Godfall - Test, Rollenspiel, PlayStation5, PlayStation4, PC

Godfall
18.11.2020, Eike Cramer

Test: Godfall

Glänzender Kloppmist

Godfall (ab 21,49€ bei kaufen) ist der erste Titel, der konsolenexklusiv für die PlayStation 5 angekündigt wurde und war gleichzeitig auch die größte Unbekannte im Start-Lineup. Passend zum US-Start von Sonys neuer Konsole am 12. November erschien der "Looter-Slasher" von Counterplay Games auch im Epic Games Store auf dem PC. Können die Kloppereien im Test überzeugen?

Es gibt so Spiele, da frage ich mich, warum man sich überhaupt die Mühe einer Rahmenhandlung gemacht hat. In Godfall wird mir in einem kurzen Intro der Konflikt zwischen den Chrom-Laser-Ritter-Brüdern Orin und Macros präsentiert, die offensichtlich ein Faible für Rüstungen im Power-Rangers-Look haben. Letzterer wird von der Macht korrumpiert und wendet sich gegen seinen Bruder. Der wird im Duell fast getötet und sinnt auf Rache. Das ist alles. Das ist die Story. Alles Übrige besteht aus kurzen Sinnlos-Dialogen mit dem Konstrukt „Siebtes Sanktum“ und einem wortwörtlich gesichtslosen Schmied, der so egal ist, dass ich mir nicht mal seinen Namen merken kann, bevor ich mich erneut in die Schlacht gegen die Horden des Bösen werfe.

Story? Welche Story?

Ist diese, bestenfalls rudimentär zu nennende, erzählerische Grundlage schlimm? Für mich, der in diesen Spielen ohnehin jeden Dialog so schnell wegklickt wie er aufploppt, definitiv nicht. Immerhin bin ich zum Looten und Leveln hier und nicht um einem Diskussionsclub beizutreten. Ein größeres Problem ist da schon die mangelnde Hintergrund-Erklärung zu Welt, Charakteren und Konflikten, denn hier orientiert sich Godfall viel zu sehr an Destiny. Fast alles ist in Textfragmenten und Kodex-Einträgen (immerhin: im Spiel selbst) versteckt. Hier wird in schwurbeligen Worten der Hintergrund der Welt Aperion mit ihren gottgleichen Archonten, den Valorianern in ihren Warfra… äh Valorianer-Kürassen und den Feind-Fraktionen erklärt. Am Ende ist das aber fast noch egaler als die „Story“ und mindestens so uninteressant.

Muss man mögen: Das Artdesign der Valorianer-Kürasse ist ... wild!
Godfall wirkt von Anfang an wie ein chromglänzendes Konglomerat aus einer Vielzahl von Videospiel-Versatzstücken, ohne dabei auch nur den Hauch eines eigenen Charakters zu entwickeln. So kämpfe ich mich als Sci-Fi-Ritter in einem visuell doch mehr als deutlich an die Rüstungen aus Warframe angelehnten „Valorianer-Kürass“ durch verschiedene Elementar-Ebenen von Aperion, um am Ende meinen Bruder zu konfrontieren. Die Welten sind offene Bereiche voller generischer Feinde, von gerüsteten Kriegern über Goblin-ähnliche Fantasy-Viecher bis hin zu Roboter-ähnlichen Konstrukten, in denen ich Massen von Beute einsacke, meine Figur aufrüste und neue Fähigkeiten lerne.

Kein Charakter aber ein cooles Kampfsystem

Das Kampfsystem ist dabei die größte Stärke von Godfall: So ziemlich jede Mechanik aus Third-Person-Action mit Nahkampf der letzten Jahre hat es dabei in den ziemlich umfangreichen Fähigkeitenbaum geschafft. Es gibt natürlich schwere und leichte Angriffe, die auch in getimten Kombos verbunden werden können. Dazu kommen Schildparaden, Konter und natürlich ein Schildwurf. Man kann Feinden mit leichten Angriffen Seelenbrecher-Schaden zufügen, der sie alleine nicht killt, aber ihre Seele (und auch ihren Körper) per folgendem schwerem Angriff in einem bunten Partikelregen platzen lässt. Es gibt Schildsprünge, Deckungsbrecher, Finisher, einen Zorn-Modus sowie Schwachstellen, die bei Schlägen anvisiert werden können um Extra-Schaden zu verursachen.

Das Konstrukt "Siebtes Sanktum" ist die einzige Questgeberin im ganzen Spiel.
Alles funktioniert schlüssig, sorgt für ein überzogenes Effektgewitter auf dem Bildschirm und wirkt herrlich wuchtig. Ich kann dabei aus fünf Waffenklassen vom Langschwert über die Lanze bis zum Kriegshammer, Großschwert oder den Doppelklingen wählen, die sich durch Angriffsgeschwindigkeit und Spezialaktionen angenehm deutlich voneinander unterscheiden. Dazu kommen knackige Bosse, mit denen ich mir oft über mehrere Phasen verbissene Gefechte liefere und die ich über Jagdmissionen im Sanktum jederzeit erneut angehen kann. Einziges Problem in den Gefechten: Die Feind-Aufschaltung verhält sich manchmal etwas zickig, was den Flow der Klopperein unangenehm einbremsen kann. 

Generell ist der Charakter-Fortschritt in Godfall angenehm motivierend: In den Beute-Massen finden sich immer wieder hochwertige Gegenstände, die sich zudem einerseits in mehreren Stufen aufwerten und andererseits auch in ihrem Item-Level von Gewöhnlich bis Episch per Verzauberung verbessern lassen. Das braucht zwar einige Ressourcen, aber auf diese Weise kann ich lieb gewonnene Klingen einige Zeit mitnehmen. Jedes Item, von Ringen über Amulette bis zu Lebenssteinen beeinflusst die Grundwerte Macht, Geist und Vitalität, die dann wiederum Einfluss auf Waffenschaden, Fähigkeiten und Widerstandskraft haben. Dabei gibt es auch diverse Elementar-Effekte, die allerdings viel zu versteckt dargestellt werden und im Kampf kaum eine Rolle spielen.

Ganz schön viel Loot

Godfall ist beim Austüfteln der besten Charakter-Werte und Fähigkeiten lange nicht so komplex wie Path of Exile und Co., zumal man jederzeit alle Punkte im Fähigkeitenbaum kostenlos neu verteilen darf. Insgesamt schafft man aber eine durchaus motivierende Schleife aus Kampf, Ausrüstung und Stufenaufstieg, die mich bis zum Ende motiviert hat. Zudem lassen sich zwölf Rüstungen freischalten, die nicht nur das Aussehen und Geschlecht Orins verändern, sondern auch seine grundlegenden „Archonten-Zorn“ sowie einige Werte verändern. Hauptsächlich dienen die Kürasse aber nur als Skins.

Looten und Leveln. Und Looten. Und Leveln.
Weniger motivierend ist allerdings das Missionsdesign: In den drei Welten geht es meist darum, dem Questmarker zu folgen, Horden von Viechern wegzuschnetzeln und dann entweder irgendwelche Siegel zu öffnen, Wellen zu überstehen oder einen Boss plattzumachen. Nicht missverstehen: Das reicht mir für stumpfen Kloppmist wie Godfall völlig aus, zumal die meisten Elite-Feinde bereits knackige Gefechte bieten. Wer allerdings auf der Suche nach Abwechslung oder Anspruch ist, wird hier definitiv nicht fündig. Das härteste „Rätsel“ in Godfall ist das Finden der zu zerstörenden Siegel verschlossener Beutetruhen, die sich offensichtlich in der unmittelbaren Umgebung der Kisten befinden.

Laufen, kloppen, leveln – und von vorn

Zudem erfordert der Story-Fortschritt eine Menge Backtracking: Um den nächsten der fünf Bosse zu erreichen, müssen zumeist Siegel gesammelt werden, die sich auch über die vorhergehenden Welten verstreuen. Hier müssen dann zwangsweise Jagdmissionen angegangen werden, die oftmals nur eine Variante bereits abgeschlossener Aufträge sind. Es wird also schnell repetitiv – zumal man im späteren Spielverlauf von deutlich schwächeren Feinde keine Erfahrungspunkte mehr erhält. Zwar kann man Missionen auf einem höheren Schwierigkeitsgrad angehen, was immerhin die Viecher deutlich stärker macht, das hat aber nur Auswirkungen auf die Beute, nicht auf die gewonnenen XP. Zudem erhalten die völlig bedeutungslosen Tode auf „Schwer“ etwas mehr Gewicht. Kann man sonst nach jedem Ableben direkt nebenan wieder einsteigen, ohne selbst bei Bosskämpfen irgendeinen Fortschritt zu verlieren, ist auf dem höheren Schwierigkeitsgrad nach drei Versuchen die Mission vorbei und man muss vom Sanktum aus einen neuen Versuch starten.

Die Bosskämpfe sind knackig und effektreich.
Visuell kann das Action-Rollenspiel durchaus überzeugen – zumindest, wenn man dem völlig überzogenen, knallbunt-kontrastreichen Plastikschwert-Artdesign mit Spieler-Rüstungen irgendwo zwischen Power Rangers und Bionicle etwas abgewinnen kann. Dank Unreal Engine 4 überzeugen die Umgebungen sowohl auf PC als auch PS5 mit Partikeleffekten, Hochglanz-Reflektionen und knalligen Waffeneffekten. Auf der Konsole gibt es dabei einen aus meiner Sicht zu bevorzugenden Performance-Modus mit 60fps sowie einen Kinomodus bei 30 Bildern pro Sekunde.

Gute Technik und Mehrspieler-Gekloppe

Allerdings werden die neuen Funktionen des DualSense wie haptisches Feedback oder adaptive Trigger auf der PS5 nicht umfänglich genutzt. Zwar wird das haptische Feedback für leichte Links-Rechts-Effekte genutzt und auch die Trigger vibrieren bei aufgeladenen Schlägen. Dennoch ist die Immersion nicht im Ansatz so groß wie etwa bei Astro's Playroom. Ähnlich oberflächlich wie die Missionen ist auch der Mehrspieler-Koop gestaltet: Hier können sich bis zu drei Valorianer gemeinsam durch die Feindesmeuten fräsen. Das funktioniert auch lag- und störungsfrei, allerdings können weder Items getauscht noch Verbündete wiederbelebt werden. Es gibt nicht mal ein Emoji-Rad, mit dem man dem Kollegen zuwinken kann. So bietet das gemeinsame Schnetzeln durchaus eine ganz unterhaltsame Feierabend-Gestaltung

Fazit

Repetitiv, schreiend bunt und flach wie ein Babybecken: Godfall ist chromglänzender, unheimlich stumpfer Kloppmist - und macht mir trotzdem noch Spaß! Ähnlich wie Ryse zum Start der Xbox One ist Godfall das charakterlose Hochglanz-Kloppspiel im Lineup der PS5, das in meinen Augen aber mehr richtig macht als der cineastische Römer-Reaktionstest von Crytek aus dem Jahre 2013. Das Kampfsystem umfasst so viele Mechaniken und ist so wuchtig, dass es Laune macht, Massen von Feinden wegzufräsen und den einen oder anderen Boss zu legen, während im Hintergrund ein Hörbuch oder Podcast läuft. Godfall ist hinsichtlich Story, Leveldesign und Abwechslung kein gutes Spiel, zumal es auf der PlayStation 5 nicht mal ansatzweise das audiohaptische Feedback des Controllers nutzt. Dennoch ist das Spiel technisch stark und hat mit 15 bis 20 Stunden genau die richtige Länge, um es nach Feierabend bei Bier und Erdnussflips mit bis zu drei Helden im Koop zu snacken.

Pro

  • gute Kulisse
  • wuchtige Kämpfe
  • umfangreiches Kampfsystem
  • ordentlicher Skilltree
  • eine Menge Loot
  • gut funktionierender 3-Spieler-Koop

Kontra

  • nichtexistente Quatsch-Story
  • schlechtes Worldbuilding
  • repetitive Missionen
  • Zwang zum Backtracking
  • keine XP bei der Rückkehr in frühe Gebiete
  • zu wenig visuelle Anpassbarkeit
  • oberflächlicher Koop
  • dauerhafte Internet-Verbindung auch im Singleplayer notwendig

Wertung

PlayStation5

Repetitiv, schreiend bunt und flach wie ein Babybecken: Godfall ist chromglänzender, stumpfer Kloppmist - und macht auch mit schwachem haptischem Feedback noch Spaß!

PC

Repetitiv, schreiend bunt und flach wie ein Babybecken: Godfall ist chromglänzender, stumpfer Kloppmist - und macht trotzdem noch Spaß!

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Kommentare
Suntroplogy

Wow.
Das erste PS5 exclusive „haut“ ja schonmal rein.

(Ironie)

Demons Souls ist nicht PS5 exklusiv?
Hmmmm lass mal die Next-Gen-only Titel der Series X aufzählen:
...
..
.

Beide Hersteller liefern zu Release zu wenig Next-Gen Titel
Demon Souls ist ein Remake, ich bitte dich...
Würde die Box als einziges mit einem passablen exklusive starten, wäre das Gelächter hier wieder riesig...
Und HALO war ja geplant, ich finde den Ansatz des verschiebens dann doch charmanter als es unfertig nur des releases wegen rauszuwerfen.
Man sieht bei Cyberpunkt was das bringt, aus dem glorreichen, die Gamingindustrie rettenden CDPR ist plötzlich das Studio geworden was am meisten auf die Fresse bekommt...
Allen Morddrohungen Richtung Team, auf Grund der Verschiebnungen zum trotze...
Die Gamingszene ist inzwischen ein Witz, leider nur kein guter...
Aber ich schweife ab...

Versteh mich nicht falsch, ich habe ne PS3, PSP, VITA und ne PS4 Pro, also bevor ich ins XBOX Fanbolager deportiert werde, dieses reflexartige 'aber aber aber bei der XBOX ist es auch nicht anders', besonders mit Hinblick, wie die PS Community, Godfall als das Spiel überhaupt, nach Trailern etc. bezeichnet hat, ist halt irgendwie inzwischen öde...

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren
kroenen05

Ich hab voll den komischen Bug bei Godfall:

Ich zocke im Performance Modus...ca.eine Stunde läuft alles flüssig.Keine Ruckler oder ähnliches.
Aber dann schleichen sich die Ruckler ein..meist beim Aufheben von Loot oder wenn Gegner besiegt wurden.
Aber auch das Auswahlmenü hakt dann immer wieder.Wenn ich dann kurz das Game beende und neu starte kann ich ohne Bugs weiterzocken.
Echt komisch...entweder liegt es an meiner Ps5 oder am Game.Aber alle anderen Games laufen stundenlang ohne Ruckler oder ähnliches.

vor 3 Jahren
DrPuNk

Moin, ich hab jetzt seit gestern auch eine PS5 zuhause und habe die redaktionsbasierte Einschätzung zum haptischen Feedback im Text noch mal etwas konkretisiert. Kurz: Es gibt doch ( ein wenig) haptisches Feedback und vibrierende Trigger, die aber das Potential des Controllers nicht vollständig ausnutzen. Wertungsrelevant ist das definitiv nicht.
Das unterschreib ich mal so. Im Vergleich zu Astro isses nix. Aber die Unterschiede wie sich Waffen anfühlen ist ganz ok. Hoffe ja wirklich das das mit dem Controller bei vielen spielen so wie in Astro umgesetzt wird, man darf ja bissi träumen.

vor 3 Jahren
DrPuNk

Ich habs jetzt mal bissl gezockt, und was soll man sagen, finds geil. Die Schnetzelei gefällt richtig gut, wenn man seine Fähigkeiten kombiniert mit Waffen und Kürassen, das rockt richtig! Die Synergien machen Laune zu testen und Neue auszuprobieren...
Story, Bruder töten, egal, man schnetzelt sich herrlich und brachial durch alles was sich beweget
Das Design der Kürasse ist richtig toll gemacht, sehr aufwendig, bissl Warframe und Garo (Anime) Style nur besser. Das muß man aber mögen...

Gegnervorstellung bei den Jagdmissionen ist cool,nur ein Mini Intro, aber hat was. Da merkt man das die schon auf die Details geachtet haben.
Mir taugts viel mehr als ich erwartet habe, würde im Moment sogar ne 80 raushauen
Ah ja und nicht vergessen loooooot

Was grad noch bissl stört ist Koop, das geht zwar gut, aber das Sanktorum kannste nur alleine besuchen, heißt man ist zwar in ner Gruppe, aber nur der Truppführer kann Missionen starten, man sieht sich quasi nur in der Mission. Da dürfen die gerne noch dran schrauben.... kleiner Hub wäre supi

Also wer mit dem Style klarkommt, schnetzeln und bisserl craften und viel looten will macht hier nichts falsch...
Wer hier auf ein StandardRPG ala Irgendwas hofft ist total falsch am Platz ...

vor 3 Jahren
4P|Eike

Moin, ich hab jetzt seit gestern auch eine PS5 zuhause und habe die redaktionsbasierte Einschätzung zum haptischen Feedback im Text noch mal etwas konkretisiert. Kurz: Es gibt doch ( ein wenig) haptisches Feedback und vibrierende Trigger, die aber das Potential des Controllers nicht vollständig ausnutzen. Wertungsrelevant ist das definitiv nicht.

vor 3 Jahren