Sakuna: Of Rice and Ruin - Test, Action-Adventure, PlayStation4, PC, Switch
Auf den ersten Blick klingt Sakuna: Of Rice and Ruin nach einem reizvollen Mix verschiedener Kampf- und Aufbau-Prinzipien im Anime-Gewand. Nachdem die verzogene Erntegöttin Sakuna ihre Pflicht als Wächterin verletzt und im Suff das halbe Anwesen abfackelt, soll sie zur Strafe eine abgelegene Insel von Dämonen befreien. Nebenbei muss sie zum Überleben die ehemalige Reisfarm ihrer Eltern neu aufbauen - zusammen mit einem zusammengewürfelten Grüppchen menschlicher Partner, die vor einer Dürrekatastrophe in göttliche Sphären geflohen waren. Der Einstige in die Geschichte wirkt schrecklich altbacken, mit hunderten wegzuklickenden, teils vertonten Sprechblasen-Dialogen und nervigen Wutanfällen der kreischenden Sakuna. Synchronisiert wurde das Spiel auf Englisch und Japanisch, eine deutsche Übersetzung gibt es nicht.
Handfeste Landwirtschaft
Trotz simpler Dialoge wuchsen mir die Figuren später trotzdem ein wenig ans Herz, weil sie schließlich alle gezwungen sind, ihre Marotten zu überwinden. Die Heldin kann lernen, endlich den Silberlöffel aus dem Mund zu nehmen und die Zähne zusammenzubeißen, der unehrenhafte Samurai Tauemon kann seine theoretische Vorliebe für die Landwirtschaft endlich praktisch vertiefen usw. Auch die stark religiöse, aus einem fernen Land stammende Myrthe spielt dank ihrer Koch- und Konservierungskünste eine wichtige Rolle, da ein gutes Mahl u.a. Sakunas Statuswerte aufpäppelt bzw. ihr Buffs verleiht.
Keine schwächliche Sterbliche
Als Gabber-Fan habe ich natürlich die Möglichkeit begrüßt, Gegner umzuhacken – fast wie bei der Feldarbeit. In der Praxis gestalten sich die Kämpfe meist aber nur leidlich unterhaltsam. Diverse Schlagtypen und Kombos schleudern die Gegner zwar auf befriedigende Weise in explosive Kettenreaktionen, so dass sie teils zusammen über den Haufen oder gegen gefährliche Stalaktiten poltern. Dabei sorgt allerdings immer wieder das holprige Platforming für Probleme. Mal schleudere ich mich elegant mit Sakunas magischer Gewand-Harpune hinter ein dämonisches Wildschwein, um ihm den Hintern zu versohlen. Kurze Zeit später erreicht dieser Greifhaken aber nicht wie erwartet einen Vorsprung oder die Höhlendecke, sodass ich in den Pulk plumpse und ein paar empfindliche Treffer einstecke.
Auch an Vorsprüngen „glitcht“ die Heldin manchmal ratternd entlang, weil sich die Kollisionsabfrage nicht entscheiden kann, ob sie denn nun das Plateau erreicht hat oder noch nicht. Das ist besonders bei jenen Quests ärgerlich, für die ich nachts eine bestimmte Zahl der dann extrem viel stärkeren Biester erlegen muss, um neue Gebiete der relativ unberührten Insel freizuschalten. Die schwankenden Balance ist aufgrund des Rollenspiel-Fokus natürlich teilweise gewollt, damit man möglichst geschickt Feldarbeit betreibt und so auch im Kampf stärker wird.
Nicht wirklich rund
Das Ackern und die Gespräche zwischen den Farmbewohnern findet in einer 3D-Ansicht statt, welche die Welt eine ganze Ecke hübscher aussehen lässt als die recht kargen Kampfgrotten mit ihren teils grobschlächtig texturierten Felsen. Sobald ich am PC in sauberen 4K mit 60 Frames die Reflexionen auf dem Reisfeld genoss oder ein regnerischer Sturm im Herbst meinen trocknenden Reis durchfeuchtete, werden die Naturgewalten hier intensiver spürbar als in vergleichbaren Bauernhof-Abenteuern. Dazu gehört auch ein Tageszeitenwechsel mit sich authentisch ändernden Lichtverhältnissen. Auf der PS4 Pro ist das Ergebnis ähnlich hübsch. Lediglich auf der Switch musste ich mit deutlich niedrigerer Auflösung, hässlich flackernden Schattenkanten und mitunter sogar Rucklern leben – obwohl die Framerate hier nur bei 30 Bildern pro Sekunde liegt.
Fernöstlicher Landbau-Lehrgang?
Allgemein hält sich das Spiel für meinen Geschmack viel zu sehr mit mühsamem Mikromanagement auf, während ich allerlei in der Welt gesammelte Zutaten veredle. Das gehört natürlich zum Genre dazu, aber Stardew Valley oder My Time at Portia schaffen es deutlich eleganter, den Spieler mit ihrer Welt bekannt zu machen. Dort hatte ich stets dieses zwar aufregende, aber trotzdem schön entspannte Entdeckergefühl, während ich auch mal gedankenverloren durch den Ortskern schlenderte, die urigen Bewohner, ihr Wissen und ihre Mythen kennenlernte. In Sakuna kommen zwar beim Abendbrot die Vorgeschichte der Vertriebenen oder die Geheimnisse der Insel zur Sprache (aus welchem Grund wollen die Götter ausgerechnet diese gottverlassene Insel einnehmen? Und was hat der einstige Sieg von Sakunas Eltern über einen Dämonengott damit zu tun?).
Gehetztes Spielgefühl
Fazit
Schön, dass sich Sakuna: Of Rice and Ruin mit all seinen Reisanbau-Phasen deutlich näher am realen Vorbild orientiert als andere Bauernhof-Abenteuer – und dass man auch im Kampf von geschickter Feldarbeit, Koch- und Konservierungskünsten profitiert. Die Entwickler haben es aber nicht wirklich geschafft, diese Stärke in ein motivierendes Gesamtpaket einzubinden. Dazu verliert sich das Spiel zu sehr in Mikromanagement und monotonen Kämpfen mit Zeitdruck und Backtracking. Auch eigentlich gute Ideen wie coole Massenkarambolagen oder der Greifhaken werden von der mitunter hakeligen Steuerung beeinträchtigt. Ich bleibe daher lieber bei Titeln wie Stardew Valley oder dem kommenden My Time at Sandrock, welche einen größeren Fokus auf das entschleunigte Entdeckergefühl legen und so einen schönen Ausgleich zum realen Alltag schaffen.
Pro
- lehrreicher Reisanbau in zahlreichen Phasen
- idyllische 3D-Welt mit hübschen Wettereffekten
- befriedigende Kombos und Karambolagen
- eigenwillige Stärkung dank Geschick auf dem Feld und in der Küche
- rührende Charakterentwicklungen
Kontra
- zu unpräzise Hüpfsteuerung
- grenzdebile Gegner kämpfen ziemlich gleichförmig
- Minispiele auf dem Feld oft monoton
- nervig-altbackene Präsentation mit wegzuklickenden Sprechblasen und kreischenden Figuren
- billige Fels-Hintergründe in Kampflevels
- Zeitdruck und altbackenes Menü-Klein-Klein sorgen für gehetztes Spielgefühl
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