Squad - Test, Shooter, PC
„Smokes am Fluss im Osten!“ kommt die knappe Durchsage aus dem Funk. Und tatsächlich: eine dichte Nebelwand raubt uns die Sicht vom kleinen Lehmhütten-Dörfchen über den Fluss. Dann beginnt der feindliche Angriff. Das Maschinengewehr von Feuerteam Bravo eröffnet von einem nahegelegenen Hausdach das Feuer in den Nebel. Knappe Befehle und Sichtungs-Durchsagen werden gebellt, während unsere Soldaten versuchen, den Feind am Flussbett auszumachen. Immer wieder fallen Schüsse und Kameraden. Dann ertönt ein schrilles Pfeifen und plötzlich explodieren die Justierungsgranaten der feindlichen Artillerie. Der Befehl „In Deckung“ kommt zu spät, als Salve um Salve unsere Stellungen zerschmettert und sich der Squadleader zu Wort meldet: „OK, Jungs. Wer tot ist, gibt auf und spawnt an der FOB im Westen. Das Dorf ist verloren. Vielleicht bekommen wir ja einen Heli.“
Willkommen an der Front, Soldat!
Um es kurz zu machen: Squad, das mit Version 1.0 kürzlich den Early Access verlassen hat, ist wirklich kein Spiel für Call-Of-Duty-Liebhaber. Die Teams des ausschließlich im Multiplayer spielbaren Taktik-Shooters umfassen jeweils 50 Soldaten, die sich dank komplexen Befehlsstrukturen vom Commander über Squad-Leader bis hin zu Feuerteam-Anführern koordiniert auf gigantischen Schlachtfeldern bewegen. Unterstützt von LKW, gepanzerten Fahrzeugen, Truppentransportern, Schützen- und Kampfpanzern begegnet sich die Infanterie in sieben Spielmodi sowohl auf große Kampfdistanz als auch im Häuserkampf. Das Ziel der Entwickler: eine simulierte Militärerfahrung im Stile von Arma 3 und Co. zu inszenieren, ohne dabei die Spielbarkeit des Multiplayer-Shooters völlig aus dem Blick zu verlieren.
Kontrolle im Kampfgebiet
Gleichermaßen Stärke und Schwäche von Squad ist sein frei angelegtes Spiel, ohne richtig enges Korsett abseits der Siegbedingungen und Flaggenpunkte: Ähnlich wie bei Arma steht und fällt der Spaß bei Squad nämlich mit dem Willen der Mitspieler, eine intensive Militär-Erfahrung zu schaffen. Dazu gehört vor allem klare Kommunikation, eine eindeutige Kommando-Struktur sowie die Disziplin der virtuellen Soldaten.
Ohne deine Kameraden bist du nichts!
Es kann nämlich durchaus vorkommen, dass einer der bis zu neun Soldaten umfassenden Trupps dazu abkommandiert wird, eine verwaiste Stellung irgendwo in der Pampa zu halten, die zwar strategisch wichtig ist, sich aber derzeit nicht im Zentrum der Kämpfe befindet. Das kann zu Matches führen, bei denen es wenig zu tun gibt und man lange auf einem Hausdach herumliegt, nur um dann von einem Sniper ausgeschaltet zu werden oder bei einem plötzlichen Angriff chancenlos an der Flagge auszuharren und auf Verstärkung zu warten. Das macht nicht immer klassisch „Spaß“, ist aber eben ein wesentlicher Teil der Spielerfahrung – und Deserteure und Einzelkämpfer kann man in diesen Situationen nicht gebrauchen.
Actionhelden fliegen im Leichensack nach Hause!
Denn: Schon ein bis zwei Treffer sind bei Squad tödlich und eine Gesundheits- oder Richtungsanzeige gibt es nicht. Und ist man gefallen, heißt es auf den Medic oder einen Kameraden warten, der einen in einer Feuerpause aus der Schusslinie zieht und in Deckung per Verband wieder auf die Beine holt – schließlich kostet jeder Neueinstieg Tickets. Kommuniziert wird übrigens per Ingame-VoIP, das in Nahbereichs-Kommunikation, Squad-Funk und im Falle des Squadleaders auch noch auf Kommando-Funk aufgeteilt ist. Truppführer können zudem ihre Kollegen per direkten Funk erreichen, etwa um Manöver, Versorgung oder Angriffe zu koordinieren, ohne den wichtigen Kommando-Funk zu blockieren. Das funktioniert super – solange sich alle an Funk-Disziplin halten und man als Kommandant eine gehörige Portion Stressresistenz mitbringt.
Kommunikation ist King!
Natürlich gibt es auch keine Markierungen oder sonstiges Klimbim im HUD. Einzig auf der aufrufbaren Karte können die Bewegungen und Positionen der Verbündeten Einheiten nachvollzogen werden. Zudem können Kommandanten hier auch Markierungen platzieren – etwa um Sammelpunkte, Ziele oder gesichtete Feinde zu markieren. Um an den Gefechten Spaß zu haben, muss man wie ich die zugegebenermaßen etwas merkwürdige Veranlagung für den virtuellen Spaß am realistischen Feuergefecht mitbringen, in der Langeweile, völlige Verwirrung und plötzlicher Tod wichtige Bestandteile sind. Zudem gibt es keinerlei Rückmeldung, ob man einen Feind erwischt hat: die K/D -Ratio wird erst nach Ende des Matches angezeigt. Ach, und falls ihr euch das an dieser Stelle des Tests immer noch fragen solltet: Natürlich gibt es keine Erfahrungspunkte, Spielerlevel, Freischaltungen, Waffen-Skins oder sonstigen Krimskrams.
Der strategische Blick
Richtig toll sind zudem die Waffenmodelle und ihr Handling. Zwar kommt man nicht ganz an den absoluten Gunporn-Primus Escape From Tarkov heran, M4, G3, AK und Co. sehen aber dennoch herrlich realistisch aus und werden auch mit militärischem Drill bedient – inklusive entsprechender Nachlade-Animationen bei leergeschossenem oder halbvollem Magazin. Außerdem gibt es diverse Aufsätze, Visiere und Griffe die aber nicht frei gewählt werden können, sondern stattdessen von ihren Rollen abhängen. Denn natürlich gibt es designierte MG-Schützen, Anti-Fahrzeug-Infanterie, Sniper, Medics, Grenadiere, Crew- oder Kommandanten-Klassen, die alle unterschiedliche Waffen und Gadgets wie Raketenwerfer, Unterlauf-Granatwerfer, Munitionskisten oder Heilungspakete mit ins Feld führen. Die Klassen sind in ihrer Anzahl begrenzt und sollten vom Squadleader je nach zugeteilter Rolle im Gesamtverband verteilt und auf die Feuerteams aufgeteilt werden.
Waffenmodelle? Top!
Cool ist auch die große Bandbreite an Schlachtfeldern: Ihr wollt Gefechte in Städten des Nahen Ostens zwischen Green Zones, Moscheen und verbarrikadierten Polizeistationen? Gibt es! Ihr wollt groß angelegte Schlachten zwischen US-Truppen und russischen Einheiten in Wäldern, Tälern, Feldern und Dörfern? Klar! Knapp 20 Maps stehen über alle Spielmodi zur Auswahl, die meisten davon sind herrlich organisch entworfen und ungemein weitläufig. Zudem bekriegen sich mit US-Truppen, Russen, Briten, Kanadiern, sowie Milizen, Aufständischen und einer Nahost-Allianz derzeit gleich sieben Fraktionen mit eigenen Fahrzeugen, Waffen und Uniformen auf in den Kampfgebieten.
Fazit
Squad ist ein großartiges Spiel für Mehrspieler-Fans mit Lust auf groß angelegte militärische Operationen! Wer jederzeit eher zu Operation Flashpoint, Arma und Co. greifen würde, anstatt zum nächsten Battlefield oder Call of Duty, der wird auch mit der essentiellen Kommunikation, den realistischen Kampfhandlungen mit Infanterie und Fahrzeugen, den tollen Waffenmodellen und vor allem dem ebenso realistischen wir zermürbenden Leerlauf zwischen den Gefechten glücklich. Ähnlich wie Tripwire mit der Red Orchestra-Reihe verbindet Offworld Industries bei Squad auf äußerst geschickte Weise Battlefield mit Arma und schafft so eine halbwegs zugängliche, gut spielbare Militärsimulation, die zwar immer noch ein hohes Maß an Einarbeitung, Teamwork Stress- und Frustresistenz benötigt, dafür aber auch eine gigantische strategische Tiefe mitbringt. Dazu kommt eine durchaus stimmungsvolle, im direkten Vergleich mit Call of Duty und Battlefield aber eher spröde und auf Performance getrimmte Kulisse, die intensive Gefechte auf gigantischen Karten zulässt. Wer also auf Krachbumm-Daueraction und XP-Regen steht oder gar eine filmreife Kampagne sucht, der sollte dringend Abstand nehmen. Alle Teamplayer mit Lust auf eine intensive Militärsimulation sollten sich bei ihrem Squad-Leader melden!
Pro
- 100 Spieler auf einer Karte
- 20 Maps, sieben Fraktionen
- sieben Spielmodi
- gute Performance, solider Netcode
- große strategische Tiefe
- intensive Militärsimulation
- gute Waffenmodelle, toller Sound
- Nachschub-Management
- Basenbau mit Befestigungen
- Fahrzeuge und Helikopter
- sehr gutes Ingame VoIP
Kontra
- oftmals eher spröde Kulisse
- keinerlei Matchmaking
- keine Erklärungen zu Spielmodi
- nur "Grundausbildung", keine Squadleader-Übungen
- kleine Fehler (Favoriten, Filter) im Server-Browser
- kein Gruppen-Beitritt im Serverbrowser möglich
Echtgeldtransaktionen
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