Age of Empires 3: Definitive Edition - Test, Taktik & Strategie, PC

Age of Empires 3: Definitive Edition
19.10.2020, Marcel Kleffmann

Test: Age of Empires 3: Definitive Edition

Hätte definitiv besser sein können

Auch Age of Empires 3 ist - wie seine beiden Vorgänger - in einer überarbeiteten und leicht erweiterten Definitive Edition für PC neu veröffentlicht worden. Wir haben uns die Remaster-Verbesserungen, die Anpassungen bestehender Elemente sowie die Neuerungen im Test ausführlich angeschaut.

Nachdem die ersten beiden Age-of-Empires-Teile eine Remaster-Überarbeitung als Definitive Edition bekommen haben, ist es auch Zeit für den dritten Teil, der oftmals als das schwarze Schaf der Reihe betrachtet wurde, weil er sich stärker von seinen Vorgängern unterschied. So schaffte das 2005 veröffentliche Echtzeit-Strategiespiel den Sprung in die dritte Dimension, brachte wesentlich mehr Farbe ins Spiel und setzte stärker auf Charaktere und Geschichten in den Kampagnen. Es führte eine für damalige Verhältnisse ungewöhnliche Kartendeck-Mechanik mit Verstärkungen aus den Heimatstädten ein und spielte sich mit Musketen und Kanonen etwas aggressiver als die Vorgänger, wenn auch mit vergleichsweise weniger taktischen Möglichkeiten und Finessen. Aber am grundlegenden Spielerlebnis und den damit verbundenen Stärken und Schwächen ändert die Definitive Edition von Age of Empires 3 nichts. Sie umfasst das Hauptspiel (zum Test), die beiden Erweiterungen The WarChiefs und The Asian Dynasties (zum Test) sowie einige spezifische Ergänzungen.  

Das schwarze Schaf

Die augenfälligste Verbesserung im Vergleich zu dem Original ist die aufwändigere Gestaltung der Umgebungen. Die Bodentexturen sind wesentlich detailreicher und die Modelle der Gebäude wurden allesamt überarbeitet, während die neuen Licht-/Schatten-Effekte sowie Reflexionen dem Spiel einen neuen Glanz verleihen. Zoomt man allerdings nah an das Geschehen heran, verfliegt der schöne Schein. Obgleich die Einheiten-Modelle von Tantalus Media und Forgotten Empires ebenfalls verbessert wurden, sind sie weiterhin arg unschön und rudimentär gestaltet, vor allem im Vergleich zur Umgebung - besonders hier zeigt sich der Zahn der Zeit. Gleiches gilt für die staksigen und unbeholfen wirkenden Animationen. Bei WarCraft 3: Reforged war es genau umgekehrt, aber das Spiel hatte bekanntlich andere katastrophale Probleme.  

Überarbeitung der Grafik

Neu: Schweden und Inka 

Die Schweden beim Angriff u.a. mit Musketen. Die Kanonen sind noch unterwegs ...

Zu den bisherigen 14 Zivilisationen aus Age of Empires 3 und den Erweiterungen gesellen sich die Schweden und die Inka als spielbare Neuzugänge hinzu. Die Schweden orientieren sich spielerisch an den bisherigen Fraktionen aus Europa und setzen stärker auf die militärische Vorherrschaft - natürlich mit Musketieren. Sie gehen zu den offensiven Fraktionen. Die Inka heben sich etwas von den anderen Kontrahenten ab, da sie stärker auf den Aufbau der Siedlung und die wirtschaftliche Grundlage ausgerichtet sind. Sie wirken eher wie eine Zivilisation aus den ersten beiden Teilen, erreichen höhere Zivilisationsstufen etwas zügiger und sind allgemein defensiver ausgerichtet.

Außerdem wurde vielfach kritisierte Darstellung der Ureinwohner Amerikas im Original verändert. Abgesehen davon, dass der zweite Akt der Warchiefs-Kampagne umgeschrieben und Crazy Horse durch einen fiktiven Charakter ersetzt wurde, ist z.B. die Feuergrube als spirituelles Zentrum entfernt und durch einen Gemeinschaftsplatz ersetzt worden. An der Funktionsweise und den Effekten ist nichts verändert worden, lediglich am Äußeren.

Mit Lakota und Haudenosaunee

Die indigenen Zivilisationen sind verändert worden. Links oben ist der neue Gemeinschaftsplatz zu sehen. Rechts oben steht der Marktplatz als Bergbau-Ersatz.

Auch die vorurteilsbelasteten Schädel auf Pfählen als Deko-Elemente wurden entfernt. Es wirkte bei Age of Empires 3 damals so, als wären die indigenen Fraktionen bloß "wilde Tiere ohne Seele", obgleich sie über robuste Gesellschaftsstrukturen, Kulturen, Regierungen, Sprachen, Geschichten usw. verfügten, erklärte ein externer Berater der Lakota, der für die Überarbeitung der indigenen Völker hinzugezogen wurde (zum Interview ). Da Bergbau und Bergarbeit gegen die Wertvorstellungen der amerikanischen Ureinwohner sprechen würde, weil dadurch die Natur ausgebeutet wird, generieren sie im Spiel fortan Münzen auf einem Marktplatz. An der Spielweise ändert sich jedoch wenig, da der besagte Marktplatz neben einem Erzkommen gebaut werden muss. Auch die "Nature-Friendship-Fähigkeit" wurde bei den Ureinwohnern entfernt, da sie dafür stehen würde, dass ein indigener Charakter in einem Videospiel "tierische Kräfte" haben muss. Stattdessen haben die Entwickler andere Fertigkeiten eingeführt und die Balance entsprechend angepasst. Last but not least wurden die Namen verändert. Die Irokesen heißen jetzt Haudenosaunee und Lakota ist der neue Name der Sioux.

Im Einzelspieler-Modus dürfen acht Kampagnen mit insgesamt 54 Missionen absolviert werden. Die storybasierten Feldzüge aus The Asian Dynasties sowie The WarChiefs können direkt im Hauptmenü ausgewählt werden. Neue Kampagnen wurden im Gegensatz zu den anderen Definitive Editions nicht hinzugefügt, es wird lediglich Bekanntes geboten. Sämtliche Missionen können auf drei Schwierigkeitsstufen gespielt werden und nach dem jeweiligen Abschluss winken Medaillen.  

Die Einzelspieler-Kampagnen

Auch die Zwischensequenzen und die Kamerafahrten, die man vor und nach den Einsätzen zu Gesicht bekommt, wurden stellenweise verändert und mit alternativen Einstellungen versehen. Die sich ruckartig bewegende Kamera, flackernde Schatten und die unbeholfenen Animationen der Klontruppen hätten trotzdem mehr Verbesserungen nötig gehabt. Es wirkt an manchen Stellen so, als wären die Überarbeitungen etwas vorschnell vorgenommen worden und dieser Eindruck setzt sich an anderer Stelle fort ...

Die Kartendecks und die strategische Kartenverwaltung zur Anforderung von Verstärkungen aus der Heimat wurden ebenfalls verändert. So wurden nicht nur die Größe und die Grafiken angepasst, es wurden jeweils drei vorgefertigte Decks hinzugefügt, damit man direkt starten kann, ohne sich gleich mit dieser Eigenheit beschäftigen zu müssen, was eigentlich eine gute Idee ist.

Kartendecks und Heimatstadt

Die Heimatstadt ist nur noch Zierde.

Außerdem sind alle Karten sofort freigeschaltet. Man muss sie nicht erst in der Kampagne durch den Ausbau der Heimatstadt verdienen, was sich jedoch als zweischneidige Entscheidung entpuppt. Diese Veränderung erlaubt es zwar, dass man sofort und mit gleichen Vorzeichen in die Gefechte oder in den Multiplayer-Modus einsteigen kann, aber das ehemalige Fortschrittssystem aus der Kampagne wird nahezu komplett egalisiert und der Ausbau der Heimatstadt wird zum bloßen kosmetischen Schnickschnack degradiert. Es wäre besser gewesen, wenn man Einzel- und Multiplayer-Modus in diesem Belang klarer getrennt hätte. So hätte man die Freischaltung der Karten in der Kampagne beibehalten, aber trotzdem alle Karten im Multiplayer zur Verfügung gehabt. Übrigens: Die Heimatstädte sämtlicher Zivilisationen, die nach dem Hauptspiel hinzugefügt wurden, lassen sich gar nicht ausbauen. Immerhin haben die älteren europäischen Zivilisationen neue Politiker und Revolutionen spendiert bekommen.

Ärger mit der Computerintelligenz 

Die steifen Animationen werden erst in der Nahperspektive sichtbar.

Besonders versierte Spieler dürfen die Computergegner auf dem neuen Schwierigkeitsgrad "Extrem" herausfordern, die schon in der Anfangsphase mächtig Druck machen, sofern es nicht unüberbrückbare Passagen auf der Karte gibt. Obwohl die Entwickler die Künstliche Intelligenz überarbeitet haben wollen und die Gegner "das Schlachtfeld" besser lesen sollen, bleiben beim Praxistext eher die Schwächen der KI hängen, z.B. wenn immer die gleichen Stellen attackiert werden oder die Truppen nicht auf den Angriff nahe bei ihnen stehender Einheiten reagieren. Nicht wirklich gut ist die Wegfindung, die stellenweise zu absurden Drängel-Szenen und Schubsereien im Gelände führt. Auf hoher See ist das Ganze noch viel schlimmer, zumal noch unschönes Clipping von Objekten hinzukommt. Ein großer Mangel des Originals wurde ebenfalls nicht aus der Welt geschafft, und zwar können Bogenschützen weiterhin durch Wände schießen. Wahrscheinlich wären hier größere Eingriffe an der Physik-Engine erforderlich gewesen. Hinzu gesellen sich noch sonstige Bugs und Schnitzer, die auf eine zu frühe Veröffentlichung schließen lassen. Diesen Eindruck unterstreicht auch ein Hotfix , der kurz nach Verkaufsstart erschienen ist und einige Performance-Probleme behob.  

Neu sind ebenfalls einige (recht schwierige) "Historische Schlachten" nach entsprechenden Vorbildern und der "Kriegskunst-Modus", den es schon in Definitive Edition von Age of Empires 2 gab. Den Kriegskunst-Modus kann man sich als thematisch festgezurrte Trainingseinsätze für fortgeschrittene Spieler vorstellen, die stärker auf die Herausforderungen in den Multiplayer-Gefechten vorbereiten sollen. Es gibt zehn Lektionen, die zunächst mit einem Tutorial-Video eingeleitet werden, bevor man selbst die Aufgabe auf Zeit bewältigen darf. Leider gibt es in diesen beiden Modi keine deutsche Sprachausgabe. Immerhin deutsche Texte sind vorhanden.

Kriegskunst und historische Schlachten

Aufwertung des Benutzerinterfaces

Die Ressourcen können in der Definitive-UI-Variante auch oben angezeigt werden.

Das an einen groben Holzbalken erinnernde Benutzerinterface aus dem Original ist zum Glück verändert worden. In der Definitive Edition hat man die Wahl zwischen drei Varianten, die etwas mehr freie Sicht auf das Spielfeld erlauben. Neben der Platzierung von Minikarte- und Ressourcen-Anzeige links oder rechts unten, kann man eine Version wählen, welche die Ressourcen an der oberen Bildschirmseite anzeigt und damit näher an den Vorgängern ist. Praktische Zusatzinformationen wie die Anzahl der beschäftigten Arbeiter, Warteschlangen und Co. werden ebenfalls präsentiert. Zusätzlich gibt es Hotkey-Presets, Reichweiten-Indikatoren bei Gebäuden, eine Skalierungsfunktion für das Interface, eine höheren Maximalabstand der Kamera für besser Übersicht, eine automatischen Erkundungsfunktion für Scouts und einen schönen, aber leider ziemlich interaktivlosen Ingame-Technologiebaum für alle Zivilisationen - hier wären Kontextfenster mit Informationen über Einheiten und Gebäude schon hilfreich gewesen.  

Der Mehrspieler-Modus ist auf die gleiche Server-basierte Backend-Struktur wie die Age of Empires 2: Definitive Edition umgestellt worden. Mit Matchmaking-Funktionen, integrierten Leaderboards, einen Zuschauer-Modus, Server-Browser und zahlreichen neuen Karten können sich die neue Funktionen wirklich sehen lassen. Doch so richtig stabil will das Multiplayer-Geschehen noch nicht laufen. Ähnlich wie beim Verkaufsstart des Vorgängers gibt es etwaige Verbindungsabbrüche und Probleme eine Partie zu starten.  

Mehrspieler-Modus und mehr

Ansonsten haben die Entwickler noch den Soundtrack und die Soundeffekte überarbeitet, neue Musikstücke für alle Zivilisationen eingebaut und für Mod-Unterstützung gesorgt. Das mehr als ausführliche Change-Log findet ihr hier .

Fazit

Die Age of Empires 3: Definitive Edition hätte ruhig noch etwas mehr Entwicklungszeit verdient gehabt, da einiges ziemlich unfertig wirkt. Neben etwaigen Bugs fallen besonders die Computerintelligenz und die Wegfindung mit Aussetzern und doofen Aktionen negativ auf - zumal die Bogenschützen immer noch durch Wände schießen können. Auch die Animationen der Figuren und die hakelige Inszenierung hinterlassen einen rückständigen Eindruck, der dadurch verstärkt wird, dass die sonstige Umgebungsgrafik so sehenswert aufgehübscht wurde. Die Egalisierung des Ausbaus der Heimatstädte hätte ebenfalls nicht sein müssen, obwohl es eigentlich eine gute Idee war, das Kartendeck-System für den schnelleren Einstieg zu vereinfachen. Ansonsten erweisen sich die Schweden und vor allem die Inka als gute Neuzugänge bei den Zivilisationen. Und auch die Kriegskunst-Herausforderungen sowie die historischen Schlachten fügen sich prima ein, obgleich keine deutsche Sprachausgabe bei diesen neuen Inhalten geboten wird. Somit fällt die Age of Empires 3: Definitive Edition aber deutlich hinter der Age of Empires 2: Definitive Edition zurück, die sich mittlerweile zu einem Vorzeigeprodukt entwickelt hat. 

Pro

  • zwei weitere Zivilisationen: Schweden und Inka
  • Kriegskunst-Herausforderungen & historische Schlachten
  • viele Interface-Verbesserungen
  • Überarbeitung der indigenen Völker
  • deutlich bessere Umgebungsgrafik
  • höherer Zoomfaktor
  • vorgefertige Kartendecks
  • ausgebauter Mehrspieler-Modus

Kontra

  • Wegfindung und KI machen Probleme
  • Bugs und unfertig wirkende Elemente
  • Egalisierung des Ausbaus der Heimatstadt
  • englische Sprachausgabe bei den neuen Inhalten
  • Multiplayer könnte stabiler sein

Wertung

PC

Die neuen Inhalte und die überarbeiteten Elemente der Age of Empires 3: Definitive Edition fügen sich gut ein, aber Bugs, KI-Probleme und altbekannte Fehler fallen negativ auf.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Die Age of Empires 3: Definitive Edition enthält keine Mikrotransaktionen und hat keinen Ingame-Shop.
Kommentare
johndoe1887640

Die ganze Zeit war das Spiel in Listen für die nächsten heiß erwarteten Microsoft Studios Spiele vertreten und dann kommt wieder so ein mittelmäßiges Game raus. Auch wenn mich das Spiel an sich nicht interessiert, so ist das schon enttäuschend. Ich hoffe mal, dass sie für die X dann endlich die Kurve kriegen und bei der Menge an Studios dem jeweiligen genug Zeit geben, um die Spiele auch zu perfektionieren. Gerade auch bei Bethesda. Wobei... wenn nicht, bräuchte ich am Ende nur eine Konsole kaufen, was jetzt ja auch nicht so der Schaden wäre, da dann ja ordentlich Geld gespart. Trotzdem wäre es schade, bei dem Potential, was MS da aufbaut.

Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 4 Jahren
Fargard

Schade

Die Schweden orientieren sich spielerisch an den bisherigen Fraktionen aus Europa und setzen stärker auf die militärische Vorherrschaft - natürlich mit Musketieren. Sie gehen zu den offensiven Fraktionen.
Gehören, oder?

vor 4 Jahren
Hans_Wurst80

Die Wertung ist gerade insofern nachvollziehbar, als dass AoE 3 schlicht schon damals kein besonders gutes Spiel war. Ich habe mich seinerzeit einige Tage damit beschäftigt und das Feature mit der Heimatstadt auch schätzen gelernt (das ist wirklich ein netter Einfall). Der Rest... nun ja. Besonders prägend ist das eigenartige System, wodurch Fernkämpfer direkt durch Mauern und Zäune hindurchschießen können. Nein, nicht obendrüber - mitten durch, als wären die Wände gar nicht da. Total sinnfrei und unverständlich, dass das nicht geändert wurde.

vor 4 Jahren
Usul

Habe ich das richtig mitbekommen, daß das Spiel 38 GB groß ist? Haben die aus Versehen noch drei weitere Spiele reingepackt und dann vergessen?

vor 4 Jahren