Astro's Playroom - Test, Plattformer, PlayStation5

Astro's Playroom
06.11.2020, Jörg Luibl

Test: Astro's Playroom

Putzig, kreativ, fröhlich!

Vor zwei Jahren begeisterte das Asobi Team mit Astro Bot Rescue Mission auf PlayStation VR: Satte 90% heimste der kreative Plattformer im Test ein. Jetzt kehren die putzigen Roboter auf der PlayStation 5 zurück: In Astro's Playroom sollen vor allem die neuen Möglichkeiten des Dual Sense Wireless-Controllers demonstriert werden. Was bringen dessen Vibrationen und Sounds? Und kann das vorinstallierte Gratis-Abenteuer auch spielerisch überzeugen? Mehr dazu im Test.

Wenn ich mit einem Grinsen auf eine Plattform hüpfe, mit einem Laser per Doppelsprung einen Roboter brutzle und dabei den Refrain eines Songs mitsumme, was ich wahrlich nicht oft mache, hat ein Spiel meinen Nerv getroffen. Wenn man dann noch zusammen auf der Couch sitzt und alle den Dual Sense Wireless-Controller haben wollen, um dieses neuartige Klettern oder das Rollen mal selbst auszuprobieren, erinnert mich das an die Erstfaszination der Nintendo Wii, als das "Fuchteln" für frischen Wind sorgte.

Gute Laune garantiert

Hinein ins Vergnügen! Astro's Playroom ist mit 10,98 GB auf der PS5 vorinstalliert.
Natürlich ist das hier "nicht mehr" als ein Jump'n Run, das weder Augmented noch Virtual Reality unterstützt. Aber Astro's Playroom sorgt nicht nur für gute Laune, weil die Songs elektrische Ohrwürmer sind oder es so verdammt charmant designt ist, dass man jeden Roboter am liebsten mit dem 3D-Drucker in sein Wohnzimmer beamen würde. Es sorgt auch für Spaß in den Backen, weil der Controller das klassische Zocken um einen kreativen, überaus "sinnlichen" Schub bereichert. Was heißt das? Das heißt, dass man beim Spielen mehr spürt, hört und erlebt!

Um das zu erreichen, hat das knapp 30-köpfige japanische Team, übrigens geleitet vom Franzosen Nicolas Doucet, über 80 Tech-Demos im Vorfeld entwickelt, von denen etwa 20 Ideen verwirklicht wurden. Die große Herausforderung war auch das Audiodesign, das auf ein komplett neues Level gehoben wird, weil sich daraus ja auch Vibrationen ergeben - so mussten die Sound- und Spieldesign-Experten enger zusammen arbeiten; sein Favorit ist übrigens das fein dosierte Skaten auf dem Eis.

Zu den coolsten Bewegungen gehört das Klettern.
Wenn Astro den Regenschirm spannt, bemerkt man z.B. die einzelnen Tropfen. Nicht nur Oberflächen wie Kunststoff oder Matsch sorgen für akustisches Feedback: Jeder Soundeffekt aus dem Controller kann eine andere Vibration in einem seiner zwei Bereiche erzeugen. Wenn es stürmt, zieht der Wind also gefühlt von rechts nach links, während man gegen prasselnde Sandkörner ankämpft, die nur aus einer Richtung kommen. Man hört also sowohl etwas aus den Boxen als auch "aus der Hand", weshalb ihr nicht mit Kopfhörern spielen solltet. Denn nur ohne sie wird die einzelne Situation audiohaptisch aufgewertet: Es knistert, rauscht, knallt und vibriert je nach Aktion anders - und das ist cool. Ihr wollt das nicht? Ihr könnt all das auch in drei Stufen anpassen oder komplett deaktivieren.

Sinnliches Erlebnis

Strand, Gebirge, Wald, Hightech, Wolken & Co - die vier Welten bieten abwechslungsreiche Kulissen.
Aber es geht auch um fein dosierte Bewegungen über Motion Control, Schultertasten sowie das Touchpad: Wenn man sich als Sprungfeder nach links biegt, indem man den Controller neigt, bemerkt und hört man ihre Spannung. Wenn man die untere Schultertaste leicht drückt, wird der folgende Hopser ein kurzer. Wenn man nur sanft über das Touchpad streicht, bewegt sich die Kugel ein wenig. Man kann also sehr präzise sowohl die Richtung als auch die Stärke dosieren. Und all diese Möglichkeiten werden in Astro's Playroom nicht nur steril wie in einem Tutorial demonstriert, sondern in einem futuristischen Szenario mit zig Herausforderungen und Geheimnissen überaus lebendig inszeniert.

Die Story ist zwar keine Stärke dieses Jump'n Runs, aber der erzählerische Rahmen ist eine sehr charmante Hommage an die Geschichte der PlayStation von 1994 bis heute. Man erkundet mit seinem Roboter vier Welten, die als Strände, Dschungel oder Wolken unterschiedliche Teile der Systemarchitektur wie die GPU oder den SSD-Speicher nachahmen. Und für jeden Bereich gibt es einen eigenen Song, der teilweise hymnisch seine Eigenschaften preist -  Vorsicht, das sind schlimme Ohrwürmer! Ich sag nur: GPUUUUU - What can I do for youuuuu?

Vier PlayStation-Welten

Auch die neuen adaptiven Trigger sorgen für Spaß - sie erreichen fast Force Feedback.
Man sammelt dabei Münzen, versteckte Puzzleteile sowie etwa 50 Artefakte, die alle eine Sony-Hardware von einer Konsole bis zum Zubehör darstellen - ihr könnt heranzoomen und manchmal Funktionen wie die Öffnung des Laufwerks auslösen. All das wird dann in der Basis wie in einem Museum ausgestellt, nur dass dort überall kleine Roboter herumspielen und zum Zusehen einladen: Sie durchwühlen Discs, zocken PlayStation, fuchteln in VR herum oder klettern auf eine fette PlayStation 3. Und mit jedem neuen Besuch werden die Wände um Graffities bereichert, falls man denn welche gefunden hat.

Hey, was macht der Riesenroboter da?
Selbst in den Welten musste ich öfter stehen bleiben und schmunzeln: Das Asobi Team lässt quasi alle relevanten Helden und Spiele, auch einige von Bandai Namco, Konami etc., in kleinen Szenen auftauchen, die von einem Roboter gefilmt werden: Es kann also sein, dass ihr in einer Höhle die robotischen Doubles von Joel und Ellie trefft, die gerade zittern. Oder dass Kratos und Sohnemann irgendwo paddeln. Es gibt eine Vielzahl von Anspielungen und Geheimnissen.

Vom Strand ins Gebirge

Doch neben diesem Fanservice besticht auch die Spielmechanik: In der Strandwelt hab ich mich sofort an Super Mario Sunshine erinnert gefühlt, zumal man nach einem Sprung in die Luft mit einer Laserdüse ein Stück weiter schweben kann - ähnlich wie Mario damals mit dem Wasserstrahl. Im Dschungel lässt Uncharted zwischen Wasserfällen grüßen, während man von Fels zu Fels springt. Überall wuselt und passiert etwas: Da sind z.B. die putzigen Roboter, die im Sand wie Krebse dahin wuseln oder diese bunten Stränge, die man aus Boden oder Wänden ziehen kann, so dass ein Mechanismus aktiviert wird oder man eine Kapsel für einen Wurf zur Verfügung hat.

Jede Welt bietet kleine Abzweigungen oder extra knifflige Passagen, bevor man sie in einem Finale abschließt - teilweise in coolen Bosskämpfen. Das ist also kein reines Kinderspiel, man muss auch Timing & Co einsetzen! Doch es gibt genug Checkpoints und die neue Funktion der PS5, dass man in Level, die man verlassen hat, später sofort wieder einsteigen kann, quasi ohne Ladezeiten, lässt Wiederholungsfrust erst gar nicht aufkommen.

Geheimnisse und Bosse

Moment, die kennen ich doch...
Auf dem Weg zum Ziel kann man viel ausprobieren: Neben Sprung und Schwung, Segeln, Schleudern und Schlittern gibt es stets Kämpfe gegen knuffige Roboter, die vor allem mit Elektroschocks ganz schön austeilen können. Hinzu kommt ein Gewehr, das bunte Bälle verschießt, sowie ein Bogen, der das Spannen beim Schießen richtig gut simuliert.

Jede Welt bietet ein Finale, in dem ein Boss oder Ähnliches wartet.
Aber so richtig kreativ wird es, wenn man in einen der Anzüge schlüpft: Dann verwandelt sich der Roboter z.B. in eine Sprungfeder, die in simuliertem 2D durch Level hopsen muss, was bei bewegten Plattformen so einige Fehlversuche beinhaltet. Oder in eine Flipperkugel, die mal wild gegen Bumper rast, aber auch ganz fein à la Marble Madness an Abgründen vorbei manövriert werden muss. Meine Favoriten sind aber Düsen- und Affenanzug: Ersterer imitiert mit zwei Düsen Spiele wie Gravity Crash, in denen man wohl dosiert durch Labyrinthe schweben muss, während man links, rechts oder simultan Schub gibt.

Anzüge für alle Fälle

Mit den Schubdüsen fühlt man sich wie in Gravity Crash.
Und Letzterer ist vielleicht das Highlight des Spiels für alle, die sich anspruchsvolleres Klettern gewünscht haben: Beim Kraxeln richtet man den Körper des Affen über die Neigung des Controllers aus, so dass er über einen Griff eher links oder rechts an ein Sims kommt, während man mit einer oder beiden Händen über die Schultertasten zugreifen kann. Außerdem kann er sich an Stangen über Schwingen des Controllers nach oben katapultieren. Mit vorbei fliegenden Vögeln, wegbrechenden Halterungen sowie rotierenden Scheiben erreicht man schonmal den Anspruch von Donkey Kong Country!

Hat man die vier Welten nach etwa vier bis sechs Stunden gemeistert, kann man fehlende Artefakte suchen oder noch in Speedruns auf speziellen Parcours um Bestzeiten kämpfen, die alle bestimmte Bewegungsmechaniken in den Vordergrund stellen. Was man mit all den Münzen macht? Man kann je 100 an einem Automaten gegen Kapseln eintauschen, in denen sich Nieten, Puzzleteile, Roboter-Dioramen oder Artefakte befinden können. Übrigens: Selbst der Abspann dieses Spiels ist kreativ - ihr solltet ihn nicht überspringen!

Fazit

Astro's Playroom ist eine kreative Überraschung! Zum Start der PlayStation 5 serviert das Asobi Team direkt einen Hit, der auch noch vorinstalliert ist. Hier werden nicht nur die Stärken des DualSense Wireless-Controllers demonstriert, der für vielfältiges akustisches und haptisches Feedback sorgt, hier wird auch ein richtig gutes Jump'n Run inszeniert, das einfach für gute Laune sorgt - die Roboter sind so charmant und putzig, dass ich einfach fröhlich grinsend zocken musste. Und die lebendig designten Roboterwelten dienen ja nicht nur als Tutorial-Kulisse, sondern sind Schauplatz waschechter Plattform-Herausforderungen. Das Springen, Gleiten, Klettern, Rollen, Fliegen und Kämpfen wird durch die Vibrationen und Geräusche, durch Touch und Motionbewegung intensiviert. Hinzu kommt ein klasse Soundtrack mit Ohrwurmgarantie..."GPUUUUUUU, what can I do for youuuuu?" Sorry, weiter im Text: ...sowie eine liebevolle Hommage an die Geschichte der PlayStation. Zwar gibt es damit lediglich einen erzählerischen Rahmen, man ist leider nach sechs Stunden schon durch und vermisst weitere Bosse. Aber als der Abspann lief (und bitte: lasst ihn wirklich laufen!), habe ich mir nur eines gewünscht: Ein großes Jump'n Run vom Asobi Team. Denn diese Jungs könnten in einer Liga mit Super Mario spielen!

Pro

  • kreativer Plattformer
  • charmante Hommage an Geschichte der PlayStation
  • putzig animierte Roboter, einige coole Bosse
  • zelebriert alle Stärken des neuen Controllers
  • tolles audiohaptisches Feedback
  • vier abwechslungsreiche Welten
  • viele Geheimnisse, Eastereggs & Co
  • Speedruns zum Vergleichen
  • klasse Soundtrack, tolle akustische Effekte
  • kreativer (spielbarer) Abspann

Kontra

  • keine Story
  • etwas zu wenig Bosse
  • leider schon nach fünf bis sechs Stunden vorbei

Wertung

PlayStation5

Astro's Playroom ist eine kreative Überraschung! Zum Start der PlayStation 5 serviert das Asobi Team direkt ein Jump'n Run-Highligt, das auch noch vorinstalliert ist.

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Kommentare
RobInTheWood

Hab's jetzt auch durchgespielt Kann dem Test nur zustimmen, tolles Spiel.
In Verbindung mit dem Controller macht das ziemlich Spaß.
Mit ein paar Stunden mehr Spielzeit, wäre das für mich auch ein Kandidat für einen Vollpreistitel.

vor 3 Jahren
Mafuba

In einem Action Adventure per Bogen auf die Jagd zu gehen... Hach ja, die Möglichkeiten sind vielfältig.
HZD 2 vlt?

vor 3 Jahren
PlayerDeluxe

Noch ne steile These: Es wird nie wieder nen Titel geben, der den Controler besser nutzt.
Künftigen Exklusiv-Titeln ist wohl am ehesten zuzutrauen, die Features des Controllers sinnvoll zu nutzen. Den Entwicklern von Multiplattform-Titeln traue ich nicht so viel zu.

Rennspiele, Space-Shooter, Ego-Shooter, Jump 'n Runs & Party-Spiele werden sicher sehr vom Controller profitieren. In einem Action Adventure per Bogen auf die Jagd zu gehen... Hach ja, die Möglichkeiten sind vielfältig.

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren
History Eraser

Ich hätte gern nen ganzes Spiel, in dem man Astro als Kugel steuert. Bis auf die musikalische Untermalung wieder ein äußerst charmanter und kreativer Plattformer, der sich anscheinend bei den kreativsten Titeln aus der jeweiligen Generation bedient? (Kula World in dem Fall?)

Noch ne steile These: Es wird nie wieder nen Titel geben, der den Controler besser nutzt.

vor 3 Jahren