Rocket Arena - Test, Shooter, XboxOne, PC, PlayStation4

Rocket Arena
22.07.2020, Matthias Schmid

Test: Rocket Arena

Death-Matches ohne Death

Drei gegen drei, wilde Shooter-Duelle in kleinen Arenen, Raketen und Spezialfähigkeiten: Man nehme eine große Prise Overwatch, mische reichlich Fortnite darunter und schmecke es mit Smash Bros. ab. Ob diese Ballerspiel-Rezeptur, die uns EA da vorsetzt, auch schmeckt, erfahrt ihr im Test.

Auf der diesjährigen EA-Play-Show stellte Electronic Arts Rocket Arena (ab 3,95€ bei kaufen) als Teil des EA-Originals-Programms vor - und niemand so „yeah“. Nicht nur sieht die bunte Ballerei nach einem rein auf aktuelle Trends ausgerichteten Comic-Shooter aus, auch ihre Vorgeschichte ist nicht sonderlich spannend. Der Titel wurde schon 2019 angekündigt und war auch bereits in einer Beta spielbar, schließlich gingen Entwickler Final Strike Games und Publisher Nexon aber doch getrennter Wege. Mit Electronic Arts an seiner Seite macht das Studio aus Washington nun ernst - wenige Wochen nach der Wiedergeburt unter EA-Flagge ist das Spiel bereits erhältlich. Allerdings nicht, wie ich aus dem Bauch heraus vermutet hätte, als Free-to-Play-Titel sondern im mittleren Preissegment für 30 Euro angesiedelt. Und natürlich mit optionalen Mikrotransaktionen im Gepäck, doch dazu später mehr…

3 gegen 3, in bunt

Zehn Helden im Comic-Look, darunter viele Mädels, stehen zur Verfügung - jeder von ihnen hat individuelle Supermoves.
Rocket Arena verzichtet auf eine Einzelspieler-Kampagne, sondern setzt - nach einem kurzen, guten Tutorial - einzig auf Mehrspieler-Kämpfe in Comic-Arenen. Die Grafik ist bunt und sehr sauber, erinnert vom Stil her an computeranimierte Trickfilme und läuft superflüssig über den Schirm. Zehn Charaktere, zehn Karten, fünf Modi, freischaltbare Outfits, ausrüstbare Artefakte, eine Art Season Pass - so weit, so Standard. Die Figuren sind kompetent, ja sogar eher ansehnlich gestaltet - natürlich aber ohne irgendwelche Wagnisse jenseits eines kind- bzw. jugendgerechten Massengeschmacks einzugehen: ein korpulenter Pirat, eine Eisprinzessin, ein Rittersmann mit Drache, eine Wassermagierin und so weiter. Jeder rückt mit festgelegter Knarre plus zwei Spezialfähigkeiten aus - naturgemäß sollte man alle Figuren mindestens einmal ausprobieren, um die eigenen zwei, drei Favoriten herauszufiltern.

Diese Heldin gleitet auf einem Hoverboard durch die Arena - dadurch fühlt sich ihre Steuerung etwas schwammig an.
Laut Spielbeschreibung „regieren Raketen die Welt“ und man muss „die einzigartigen Raketen und Fähigkeiten der Helden meistern“. Allerdings darf man das fast schon eine Lüge heißen: Denn viele der Knarren der Zehnertruppe entsprechen typischen Shooter-Archetypen: Sniper Rifle, Mini-Gun, Armbrust, Schrotflinte, etc. - Rocket Arena pappt da quasi nur Raketenwerfer-Skins drauf, anstatt das Thema Raketen wirklich konsequent in die Tat umzusetzen. Das muss in spielerischer Hinsicht nicht mal schlecht sein, kommt aber doch ein wenig einer Themaverfehlung gleich. Die Spezialfähigkeiten (mit recht kurzem Cooldown-Timer) sind dafür angenehm unterschiedlich: Eine Figur verwandelt sich in einen Rochen und schießt auf Knopfdruck mit einer enormen Wasserfontäne in die Höhe, die nächste nutzt einen Greifhaken für schnelle Bewegungen, wieder eine andere beschwört einen Doppelgänger oder nutzt einen Schild.

Raketenpower?

Über alle Spielmodi (auf die ich gleich komme) hinweg gilt das Credo: Hier kommt niemand ums Leben! Trifft man einen Gegner, wird er in die Luft befördert und seine Energieleiste geht runter. Ist diese nur noch rot blinkend vorhanden, sorgt der nächste Treffer dafür, dass die Figur aus der Kampfarena katapultiert wird - dieses Feature erinnert überdeutlich an die Smash Bros.-Reihe. Nach einem Flug über die Karte landet die Figur an anderer Stelle wieder in der Arena - derweil muss das Dreierteam aber natürlich in Unterzahl kämpfen und der „Rauswurf“ wird wie ein Kill gezählt. Entscheidend ist diese Zahl aber nur im Modus „Knockout“ - hier gewinnt das Team, das die meisten Feinde aus der Karte kegelt.

Niemand stirbt

Im Spielmodus "Raketenball" muss das Runde zur gegnerischen Flagge gebracht werden. Nicht einfallsreich, aber spaßig.
In den anderen Team-Spielarten „Raketenball“, „Mega-Rakete“ und „Schatzsuche“ sorgt das Rausschießen lediglich für einen kurzen taktischen Vorteil, während man die Spielziele erledigt. Keines davon ist einfallsreich: „Mega-Rakete“ ist eine Art Domination-Modus, wo beide Teams um das Erobern des nächsten Raketen-Landeplatzes kämpfen. In „Schatzsuche“ rangelt man um Kisten voller Gold und muss zudem immer mal wieder auf Münzjagd gehen. „Raketenball“ schließlich, das mir am meisten Spaß macht, setzt ganz banal auf das Aufsammeln eines Spielballs, der zum gegenerischen Zielpunkt getragen werden muss, Pass-Funktion inklusive. Während alle vier genannten Modi auf das Prinzip „3 gegen 3“ setzen, machen in der „Raketenbot-Attacke“ drei Spieler Jagd auf eine größere Zahl von KI-Widersachern. Mit der Intensität und taktischen Tiefe guter Horde-Varianten hat das aber nichts zu tun, „Raketenbot-Attacke“ fühlt sich vielmehr wie ein plumper Übungsmodus an.

Neben Ranglisten-Matches (aktuell befinden wir uns noch in der Vorsaison) wartet hinter dem Feld „Social“ eine simple Matchmaking-Funktion. Das Suchen und Finden geht angenehm flott vonstatten, allerdings habe ich aktuell das Gefühl, dass manche Maps und Modi ständig, andere dafür fast nie in der Rotation sind. Das Spielgefühl selbst ist ordentlich bis gut, die Steuerung dezent schwammig aber unterm Strich noch solide. In Third-Person-Sicht wird gefeuert, was der Triggerfinger hergibt - plastische Raketenschweife durchqueren die Arena, bunte Effekte füllen den Bildschirm. Die Performance geht dabei nie in die Knie: Auf PC überzeugen selbst mit der höchsten Auflösung konstante 120 Bilder pro Sekunde. Darüber hinaus haben wir bei den einstellbaren PC-Optionen nichts Wesentliches vermisst. Während das Laufen der Figuren selbst überschaubar flott ist, sorgen Ausweich-Drehmanöver, Rocket Jumps an Wänden und stets verfügbare Dreifach-Sprünge für eine hohes Maß an Mobilität und Vertikalität. In Kombination mit den recht kleinen Arenen sorgt das wiederum für reichlich Chaos. Und wenn ein Team eingespielt ist und die Spezialfähigkeiten seiner Figuren geschickt kombiniert, bekommt eine zufällig zusammengewürfelte Truppe aus Anfängern keine Zeit zum Luftholen!

Wild, schnell, austauschbar

Diese Karte erinnert an Disneyland - und ist die hübscheste im Spiel.
Nach den Matches und dem Küren des Siegerteams freut man sich über ein sehr simples Erfahrungssystem: Der benutzte Charakter steigt im Level und kann künftig bald stärkere Artefakte ausrüsten, die im Kampf für Vorteile sorgen. Auf die mit erspielten Credits, aber auch per Echtgeld kaufbaren Kostüme trifft dies nicht zu - diese haben keinen Einfluss auf die Charakterwerte. Bunte Outfits & Co. schlagen mit zwei bis acht Euros zu Buche, im Store kann der dafür nötige „Raketentreibstoff“ in bis zu 100 Euro teuren Paketen erworben werden. Die 10 Euro teurere Mythic-Edition beinhaltet ein paar Gratis-Kostüme und Raketentreibstoff im Wert von knapp 10 Euro. Der Blast Pass wiederum, der für eine ungefähr drei Monate dauernde Season gilt und Zugriff auf über 100 Items gewähren wird, hat in etwa denselben Preis - 950 Einheiten Raketentreibstoff aka 9,50 Euro.

Fazit

Kann man schon spielen, muss man aber nicht. Rocket Arena sieht ganz nett aus, läuft technisch super und stellt mit seinem Knockout-Prinzip eine kinderfreundliche Alternative zu typischen Shootern dar. Die Helden entsprechen dem Genre-Standard, sind aber etwas zu gesichtslos, ähnliches gilt für die Modi - keiner davon beinhaltet Ideen, die man nicht schon anderswo besser gesehen hat. Mir persönlich machen die wilden, effektgespickten Schießereien deutlich mehr Spaß als vor kurzem Ninjala, an die taktische Tiefe oder den Spielwitz eines Splatoon kommt der Titel aber nicht heran. Dafür sind die Ballerein zu hektisch und chaotisch, plus die Arenen zu wenig ikonisch. Seinen Habitus eines Free-to-Play-Spiels, das Rocket Arena aber nicht ist, verdankt es den kaufbaren Outfits und anderen kosmetischen Items - immerhin haben die zum Teil recht teuren Gegenstände keinen Einfluss auf die Fähigkeiten im Kampf.

Pro

  • superflüssige Bildrate
  • flottes Match-Making
  • ordentlicher Umfang (10 Figuren, 10 Arenen, 5 Modi)
  • Fähigkeiten der Charaktere recht unterschiedlich
  • Rausschießen statt Abmurksen
  • Raketenball macht Laune
  • Cross-Play möglich

Kontra

  • Action ist oft zu chaotisch
  • Raketenbot-Attacke spielt sich langweilig
  • nach ein paar Stunden hat man gefühlt alles erlebt
  • Design der Helden austauschbar
  • einfallslose Herausforderungen
  • kein Deathmatch ohne Team-Zugehörigkeit
  • Upgrade-System sehr simpel
  • fragwürdige Rotation

Wertung

XboxOne

Technisch sauberer 3-gegen-3-Shooter für eine jüngeres Publikum - leider sind weder Waffen und Fähigkeiten noch die Arenen ein Alleinstellungsmerkmal.

PC

Technisch sauberer 3-gegen-3-Shooter für eine jüngeres Publikum - leider sind weder Waffen und Fähigkeiten noch die Arenen ein Alleinstellungsmerkmal.

PlayStation4

Technisch sauberer 3-gegen-3-Shooter für eine jüngeres Publikum - leider sind weder Waffen und Fähigkeiten noch die Arenen ein Alleinstellungsmerkmal.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Es gibt Käufe nur für optionale Kosmetik wie Farben, Skins, Kostüme etc.
  • Man kann die Spielzeit über Käufe nicht verkürzen, kein Pay-to-Shortcut.
  • Man kann sich keine Vorteile im Wettbewerb oder der Karriere verschaffen, kein Pay-to-win.
  • Season Pass, dessen Inhalte keine bzw. nur minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.
Kommentare
GeronimoJackson

Als alter Quaker war ich überrascht vom Titel
Hach, was habe ich damals da Stunden rein gesteckt.

Naja, ich sehe den aktuellen Titel eher als Free to Play

ich bin früher mal zufällig auf einer LAN-Party gelandet, wo ein paar sehr starke Q3 Rocket Arena Spieler anwesend waren. Die hatten das ganze relativ professionell betrieben (die Szene war ja doch nicht all zu groß) und ESL und Clanbase an der Spitze um die Titel mitgespielt.
Was die da teilweise auf Q3DM6 veranstaltet haben war einfach komplett unfassbar. Mit was für nem Speed sie die Map dominieren konnten. Das ist für mich selbst heutzutage noch krank daran zurückzudenken

Jedenfalls war Rocket Arena der Shit schlechthin in Q3. Heutzutage gibt es ja auch einige Möglichkeiten das alte Zeug zu spielen, aber RA geht da leider voll unter
Ich hatte mich tatsächlich erst gefreut, als ich hörte, dass ein "Rocket Arena" released wird. Dementsprechend groß war dann die Enttäuschung, als ich die ersten Berichte dazu gelesen hab ^^ Nach wie Vor für mich der beste Shooter-Mod, den es jemals gab. Würde mich über eine "echte" Neuauflage wirklich freuen, aber ich fürchte das wird wohl nichts

vor 4 Jahren
DerSnake

Ich wollte gerade mal reinschauen (Habe den Test nur überflogen ;o) aber...EA will dafür wirklich 30€? *Dankend abwink*

vor 4 Jahren
crN11

Als alter Quaker war ich überrascht vom Titel
Hach, was habe ich damals da Stunden rein gesteckt.

Naja, ich sehe den aktuellen Titel eher als Free to Play

ich bin früher mal zufällig auf einer LAN-Party gelandet, wo ein paar sehr starke Q3 Rocket Arena Spieler anwesend waren. Die hatten das ganze relativ professionell betrieben (die Szene war ja doch nicht all zu groß) und ESL und Clanbase an der Spitze um die Titel mitgespielt.
Was die da teilweise auf Q3DM6 veranstaltet haben war einfach komplett unfassbar. Mit was für nem Speed sie die Map dominieren konnten. Das ist für mich selbst heutzutage noch krank daran zurückzudenken

Jedenfalls war Rocket Arena der Shit schlechthin in Q3. Heutzutage gibt es ja auch einige Möglichkeiten das alte Zeug zu spielen, aber RA geht da leider voll unter

vor 4 Jahren
Dr.Nolte

Als alter Quaker war ich überrascht vom Titel
Hach, was habe ich damals da Stunden rein gesteckt.

Naja, ich sehe den aktuellen Titel eher als Free to Play

vor 4 Jahren