Carrion - Test, Action-Adventure, XboxOne, PlayStation4, PC, Switch
Könnt ihr noch zählen, wie oft ihr schon beim Passieren eines Lüftungsschachtes zusammengezuckt seid, vor übermächtigen Gegnern flüchten musstet oder ein vielarmiges Monster mit MG-Salven zurückgedrängt habt? Vermutlich nicht! Die Herausforderung, es als unterlegenes Menschlein mit garstigen Entitäten aus dem All, dem Meer oder einer anderen Dimension aufzunehmen, ist einfach zu verführerisch - und deshalb eines der Standardmotive von Action- und Horrorspielen. Carrion dreht den Spieß um - und zwar um einiges konsequenter, als es in der Vergangenheit viele Titel taten, wo man ganz einfach nur den bösen Antihelden, den Killer oder den Anführer einer Orkschar spielen durfte. In Carrion ist man tatsächlich das überlegene Monster, das einfache Bergarbeiter im Blutrausch zerpflückt, wackeren Forschern Todesschreie entlockt und Soldaten den Kampfmech unter dem Hintern weg bzw. in Stücke reißt.
Jäger statt Gejagter
Metroidvania?
Der garstige Blob selbst wird im Verlauf des Spiels mächtiger: Bald lernt man einen Tentakelschuss oder das kurzzeitige Unsichtbarmachen, später kommen Fähigkeiten wie die Wurm-Transformation und das Übernehmen von Menschen hinzu. Das Besondere daran: Je nach aktueller Größe der „Spielfigur“ steht euch nur ein bestimmtes Set an Fähigkeiten zur Verfügung. Wer Schaden nimmt und damit kleiner wird oder in Wasserpfützen freiwillig einen Teil seiner Biomasse ablegt, kann zwar nicht mehr Holzbarrikaden durchbrechen, dafür aber das Unsichtbarkeits-Feature nutzen. So gelangt man Stück für Stück an Laserbarrieren vorbei, öffnet meterdicke Metallschotts oder drückt sich in der schwimmenden Wurm-Form durch kleine Löcher.
Tentakel-Porno?
Eine klassisch erzählte Geschichte gibt es in Carrion nicht: Keine Text-Logs, keine Dialoge, keine Sequenzen - klar passt das irgendwie zum Monster-Sujet, andererseits lässt es die Welt auch ziemlich leer und beliebig wirken. Was dort passiert ist, wer mit wem kämpft - dafür gibt es lediglich ein paar Rückblick-Passagen, wo man kurz als Forscher statt als Monsterblob die unterirdischen Komplexe erkundet.
Fazit
Gerne würde ich Carrion ein besseres Zeugnis ausstellen: Weil die Spielidee toll ist und konsequent umgesetzt wurde - als Menschen zerreißendes und verschlingendes Blob-Monster durch finstere Gänge zu gleiten, fühlt sich unverbraucht an und steuert sich dabei exzellent. Allerdings gefallen mir weder der Ansatz, zum Einsetzen aller Fähigkeiten immer wieder Biomasse ablegen müssen, noch die Gleichförmigkeit der Umgebung. Bei all den Rohren und Schleusen fehlen mir coole Schauplätze und Landmarken, die mir das Zurechtfinden in der komplex aufgebauten Spielwelt erleichtern. Wenn die Entwickler schon bewusst auf eine Karte verzichten, müssten sie in dieser Hinsicht dann wenigstens abliefern. Ja, ich bin stets ordentlich vorangekommen - habe mich dabei aber nie clever oder sonderlich gut gefühlt, sondern wollte stets nur irgendwie den nächsten Durchgang finden. Dass Carrion für Freunde von blutigen Pixeln oder unverbrauchten Spielkonzepten trotzdem einen Blick wert ist, verdankt es seinem eleganten Spielgefühl und den kurzen Spaßspitzen bei den Kämpfen - die Entwickler haben stets an gut platzierte Durchgänge und Geheimwege gedacht, damit man als Monster Katz und Maus mit seinen Opfern spielen kann.
Pro
- unverbrauchte Spielidee
- sehr elegante Blob-Steuerung
- schmutzig-schöne Pixeloptik
- viele Speicherpunkte
- reizvolles Katz- und Maus mit den Feinden
- Flammenwerfer sieht fett aus
Kontra
- keine Karte
- Biomasse-Feature schlecht erklärt
- optisch zu gleichförmig
- man sucht oft nur stupide nach dem nächsten Durchgang
- Geschichte bleibt zu vage
- Abschnitte als Mensch spielerisch schlecht
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt keine Käufe.