

Inhalte:

- die Grundversion des Spiels

- exklusive kosmetische Items, Outfits, Sprays, Emoticons und Drohnen-Designs

- XP-Boost

- 1000 Crayta Credits (In-game Währung zum Kauf von kosmetischen Items)

Weniger störend fielen die gelegentlichen Auflösungs-Einbrüche auf, welche kurzzeitig die Landschaft oder Spielernamen unscharf aussehen ließen. Der 2012 erschiene Spiele-Baukasten Gameglobe hatte übrigens ähnliche „Problemchen“, da auch er schon damals teilweise auf Streaming-Technik setzte. Wer sich etwas länger beschäftigen möchte, kann z.B. einen Abstecher auf eine 3D-Farm im Stil von Harvest Moon bzw. Stardew Valley starten: Dort ackert man neben den Farmen der herumwuselnden Mitspieler an Beeten oder in der Mine. Euer Fortschritt bleibt übrigens erhalten, wenn ihr die Idylle verlasst und später ins Bauernhof-Spiel zurückkehrt.

Die Tücken der Streaming-Technik

Am spannendsten ist es aber natürlich, selbst kreativ zu werden. Wie bei der Konkurrenz kann man schließlich auf Knopfdruck in den Spiel-Modus umschalten, um neue Abschnitte zu testen. Im einfachen Modus platziert man Blöcke, Utensilien oder Feinheiten aus Community-Paketen direkt vor der Spielfigur. Besser klappt es mit der fliegenden Drohne, mit der man besser an verwinkelte Ecken des Leveldesigns gelangt. Wer z.B. einen ausgefeilten Hindernis-Parcours auf die Beine stellen will, sollte sich aber schon früh mit dem Profi-Modus anfreunden, da sich manche Feinheiten wie hohe Plattformen dort einfach besser manipulieren lassen.

Dreifaltiger Editor

Vor allem im Bereich von Schaltungen, Auslösern und dergleichen kommt man hier eher ans Ziel: Die Welt befindet sich dann frei mit der Maus drehbar in einem kleineren zentralen Fenster, während am Rand allerlei Kataloge und Variablen-Tabellen erscheinen. Profis können sich im Code-Editor sogar mit Skripts austoben, mehr dazu hier . Vieles im Editor lässt sich mit einem Gamepad (z.B. Stadia- oder Xbox-One-Controller) annehmbar erledigen, mit Maus und Tastatur flutscht es auf Dauer aber spürbar unkomplizierter.

Beim Abtragen oder Aufschütten von Materialien wird oft die etwas blockige, an Minecraft erinnernde Gitter-Struktur mit unterschiedlich großen „Voxeln“ deutlich.
All diese Editor-Tricks werden allerdings ziemlich trocken in Text-Anleitungen erklärt, die sich auf einer ausgelagerten Webseite befinden. In diesem Bereich zieht das Spiel klar den Kürzeren im Vergleich zu Media Molecules liebevoll-interaktiven Tutorials in Dreams oder LittleBigPlanet. Auch Projekt Spark, Super Mario Maker 2 oder Gameglobe präsentierten sich in diesem Bereich deutlich einsteigerfreundlicher. Diese Titel brachten zudem eine Reihe kleiner KI-Gegner oder sogar Helfer mit, die für Kämpfe oder Puzzles im Lemmings-Stil durch die Levels wuselten. Nicht so Crayta: Hier sollen NPSc erst irgendwann in der Zukunft folgen. Ein inspirierender Story-Modus wie bei Sackboy oder Dreams fehlt ebenfalls.

Verlassene Idylle

Ein Highlight in Crayta ist dagegen die Botanik. Neben diversen Gebäuden, tödlichen Fallen sowie allerlei Möbeln und Alltagsobjekten wie Bälle gibt es im Katalog auch zahlreiche Bäume, Blumen, Wurzeln und Pflanzen. Mit ihnen lassen sich richtig hübsche, dicht überwucherte, verlassene Dschungelkulissen basteln - gespickt mit Verstecken, Totenkopf-Fallen und anderen Gemeinheiten. Kein Wunder also, dass viele der verfügbaren Shooter auf solche Tropenkulissen zurückgreifen.

Ein Trip in den persönlich aufgeforsteten Dschungel! Aufwändige Intro-Filmchen oder Zwischensequenzen lassen sich in Crayta übrigens nicht so leicht erstellen.
Ein überschaubares Repertoire an Set-Vorlagen mit Checkpoints erleichtert das Basteln bestimmter Genres. Zudem dauert es hier nicht ganz so lange wie in Dreams, dazwischen sauber zentrierte Hindernisse zu platzieren. Wer es sozial mag, darf seinen Freunden die Genehmigung erteilen, an seinen Werken weiterzubasteln. Mit Hilfe der „State Share Beta“ können die Ersteller von Spielen direkt einen personalisierten Link zu ihrer Kreation generieren, den sie danach mit anderen Spielern teilen. Klicken diese auf den Link, landen sie direkt im Werk und können zusammen daran arbeiten und natürlich miteinander spielen. Ein klares Minus ist übrigens, dass sich auch unfertige Spiele veröffentlichen lassen, ohne dass man sie selbst einmal komplett im Testspiel abgeschlossen haben muss. An diesem Punkt wäre eine deutliche Kennzeichnung für Vorlagen sinnvoll gewesen. Sehr minimalistisch wirken leider auch die Verschlagwortung mit Themen-Tags sowie das Feedback-System ohne Textfeld. Hier kann man nicht einmal bestimmte Nutzer abonnieren, um über ihre Kreationen auf dem Laufenden zu bleiben.

Kooperationen erwünscht

Fazit

Für ein paar lustige Online-Duelle zwischendurch oder zum Basteln einfacher Spielkonzepte ist Crayta durchaus ein geeigneter Baukasten. Vor allem bei hübsch überwucherten Urwäldern spielen die 3D-Wettrennen, Mehrspieler-Shooter und anderen Genres ihre Stärken aus - bis hin zum Einbinden von Skripts. In vielen Bereichen hinken die Möglichkeiten aber professioneller präsentierten Titeln wie Dreams, Super Mario Maker & Co. hinterher. So gibt es bislang keine KI-Gegner, keine globalen Bestenlisten und nicht einmal interaktive Tutorials. Hinzu kommen Mängel der Streaming-Technik wie eine leichte Verzögerung beim Hüpfen. Es handelt sich zwar nur um einen kleinen Input-Lag, doch schon der kann dafür sorgen, dass die Spielfigur unverschuldet von einer schmalen Plattformen in den Tod segelt. Interessierte Kreative sollten sich außerdem im Klaren darüber sein, dass es bisher keinen Weg gibt, eigene Spiele langfristig zu sichern. Beim ähnlich konzipierten Streaming-Baukasten Gameglobe von Square-Enix waren all die aufwändig verknüpften Action-Abenteuer schon nach einem Jahr für immer verloren, weil mangels Erfolg die Server ausgeknipst wurden!

Pro

  • flüssiges, nahtloses Online-Spielen und Basteln mit anderen Nutzern
  • verschiedene Bau-Modi und Perspektiven für Anfänger und Profis,...
  • eine Vielzahl möglicher Genres bis hin zu Editor- und Code-Feinheiten
  • relativ einsteigerfreundliche Bedienung per Controller oder Maus und Tastatur
  • vom Start weg mehr praktisch nutzbare Spielobjekte verfügbar als in Dreams
  • beim Basteln Kooperation mit Freunden möglich

Kontra

  • die nur geringe Streaming-Verzögerung stört die Präzision, z.B. beim Springen
  • ...für viele wichtige Editor-Aktionen ist allerdings der Profi-Modus nötig
  • trotz nerviger Fortschrittsanzeigen nur relativ wenig persönliche Anpassung
  • keine übergeordnete Bestenlisten in den Menüs
  • Sets und Schöpfungen wirken bei weitem nicht so stilvoll wie in Dreams
  • noch keine KI-Gegner vorhanden wie etwa in Project Spark oder Gameglobe
  • bisher kaum große, miteinander verknüpfte Projekte
  • nicht exportierbare Levels könnten genauso schnell verschwinden wie bei der Einstellung von Gameglobe
  • keine Durchspiel-Kontrolle vor der Veröffentlichung
  • kein mitgelieferter Story-Modus

Wertung

Stadia

Nicht so ausgefeilt und stilvoll wie die Konkurrenz, aber trotzdem ein unterhaltsamer Baukasten für unkomplizierte Online-Spielchen.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Zwei Editionen mit unterschiedlich viel Spielwährung und XP, die beide Einfluss auf kosmetische Avatar-Freischaltungen nehmen. Spielwährung auch gegen Echtgeld im Ingame-Store erhältlich.
  • Käufe können minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.
Kommentare
oliver74

...sogar meine "PC-Zocker-Kollegen" haben keine spürbare Latenz festgestellt.
Na dann wird es die wohl auch nicht geben Wer eine Latenz von bis zu über 200 Millisekunden nicht merkt, spielt wahrscheinlich Rundenstrategie.
Sorry, aber das mit der Latenz ist halt bei Cloud Gaming auch für jeden verschieden, je nach Netzwerkanbindung und natürlich auch Empfinden.

Ich habe 2/3 von Tomb Raider Reboot Trilogie jetzt durchgespielt auf Stadia, das war jetzt überhaupt kein Problem, und andere haben Thumper durchgespielt.... das ja von Reaktionen lebt.

Das mag kein Maßstab sein, aber von "Rundenstrategie" ist das weit weg.

Also nicht per se ein Problem, es sei denn der örtliche Provider hat mal Routing Probleme oder einzelne Strecken sind überlastet zu bestimmten Zeiten (hey ho Corona times.. ) , aber dafür kann primär Stadia bzw. Google nix.

Die Tests in den Redaktionen sind auch so eine Sache, Cloud Gaming durch mehrere Router hindurch was je nach Komplexität des Unternehmensnetzwerkes wohl der Fall sein dürfte könnte da auch Probleme verursachen, addiert sich ja alles zur Latenz.

Einzelne Redaktionen hatten sowas bei den "Corona Anspielsessions" ja auch berichtet als bestimmte Titel zum Selbstspielen nicht vor Ort, sondern via Parsec Streaming bereitgestellt worden sind.. das ging dann je nach Anbindung/Netzwerkstruktur der Redaktion sehr unterschiedlich gut.

Also wenn Kritik, dann bitte ausgewogen.. für mich geht Google Stadia bisher ganz hervorragend als Dritt (Viert?Fünft? Ich hab aufgehört zu zählen)-Konsole.

Was Crayta angeht.. ja, keine Ahnung ob das Bestand hat.. ist schon was anderes als Dreams für die Playstation.. das trotz seines knuffigen Äußeren und seiner visuellen Bedienung eher schon eine richtige Entwicklungsumgebung ist.

Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 4 Jahren
HellToKitty

...sogar meine "PC-Zocker-Kollegen" haben keine spürbare Latenz festgestellt.
Na dann wird es die wohl auch nicht geben Wer eine Latenz von bis zu über 200 Millisekunden nicht merkt, spielt wahrscheinlich Rundenstrategie.

vor 4 Jahren
KarstenBier

Achja, Stadia, das gibt es ja auch noch...

vor 4 Jahren
zyan84

Ok, also wirkliche Resonanz auf Stadia habe ich noch nicht mitbekommen. Ein Kumpel aus der XBL hat es sich angeschafft, ansonsten kenne ich niemanden. Der ist aber den ganzen Tag wechselseitig an Box, Switch oder dem PC. Bis auf Youtubewerbespots, wie perfekt das angeblich Ding rennt, und ein paar timeexclusive Geschichten habe ich auch keine großen Marketingaktionen gesehen. Bisher dachte ich halt, dass es irgendwie keine Nische sinnvoll füllt und im Prinzip wieder direkt in der Versenkung verschwunden ist. Also von einen mords Hype nach dem Release, habe ich nun wirklich nix mitbekommen, ähnlich der Ouya Geschichte. Die war ja auch sofort wieder erledigt. Aber danke für die Antworten.

vor 4 Jahren
Creasy

Naja, typisch "PC". Hässlich wie eh und jeh, nicht wie in Dreams, egal was, wie ein Kunstwerk aussieht.
Dreams für den PC oder zumindest mit Keyboard Unterstützung wäre endgrandios.

Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 4 Jahren