Tannenberg - Test, Shooter, XboxOne, PC, PlayStation4, PlayStation5
Der Erste Weltkrieg ist uns am ehesten mit Bildern der Westfront an der Marne, Somme und bei Verdun im Gedächtnis: von massivem Artilleriebeschuss zerschmetterte Landschaften, brutale Abnutzungsschlachten, komplexe Grabensysteme, Stacheldraht und Maschinengewehre. Doch an der Ostfront zeigt sich ein anderes Bild: Die Kämpfe zwischen der russischen Armee, Deutschen Verbänden und Österreichisch-Ungarischen Truppe, von der Ostsee bis zum Schwarzem Meer waren geprägt von gigantischen Truppenbewegungen und Manövern, nicht zuletzt beim ersten Wendepunkt, der „Schlacht von Tannenberg“ im Jahre 1914. Die Oktoberrevolution und die siegreiche „Operation Faustschlag“ beendeten den Krieg mit einer Niederlage Russlands.
Ein unverbrauchter Schauplatz
Tannenberg von Blackmill Games, den Machern des Westfront-Shooters Verdun, versucht, diese Kämpfe vom Baltikum bis nach Rumänien in Szene zu setzen; selbst bei Battlefield 1 fehlte dieser Schauplatz. Doch das gelingt dem Studio leider nur bruchstückhaft. Aber von Anfang an: Ähnlich wie an der 2015 erschienen Westfront bildet der Modus „Frontlinien“ das Herzstück der Kämpfe, die ähnlich wie Battlefield 1 Schlachten über verschiedene Sektoren der Karte inszeniert. Dabei versucht man sich - zumindest was Uniform und Kriegsgerät angeht - etwas realistischer zu präsentieren als der Dice-Shooter. Es gibt an der Front keine Sturmgewehre oder Maschinenpistolen, stattdessen wird mit Repetiergewehren (Kammerstängel und Unterhebel), Handgranate, Bajonett und Grabenspaten gekämpft. Trotzdem gibt es hohe Beweglichkeit, eine Minikarte, Treffer-Markierungen und eingeblendete Punkteanzeigen, sodass man sich nicht in eine simulativere Richtung à la ARMA bewegt.
Bekannte Mechanik, solider Shooter?
Das klingt jetzt vielleicht erst mal ordentlich – und könnte trotz der auf ein Minimum reduzierten Kulisse, die meilenweit hinter dem Weltkriegs-Primus Battlefield 1 hinterherhinkt, durchaus unterhalten. Doch die gruselige Technik der Konsolen-Version macht den Weltkriegsschlachten einen dicken Strich durch die Schlachtfeld-Rechnung. So zeigt sich die Bildrate stark wankelmütig – zwar kann V-Sync deaktiviert werden, was die maximalen Bilder pro Sekunde spürbar ansteigen lässt, dafür sind die Drops aber umso deutlicher spürbar und Tannenberg bedankt sich zudem mit fleißigem Tearing.
Die Probleme mit der Technik
Außerdem wurde die Detail-Sichtweite von Blackmill deutlich reduziert, um die Unity-Kampfgebiete überhaupt einigermaßen flüssig auf die Konsole zu bringen. Das führt zu hässlichen, deutlich sichtbaren Pop-Ins, die bei Büschen und höherem Gras sogar auf mittlere Distanz Deckung verschwinden lassen, was den Verteidigern bei heimlichen Flankenmanövern einen unschönen Vorteil verleiht. Und während auf der PS4 Pro und Xbox One X immerhin Auflösung und Anti-Aliasing stimmen, flimmern die Versionen auf den Basis-Konsolen zusätzlich noch dramatisch, da anscheinend vollständig auf Kantenglättung verzichtet wurde - das macht das Erkennen von Feinden teilweise zu einem reinen Glücksspiel. Zusätzlich bieten die Gefechte statt 64 Spielern auf der Konsole nur 40 Teilnehmer; dies ist angesichts einer kumulierten Spielerzahl von um die 100 auf allen europäischen Servern allerdings das geringste Problem - immerhin werden vakante Plätze mit Bots aufgefüllt.
Die Fehler im Detail
Immerhin wirkt der Shooter an sich solide, doch echte Wucht oder größere Komplexität im Waffenhandling (z.B. per Tastendruck in die Kammer schauen, Einstellen der Visiere), die die technischen Defizite ausgleichen könnten, gibt es nicht. Stattdessen gibt es obendrauf fragwürdige Hitboxen, die oftmals einen Tick zu groß wirken.
Fazit
Blackmill, das war nichts. Die Konsolen-Umsetzung von Tannenberg in dieser Form hättet ihr euch auch sparen können. Zwar ist die Kulisse auch auf dem PC nichts Besonderes, der halbwegs solide, zugrunde liegende Shooter in einem kaum bearbeiteten Setting hätte es aber wohl immerhin auf ein „Befriedigend“ gebracht. Die herben technischen Abstriche, die vor allem auf den Basis-Konsolen gruselige Flimmer-Ausmaße annehmen, machen aus den Ostfront-Gefechten auf PS4 und Xbox One ein trostloses Multiplayer-Niemandsland, das nur Menschen mit ausgeprägter Resistenz gegenüber Kantenflimmern, Pop-Ups und Bildraten-Problemen spielten sollten. Schade.
Pro
- unverbrauchter Schauplatz
- interessante Squad-Mechanik
- große Karten
- Bots verfügbar
Kontra
- gruselige Technik
- schwache Waffenmodelle
- schlechte Animationen
- nur 40 Spieler
- Bots nötig (Gesamt-Spieleranzahl gering)