The Falconeer - Test, Action-Adventure, XboxSeriesX, PC, PlayStation5, Switch, PlayStation4, Stadia, XboxOne

The Falconeer
10.11.2020, Jan Wöbbeking

Test: The Falconeer

Faszinierend urtümlich

Ein einzelner Entwickler, keine Texturen, aber eine verlockend raue Wasserwelt: Tomas Sala liefert heute einen der interessantesten Starttitel für die Xbox Series X ab, der Dogfights in einer kleinen offenen Welt inszeniert. Wir haben uns auf den Sattel der langsamen, aber sehr wendigen Vögel geschwungen, die sich auch auf dem PC und der Xbox One bekriegen.

Was für ein Anblick: Obwohl oder gerade weil in The Falconeer (ab 3,53€ bei kaufen) bewusst keine Texturen zum Einsatz kommen, bietet sich beim Überflug ein unvergleichliches Bild. Hier ein zerklüfteter Felsenhafen, dort vulkanisch brodelnde Urgewalten oder der gigantische schmale Turm des Imperiums. Mittendrin befindet sich der „Schlund“ - ein riesiger Graben, der die wild wogenden Wassermassen wie magnetisch an seinen Rändern hält. Der vor allem durch seine Skyrim-Mod Moonpath bekannte Entwickler Sala zaubert auf allen Plattformen eine beeindruckende, stets saubere und fehlerfreie Kulisse aus der Unity-Engine, deren klar sichtbaren Ecken und Kanten gut zum eigenwilligen Stil passen. Hier und da taucht ein fetter Wal aus den Wassermassen, während auch der räumlich pfeifende Wind und der dynamisch wechselnde Soundtrack viel Atmosphäre aufbauen.  

Wer braucht schon Texturen?

Die verbissenen Dogfights auf dem langsamen Vogel sorgen ebenfalls für ein eigentümliches Spielgefühl. Lange Strecken werden hier zwar mühsam (trotz gelegentlicher Schnellreisemöglichkeiten) - und auch das ständig nötige Aufladen der Energie für Ausweichrollen ging mir schnell auf die Nerven. Nach einigen Stunden kam ich aber immer besser in die Steuerung hinein und begann ihre Wendigkeit zu schätzen. Wenn ich mit dem letzten bisschen Lebensenergie hinter eine Reihe zerklüfteter Felsen fliehe, um mich im haarscharfen Zickzack-Kurs und Sturzflügen durch die engen Gesteinsbögen zu mogeln, sorgt das für einen Nervenkitzel, den ich bisher nur aus Arcade-Luftkampfspielen wie Warhawk oder Starlink kannte. Wer möchte, kann seinen Falken übrigens auch per Flightstick steuern – ganz wie in der Realität! Mit dem von mir genutzten Xbox-One-Controller wirkt die Zielerfassung manchmal etwas schwammig, was in der Nähe des Gegners aber recht ordentlich vom Auto-Aim ausgeglichen wird. Alternativ gibt es auch Varianten für Maus oder Tastatur – Erstere wirkt bei den Flugbewegungen etwas hektisch, erleichtert aber das Zielen.

Zitter, Aal! Neben dem Gewehr lassen sich übrigens auch Minen einsetzen, die man sich aus dem Wasser fischt und dann aubwirft. 
Für ein Actionspiel wirkt der Einstieg unnötig sperrig. Zu Beginn hatte ich noch nicht wirklich erfasst, welche Rolle ich als Spieler in dem Netz aus Intrigen verschiedener Häuser spiele, die sich zudem in getrennten Kapiteln mit unterschiedlichen Protagonisten abspielen. In einem Moment häufte ich z.B. noch fleißig Geld für eine neue Waffe an - doch kurz darauf war das erste Kapitel schon vorbei und ich musste ohnehin zu einer anderen Figur mit neuem Vogel und anderer Ausrüstung wechseln. Die Inszenierung verhinderte eine emotionale Bindung an die Figuren, die in der rauen Ursee um Macht oder auch nur ihr Auskommen kämpfen. Währenddessen schweben über allem die Spannungen zwischen den Imperium und dem Mancer-Orden.

Sperriger Einstieg

Schön, dass die Komplexität auch Einfluss aufs Missionsdesign nimmt. In Story-Aufträgen muss ich auch schon mal gute Miene zum bösen Spiel machen, während meine Fraktion tatenlos dabei zusieht, wie Piraten einen benachbarten Familienklan überfallen. Erst nachdem die Verteidigungsanlagen genügend geschwächt sind, inszenieren wir uns als Retter in der Not und erlangen dadurch den Anspruch auf die dortigen Holzvorkommen. Sogar das Haus Borgia befürwortet die Übernahme, da wir ein paar nette schmutzige Geheimnisse über ihre Geschäfte kennen. Die noch übrigen Piraten müssen später natürlich gnadenlos beseitigt werden, da sie schließlich über unser heimtückisches Manöver plaudern könnten. Ein schöner Vorwand, um die unliebsamen Freibeuter endlich einmal aus ihrem Versteck auszuräuchern.

In den Missionen gilt es mal Wracktaucher zu eskortieren, später erforscht man eine unterirdische Höhle oder überfällt feindliche Forts. Zwischendurch kann ich auch frei durch die kleine offene Welt flattern, um Kopfgeldjagden, Minenräumungen, Patrouillenflüge fürs Imperium und mehr zu erledigen – sofern ich die passenden Berechtigungen dazu habe. Dass die Weltkarte und deren Hilfe-Funktionen dabei so rudimentär geraten sind, habe ich eher als Vorteil empfunden. So stören schließlich kaum Symbole die urige Kulisse und es fühlt sich eher wie eine Erkundung auf eigene Faust an.

Monotonie oder Abwechslung?

Leider erweist sich die Missions-Diversität während der rund zehn Spielstunden größtenteils als Fassade. Wohin ich mich auch begebe, meist trommelt irgendwann die bekannte Kampfmusik los und ich stürze mich in einen der typischen kurzen Dogfights gegen andere Flattermänner, die sich insgesamt ziemlich ähnlich anfühlen. Glühende Käfer oder langsamere Manta-Rochen mit ihren flachen Projektilen bringen zwar etwas Abwechslung; davon abgesehen werden die Angriffsmanöver aber schnell repetitiv. Etwas aufregender wird es, wenn auch mal ein großer Gegner wie ein riesiger, über dem Meer schwebender Zitteraal mit feurig-flächigen Energieprojektilen auftaucht.

Besonders malerische Orte wie der "Schlund" können in einem Foto-Modus festgehalten werden.
Das eigene fliegende Reittier darf ebenfalls ein wenig aufgerüstet werden – mit leider nicht all zu stark variierenden Waffen, die sich in knisternden Gewitterstürmen oder an vulkanischem Donner aufladen. Neue Blitz- oder Feuergefäße sowie fiese genetische Modifikationen für den Vogel gehören ebenfalls dazu – sodass z.B. ständige Angstreaktionen in den Statuswerten für mehr Agilität sorgen. Reichlich seltsam wirkt allerdings die Balance der Belohnungen. Nachdem ich mir in einigen Nebenmissionen mühsam etwas angespart hatte, fand ich z.B. plötzlich eine treibende Schatzkiste im Wasser, die mir ein Vielfaches an Spielwährung verschaffte. Wer sich ein wenig auf die Suche begibt, kann zudem einige Sehenswürdigkeiten und Schreine in der Welt entdecken und Zugriff auf weitere Extras erlangen.

Probleme bei der Balance

Auch im Kampf schwankt der Schwierigkeitsgrad stark. Manche übereifrigen Piloten holte ich im Handumdrehen vom Himmel, während ich andernorts mit einer regelrechten Übermacht klarkommen musste. Ein schönes Detail in dem Zusammenhang ist allerdings, dass es durchaus helfen kann, etwas Geduld zu bewahren, sich auch mal hinter ein paar Felsen zurückzuziehen und ggf. den Flügelmann seine Arbeit machen zu lassen. Er kann immerhin einfache Kommandos für gezielte Angriffe oder die Abfangjagd meiner Verfolger ausführen.

Lust auf eine neue Waffe?
Dramatische Systemunterschiede sind uns übrigens nicht aufgefallen, da sich The Falconeer als ressourcenschonend erweist. Mein eigentlich recht lauter Spielerechner mit seiner GeForce RTX 2080 Ti rauschte auf höchsten Einstellungen nur leise vor sich hin. Erstaunlich ist übrigens, dass das Spiel nur rund 1,4 GB (PC) bzw. 1,6 GB (Series X) auf der Festplatte belegt. Das Fehlen von Texturen macht hier offensichtlich eine Menge aus. Der einzige Nachteil an solch eigenwilligen, selbst gesetzten Grafikregeln ist, dass die anstrengend kleine Schrift in 1080p ein wenig „krümelig“ wirkt. Sie lässt sich aber in den Optionen zusammen mit anderen HUD-Elementen vergrößern. Auf der Xbox Series X hat man übrigens die Wahl zwischen 4K mit 60 Bildern pro Sekunde und 1800p mit 120 Bildern pro Sekunde (Letzteres konnten wir mit dem aktuellen Setup leider nicht ausprobieren).

Sauber auf allen Plattformen

Fazit

In mancherlei Hinsicht ist The Falconeer eine faszinierende Erkundungsreise – mit seiner rauen, grafisch einzigartigen Wasserwelt und all ihren räumlich brodelnden Naturgewalten, magisch anmutenden Wesen und Besonderheiten. Auch die langsamen, aber wendigen Flugtiere schaffen bei Verfolgungsjagden rund um zerklüftete Felsen ein ganz eigenes Kampfgefühl. In allen Bereichen, die normalerweise von einem großen Team profitieren, schwächelt das Ein-Mann-Projekt aber spürbar: Die Balance der Kämpfe und Belohnungen schwankt mitunter stark und auch die Erzählung konnte mich mit ihren wechselnden, generischen Figuren nicht fesseln. Wer Lust auf etwas andere Dogfights hat und mit einigen ungeschliffenen Mechaniken leben kann, dürfte hier aber trotzdem solide unterhalten werden.

Pro

  • bezaubernde, wild wogende Fantasiewelt
  • stimmungsvoll inszenierte Naturgewalten und Kreaturen
  • faszinierendes Design-Konzept ohne Texturen
  • langsame, wendige Dogfights bringen frisches Spielgefühl
  • tolle räumliche Vertonung und dynamische Musik

Kontra

  • Schwierigkeitsgrad oft schwankend
  • seltsam variierende Belohnungen für Missionen, Schätze etc.
  • etwas sperriger, wirrer Einstieg
  • keine emotionale Bindung an Charaktere
  • wenige Sprecher machen ohnehin austauschbare Figuren noch generischer
  • leichte Aufrüstungen, Waffen und Statusänderungen motivieren nur bedingt

Wertung

XboxSeriesX

Trotz insgesamt repetitiver Action mit Schwächen bei der Balance entfalten sich in der hübsch inszenierten Wasserwelt immer wieder spannende Dogfights.

PC

Trotz insgesamt repetitiver Action mit Schwächen bei der Balance entfalten sich in der hübsch inszenierten Wasserwelt immer wieder spannende Dogfights.

XboxOne

Trotz insgesamt repetitiver Action mit Schwächen bei der Balance entfalten sich in der hübsch inszenierten Wasserwelt immer wieder spannende Dogfights.

Echtgeldtransaktionen

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Kommentare
Flux Capacitor

Für ein 1-Mann Projekt erstaunlich. Aber ich fand es schon seit der ersten Präsentation eher mau und kann mit diesen "künstlerischen" Spielen wenig bis gar nichts anfangen.

vor 3 Jahren
Paulaner

Adler schlägt Falken. Wusste gar nicht, dass es 2 so Titel gibt. Hatte nur abgespeichert, dass für die Nextgen irgendein Greifvogelspiel kommt. Sinds wohl doch 2 Und die Tests bilden den typischen PS>Xbox Trend ab. Mal sehen, ob das in dieser Gen so bleibt.
Sind beides Titel, die außer Marketing so gut wie nichts mit den Plattformen zu tun haben. Sonst muss man so einen "typischen" Trend nur sehen wollen, dann existiert er auch und dann bleibt's auch dabei. Solange man eben will. Die beiden Spiele sind für einen Face Off der Systeme völlig ungeeignet. Völlig verschiedene Games und völlig andere Manpower dahinter.
Ich widerspreche. Es geht um ein face off der Greifvögel

vor 3 Jahren
Mouche Volante

Adler schlägt Falken. Wusste gar nicht, dass es 2 so Titel gibt. Hatte nur abgespeichert, dass für die Nextgen irgendein Greifvogelspiel kommt. Sinds wohl doch 2 Und die Tests bilden den typischen PS>Xbox Trend ab. Mal sehen, ob das in dieser Gen so bleibt.
Sind beides Titel, die außer Marketing so gut wie nichts mit den Plattformen zu tun haben. Sonst muss man so einen "typischen" Trend nur sehen wollen, dann existiert er auch und dann bleibt's auch dabei. Solange man eben will. Die beiden Spiele sind für einen Face Off der Systeme völlig ungeeignet. Völlig verschiedene Games und völlig andere Manpower dahinter.

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren
Daire

Also es kommt bei mir immer mehr der Eindruck, dass zum Start quasi nur Müll verfügbar ist. Ich mein ernsthaft, wer spielt so einen Mist?
Ist halt schon ein bisschen Ansichtssache, oder?
Speziell die kleineren Titel haben mir besonders dieses Jahr mehr Spaß gemacht, als mich Tripple A überhaupt interessiert haben.

vor 3 Jahren
Paulaner

Adler schlägt Falken. Wusste gar nicht, dass es 2 so Titel gibt. Hatte nur abgespeichert, dass für die Nextgen irgendein Greifvogelspiel kommt. Sinds wohl doch 2 Und die Tests bilden den typischen PS>Xbox Trend ab. Mal sehen, ob das in dieser Gen so bleibt.

vor 3 Jahren