The Walking Dead: Saints & Sinners - Test, Action-Adventure, PlayStationVR, OculusRift, ValveIndex, HTCVive, VirtualReality, OculusQuest
Mit diesen Zombies ist nicht zu spaßen – das wird spätestens dann klar, wenn sich in The Walking Dead: Saints & Sinners einer der Untoten ausgesprochen nah an den Spieler schmiegt und ihn um seinen letzten Fortschritt bringt. Nicht immer klappt die unzuverlässige schwungvolle Armbewegung zum Abschütteln, wenn der Untote erst einmal zugepackt hat. So landete ich dank des übertrieben strengen Speichersystems oft wieder am Anfang der Mission, an einem älteren Speicherpunkt in der eigenen Basis oder wurde wahlweise fast wehrlos auf die gefährliche Suche nach dem eigenen Rucksack geschickt.
Nichts für Ungeduldige
Ärgerlich ist auch, dass mir nach dem zu kurzen Tutorial wichtige Infos verschwiegen werden. Eine davon wird mittlerweile immerhin während der ersten der langen Ladepausen eingeblendet: Geplündertes Essen ist verseucht und nagt danach stetig an der ohnehin knappen Energieleiste! Denkt also daran, euch nicht gleich das nächstbeste Nahrungsmittel vor den Mund zu halten, sondern rüstet eure Werkbänke in der Basis erst einmal zum Abkochen auf!
Nicht so laut!
Die Missionen fallen meist recht ähnlich aus: Mit einem kleinen Boot fahre ich von meiner geschützten Basis aus in eine der kleinen, aber frei zu erkundenden Straßenzüge und schleiche mich in ein Haus, um wichtige Gegenstände wie ein Mikro für das Funkgerät in der eigenen Wohnmobil-Basis zu finden. Danach trete ich mit einem skeptischen Fremden in Kontakt, um ihn nach weiteren Informationen zur sagenumwobenen „Reserve“-Basis voller Vorräte auszuquetschen. All das ist auch auf der Quest 2 grafisch erstaunlich hübsch umgesetzt, so dass sich schnell ein überzeugendes Präsenz-Gefühl breit macht. Aus der Nähe sind Texturen wie auf besagtem Funkgerät zwar deutlich unschärfer - und durch Abstriche bei der Beleuchtung wirken die Oberflächen allgemein ein wenig stumpfer, statt authentisch zu glänzen. Doch wichtige Details wie die zahlreichen Texte oder Karten werden von der dynamisch skalierenden Engine sehr geschickt priorisiert und sind auf dem hochauflösenden Screen knackig scharf zu erkennen, wenn sie benötigt werden.
Telltale lässt grüßen
Der Fokus aufs Crafting an den drei Werkbänken und passt gut zum Vorbild, zumal sich benötigte Gegenstände auf Listen verfolgen lassen. Nachdem ich mir auf meinen Ausflügen den aufrüstbaren Rucksack vollgestopft habe, wird aufgeklaubtes Gerümpel erst einmal in den Recycling-Container ausgeleert. Danach stelle ich länger haltbare Revolver, eine Schrotflinte oder Mahlzeiten für mehr Ausdauer beim Flüchten her. Die kurze Haltbarkeit gefundener Gegenstände wirkt etwas lächerlich: Der Flitzebogen vor der finsteren Gruft etwa zerbricht schon nach wenigen Schüssen.
Die selbstgebauten Spielzeuge wie diverse Schießeisen und Flinten sorgen dagegen für eine angenehm hohe Immersion. Das gilt auf Facebooks mobilem System genauso wie auf dem PC. Ein mit dem Bogen verschossener Pfeil etwa wird auch hier wieder eingesammelt. Später fummelt man in brenzligen Momenten sogar mit den eigenen Händen die Patronen in die Revolvertrommel, um einem bedrohlich nahen Zombie gerade noch rechtzeitig in den Schädel zu schießen. Ist die Munition alle, müssen es eben Hieb- und Stichwaffen richten, die in den Händen des eigenen Normalo-Charakters wieder authentisch schwer wirken.
Fieser Nahkampf
Ein großes Brett mit Nagel oder eine mit Stacheln bewehrte Keule muss erst einmal langsam mit zweihändigem Griff Fahrt aufnehmen, bevor es die Höhe eines Schädels erreicht. Dann lassen sich die aufdringlichen Walker aber gut auf Abstand halten. Brenzliger wird es mit kurzen Klingen oder Schraubendrehern. Zuerst muss der Kopf des Untoten im passenden Moment mit einer Hand erfasst werden, um die Klinge schließlich mit der zweiten Hand wieder und wieder in den Kopf zu rammen. Ein ausgesprochen nervenaufreibendes und brutal visualisiertes Manöver! Das Messer könnte schließlich jederzeit brechen, wenn man nicht vorher seinen Zustand überprüft hat. Und dann rückt einem der Untote in VR deutlich näher und unangenehmer auf die Pelle, als man das aus „flachen“ Horrorspielen am TV gewohnt ist.
Etwas hakelig
Ärgerlich ist dagegen die schwache KI der sich bekriegenden Fraktionen. Wer sich geschickt an Hinweisen zu Missionsdokumenten orientiert, muss einen Tower-Stützpunkt unter Umständen gar nicht komplett infiltrieren, sondern nur ein paar Sprengfallen neben der Garage entschärfen. Aufgrund der nervösen KI funktioniert das Anschleichen ans Versteck im Brunnen dahinter allerdings denkbar schlecht. Die unberechenbaren Wachen werden meist trotzdem aufmerksam und rennen danach wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen durcheinander. Mal können sie durch massive Wände sehen oder schießen - in einem anderen Moment erkennen sie mich sogar dann viel zu spät, wenn ich schon direkt vor ihrer Nase stehe und ihnen aus nächster Nähe einen Pfeil in den Schädel jage.
Hirntot oder nicht?
Auch die detailverliebte Kulisse trägt sogar auf dem Mobilchip ihren Teil zur Präsenz bei. Die kleinen Stadtteile ähneln sich visuell zwar stark, aus der Nähe aber punkten die verrümpelten Flure mit fein gemaserten Holzanrichten, unheimlichen Graffiti und persönlichen Hinterlassenschaften. Freunde verlassener Orte kommen hier auf jeden Fall auf ihre Kosten! Auch für Komfort-Optionen wie die graduelle Vignette gibt es diverse Optionen. Mein Magen hatte mit der Standard-Einstellung fast nie Probleme. Kollege Ben musste dagegen schon im PC-Original nach kurzer Zeit aufhören, da keine alternative Fortbewegung per Teleportation angeboten wird. In nächster Zeit dürfte vermutlich auch das "Meatgrinder Update" der PC-Fassung nachgereicht werden, das u.a. einen Horde-Modus, eine frische Karte und ein neues Katana mit sich bringt.
Fazit
Ich kenne kaum ein Spiel, in dem mir die Gegner so viel Respekt einflößen wie in The Walking Dead: Saints & Sinners! In VR kommen mir die untoten „Walker“ nicht nur unangenehm nah, sondern lassen sich zudem leider nur unzuverlässig abschütteln. Die knappen Ressourcen und der Fokus aufs Crafting sorgen ebenfalls für Spannung auf den Beutezügen durch das detailverliebt inszenierte New Orleans. Auch das Schwingen und Nachladen der schweren Waffen trägt zum authentischen Gefühl bei. Zudem ist Skydance Interactive eine beeindruckend hübsche Umsetzung gelungen, welche bei Blaupausen, Texten und anderen lesbaren Details sogar mit der hohen Auflösung des Quest-2-Bildschirms protzen kann. Anderswo wirken Texturen zwar deutlich niedriger aufgelöst und die schwächere Beleuchtung lässt alles spürbar stumpfer erscheinen - doch den stimmigen und flüssigen Gesamteindruck mindert das kaum. Stattdessen profitiert die Immersion massiv vom kabellosen, freien Spielgefühl! Der Survival-Trip hat allerdings nach wie vor deutliche Schattenseiten wie das viel zu kurze Tutorial, welches nicht genügend wichtige Details erklärt. Allgemein präsentiert sich das Spiel vielerorts sperrig, z.B. beim harschen Speichersystem oder wenn die eigene Figur unverschuldet beim Klettern hängen bleibt. Noch unfertiger wirkt das konfuse Verhalten der lebenden KI-Krieger, welches sorgsam geplante Schleichtouren zunichte macht. Sie rennen nicht selten wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen durcheinander oder lassen sich aus nächster Nähe abschießen. Solange man es nur mit den schlurfenden Untoten zu tun hat (die erstaunlicherweise weniger hirntot agieren), entfaltet sich bei der Erkundung der verfallenen Anwesen aber ein angenehmer Nervenkitzel.
Pro
- kniffliger Überlebenskampf erfordert behutsames Vorgehen und Planen
- gefährliche Zombies erzeugen starkes Bedrohungsgefühl
- sehr detailverliebte verfallene Kulissen
- stimmungsvolle englische Vertonung
- Handlung und Aufgaben passen zur Vorlage
- immersive Bewegungssteuerung
- Erkundungsgefühl profitiert stark von der Kabellosigkeit
Kontra
- wichtige Mechanismen zu Beginn schwer durchschaubar und kaum erklärt
- sehr simple, teils richtig dämliche KI bei menschlichen Gegnern
- Gegner schießen und schauen durch Wände
- Abschütteln von Zombies funktioniert unzuverlässig
- zu strenges Speichersystem
- übertrieben kurz haltbare Gegenstände wirken unglaubwürdig
- keine deutsche Lokalisierung
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt keine Käufe.
- Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.