Descenders - Test, Rennspiel, XboxOne, Switch, PlayStation4, PC, XboxOneX, XboxSeriesX

Descenders
19.11.2020, Benjamin Schmädig

Test: Descenders

Ein kleines Radler

Auf allen anderen Plattformen wird schon geradelt und seit einigen Tagen treten nun auch Switch-Besitzer in die Pedale. Sie rasen steile Berge hinab, führen Tricks aus, lauschen lässigem Drum and Bass – müssen dabei allerdings mit technischen Einschränkungen leben, die nicht nur ärgerlich sind, sondern sogar das Spielgefühl stören. Wie groß diese Schwächen sind, haben wir im Test untersucht.

Downhill-Biken statt Snowboarden: Das erwartet euch auch auf Switch, falls ihr euch von Steep oder SSX kommend aufs Rad schwingt. Anders als bei Steep seid ihr allerdings nicht in einer offenen Welt unterwegs, sondern auf prozedural erstellten Hängen, die an den Seiten zwar begrenzt, aber deutlich offener sind als die Schläuche eines SSX. Für gewöhnlich dauert eine Abfahrt etwa 30 bis 60 Sekunden, falls ihr dem markierten Pfad folgt. Ihr dürft jedoch gerne den Kurs verlassen und euren eigenen Weg suchen.

Roguelike-Radeln

Zunächst einmal geht es ja nur darum, ins Ziel zu kommen, und sollte euch das auf der Bremse stehend nach einer Stunde erst gelingen: bitteschön! Genießt einfach den coolen Drum-and-Bass-Cocktail, während ihr von einem Areal ins nächste radelt. Jedes Gebiet besteht nämlich aus einer Reihe von Strecken, denen ihr wie in einem verzweigten Roguelike à la FTL folgt bis ihr den finalen Abschnitt erreicht. Dort müsst ihr einen besonders hohen Sprung meistern und schon reist ihr zum nächsten Schauplatz. So geht es vom Hügelland über einen Wald in die Steppe usw. Habt ihr den „Boss-Sprung“ (der heißt wirklich so) eines Gebiets dreimal gemeistert, könnt ihr das folgende Szenario sogar dauerhaft direkt anwählen.

Alle paar Strecken wählt ihr zudem ein Team-Mitglied aus, was nichts anderes bedeutet, als dass ihr einen bestimmten Parameter der Zufalls-Strecken modifziert. Damit werden die markierten Wege breiter, weniger kurvig, vielleicht auch steiler oder mit mehr Hindernissen versehen sowie vieles mehr. Es kann also hilfreich sein, vor dem finalen Sprung ein paar Strecken zusätzlich zu fahren, um später kleine Vorteile zu genießen. Hin und wieder gelangt ihr dabei zu Bonus-Kursen, die nicht nur komplett anders aussehen, sondern auf denen auch etwas andere Regeln gelten als auf den regulären Strecken.

Fahrt nicht im Dunkeln!

Man kann die Hindernisse auch umfahren - Punkte gibt's aber vor allem für Tricks.
Ihr solltet nur keine allzu lange Route wählen, da es irgendwann Nacht wird und das Fahren im Dunkeln zwar möglich, die Wahrscheinlichkeit von Stürzen dank stark eingeschränkter Sicht aber drastisch höher ist. Und mit jedem Sturz verliert ihr ein Leben. Zusätzliche Leben gibt es zum Glück für das Meistern von Bonus-Aufgaben wie das Gelingen bestimmter Tricks oder das Absolvieren zahlreicher Sprünge – auch dafür lohnt eventuell also eine längere Route. Für diese Herausforderungen muss man allerdings spätestens dann große Risiken eingehen, wenn man z.B. das Ziel erreichen soll ohne auch nur ein einziges Mal zu bremsen.

Im Grunde entscheidet ihr also immer selbst, welche Herausforderung ihr annehmt. Wer einfach nur ankommen will, um alle Gebiete zu sehen, kann das gerne tun. Vielleicht schielt ihr aber lieber auf Punkte, die ihr für Tricks erhaltet und für die es Multiplikatoren gibt, wenn ihr mehrere davon aneinanderreiht. Auch schnelles Fahren, Wheelies oder um enge Kurven zu schlittern halten den Multiplikator aufrecht, sodass ein ununterbrochener Flow für eine hohe Punktzahl unerlässlich ist. Und immerhin befinden sich auf fast allen Strecken zahlreiche Rampen, Stege sowie natürliche Hindernisse, die dazu einladen kreativ zu sein. Oder versucht ihr euer Glück lieber abseits des Wegs? Nur zu! Entsprechende Team-Mitglieder unterstützen auch diese Spielweise.

Weg vom Weg?

Die Punkte benötigt ihr zum Freischalten einer zweiten Kampagne sowie von Helmen, Hemden, Hosen und mehr. Abgesehen davon geht es um Platzierungen in Ranglisten – allerdings nur, falls ihr Nintendos Onlinedienst abonniert habt. Auf tägliche Herausforderungen verzichtet die Umsetzung sogar komplett. Man trifft sich aber auch dort mit bis zu drei Freunden oder Fremden und übt in der offenen Lobby ein paar Tricks, bevor sie auf der Strecke funktionieren „müssen“. Zusätzlich gibt es spezielle Hindernis-Parcours', die selbst erfahrenen Bikern alles abverlangen – nur dass sich Switch-Radler mit weniger dieser Kurse zufrieden geben müssen als Spieler der anderen Plattformen.

Die Königsklasse ist schließlich das Absolvieren einer kompletten Kampagne, also mehrerer Gebiete am Stück, und das gleichzeitige Erzielen eines hohen Flow-Wertes, womit die durchschnittlichen Anzahl an Trickpunkten pro Minute gemeint ist. Schade nur, das man zwar einzelne Gebiete anhand verschiedener Parameter prozedural oder über das Eingeben konkreter Zeichenfolgen erstellen, aber keine Kampagne mit zufälliger Reihenfolge aller freigeschalteten Gebiete starten darf.

Wem beim Lesen von „Tricks“ übrigens Angst und Bange wird oder wer bei „prozedural erstellte Abhänge“ den Teufel an die Wand malt: Ich kann euch beruhigen. Descenders (ab 19,42€ bei kaufen) gelingt die Gratwanderung zwischen Simulation und Arcade. Sprich, das Fahrverhalten ist keineswegs realistisch, ahmt das Radfahren aber glaubhaft nach. Die Anzahl der Tricks ist hingegen so überschaubar, dass man nicht erschlagen wird, während das unkomplizierte Tweaken, Drehen und Überschlagen so gut von der Hand geht, dass man immer eine Möglichkeit findet Punkte abzustauben bzw. den Multiplikator am Laufen zu halten.

Leicht gemacht

Vielleicht wollen die Entwickler auch nur vor den Auswirkungen der Klimaveränderungen warnen.
Leider geht das aber nicht so leicht von der Hand wie auf den leistungsfähigeren Konsolen, da die Switch-Fassung mit lediglich 30 Bildern pro Sekunde läuft, die gelegentlich sogar unterboten werden. Das schnelle Fahren und präzise Überwinden mancher Hindernisse wird dadurch genau wie auf den Basisversionen von PS4 und Xbox One deutlich erschwert. Ein wichtiger Hinweis deshalb: Zieht man den rechten Stick nach hinten, um sich z.B. für einen Sprung vorzubereiten, verringert man auch während des normalen Radelns schon die Empfindlichkeit des Lenkens, wodurch man oft weniger Fehler provoziert.

Schlecht im Bilde

Zusätzlich mussten die Entwickler große Kompromisse eingehen, damit das Spiel überhaupt halbwegs vernünftig läuft. Und so sehen besonders der Wald der zweiten Umgebung, aber auch das allererste sowie ein anfangs nicht zugängliches Areal recht hässlich aus, wenn Details wie Schatten und Baumkronen sowie ganze Häuser und Bäume erst in nächster Nähe auftauchen. Zusätzlich sind relativ lange Ladezeiten dem mobilen Vergnügen nicht gerade zuträglich. Das alles trübt das Vergnügen doch empfindlich und macht die Switch-Version zur mit Abstand schlechtesten aller bisher erschienenen.

Fazit

Schade, dass sich Descenders unter jenen Umsetzungen einreiht, die mit einer Brechstange auf Switch lauffähig gemacht wurden. Die teils hässliche Grafik stört jedenfalls die entspannte Abfahrt, während die Beschränkung auf maximal 30 Bilder pro Sekunde sogar das Radeln selbst erschwert. Hinzu kommen inhaltliche Kürzungen wie das Streichen täglicher Herausforderungen sowie einiger Hindernis-Parcours'. Abgesehen davon ist Descenders natürlich weiterhin das gleiche Spiel: Obwohl die prozeduralen Umgebungen alles in allem zu gleichförmig sind, schlittert man zu coolem Drum and Bass Abhänge herab, streut Tricks ein und versucht schnell ans Ziel zu kommen, viele Punkte einzuheimsen oder beides. Die Steuerung ermöglicht dabei auf einfache Art zahlreiche Finessen, während das optionale Online-Spiel ein wenig Leben auf die Pisten bringt. Das Freischalten von Kleidung und Ausrüstung sowie Ranglisten für Online-Abonnenten motivieren zusätzlich. Descenders ist auch in dieser Form noch eine angenehme Erfrischung – die auf Switch allerdings einen bitteren Nachgeschmack hat.

Pro

  • leicht beherrschbare Steuerung ahmt Radfahren glaubhaft nach und ermöglicht zahlreiche Finessen
  • eigene Zielsetzung von einfachem Ankommen bis zu anspruchsvollen Stunts
  • prozedural erzeugte Kurse bieten ständig neue Herausforderungen...
  • freies Fahren mit zahlreichen Tricks, Komboketten u.m.
  • freies Trainieren auf Übungsplatz und freies Erstellen zufälliger Kurse (einschließlich Keys zum Reproduzieren)
  • entspannter Drum-and-Bass-Soundtrack

Kontra

  • niedrige Bildrate erschwert das Fahren
  • spröde Grafik mit vielen spät auftauchenden Details und Objekten
  • ... haben aber auch wenig eigenen Charakter
  • relativ lange Ladezeiten vor jedem Kurs
  • keine täglichen Herausforderungen und weniger Bike Parks gegenüber PC
  • und anderen Konsolenversionen

Wertung

Switch

Spielerisch, grafisch und inhaltlich eingeschränkte Umsetzung des Abfahrts-Radelns.

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