Ride 4 - Test, Rennspiel, XboxOne, PlayStation4, XboxSeriesX, PC, PlayStation5
Zwar gibt es das schnelle Spiel für zwischendurch, Zeitfahren & Co, doch im Zentrum steht erneut die Karriere mit ihren zahlreichen Veranstaltungen. Neben Rennen muss man dabei auch andere Herausforderungen meistern, darunter Überhol-Challenges innerhalb eines Zeitlimits oder Fahrten gegen die Uhr, die an die Streckenakklimatisierung aus den F1-Spielen von Codemasters erinnern. Allerdings müssen hier nicht nur die Tore passiert werden, sondern auch eine vorgeschriebene Mindestgeschwindigkeit erreicht werden. Ohne das Meistern einer bestimmten Lizenz oder den nötigen Punkten auf dem Konto wird man für die meisten Veranstaltungen zunächst gar nicht zugelassen. Das Freischalten der Events gehört innerhalb der dröge präsentierten Karriere also zur Hauptmotivation. Und der Weg ist lang: Startet man zu Beginn in einer von drei Regional-Ligen, führt der Weg weiter über die Welt-Liga bis hin zu den Final-Ligen. Jede von ihnen ist gefüllt mit Stationen, die neben der Standardauswahl auch noch Schaurennen, Einladungs-Events und weiterer Fahrer-Aktivitäten für die einzelnen Hersteller umfassen. Es gibt also wahnsinnig viel zu tun und einen mangelnden Umfang kann man Ride 4 sicher nicht vorwerfen, auch wenn es hinsichtlich Aufmachung und Präsentation noch sehr viel Luft nach oben gibt.
Karriere bleibt dröge
Große Auswahl
Wie bei den Vorgängern darf man für Setup-Einstellungen nicht nur an der Federung und Schaltung herumbasteln, sondern mit Tuning auch die Leistung aufmöbeln. Es warten Upgrades für Motor, Auspuff, Bremsen, Federung, Kette, Felgen und Reifen, die sich auf die Werte für Beschleunigung, Höchstgeschwindigkeit, Fahrverhalten, Bremskraft und schließlich den angegebenen Leistungsindex auswirken. Wer will, darf sogar Nummernschilder, Spiegel oder Blinker abmontieren.
Setup & Tuning
Bei der Fahrphysik hat man erneut die Wahl zwischen drei Stufen, die man mit dem Zuschalten von Hilfen wie ABS, gekoppelten und automatischen Bremsen sowie dem automatischen Ducken noch weiter individuell anpassen darf. Während der Fahrt hat man außerdem wieder die Möglichkeit, Unterstützung wie die Traktionskontrolle dynamisch in drei Stufen anzupassen. Leider gibt es kein Tutorial, das einem die Kürzel wie AW und EB erklärt oder deren Funktionweise erläutert. Im Rahmen der neuen Ausdauer-Rennen ist es jetzt dank der taktischen Komponente außerdem möglich, die Motorleistung zu verändern, um Benzin zu sparen. Im Vergleich zum Vorgänger tendiert man genrell stärker in den Bereich der Simulation und es fällt vor allem bei PS-starken Maschinen deutlich schwerer, sie unter Kontrolle zu behalten.
Für Anfänger und Profis?
Das spiegelt sich auch bei der Streckenauswahl wider, wo der Fokus immer stärker auf traditionelle Rennstrecken wie Monza, Tsukuba, Laguna Seca, Phillip Island oder den Nürburgring (inkl. Nordschleife!) gelegt wird. Zwar warten auch Ausflüge ins japanische Kanto oder an die französische Riviera, doch ich hätte gerne noch viel mehr abseits der klassischen Pisten gesehen, die man schon aus der MotoGP und zahlreichen anderen Rennspielen kennt. In Ride hätte Milestone die Chance, abseits von Lizenz-Zwängen mit selbst designten Kursen für frische Impulse und Abwechslung zu sorgen, lässt dieses Potenzial aber nahezu ungenutzt.
Mehr „gewöhnliche“ Strecken
Apropos KI: Sie zählte bereits in den Vorgängern zu den Schwachpunkten, legt hier gefühlt an Dämlichkeit und Rücksichtslosigkeit aber sogar noch weiter zu. Ständig wird man von hinten abgeräumt, angerempelt oder aus dem Weg geschubst. Tatsächlich könnte man manchmal meinen, dass die KI mich als Spieler überhaupt nicht registriert, sondern ohne Rücksicht auf Verluste oder Unfälle einfach nur stur ihrer Linie folgt – und dabei übrigens auch selbst manchmal ohne Fremdeinwirkung einfach abfliegt. Die optionale Rückspulfunktion erweist sich hier einmal mehr als Segen, um nicht nur die eigenen Fahrfehler, sondern auch die nervigen KI-Aktionen rückgängig zu machen.
Nervige Crash-KI
Penibles und unausgegorenes Strafsystem
Im normalen Rennbetrieb ist das Strafsystem okay, selbst wenn man nicht immer so recht nachvollziehen kann, warum manchmal nur wenig, dann wieder erschreckend viel oder sogar überhaupt keine Strafzeit aufgebrummt wird. Dadurch wirkt das alles stellenweise sehr beliebig, inkonsequent und vor allem im Rahmen der Herausforderungen völlig übertrieben.
Eines der größten Probleme von Ride 4 ist ebenfalls kein neues: die extrem schwankende Balance! Mal fährt man der Konkurrenz auf und davon oder meistert die Herausforderungen mit links, um sich bei der nächsten Veranstaltung innerhalb der gleichen Klasse plötzlich wieder die Zähne auszubeißen, obwohl man die KI mit ihren 120 Stufen sogar extra auf leicht gestellt hat. Zugegeben: Ich fühle mich hinter dem Steuer eines virtuellen Autos generell wohler als auf dem Sattel eines Zweirads, komme aber auch dort in der Regel gut zurecht. Was Milestone dem Spieler hier aber teilweise abverlangt, grenzt schon an Sadismus und die Sprünge beim Schwierigkeitsgrad erinnern an die Anzeige eines Elektrokardiogramms.
Schwankende Balance
Das größte Negativbeispiel, das ich im Test erlebt hatte, war eine Herausforderung für einen Lizenz-Test innerhalb der Welt-Liga. Dort gilt es, auf einem vorgegebenen Motorrad auf der pitschnassen Piste von Interlagos die Tore mit der nötigen Mindestgeschwindigkeit zu passieren und innerhalb des Zeitlimits das Ziel zu erreichen. Dabei sind manche der Tore allerdings so ungünstig platziert, dass man gar nicht mehr rechtzeitig abbremsen und einlenken kann, um alle zu erwischen – Strafzeiten für das Verpassen sind also vorprogrammiert und schrauben den ohnehin schon knackigen Schwierigkeitsgrad noch weiter in die Höhe. Ich war irgendwann so verzweifelt, dass ich meinen Stolz über Bord gekippt und mir sämtliche Stützräder in Form von Fahrhilfen montiert hatte, um irgendwie das Minimalziel zu erreichen - die automatischen Bremse inklusive. Dann die Überraschung: Das Motorrad wird in diesem Fall so früh abgebremst, dass man die Tore zwar erwischt, dafür aber die geforderte Mindestgeschwindigkeit nicht länger erreicht. Soll das ein Witz sein? In Momenten wie diesen fühlt man sich vom Programm und den Entwicklern einfach nur verarscht! Ich würde mich jetzt nicht als Profi, aber durchaus geübten Fahrer auf zwei Rädern bezeichnen. Aber wenn ich hier teilweise schon so zu kämpfen habe, wie soll das dann ein Neueinsteiger schaffen, der solche Fahrhilfen vielleicht ohnehin aktiviert hat und kein Land sieht?
Merkwürdige Ereignisse
Beim Mehrspielermodus wird das übliche Programm aus Einzelrennen geboten, die man entweder über eine öffentliche oder private Lobby mit bis zu 12 Spielern absolviert. Zwar werden eine Reihe an Anpassungen geboten, doch kann man leider keine eigenen Meisterschaften erstellen. Dank einer Zuschauer-Funktion lassen sich immerhin Wartezeiten in überbrücken. Die Möglichkeit für lokale Duelle am geteilten Bildschirm sucht man dagegen vergeblich.
Simpler Mehrspieler-Modus
Auf der PlayStation 5 gibt es bei der Umsetzung von Ride 4 die üblichen Vorteile für Zweirad-Raser: Die ursprünglichen Grafikeinstellungen der PS4-Pro-Variante weichen hier einer grundsätzlich hohen Bildrate von 60fps bei Auflösungen von bis zu 4K – hin und wieder entdecken Adleraugen dennoch vereinzelte Treppchenbildungen oder kleinere Grafikfehler sowie Pop-ups. Gleichzeitig hat Milestone den Detailgrad mit höher aufgelösten Texturen und verbesserten Shadern etwas aufgepeppt.
Mehr PS auf PS5
Dank des haptischen Feedbacks beim DualSense-Controller kribbelt es an der PS5 ein bisschen mehr und intensiver in den Fingerspitzen, was zwar nur eine kleine Spielerei darstellt, aber trotzdem das Fahrgefühl aufwertet. Gerade bei den häufig ladeintensiven Spielen der Italiener erweist sich die flotte SSD zudem als echter Segen. Wer vornehmlich online seine Rennen fährt, dürfte sich außerdem darüber freuen, dass statt der ursprünglich 12 jetzt bis zu 20 Piloten aus Fleisch und Blut ihre Runden drehen können. Im Gegensatz zu MXGP 20, wo Milestone die PS5-Nutzer selbst beim Besitz der PS4-Version erneut zum Vollpreis zur Kasse gebeten hat, gewährt man hier eine kostenlose Upgrade-Funktion, für die man sich aber nicht allzu lange Zeit lassen sollte: Das Angebot ist bis zum 30. April künstlich begrenzt. Auf der Xbox Series X muss man sich dank Smart Delivery dagegen nicht mit irgendwelchen Deadlines auseinandersetzen.
Fazit
Eigentlich hat Ride 4 wie seine Vorgänger das Zeug, als Gran Turismo für Zweirad-Fans durchzugehen: Die Auswahl an Motorrädern ist ebenso stattlich wie bei Strecken und den Veranstaltungen, es gibt Tuning- und Setup-Optionen, dazu eine anspruchsvolle Fahrphysik mit simulativen Zusätzen wie Reifenverschleiß, Benzinverbrauch und Wetterwechsel. Doch die mitunter extrem schwankende Balance, die furchtbare Chaos-KI, fragwürdige Designentscheidungen, das übertiebene Strafsystem und technische Schwächen haben bei mir schnell dafür gesorgt, dass ich im vierten Teil der Reihe nur noch widerwillig auf den Sattel steigen wollte – zumal viele der genannten Kritikpunkt jetzt schon seit Jahren bestehen! Zudem finde ich es schade, dass die Rennen auf normalen Landstraßen mit ihren erfrischenden Layouts immer stärker realen Rennkursen weichen müssen, die man eigentlich schon zu Genüge aus MotoGP & Co kennt. Wer den stärker ausgeprägten Hang zur Simulation begrüßt und sich den teils extrem knackigen sowie mitunter frustrierenden Herausforderungen stellen möchte, dürfte mit Ride 4 glücklich werden. Ich wurde es trotz der vereinzelt guten Ansätze nicht. Auch die technischen Verbesserungen der PS5-Umsetzung halfen mir nur wenig, die vielen Ärgernisse von Ride 4 erträglicher zu machen. Dennoch bekommt man auf der neuen Sony-Konsole auch dank des haptischen Feedbacks die beste Version eines mittelprächtigen Motorrad-Rennspiels.
Pro
- große Auswahl an lizenzierten Motorrädern
- umfangreiche Karriere mit zahlreichen Events
- drei Fahrphysik-Stufen
- optionale Hilfen
- optionale Tuning-Optionen
- optionaler Reifenverschleiß
- diverse Einstellungsmöglichkeiten
- Wahl zwischen zwei Grafikmodi
- gutes Geschwindigkeitsgefühl (im Performance-Modus)
- Editor zum Erstellen eigener Designs
- neue Ausdauer-Rennen mit Boxenstopps
- optionale Rückspulfunktion
- dynamisches Wettersystem
- Tag-/Nachrennen
- Leih-Funktion bei Händlern
- Nutzer-Inhalte lassen sich online teilen und beziehen
Kontra
- rabiate Crash-KI
- extrem penibles Strafsystem
- Schwierigkeitsgrad schwankt enorm
- vereinzelte Einbrüche der Bildrate (trotz Performance-Modus)
- dröge präsentierte Karriere
- Rückspulfunktion nur in normalen Rennen verfügbar
- weniger Strecken durch Landschaften
- keine Erklärungen der elektronischen Hilfen
- keine eigenen Meisterschaften möglich (auch nicht online)
- keine Rennen am geteilten Bildschirm
- mitunter fehlerhafte Ergebnisbildschirme (falsche Zeiten)
- häufiger Sound-Bug bei Neustart von Veranstaltungen
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Käufe für Preisgeld-Boosts, weitere Strecken, zusätzliche Veranstaltungen und Motorräder
- Es gibt Käufe für Fähigkeiten, Karten, Figuren, Waffen, Geld, XP oder Spielmodi.