Marvel's Spider-Man: Miles Morales - Test, Action-Adventure, PlayStation4, PC, PlayStation5

Marvel's Spider-Man: Miles Morales
06.11.2020, Jörg Luibl

Test: Marvel's Spider-Man: Miles Morales

Die neue Spinne

Im September 2018 sorgte Marvel's Spider-Man für richtig gute Unterhaltung auf der PS4. Zwei Jahre später serviert Insomniac Games schwungvollen Nachschlag in Form einer separat spielbaren Erweiterung namens Miles Morales. Die erscheint am 19. November für PS5 und PS4 für 60 Euro sowie als Ultimate-Edition inkl. Marvel's Spider-Man: Remastered samt aller DLC für 80 Euro. Was hat die neue Spinne zu bieten? Mehr dazu im Test!

Wer soll in New York das Verbrechen bekämpfen, wenn Peter Parker ein paar Wochen in Europa zu tun hat? Tja, da muss der Nachwuchs ran: Der erst 17-jährige Miles Morales kann endlich seinem berühmten Vorbild nacheifern, das die Wände seiner Nachbarschaft ziert. Schon sein erster Gang durch Harlem gibt euch einen Vorgeschmack auf die kinoreifen Filmsequenzen, die noch folgen und in denen ihr auch interagieren könnt, indem ihr euch z.B. in der Wohnung umschaut - allerdings bleibt es wie im Vorgänger bei der visuellen Diskrepanz zur Spielwelt, die auch ansehnlich ist, aber dieses Niveau nicht halten kann.

Der Azubi von Peter Parker

Aber wie soll man in diesem Alter einen Superhelden ersetzen? Immerhin wurde der neue vom alten Spider-Man schon ein wenig ausgebildet. Außerdem hat Peter in der ganzen Stadt Hologramm-Stationen zur weiteren Übung verteilt, damit sich Kampf und Akrobatik verbessern. Vier Schwierigkeitsgrade stehen dort zur Verfügung, wobei ich Kennern von Marvel's Spider-Man die dritte empfehle - dann sind auch normale Kämpfe gegen Gangs und Verbrecher kein Selbstläufer, denn man muss gut ausweichen, Kombo-Energie aufbauen und dann Spezialkräfte effektiv einsetzen, sonst hat man keine Chance.

Wird Miles mal ähnlich verehrt als Spider-Man wie Peter Parker?
Sehr früh bemerkt man auch die Stärken des DualSense Wireless-Controllers auf der PS5: Das audiohaptische Feedback verstärkt das Spielgefühl durch vielfältige Töne und Vibrationen, die weit über normales Rumble früherer Generationen hinaus gehen. Wenn ein Laster knapp an Spider-Man vorbeifährt, hört und spürt man den Windzug. Und bei der Venom-Attacke hat man das Gefühl, dass der Strom von der einen in die andere Hand wandert, bevor der Schlag ausgeführt wird - zwar wird das Spiel damit auf der PS5 keine Klasse besser, aber doch ein Stückchen erlebnisreicher. Ihr wollt das nicht? Alles Vibrationen sind deaktivierbar.

Ups, der ist aber groß - gut, dass man hier noch zu zweit üben kann.
Fall ihr noch keine Erfahrungen mit dem Hauptspiel habt, ist das nicht schlimm. Ihr werdet Schritt für Schritt mit der Steuerung sowie den Fähigkeiten vertraut gemacht. Die Liste an Moves liegt immerhin bei fast 70, wenn man alle Bewegungen sowie die Luft-Tricks über den Analogstick hinzunimmt, die zwischen den Wolkenkratzern für Salti & Co sorgen.

Rückblick und Einstieg

Außerdem könnt ihr euch einen filmischen Rückblick ansehen, um zu verstehen, wie es dazu kam, dass da plötzlich ein Azubi mit Spinnenfähigkeiten auftaucht. Die Regie sorgt jedenfalls für einen behutsamen Einstieg, damit man sich langsam mit dem neuen Helden identifizieren kann.

In sehr guten Filmsequenzen, die zwei Klassen über dem Niveau der soliden bis guten Spielgrafik liegen, lernt man den Sohn eines verstorbenen afroamerikanischen Polizisten sowie einer Lehrerin aus Puerto Rico besser kennen. Gerade die Begegnungen mit Peter Parker sowie jene mit Familie und Freunden lassen Miles als Charakter langsam wachsen. Er ist zwar "nur" der sympathische Junge von nebenan, hilfsbereit und charmant, aber genau damit kann er natürlich gut in die Rolle des Spider-Man schlüpfen.

Die Mutter als Politikerin

Es ist gerade Weihnachtszeit und er muss nicht nur mit dem Umzug nach Harlem, seiner Schwärmerei für Phin sowie Peters Urlaub klarkommen: Seine Mutter Rio amtiert nämlich für einen Posten im Stadtrat und engagiert sich gegen die Machenschaften des Energiekonzerns Roxxon, der erst Harlem und dann die ganze Welt mit einer neuen Art von Energie versorgen will.

Mal sehen, was Miles so gelernt hat...
Genau das hat Folgen: Die Lage eskaliert auf einer Kundgebung der Mutter, als plötzlich Mitglieder des so genannten "Underground" auftauchen - es droht eine Schießerei mit den Sicherheitsleuten von Roxxon. Wer muss da helfen? Richtig: der neue Spider-Man! Schon ist man mittendrin im Kampf um New York, bei dem neben Superschurken auch zwei Fraktionen beteiligt sind, die unterschiedliche Interessen verfolgen. Miles hat jedenfalls kaum Zeit sich über einen Sieg im Getümmel zu freuen, denn es droht eine Katastrophe auf einer der mächtigen New Yorker Brücken...

Die teils spielbaren Filmsequenzen sind klasse.
In eindrucksvollen Szenen gilt es, die panischen Menschen dort zu retten und Schlimmeres zu verhindern. Der junge Held muss sowohl einstürzende Straßen und absturzgefährdete Autos aufhalten als auch den lila vermummten Underground und die rot lackierten Schergen von Roxxon bekämpfen, die ihn - genauso wie die Presse - zum neuen Feind erklären. Tja, es gibt viel zu tun für Miles Morales. Man kann weiter der Hauptstory folgen, aber natürlich auch zig anderen Dinge in der offenen Welt nachgehen, die in neun Distrike von Harlem über den Central Park bis Chinatown  unterteilt ist.

Spektakuläre Rettungsaktion

Mit mehr Erfahrung kann man seine Fähigkeiten entwickeln.
Es gibt zufällige Verbrechen wie Waffenhandel oder Einbruch, dazu Hilferufe aus der Nachbarschaft über die App samt Social-Media-Feedback. Es gibt die holografischen Kampf-, Lautlos- oder Bewegungs-Herausforderungen von Peter Parker, versteckte Kisten des Undergrounds mit Material. Das kann man zusammen mit den gewonnenen Plaketten einsetzen, um einen der etwa zwanzig freischaltbaren Spinnen-Anzüge mit fast 30 Mods wie die optische Triangulation oder Geräte wie den Netzschießer zu verbessern. Hinzu kommen Holo-Drohnen, die Miles im Kampf helfen (sehr nützlich, denn das sind quasi digitale Einzelkämpfer) sowie die Schwerkraftquelle mit coolen physikalischen Effekten.

Es gibt aber auch erzählerisch umrahmte Nebenmissionen: Wie wäre es z.B. mit der Rettung einer Katze? Als ein Kioskbesitzer um Hilfe fragt, geht es für Miles um die Ehre, schließlich heißt der vermisste Stubentiger auch noch Spider-Man. Also verfolgt er ihre Spur und begibt sich in ein Gebäude, um sich lautlos den Entführern zu nähern und von der Decke lautlose Takedowns einzuleiten. Wird er entdeckt, kommt es zu Kämpfen und danach steht auch mal ein kleines Rätsel an, bis die Katze gerettet und im Rucksack zu ihrem Besitzer gebracht wird.

Eine Katze retten

Diese Mischung aus flotten Kämpfen, lautlosen Schleicheinsätzen und kleinen Rätseln wie Leitungen verbinden, Züge korrekt rotieren etc. knüpft direkt an das Vorbild an. Aber neben bekannten Nahkampf- und Luftattacken kommen weitere hinzu: In Gefechten sammelt Miles bei Kombos die nötige Energie für seine brutzelnden Venom-Fähigkeiten, die Feinde verwundbarer machen und entwaffnen können. Er kann seine elektrischen Kräfte einsetzen, um aus der Luft für Bereichsschaden zu sorgen oder direkt mächtige Stromschläge verteilen - die helfen auch manchmal in Rätselsituationen, wenn der Saft fehlt.

In einer Nebenmission gilt es, eine Katze zu retten.
Wie gehabt sammelt Spider-Man Erfahrung, steigt in Stufen auf und kann Punkte in drei Talentbäumen mit je acht Fähigkeiten verteilen. Neben Kampf und Venom steht auch Unsichtbar zur Verfügung. Außerdem schaltet man durch erfolgreich absolvierte Herausforderungen weitere Aktionen frei, so dass es wirklich jede Menge zu tun gibt. Abseits der Action kann man sich natürlich zwischen den Wolkenkratzern akrobatisch austoben, was gerade bei hohem Tempo mit den Beschleunigungen sowie Luft-Tricks richtig Laune macht - vor allem, wenn in New York gerade die Sonne untergeht.

Ob das gut geht?
Ihr habt die Wahl zwischen besserer Bildqualität inklusive Raytracing & Co bei 30fps oder besserer Performance ohne zusätzliche Effekte bei 60fps. Ich habe die hübschere Kulisse gewählt und damit flüssig spielen können. Das Licht, die Höhe und die Darstellung der Stadt von oben sorgen für prächtige Situationen. Zwar sieht das Abenteuer in der Vertikalen richtig gut aus, aber hinsichtlich der Texturen und dem Geschehen auf der Straße ist das, wie vermutet, auch auf PS5 noch kein grafischer Sprung in die nächste Generation. Allerdings ist das auch kein GTA, wo man dort ständig zwischen Ampeln oder in Hinterhöfen unterwegs ist und entsprechend mehr erwartet.

Die PS5 macht Tempo

Was für ein Ausblick!
Trotzdem entsteht auch im simulierten Straßenverkehr unter Zivilisten ein lebendiges Gefühl, wenn etwa der LKW-Fahrer den auf dem Dach gelandeten Spider-Man fragt: Echt jetzt? Oder wenn Leute den Superhelden erkennen, ihn aufmuntern oder begrüßen. Auch direkte Interaktionen auf Knopfdruck sind möglich, um ein Selfie oder Ähnliches zu machen. Insomniac Games hat also  ein wenig an diesem Gewusel gefeilt, aber es bleibt auch bei vielen Klonfiguren, es gibt viel Statik und auch mal grafische Bugs, wenn etwa Straßenmusikanten halb im Container jammen.

Zwar sieht das Spiel auf PS5 einen Tick besser aus als auf PS4, aber wirklich spürbare Unterschiede gibt es nur hinsichtlich der Ladezeiten: Spider-Man: Miles Morales braucht für den Start bis zum ersten klickbaren Menü satte 1:38 Min. auf der PS4 Pro, dafür nur 34 Sek. auf der PS5; das Fortfahren braucht auf der alten Generation 25 Sek., auf der neuen nur zwei Sek. Auf der PS5 gibt es dann weder das rote Spinnen-Icon als Ladesymbol noch Steuerungstipps für Angriffe oder Bewegungen wie auf der PS4, weil es quasi sofort in die Spielwelt geht. Wenn man dieses Spiel zunächst für Stunden auf der PS5 zockt und dann in die alte Generation schaut, fällt das neue Tempo natürlich sofort auf. Allerdings hat das Abenteuer auf der PS4 im Vergleich der alten Generation vollkommen akzeptable Ladezeiten.

Fazit

Spider-Man: Miles Morales inszeniert coole Action in offener Welt, wobei wie schon im Vorgänger die Luftakrobatik der Star ist. Wenn man bei Sonnenuntergang durch die Häuserschluchten jagt, an Tempo gewinnt und Tricks vollführt, macht das ebenso Laune wie eine erfolgreiche Kombo, die man mit einer brutzelnden Venom-Attacke zwischen seinen Feinden abschließt. Neben Kampf und Bewegung gibt es Abwechslung über Schleicheinsätze sowie Rätsel, außerdem weiß die Story um den jungen Miles zu gefallen. Zwar kann Insomniac Games mit dieser Erweiterung noch nicht die grafische Power der PS5 zeigen, aber dafür lässt sie hinsichtlich der reduzierten Ladezeiten die Muskeln spielen und man profitiert vom audiohaptischen Feedback des neuen Controllers. Das sind zwar nur kleine, aber dennoch feine Vorzüge gegenüber der PS4-Version, die aber ebenfalls auf gutem Niveau unterhält.

Pro

  • unterhaltsame Action in offener Welt
  • guter Charakteraufbau des neuen Spider-Man
  • werktreues Marvel-Superhelden-Universum
  • tolle Luftakrobatik zwischen Wolkenkratzern
  • komboreiche Kämpfe mit coolen Spezialattacken
  • Schleich-Missionen und nette Rätseleinlagen
  • gut erzählte Story mit einigen Überraschungen
  • glaubwürdige Charaktere, gute Privateinblicke
  • klasse visualisierte, teils spielbare Filmsequenzen
  • Spider-Man entwickeln (Anzüge, Gadgets, Fähigkeiten)
  • solide simulierter Straßenverkehr und Passanten
  • kleine Interaktionen mit Bevölkerung
  • vier Schwierigkeitsgrade
  • 4K/60 ohne oder 4K/30 mit Raytracing wählbar
  • sehr gute deutsche Lokalisierung
  • Controller mit audiohaptischem Feedback (PS5)
  • viel kürzere Ladezeiten (PS5)

Kontra

  • Diskrepanz zwischen klasse Film-Sequenzen und guter Spielkulisse
  • Schleich-Takedowns zu leicht, KI schaut nicht hoch
  • Häuserfassaden und Texturen nur solide
  • viele Klonfiguren in der Bevölkerung
  • grafische Bugs (Musikanten in Cotainer)

Wertung

PlayStation4

Spider-Man: Miles Morales inszeniert coole Action in offener Welt, wobei wie schon im Vorgänger die Luftakrobatik der Star ist.

PlayStation5

Spider-Man: Miles Morales inszeniert coole Action in offener Welt, wobei wie schon im Vorgänger die Luftakrobatik der Star ist. Auf der PS5 mit deutlich weniger Ladezeiten und audiohaptischem Feedback des Controllers.

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Kommentare
Hokurn

Nach ein wenig Videos gucken in denen ich mich natürlich auch ein wenig gespoilert habe muss ich sagen, dass ich das Spiel iwie enttäuschend finde. Halbe Spielzeit für 60€ ist ein Diskussionspunkt mit dem ich iwie leben könnte aber würde trotzdem heißen, dass ich Monate auf nen gescheiten Sale warte.
Nun sind aber die Bosse so langweilig geworden im Vergleich zum ersten Teil, dass ich eigentlich gar nicht zugreifen brauche. Bestimmt wird die Story interessant, aber durch das erste Spiel haben mich zum großen Teil die eingestreuten und bekannten Bosse getragen...

vor 3 Jahren
daily

*Deleted*

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren
CritsJumper

Oh ich bin gespannt. Vielen Dank für den Hinweise auf die Ultimate Vesion. Laut Playstation Blog schaut die Remastered ja doch um einiges schöner aus, auch wenn Spiderman jetzt noch nicht ganz wie ein Next Gen Titel wirkt.

Der Titel steht damit jedenfalls auf meiner Spiele es endlich mal durch Liste weit oben. Aber ich hoffe man kann die Katze behalten!

vor 3 Jahren
History Eraser

Hab den Titel gestern nen Stündchen gespielt und hatte auch viel spaß damit. So ein wenig entäuscht bin ich trotzdem. So wirklich fluffig läuft es im Qualitätsmodus nämlich nicht. Insbesondere beim Schwingen in eine Häuserschlucht läuft es gefühlt deutlich unter 30fps. Die Controllerfunktionen sind okay implementiert. Sie fallen positiv auf, gehen mir aber nicht so auf den Zünder wie bei CoD. (Da ist der rechte Trigger immer mit dem Wiederstand versehen, wo ich mir momentan noch nicht sicher bin, ob ich es mit oder ohne spielen will) Hätte bei mir jetzt jedenfalls nicht zur "Aufwertung" geführt. Habe mich einen Ticken mehr über die Ladezeiten gefreut.

vor 3 Jahren