WRC 9 - The Official Game - Test, Rennspiel, PlayStation5, Switch, PC, XboxOne, PlayStation4, XboxSeriesX
Blickt man heute auf die WRC-Spiele des Studios mag man es kaum noch glauben, welchen schrottreifen Einstand Kylotonn vor fünf Jahren mit WRC 5 hingelegt hat. Denn mittlerweile ist man bei einem Niveau angekommen, mit dem die Reihe durchaus als eine mögliche Alternative zu DiRT Rally empfohlen werden kann. Entsprechend baut man bei WRC 9 auf dem soliden Fundament, das man sich in den letzten Jahren und vor allem mit dem Vorgänger erarbeitet hat. Einer der großen Vorteile gegenüber der Konkurrenz ist ohne Zweifel die Lizenz: WRC 9 beinhaltet über 50 offizielle Teams der WRC, WRC 2, WRC 3 und Junior WRC mit originalgetreu nachgebildeten Fahrzeugen diverser Hersteller, deren Details vor allem im Showroom zur Geltung kommen. Darüber hinaus sind selbstverständlich alle Fahrer inklusive der wichtigen Ko-Piloten an Bord, die mit ihren Anweisungen aus dem „Gebetsbuch“ meist verlässlich den Streckenverlauf ansagen – und das in mehreren Sprachen, wobei auch wieder das gewünschte Timing angepasst werden darf. Corona zum Trotz hält das Spiel auch am ursprünglich geplanten Kalender der aktuellen Saison fest. Entsprechend finden sich alle 13 Station rund um den Globus, darunter die Neuzugänge Kenia, Neuseeland und Japan. Dabei präsentieren sich vor allem die Fahrten durch die afrikanische Savannenlandschaft mit ihrem weitläufigen Terrain als willkommene Abwechslung zu den meist engen und verschlungenen Etappen anderer Ländern, die mitunter über 20 Kilometer lang sind und höchste Konzentration erfordern. Denn eine Rückspulfunktion gibt es hier nicht und mit einem aktivierten Schadensmodell ist nach heftigen Kollisionen sogar ein vorzeitiges Ausscheiden möglich. Zwar wirken die mitunter spektakulären Unfälle mit Überschlägen nicht unbedingt authentisch und Beschädigungen mitunter inkonsequent, aber trotzdem erweist sich das Schadensmodell als Bereicherung, um Spannung und Anspruch zu steigern.
Vom Schrottplatz zum ernsten Herausforderer
Vertrautes Fahrgefühl
Karriere in der WRC
Selbst im Modus „Schnelles Spiel“ darf man lediglich einzelne Etappen absolvieren, dabei aber immerhin Einfluss auf Wetter und Tageszeit nehmen. Sogar geskriptete Änderungen bei den Witterungsbedingungen sind möglich, falls man sich nicht festlegen oder auf den Zufall beim dynamischen Wettersystem verlassen möchte. Im Gegensatz zu Dirt Rally 2.0 gibt es hier allerdings keine Option, den Abnutzungsgrad der Oberfläche und damit den Zustand der Strecke anzupassen. Eine klassische Fahrschule sucht man ebenfalls vergeblich, doch kann man sich einerseits auf einem weitläufigen Testgelände austoben und dabei sogar an Gymkhana-Fähigkeiten feilen oder sich im Trainingsmodus mit den verschiedenen Bodenbelängen und dem Einsatz der Handbremse vertraut machen. Das kurze Tutorial beim Start des Spiels hätte man sich dagegen sparen können: Es ist nie eine gute Idee, Anleitungs-Texte einzublenden, wenn man sich gleichzeitig bei voller Fahrt auf die Strecke konzentrieren muss. Wer mit Karriere, Meisterschaft und Rallye-Snacks im schnellen Spiel noch nicht ausgelastet ist, findet zusätzliche Anreize bei den zahlreichen Herausforderungen, in denen man sich in vorgegeben Wagen und Zielen auf Medaillenjagd begibt.
Übung macht den Meister
Wer sich dagegen lieber mit anderen Fahrern aus Fleisch und Blut messen möchte, kann im Mehrspielermodus in öffentlichen oder privaten Lobbys gegen bis zu sieben Konkurrenten antreten, deren Fahrzeuge in Echtzeit als Geisterwagen dargestellt werden. Oder man stellt sich dem asynchronen Wettbewerb in einer Auswahl an täglichen und wöchentlichen Herausforderungen, während die echten Profis im eSport-Turnier ihre Zuhause finden. Direkte Rad-an-Rad-Kämpfe mit Kontakt gibt es hier allerdings nicht, da RallyCross nicht zum Bestandteil der bisherigen WRC-Reihe gehört und sich die meist engen Etappen nicht für Überholmanöver eignen würden. Duelle bieten lediglich die vereinzelten Super Special Stages, in denen zwei Fahrer auf einem Rundkurs gegeneinander fahren, sich aber selbst dort aufgrund der versetzten Startposition nicht in die Quere kommen. Lokal darf man sogar am geteilten Bildschirm gegeneinander fahren, doch trüben hier vereinzelte Audioprobleme das Vergnügen, wenn von den Motorgeräuschen z.B. nur noch das Pfeifen des Turbos übrig bleibt oder einer der beiden Spieler überhaupt nichts von seinem Wagen hört.
Willkommen im Club
Als Ärgernis erweisen sich einmal mehr die Bestenlisten, weil es immer noch viel zu wenige Filterfunktionen gibt. So werden z.B. erneut alle Fahrzeugklassen zusammen geworfen und es wird nicht unterschieden, unter welchen Streckenkonditionen (trocken oder nass?) die Zeiten aufgestellt wurden. Sorry, aber das ist einfach nur dämlich. Zudem erfährt man nichts über die Gesamtzahl der Spieler auf den jeweiligen Listen, die es separat für jede Etappe gibt. Immerhin lassen sich Geisterwagen anderer Spieler laden und man darf direkt zu seiner Position springen oder sich auf Wunsch nur die Ergebnisse von Freunden anzeigen lassen.
Kaum Filterfunktionen
Technisch stehen die Zeichen ebenfalls eher auf Stagnation statt Fortschritt: Die Kulisse sieht zwar ganz ordentlich aus, leidet mitunter aber immer noch unter Pop-ups, nachladenden Texturen und Flimmern. Trotzdem gibt es gerade in den Morgen- und Abendstunden ein paar schicke Lichteffekte zu bestaunen, die sogar die Sicht beeinträchtigen können. Damit dies bei der Auswahl an Innen- und Außenkameras nicht generell passiert, darf man übrigens jede von ihnen separat im Detail hinsichtlich Position und Sichtfeld anpassen.
Hohe Bildrate nur auf PC
Xbox Series X auf PC-Niveau
Und noch etwas fehlt: Viele Käufer haben sich bereits in den Foren darüber beschwert, dass ihre Lenkräder beim Spielen auf der Xbox Series X nicht unterstützt werden, obwohl die gleichen Geräte auf der normalen Xbox One bei WRC 9 und auch anderen Rennspielen tadellos funktionieren. Kylotonn hat die Probleme inzwischen eingeräumt und versprochen, dass sich das Team bereits mit dem Thema befasst und mit einem Patch dafür sorgen will, dass die Lenkräder auch an der neuen Konsole vom Spiel erkannt und unterstützt werden. Aber ernsthaft: Das hätte man doch schon vor der Veröffentlichung testen müssen! Vor allem, weil eine Simulation wie WRC 9 vornehmlich auf die Verwendung dieser Peripherie ausgerichtet ist. Besonders peinlich: Nicht einmal die Lenkräder des offiziellen Partners Fanatec funktionieren aktuell mit dem Spiel - selbst heute, gut 14 Tage nach der Veröffentlichung des Next-Gen-Updates. Das ist schon ein dicker Fauxpas! Da Kylotonn bereits Besserung gelobt hat, lassen wir die offenbar lückenhafte Lenkrad-Unterstützung noch nicht in die Bewertung einfließen, werden sie aber anpassen, wenn das überfällige Update nicht bald über die Ziellinie fährt.
Fehlende Lenkrad-Unterstützung
Fazit
Mit WRC 9 macht Kylotonn dort weiter, wo man bei WRC 8 aufgehört hat. Da man viele Elemente vom Vorgänger übernimmt und lediglich im Detail antastet, fällt der Fortschritt aber nicht mehr so groß aus wie in den vergangen Jahren, sondern hat eher Update-Charakter mit kleinen, aber sinnvollen Verbesserungen. Dazu gehört auf jeden Fall das Club-System mit Dirt-Anleihen, das trotz des Verzichts auf eine Cross-Plattform-Unterstützung eine Bereicherung darstellt und zumindest online die Erstellung eigener Mini-Meisterschaften erlaubt. Zudem dürfen sich selbst Veteranen dank der Neuzugänge im Kalender auf zusätzliche Herausforderungen freuen, doch ein Großteil der Etappen wurde leider durch den Recycling-Wolf gedreht. Dem will Kylotonn mit kostenlosen Updates entgegenwirken, die neben neuen und überarbeiteten Pisten auch zusätzliche Spielmodi wie Koop enthalten sollen. Vielleicht schafft man es ja auch irgendwann, den Bestenlisten die längst überfälligen Filteroptionen zu bescheren. Bis dahin kann man sich aber weiter an dem überzeugenden, aber anspruchsvollen Fahrgefühl hinter dem Steuer des breit gefächerten Fuhrparks erfreuen, das mit der Verwendung eines Lenkrads am besten zur Geltung kommt. Idealerweise greift man außerdem zur PC-Version, die dank kürzerer Ladezeiten und höherer Bildrate das Konsolen-Pendant hinter sich lässt. Erst mit dem Upgrade auf die Xbox Series X fährt WRC 9 technisch in einer vergleichbaren Liga wie auf dem PC, doch schaltet die Grafikengine auf der Microsoft-Konsole unter bestimmten Umständen einen Gang zurück und es gibt derzeit noch Probleme mit der Kompatibilität von Lenkrad-Peripherie, die Kylotonn so schnell wie möglich lösen will - und das auch schleunigst umsetzen sollte, um einer nachträglichen Abwertung zu entgehen.
Pro
- offizielle Lizenz mit allen Teams und Fahrern
- ordentliche Fahrphysik mit Fokus auf Simulation
- vollwertiges und anpassbares Schadensmodell...
- drei Fahrzeugklassen & historische Modelle
- umfangreiche Karriere mit Management-Ansätzen
- normale und erweiterte Setup-Optionen
- Upgrade-System für Fahrzeug und Personal
- fordernde, z.T. lange Etappen mit enger Streckenführung
- (optionale) Fahrhilfen
- Kosten für Schäden motivieren zu sauberem Fahren
- gutes Force Feedback
- schicke Wagenmodelle (im Showroom)
- diverse Trainings-Herausforderungen & Übungsgelände
- überwiegend verlässlicher und präziser Ko-Pilot (mehrsprachig)
- verschiedene Tageszeiten
- Geisterwagen anderer Spieler lassen sich laden
- dynamisches Wettersystem
- massig Statistiken (DriverCard)
- Kameraeinstellungen lassen sich separat anpassen
- Rennen am geteilten Bildschirm möglich
- NEU: Club-System für eigene Online-Meisterschaften
- wechselnde Online-Herausforderungen
- kostenlose Inhalts-Updates angekündigt (u.a. Koop-Modus)
- überwiegend flüssige Darstellung mit 60fps (Xbox Series X)
Kontra
- KI-Zeiten schwanken teilweise sehr stark
- zu wenig Filteroptionen bei Online-Bestenlisten
- ...mit den üblichen Inkonsequenzen
- gewöhnungsbedürftige Menüstruktur in Karriere
- keine Darstellung in 60 Bildern pro Sekunde (alte Konsolen)
- vereinzelte Pop-ups und Kantenflimmern
- keine eigenen Offline-Meisterschaften möglich
- nichts für Gelegenheitsfahrer
- keine klassische Fahrschule
- keine Abnutzung der Strecke
- Unfälle wirken unrealistisch
- Tonprobleme am geteilten Bildschirm
- vereinzelte Abstürze (vor allem PC)
- kein lokaler Wettbewerb für mehrere Spieler
- Clubs nicht plattformübergreifend
- keine Pannen mit Reifenwechsel
- reduzierte Bildrate unter bestimmten Voraussetzungen (Xbox Series X)
- (noch) Wheel-Kompatibilitätsprobleme (Xbox Series X)
Echtgeldtransaktionen
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