Hades - Test, Rollenspiel, XboxSeriesX, PlayStation4, Switch, PlayStation5, XboxOne, PC

Hades
22.09.2020, Marcel Kleffmann

Test: Hades

Live. Die. Repeat.

Oh, nein! Nicht schon wieder ein Rogue-like! Das waren meine ersten Gedanken nach der Ankündigung von Hades (ab 20,90€ bei kaufen). Aber weit gefehlt: Das Studio Supergiant Games zeigt erneut seine Ausnahmeklasse und umschifft viele der klassischen Schwachstellen mit sensationellen Kämpfen und kreativen Story-Kniffen - warum Hades ein Ausnahmespiel ist, verrät der Test.

Zagreus hat die Schnauze voll von der Unterwelt und von seinem leidenschaftlosen Vater Hades, der sich ohnehin nur über seinen unfähigen Sohn und sein Saustall-Zimmer beschwert. Also versucht der Filius auszubüxen und den Olymp zu erreichen, was sich als schwierig erweist, da er sich durch die vier Ebenen der Unterwelt (Tartarus, Asphodeliengrund, Ebenen von Elysium und Tempel des Styx) kämpfen muss.

Raus aus der Unterwelt - und noch einmal

Doch er bekommt unerwartet Hilfe von Göttern aus dem Olymp, die er auch dringend brauchen kann, denn zwischen ihm und dem Olymp stehen viele Kreaturen, die normalerweise verhindern sollen, dass irgendjemand aus der Unterwelt flieht. Also muss er sich den Weg freikämpfen und wird dabei ziemlich sicher sterben ... Aber das Ableben ist nur kleiner Rückschlag, da Zagreus nach dem Tod einfach wieder aus seinem Blutsee im Haus des Hades emporsteigt, um bloß unter den gelangweilten Kommentaren seines Vaters einen neuen Ausbruchsversuch zu unternehmen ...

Zagreus ist unzufrieden mit seiner Situation in der Unterwelt und mit seinem Vater ...


Live. Die. Repeat.

Die erneuten Ausbruchsversuche deuten schon darauf hin: Ja, Hades ist ein Rogue-like. Während der Fluchtversuche sammelt Zagreus zwar keine Erfahrung, dafür aber allerhand Zeug, mit dem er seine Kampfkraft, Waffen und Fertigkeiten mit permanenten Upgrades verbessern kann, wodurch er von Versuch zu Versuch idealerweise stärker wird und etwas weiter fliehen kann. Zusätzlich zu den permanenten Upgrades gibt es göttliche Kampfgeschenke, Talent-Verbesserungen und Boni bei den aktuellen Durchläufen, die man beim Tod jedoch einbüßt.

Pro Versuch lernt man immer mehr über die Gegner, Zwischenbosse sowie Bossgegner und verbessert seinen Umgang mit den Waffen (gemeint ist der Spieler, nicht die Spielfigur), bis der nächste Rückschlag ansteht. Damit sich das Geschehen in den Durchläufen aber nicht ganz so schlimm wiederholt, werden bekannte Raumlayouts bei jedem Beginn neu angeordnet und mit verschiedenen Gegner-Kombinationen gefüllt. Zudem machen Überraschungen, Events, Variationen bei Feinden sowie ihren Fertigkeiten und göttliche Geschenke je nach Waffe einen spürbaren Unterschied.

Bei den Fluchtversuchen muss Zagreus mehrere Räume, die als Kampfarenen fungieren, von Gegnern säubern. Sind alle Feinde besiegt, hat man oft die Wahl zwischen mehreren Ausgangstüren, auf denen direkt zu sehen ist, welche Belohnung im nächsten Raum wartet. Man halt also die Wahl, welches Upgrade oder welche Währung als nächste Belohnung winkt, sofern man die Symbole verinnerlicht hat. Der Schwierigkeitsgrad ist aufgrund des Rogue-like-Designs schon gehoben, aber es gibt eine leichtere Option, welche die Erlebbarkeit der Story erleichtern soll - und auch schwierigere Herausforderungen sind möglich.

Die Knochen-Hydra gibt es in mehreren Varianten, damit der Kampf bei späteren Begegnungen noch etwas zu bieten hat.


Erstklassige Kämpfe

In den Räumen wird hauptsächlich gekämpft und das erinnert ein bisschen an Bastion (ebenfalls von Supergiant Games) oder an Action-Rollenspiele mit direkter Charakter-Steuerung à la Twin-Stick-Shooter - wie Diablo 3 auf Konsole. Ohne großes Tutorial wird man gleich in die Gefechte geworfen und muss ohne Einblendungen von Hinweisen die ersten Gegner besiegen. Learing-by-doing - und das funktioniert dank Rogue-like-Unterbau und Kommentaren von Hades sowie Skelly überraschend gut.

Die Attacken von Zagreus sind wuchtig, können präzise kontrolliert werden und dank der blitzschnellen Dash-Ausweichmöglichkeit ist das Tempo meist hoch, wobei Kampfgeschwindigkeit und Spielstil an den sechs Waffen hängt. Mit dem Schwert ist man flott im Nahkampf unterwegs, aber nicht so rasant wie mit der Faustwaffe. Der langsamere Speer hält die Gegner auf mittlere Distanz und mit Bogen oder "Knarre" greift man auf vermeintlich sicherer Entfernung an. Darüber hinaus gibt können Gegner mit Bonusschaden von hinten attackiert, mit vielen Statuseffekten belegt, als Ziel markiert oder an die Wand "genagelt" werden. Geschosse lassen sich reflektieren und ausgelöste Fallen können Feinde verletzen, wenn das Timing stimmt. Die Kämpfe sind sowohl mit Tastatur-und-Maus als auch mit Controller hervorragend steuerbar. Sie fühlen sich "einfach richtig" an, bieten bekloppt viele Anpassungsmöglichkeiten und werden von einem kraftvollen und treibenden Soundtrack der Extraklasse angefeuert. Komponist Darren Korb übertrifft sich hier selbst (zum Soundtrack ).

Welche Gabe der Demeter darf es denn sein? Es gibt außerdem Duo-Gaben, welche die Kräfte von zwei Göttern vereinen.
Im späteren Spielverlauf können mehrere Aspekte pro Waffe freigeschaltet und mit Titanblut (Bossbeute) aufgewertet werden. Während der grundlegende Kampfstil von der Waffe bestimmt ist, die Zagreus vor Beginn des Fluchtversuchs wählt, lässt sich das Kampfgeschehen mit den göttlichen Gaben und Upgrades spezialisieren, die zufällig verteilt werden - okay, später kann man mit erhaltenden Andenken die erste Gabe festlegen. Zeus gibt z.B. Kettenblitze, Hermes macht alles schneller, Athena verstärkt die Defensive, Artemis bringt kritische Treffer und Aphrodite schwächt die Gegner. Chaos bietet besonders starke Buff-Effekte, aber vorher muss man mehrere Räume mit einem Debuff überleben. Mit den ganzen Upgrade-Möglichkeiten sind Tausende von Kombinationen pro Waffe möglich und dann kommen noch mehr Optionen im Haus des Hades hinzu ...

Auf dem Weg zum Olymp findet man ab und an eine Oase der Ruhe, Charaktere wie Sisyphos (der Typ mit dem Stein) oder den stets wenig gesprächigen Händler Charon. Ansonsten darf man an ausgewählten Gebieten auch Kisten öffnen, Hades-Herausforderungen auf Zeit überleben oder Angeln. Etwas mehr Erkundungsreize in den Kampfarenen hätten die Entwickler schon setzen können, zumal diese das vorbildliche Spieltempo negativ beeinflusst hätten ...

Kampf dem Rogue-like-Fluch

Aufgrund des grundlegenden Rogue-like-Designs wird man einige Bereiche häufiger sehen und entsprechende Gegner öfter bekämpfen, weswegen das zur Routine werden kann. Diese Schwäche versuchen die Entwickler mit eingestreuten Events, Vielfalt bei den Gegnern und alternativen Bosskämpfen bzw. Fähigkeiten der Bossen clever zu umgehen, aber trotzdem wären ein weiterer Boss pro Umgebung wünschenswert gewesen.

Aber was ist eigentlich mit der Geschichte? Schließlich ist Supergiant Games mit Bastion, Transistor und Pyre für das Storytelling bekannt. Im Vergleich zu den bisherigen Spielen tritt die Story etwas in den Hintergrund. Sie macht vielleicht ein Drittel oder ein Viertel des Spiels aus - im Vergleich zu den Kämpfen.

Kämpfe, Kämpfe, Story

Trotzdem ist es den Entwicklern gelungen, eine interessante Geschichte zu erzählen, die sich erst über mehrere Spieldurchläufe entfaltet und die familiäre Situation von Zagreus mit modernen Bezügen in den Mittelpunkt stellt - stellenweise mit spielbaren Blicken in die Vergangenheit. Außerdem erfährt man mehr über die chthonischen und die himmlischen Götter - sowie über andere Figuren aus der griechischen Mythologie in neuen Kontexten. Die häppchenweise Weiterführung der kreativen Geschichte spornt ebenfalls an, neue Ausbruchsversuche zu unternehmen, zumal es viele unterschiedliche Dialoge und Storyfetzen bei den Charakteren zu entdecken gibt.

Abermals ein Highlight: Der Erzähler.
 

Präsentiert wird die Geschichte hauptsächlich über comichafte Standbilder von den Charakteren und Texte, die zumeist von überaus motivierenden und starken Sprechern vorgetragen sind. Die Sprachausgabe ist ausschließlich auf Englisch. Die Texte sind Deutsch und weitgehend ordentlich übersetzt - trotzdem hätte man Level nicht mit Ebene übersetzen müssen. Erwähnenswert ist noch der Erzähler/Sprecher, der seine Texte mit unvergleichlich stimmhafter Betonung vorträgt und Zagreus meist mit Einzeilern auf seine Texte reagiert. Entscheidungen in Dialogen gibt es nicht.  

Fun Fact: Die Patch-Notes auf dem Early Access hat der Erzähler in langen Videos auf YouTube immer mit dramatischer Stimme vorgelesen (zu den Patch-Notes von Version 1.0 ).

Nach jedem Ableben betritt man das Haus des Hades wieder. Dort warten teils überraschende Gestalten (hey, Dusa), ein Zerberus zum Streicheln, der Spiegel der Nacht und noch viel mehr. Der Spiegel ist das erste permanente Fortschrittsystem (Meta) mit dauerhaften Verbesserungen für die Hauptfigur - hier gibt man die gesammelte Dunkelheit aus, die man nach dem Tod nicht verliert. Dazu gesellen sich chtonische Schlüssel zum Freischalten von Waffen und Fertigkeiten sowie Edelsteine mit denen das Haus des Hades ausgebaut und verbessert werden kann - sowohl optisch als auch funktional.

Das Haus des Hades wird ausgebaut

Die Kämpfe erfordern Aufmerksamkeit und schnelle Reflexe, um die Attacken zu erlernen, schließlich kann sich Zagreus normalerweise nicht selbst heilen.

Zudem können die Charaktere mit Nektar beschenkt werden, was das Freundschaftslevel gegenüber Zagreus steigert und gelegentlich lassen sie "Andenken" springen. Solch ein "Andenken" bietet bestimmte Vorteile und kann dreistufig verbessert werden. Ist man überaus spendabel mit dem Nektar kann man bestimmte Charaktere dazu verleiten, ein "legendäres Andenken" zu verschenken, das sich als Begleiter entpuppt. Allerdings sollte man aufpassen, mit wem man sich gutstellt, um nicht andere Charaktere zu verprellen. Außerdem können Romanzen mit gewissen Charakteren gestartet werden. Es gibt in Hades also reichlich Verbesserungskram freizuschalten und dieser bereichert in erster Linie das hervorragende Kampfsystem. Man spürt förmlich die steigende Stärke des Sohns von Hades.

Nintendo Switch

Obgleich Hades auf Switch im Handheld-Modus und im TV-Modus überraschend gut und flüssig läuft, sinkt bei größerem Gegneraufkommen die Bildwiederholrate zuverlässig, was die Spielbarkeit in den Kämpfen schon etwas stört.

Fazit

Oh, nein: Nicht schon wieder ein Rogue-like! Aber weit gefehlt. Hades schafft es mit hervorragenden Kämpfe, motivierenden Fortschrittssystemen sowie der Story einen überraschenden Sog zu entfesseln. Und das trotz des knackigen Schwierigkeitsgrades, der Learning-by-Doing-Elemente und der sich wiederholenden Inhalte. Doch den typischen Rogue-like-Problemen hat Supergiant Games den Kampf angesagt. Sie können mit unterschiedlichen Events, alternativen Bosskämpfen und immer neuen Storybrocken überraschen. Die vielfältigen Waffen, Götter-Effekte und Upgrades-Möglichkeiten lassen zudem eine Komplexität entstehen, die ihresgleichen sucht. Aber auch die Kleinigkeiten stimmen: Viele Dialoge sind kreativ und überraschend modern. Die Charaktere sind gut ausgearbeitet und die englischen Sprecher überzeugen. Untermalt wird das Geschehen von treibenden Beats mit Zeug zum Soundtrack des Jahres. Bei Hades stimmt fast alles und damit gelingt den Machern von Bastion, Transistor und Pyre ihr bisher bestes Spiel - und das soll schon etwas heißen!

Pro

  • fantastisches Kampfsytem und -gefühl
  • weitreichende Anpassungsoption für Waffen und Zagreus
  • viel Abwechslung durch Götter, Andenken, Aspekte und mehr
  • hervorragendes Pacing: Fortschritt, Kämpfe, Story
  • Häppchen-Story kämpft gegen Rogue-like-Schwächen
  • Events, Boss-Alternativen & Zufallselemente bei den Ausbrüchen
  • enorm motivierender Ansatz mit Sogwirkung
  • viele Fortschrittssysteme, u.a. der Ausbau des Hauses von Hades
  • familiäre Geschichte in neuem Kontext
  • interessante und gut ausgearbeitete Charaktere
  • viele versteckte Elemente
  • Liebschaften
  • hervorragene Sprecher und ein grandioser Erzähler
  • leichter und höherer Schwierigkeitsgrad
  • infernalisch und phänomenaler Soundtrack
  • stimmige Präsentation, gut "lesbare" Kämpfe
  • Dusa und Skelly

Kontra

  • mehr Bossgegner hätten der Abwechslung gut getan
  • gelegentliche Übersichtsprobleme (auch bei Gegner hinter Wänden)
  • etwaige Übersetzungsfehler
  • Switch: leichte fps-Einbrüche bei viel Action

Wertung

Switch

Bei Hades stimmt beinahe alles und damit gelingt den Machern von Bastion, Transistor und Pyre ihr bisher bestes Spiel - leider mit Bildrateneinbrüchen auf Switch.

PC

Bei Hades stimmt beinahe alles und damit gelingt den Machern von Bastion, Transistor und Pyre ihr bisher bestes Spiel - und das soll schon etwas heißen!

Echtgeldtransaktionen

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  • Hades enthält keine Mikrotransaktionen und hat keinen Ingame-Shop.
Kommentare
BMTH93

Ich glaube ich werde Hades mal ausprobieren

vor 3 Jahren
RaPe

Toll, dass Hades auch für Xbox kommt. Hätte ich nicht mit gerechnet, da Bastion das erste und letzte Spiel von Supergiant Games für Xbox bis jetzt war. Warum auch immer alle nachfolgenden Spiele auf alle gängigen Plattformen kamen und für MS-Konsolen nicht, hoffe ich, dass sie vielleicht nach Hades doch noch für Xbox kommen.

vor 3 Jahren
Progame

Also ich muss schon sagen: Dieses Spiel ist wirklich nicht extrem schlecht, ich mein eigentlich ganz gut ... ähm ok, es ist fucking awesome.

Nachdem ich in letzter Zeit nicht unbedeutende Zeitmengen in Factorio und jetzt Hades investiere, frage ich mich, ob für großartige Spiele wirklich AAA 3D Grafik nötig ist...

vor 3 Jahren
NoCrySoN

Kann mich ebenso vor diesem Spiel nur verneigen. Habe es jetzt mal weiter gespielt, nachdem ich eine größere Pause nach nur kurzem Anspielen einlegte. Hier stimmt eigentlich alles. Wüsste ehrlich gesagt nicht was ich bemängeln sollte.

Hier und vor allem im Test wurde ja schon alles angesprochen. Das ganze Freischaltsystem und all die kleinen peu à peu hinzukommenden Gameplayelemente sind klasse gemacht und motivieren ungemein. All die kleinen Details, wie z.B. dem Fanboy in der Arena oder dem "Mitarbeiterporträt" sind am Ende noch das Sahnehäubchen.

Nach dem 17. Run habe ich nun ebenso den "Endboss" gelegt, mit der Adamant Rail und netten Fertigkeiten. Hab mich direkt mit der Waffe angefreundet.

Edit 03.03: Das Spiel ist verrückt. Die Story, der Inhalt, Freischaltungen, Geheimnisse und Abwechslung im Gameplay finden nach knapp 50h und ca. 40 Durchläufen gefühlt kein Ende. Trotz des immer gleichen Weges weiterhin motivierend. Ein Biest von Spiel.

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren
MaxDetroit

Ich spiele es seit einigen Tagen, würde sagen hab so 14 Runs gemacht, und war jetzt schon zweimal beim letzten Boss ("Ihr-wisst-schon-wer") und da auch schon in der zweiten Phase. Aber irgendwie will ich noch gar nicht das ich es schaffe und es vorbei ist, macht so viel Spass! Wirklich gutes Game, und ich bin auch wirklich einer der Rogue Likes wie die Pest gehasst hat (ausser Into the Breach ... Into the Breach war brillant). Hades schafft bei mir das, was Dead Cells nicht geschafft hat und bringt Rogue Like auf ein Level wo das ganze Spielprinzip Sinn macht (auch story-technisch) und extrem motivierend umgesetzt ist. Man findet immer wieder was neues, die Boss Varianten machen Laune, die Waffen spielen sich alle geil und bringen zusätzlich extrem viel Variantion ins Gameplay. Nix zu meckern hier!

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren