Immortals Fenyx Rising - Test, Action-Adventure, PC, PlayStation4, Switch, PlayStation5, Stadia, XboxSeriesX, XboxOne

Immortals Fenyx Rising
30.11.2020, Matthias Schmid

Test: Immortals Fenyx Rising

Verdammt nah dran an Zelda

Das Ubisoft-Team hinter Assassin’s Creed Odyssey hat Griechenland noch nicht satt - im Gegenteil: Mit Immortals Fenyx Rising (ab 4,88€ bei kaufen) heben sie eine neue Action-Adventure-Marke aus der Taufe, die sich der griechischen Mythologie widmet und spielerisch an keinem geringeren Titel als Zelda: Breath of the Wild orientiert. Kann dieses Unterfangen gut gehen? Unser Test verrät es!

Bereit für den ersten von vielen Zelda-Vergleichen? Sorry, aber das kann ich euch nicht ersparen. Denn als erfahrerener Videospieler von Immortals Fenyx Rising sprechen und dabei die augenscheinlichen Parallelen zu Zelda: Breath of the Wild aussparen - das klappt nicht. Doch erlaubt mir noch ein Vorwort: Die Zelda-Reihe wurde, meiner Meinung nach, trotz ihrer herausragenden Qualität und der Strahlwirkung auf viele Bereiche des Videospiels, erstaunlich selten kopiert. Freilich gibt es Vertreter: Die beiden Neutopia-Spiele auf PC-Engine, die Master-System-Oldies Golvellius und Golden Axe Warrior, der frühe SNK-Titel Crystalis oder ein paar Jahre später Story of Thor. In der Polygonära bedienten sich natürlich Starfox: Adventures, Darksiders, Oceanhorn oder zuletzt Genshin Impact daran. Auch CrossCode, 3D Dot Game Heroes oder Minit verschweigen ihre Verehrung für die große Nintendo-Reihe nicht, sondern huldigen ihr explizit - sei es durch Anspielungen, den Look oder die direkte Übernahme von Spielelementen. Trotzdem finde ich die Liste, angesichts der Qualität und des Ideenreichtums von Zelda, überschaubar - verglichen mit den gefühlt 30 grau-braunen Call-of-Duty- und Gears-of-War-Nachahmern der frühen 2010er Jahre.

Das große Vorbild

Ubisofts Quebec-Niederlassung machte zuletzt 2018 von sich reden - mit dem sehr gelungenen, aber ausufernd großen Assassin's Creed Odyssey, das bekanntlich in Griechenland angesiedelt war. Das Team blieb diesem reizvollen, sagenumwobenen Land im Südosten Europas treu - und beschloss, eine weiteres großen Action-Abenteuer dort spielen zu lassen. Aber bunter und lustiger sollte es sein, mit mehr Mythologie und Fantasy. Herausgekommen ist Immortals Fenyx Rising, das 2019 noch als Gods and Monsters angekündigt war - und nun als Ubisofts Interpretation eines familienfreundlichen Action-Abenteuers mit offener Spielwelt zum 4Players-TÜV vorfährt.

Sieht das nicht geil aus? Diese Spielwelt lädt zum Erkunden ein - und ist komplett begehbar.
Zelda: Breath of the Wild in hübsch“ wäre eine klangvolle Überschrift für diesen Test gewesen - wenn ich da nicht den Zorn der Nintendo-Fraktion fürchten müsste. Und ja, Breath of the Wild war schon hübsch, aber eben auch teils erschreckend schwach texturiert und in puncto Grafik schlicht von Switch- (und Wii-U-) Power eingeschränkt. Doch viel wichtiger ist der Kern meiner Aussage: Denn Immortals Fenyx Rising ist schlicht und ergreifend Ubisofts Versuch, so etwas wie Breath of the Wild nachzubauen. Das kann man einfalls- oder mutlos finden und das muss auch in die finale Bewertung dieses Unterhaltungsproduktes einfließen. Gleichzeitig kann so ein Vergleich aber auch Appetitanreger sein: Denn seit März oder vielleicht Mai 2017, als ich jenes Zelda nach über 200 Stunden Spielzeit zu den Akten legte, habe ich nichts vergleichbar Großartiges mit dieser Open-World-Ausrichtung gespielt.

Fenyx’ Abenteuer beginnt mit einem Schiffbruch (Zelda-Fans denken unwillkürlich an Link's Awakening) nimmt aber rasch eine dramatische Wendung: Der Held oder die Heldin - das entscheidet ihr, ebenso wie über Hautfarbe, Frisur, Tattoos oder Stimme - erfährt bald, dass sie die einzige Hoffnung des griechischen Pantheons ist, den zornigen Angriff des Typhon zu überstehen. Der ist der Spross von Gaia und Tartaros, ein turmhohes, feuerumbraustes Mischwesen, das laut griechischer Mythologie einst dem Zeus unterlag. Doch im Spiel ist er wieder da. Und Zeus, der zusammen mit Prometheus, einem zynischen Sportkommentatoren-Duo gleich, das Abenteuer aus dem Off kommentiert, glaubt nicht recht daran, dass Fenyx' schmale menschliche Schultern tatsächlich eine Chance haben, ihm seinen sakrosankten Allerwertesten zu retten.

Angespült

Fliegen macht großen Spaß, steuert sich top und ermöglicht das flotte Vorankommen in der Welt.
Zum Glück trifft Fenyx bald auf einen gut bekannten Götterboten, der sie (mein Fenyx ist weiblich) nicht nur kräftig narrt, sondern ihr künftig auch bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Seite steht. Hermes spukt durch die drolligen, mitunter richtig lustigen Zwischensequenzen, albert mit den anderen Göttern herum oder erklärt in der Halle der Götter viele Dinge. In diese Art Basis kehrt ihr künftig regelmäßig (per Schnellreise zurück), um gefundene Blüten in Tränke zu verwandeln, den Bizeps zu trainieren, Fenyx’ Lebensleiste zu verlängern, ihre Waffen zu härten oder ein paar Zusatzziele anzunehmen. Letztere lauten z.B. „Erledige 10 dämonische Kreaturen“ und sind teilweise nur eine gewissen Zeit verfügbar - sie können locker nebenher absolviert werden, spülen ein paar Hermes-Credits in die Tasche und können beim Götterboten in spezielle Items umgetauscht werden; ein entscheidendes Spielelement wird aber nie daraus.

Klettern, Erkunden, Rätseln - viele Orte in der Spielwelt vereinen natürlichen Charme und archäologische Aussichten.
Viel wichtiger sind vier Götter in den vier großen Teilen der Spielwelt, die Fenyx befreien bzw. aus ihrer Lethargie reißen muss. Bevor das klappt, reißt man per Pedes oder auf einem der zähmbaren Reittiere (Hallo, Zelda!) durch die betörende Spielwelt. Überall gibt es prachtvolle Ausblicke, azurblaue Buchten, im Wind wogende güldene Graslandschaften, mächtige Bäume, pornös gestaltete Tempel, verwitterte Ruinen, versteinerte Kriegerstatuen, kleine Brücken und Höfe, steile Felsnadeln und tödliche Schluchten. Kurzum: Es gibt so viel, das euer Auge erfreut. Die Spielwelt von Immortals lädt geradezu zum Erkunden ein, sie versteckt viel Reizvolles vor dem oberflächlichen Reisenden und geht mitunter dramatisch in die Vertikale. Gleichwohl ist sie aber nicht so organisch aufgebaut wie das Hyrule von Breath of the Wild, hier fühlte sich der Übergang der Klimazonen und damit auch der verschiedenen Szenarien (Dschungel, Gebirge, Flusslandschaft, etc.) noch deutlich natürlicher an, zumal Link auch immer wieder auf lebendige Siedlungen, Reiterhöfe oder eremitische Bauern traf. Das fehlt in Immortals: Zwar gibt es hunderte schöne Plätze mit Rätseln, Tempeln und Schätzen, dazu göttliche Aufgaben und riesige Monster, aber eben keine NPCs, die ihrem Tagwerk nachgehen, die dem Spieler kleine Aufgaben geben oder ihn in ihren Läden willkommen heißen.

Kein schöner Land

Das ist nicht dramatisch, nimmt dem großen Abenteuer aber eine Komponente, die es in Zelda (und vielen anderen Action-Adventures oder Rollenspielen) eben gibt. Auch ausuferndes Mahlzeiten-Kochen und sich bei Gebrauch abnutzende Waffen sind kein Bestandteil von Immortals: Fenyx Rising, dafür viele andere Elemente aus Breath of the Wild. Zum Beispiel die Fähigkeit, Gegenstände, Felsbrocken, Kisten oder Baumstämme per Telekinese-Griff hoch über euren Kopf zu heben - Fenyx kann solche Dinge im Kampf krachend auf Feinde schleudern oder in Dungeons tonnenschwere Metallkugeln auf Schalter schieben. Das Spiel mit der Physik funktioniert gut, ganz so essentiell in den Spielablauf eingebunden wie in Zelda ist es aber nicht. Schließlich muss Fenyx mit göttlicher Kraft-Unterstützung auskommen und hat kein Multifunktions-Tablet, das gleichzeitig noch die Zeit anhalten oder Wasser einfrieren kann.

Mit aufgeladenem Hammerschlag gegen den Höllenhund!
Beiden Titeln gemein ist aber ein immenser Fokus auf die Ausdauerleiste - und auch hier borgt Immortals bei Breath of the Wild: Fenyx kann anfangs nur ein paar Meter klettern, recht kurz in der Luft schweben (mit göttlichen Flügeln, nicht mit einem Gleit-Teppich) und muss beim Kämpfen auf ihre Puste achten. Geht die blaue Leiste zur Neige, kann sie per Trank-Einnahme gefüllt werden - sofern ihr vorher reichlich blaue Blüten gesammelt und an speziellen Kesseln, die es im ganzen Land gibt, zu Tränken verbraut habt. Gleiches gilt übrigens für Granatäpfel und die daraus hergestellten Heiltränke. Und bei beiden Dingen hat Ubisoft ein interessantes Feature eingebaut: Tränke füllen meist die gesamte Lebensleiste oder zumindest einen stolzen Teil der Ausdauerleiste - sie müssen aber eben vorher an Kesseln hergestellt werden und können nur in begrenzter Zahl mitgeführt werden. Habt ihr aber noch Rohstoffe (Granatäpfel und blaue Blumen) dabei, könnt ihr sie per gehaltener Taste (wo sonst ein einfacher Druck reicht) snacken. Das ist umständlicher und dauert in harten Kämpfen fast zu lange, ist aber im Notfall ein probates Mittel, wenn euch die Tränke ausgehen. Apropos ausgehen: Wie in Breath of the Wild gilt - wer sich mal zehn oder zwanzig Minuten Zeit nimmt, um fleißig zu sammeln und vorzukochen, der hat für viele Stunden genügend Vorräte, um alle Kämpfe ziemlich sicher zu überleben.

Der Bogen macht nicht immens viel Schaden, kommt aber im Kampf und auch bei Rätseln immer wieder zum Einsatz.
Doch ich möchte nochmal auf die Ausdauer zu sprechen kommen: Die will schließlich nicht nur kurzfristig per Trank aufgefrischt, sondern vor allem langfristig verbessert werden. Das geht aber nur, wenn man in den Dungeons der Spielwelt Zeus’ Blitze einsammelt. Soll heißen: Die vielen Tartaros-Prüfungen, so nennt das Spiel seine Mini-Dungeons, die man überall per Sprung in eine Spalte im Boden betreten kann, sind mehrfach reizvoll: Sie entführen einen für ein paar Minuten in eine optisch andere Welt, fordern Geschick (mit Sprüngen, Laserbarrieren, Kämpfen) und die grauen Zellen (mit allerlei spaßigen Rätseln) und sind obendrein notwendig, um auf Dauer kraftvoller und schneller durch die Spieltwelt zu kommen. Denn Breath of the Wild-Fans wissen: Die interessanteste Bergregion ist nur halb so spannend, wenn auf der Hälfte der Steilwand der Bizeps klein beigibt.

Multiple Motivation

Ebenfalls essentiell sind die sogenannten Ambrosia-Splitter, die man an mal exponierten, mal gut versteckten Orten in der Oberwelt aufliest - damit kann Fenyx’ Lebensleiste vergrößert werden. Manchmal gibt es sie auch in den großen Dungeons als Bonus. Große Dungeons? Richtig gelesen: Wie die riesigen Tier-Kolosse in Breath of the Wild gibt es ein paar wenige, sehr ausladende Kerker, die man im Story-Verlauf zwingend absolvieren muss, um die Götter auf seine Seite zu bringen. Dafür hat sich Ubisoft dann jeweils eine besondere Rätselmechanik ausgedacht, die in puncto Hirnschmalz mindestens eine Stufe höher schaltet. Sind euch diese Kopfnüsse (oder auch manche Schieberätsel in der Oberwelt) zu anstrengend, so könnt ihr im Menü mehrere leichte Hilfestufen dafür aktivieren - standardmäßig sind diese aber ausgeschaltet.

Worüber ich noch kaum gesprochen habe: über die Kämpfe. Dabei können sich die Schlägereien sehen lassen, machen sie doch auf Dauer mehr Laune als z.B. jüngst in Assassin's Creed Valhalla. Eine Prise Kingdoms of Amalur, dazu reichlich God of War, etwas Souls und Zelda - fertig ist ein wuchtiges Kampfsystem mit vielen starken Special Moves, Block- und Pariersystem sowie cooler Zeitlupe bei perfektem Ausweichen. Fenyx haut flugs mit dem Schwert zu, schwingt die trägere Axt und feuert Pfeile ab (deren Vorrat sich langsam, aber automatisch füllt). Man kann Feinde markieren und umkreisen, schwere Felsbrocken auf sie schleudern, ordentlich draufschlagen, wenn sie betäubt sind, und auch Fenyx Vogelfreud Phosphor in den Kampf miteinbeziehen. An vielen Stellen merkt man, dass die Entwickler mitgedacht haben: Gut getimte Ausweichschritte aktivieren nicht nur die erwähnte kurze Slow-Motion-Phase, sondern füllen auch die Ausdauerleiste um ein Stück - die braucht es, um Spezialattacken zu lancieren, z.B. einen riesigen Hammerschlag, eine Schulterrammattacke oder Speere aus dem Boden. Dazu habe ich mir früh im Spiel einen Meteor-Angriff für meinen Phoenix-Vogel gekauft: Dann wird ein ausgewählter Feind mit brennenden Steinen bombardiert, die beim Aufschlagen auch noch blaue Ausdauer-Kugeln fallen lassen. Perfekt, um die von vielen Blocks, Sprüngen und Special Moves doch arg strapazierte Ausdauerleiste wieder zu füllen.

Auf die Zwölf!

Fenyx’ Pfeile sind übrigens nicht nur im Kampf relevant: So manche Kiste in der Oberwelt ist hinter einer roten Barriere verborgen, die erst verwindet, wenn man ein kleines Rätsel geknackt hat - das reicht vom Heranschaffen einer bestimmten Zahl Kohlköpfe über das Transportieren einer brennenden Kugel über Wasser bis hin zu abschießbaren Zielen. Per Zeitlupenschuß steuert man die Flugkurve des Pfeils selbst, erreicht so Tafeln hinter Ecken oder entzündet klug verstecke Feuerkelche. Außerdem warten Odysseus’ Prüfungen, wo man - analog zur mythologischen Vorlage - einen Pfeil durch trickreich angeordnete Axt-Ösen schießen muss. Ein spaßiger Zeitvertreib. Der Lohn für solche Dinge sind Charon-Münzen, die Fenyx zum Upgraden ihrer Moves nutzt, neue Waffen (die stets mitleveln, wenn man eine Waffengattung verbessert) oder Materialien, die zum Schmieden der Waffenverbesserungen unerlässlich sind.

Coole kleine Missionen: Hier muss ein Apfel ins Tal gerollt werden - auf dem Pferd reitet Fenyx nebenher.
Ähnlich schön und allgegenwärtig wie in Breath of the Wild sind das Fliegen und Klettern. Anders als z.B. in Horizon: Zero Dawn wo Aloy schon vor dem kleinsten Berg kapituliert, kann wie Fenyx senkrechte Wände erklimmen und sollte dies auch tun, um an Ambriosia-Splitter zu gelangen oder manch gut versteckten Tartaros-Dungeon zu finden. Fenyx’ majestätische aussehende Flügel fährt man nach einem Sprung per Knopfdruck aus und gleitet dann erhaben durch die Lüfte - das sieht nicht nur schön aus, sondern hilft auch beim Kennenlernen der Spielwelt. Wer an einem guten Aussichtspunkt steht, sollte unbedingt mal (via langem Druck auf den Analogstick) in den Fernglas-Modus schalten: Durch leichte Pad-Vibration lassen sich allerlei Kisten, Gegnertrupps, Ambrosia-Splitter oder Tartaros-Eingänge finden und markieren. Ein guter Kompromiss im Vergleich zu automatisch aufgedeckten Hundertschaften an Sammelgegenständen, nachdem man einen Aussichtsturm erklommen hat. Solche Aussichtspunkte auf riesigen Götterstatuen gibt es in Immortals übrigens auch, allerdings nur eine Handvoll - und damit deutlich weniger als in Breath of the Wild.

Ähnlich wie die „Verheerung Ganon“ im Herzen von Hyrule saß, so ist auch der düster-apokalyptische Feuerberg von Typhon im Zentrum der Spielwelt angesiedelt - der Zugang dorthin ist allerdings deutlich schwerer als in Zelda. Schon in den ersten Stunden Typhon die Aufwartung zu machen, ist hier nicht möglich. Dennoch hätte Ubisoft das Erzmonster hier etwas eigenständiger und nicht ganz so Ganon-like in der Welt verankern können. Ach so: Ab und zu färbt Typhon die ganze Landschaft in feurig-rotes Licht und lässt allerorten dämonische Ranken und Feinde aus dem Boden sprießen. Dann sollte man entweder Reißaus nehmen und auf dem Pferde- oder Rehrücken davongaloppieren oder sich den Finsterknechten stellen - hier begegnen euch dann auch die verfluchten Versionen legendärer Helden (z.B. Atalante), die ihr später auch in ihren eigenen Kerkern aufsuchen und dauerhaft ruhigstellen könnt.

Die Verheerung Typhon?

Weltkarte. Ist ein bisschen zoombar, zudem dürft ihr eigene Markierungen setzen.
Neben besonders mächtigen Kreaturen in riesigen Arenen, wo man schon mal 15 Minuten kämpft, gibt es in der gesamten Spielwelt (und vor allem im Umkreis von Schatztruhen) kleine Gegnergrüppchen. Logischerweise sind diesem im grasgrünen Startbereich der Welt zahmer und schwächer als auf den schroffen Felshängen von Hephaistos’ Schmiedelanden - prinzipiell sind aber fast alle Teile der großen, zusammenhängenden Welt schon nach wenigen Stunden zugänglich. Ach ja: Und so eine Art Hochplateau, wo man ganz zum Spielstart herumtingelt und ein paar Aufgaben erledigt, bevor man dann die Flugfähigkeit bekommt und in die echte Welt hinauskann - die gibt es in Immortals auch. Breath of the Wild lässt grüßen. Schon wieder!

Reichlich Rätsel: Schon in der offenen Oberwelt gibt es viele Kopfnüsse, doch in den Tartaros-Dungeons zieht die Komplexität an.
Wir haben Immortals: Fenyx Rising auf allen Plattformen minus Series S und Stadia angeschaut. Auf beiden NextGen-Konsolen PS5 und Xbox Series X macht es eine klasse Figur - das Spiel sieht detailliert und farbenfroh aus und läuft im Modus „Performance“ meist mit sauberen 60 Bildern pro Sekunde. Wer auf „Qualität“ umschaltet (erfordert einen Spiel-Neustart) der empfindet die Bildrate als deutlich stockender - einen merklichen Gewinn bei der Grafikqualität habe ich hingegen nicht sehen können. Auf PS4 Pro und Xbox One X steigen die Ladezeiten beim Spielstart und bei Schnellreise stark an (aus unter 10 werden fast 40 Sekunden), der generelle Grafikeindruck ist wegen des Cartoon-Looks von Immortals aber nicht deutlich schwächer als auf den Nachfolgekonsolen. Auf der Switch muss man dagegen einige Abstriche in Kauf nehmen: Die Sichtweite (mit Pop-Ups) sowie die Qualität von Umgebung, Vegetation, Texturen und Schatten fallen im direkten Vergleich mit PC/PS5 etc. erheblich geringer aus, dennoch schlägt sich das Spiel auf der Nintendo-Konsole besser als erwartet - obwohl man die 30-fps-Bildwiederholrate klar bemerkt. Im TV-Modus fallen darüber hinaus einige Ruckler und spürbare fps-Einbußen bei Gleitpassagen und dem Ausblick von Bergen auf. Am Boden und in Kämpfen kommen diese Makel gelegentlich ebenfalls vor. Im Handheld-Modus macht das Spiel bei der Konsistenz der Bildwiederholrate eine bessere Figur. Ungewöhnlich ist hingegen, dass man sich mit einem Ubisoft-Connect-Account einloggen muss, wenn man das Spiel auf der Switch nutzen möchte und eine Online-Verbindung besteht - vielleicht wegen des Ingame-Stores.

Technik-Showdown (u.a. von Marcel Kleffmann)

Das auf der AnvilNext-Engine (AC Origins, Odyssey & Valhalla) basierende Action-Adventure wurde gut auf den PC umgesetzt - und ähnlich wie bei Valhalla nutzt das Spiel die CPU nicht so exzessiv wie vorherige Titel mit derselben Engine. Auch die Auslastung der unterschiedlichen CPU-Kerne ist vorbildlich. Die PC-Version setzt aus "Kompatibilitätsgründen" lediglich auf DirectX 11. Ansonsten werden eine unbegrenzte Bildwiederholrate, Multi-Monitor- und Widescreen-Support (angeblich dynamisch bis 48:9), HDR-Unterstützung, ein Fotomodus, eine Echtzeit-Performance-Analyse sowie eine Benchmark-Funktion geboten. Die Systemanforderungen findet ihr hier. Die Grafik-Einstellungsmöglichkeiten sind gut, fallen aber im Vergleich zu anderen Spielen von Ubisoft weniger üppig aus. Die relevanten Qualitätsoptionen sind vorhanden: So kann das Sichtfeld angepasst werden und auch die Bewegungsunschärfe sowie Schärfentiefe lassen sich deaktivieren; drei Profile für Farbfehlsichtigkeit stehen zur Auswahl.

Rechenknecht

Die Kämpfe gegen Harpyien, Medusen & Co. sind so kurzweilig und krachig, dass man ihnen nur selten aus dem Weg geht.
Überaus vorbildlich sind die Einstellungsmöglichkeiten bei der Steuerung mit Maus-&-Tastatur oder Controller: Die Tastenbelegung lässt sich frei anpassen, während bestimmte Aktionen zischen Umschalten/Halten/Drücken umgeschaltet werden können. Man kann außerdem jederzeit zwischen Controller und Maus/Tastatur wechseln. Im Menü können (wie auf den anderen Systemen) verschiedene Hilfestellungen aktiviert werden, die hauptsächlich mit den teils recht komplexen bzw. mehrschichtigen Rätseln in Verbindung stehen. Man kann z.B. visuelles Richtungsfeedback einschalten. Wenn man dann einen Schalter drückt, zeigen ein kleiner Richtungspfeil und eine Text-Einblendung an, wo und was sich gerade bewegt oder verändert hat. Ähnliche Hinweise gibt es für Sternbild-Herausforderungen, Fresko-Herausforderungen aka Verschiebepuzzles (Rahmen einblenden lassen, was das Verschieben der Puzzleteile erleichtert) oder bei Odysseus-Herausforderungen. Darüber hinaus können diverse Interface-Elemente (HUD) an-/ausgeschaltet werden, was sich direkt auf den gewünschten Spielstil auswirken kann (mehr Erkundung oder eine stärker geführte Partie).

In der Halle der Götter trifft Fenyx allerlei Promis aus dem griechischen Pantheon.
Im Ingame-Shop, der zwar gut sichtbar im Menü platziert, aber nie offensiv beworben wird, finden sich künftig natürlich die Inhalte vom angekündigten, großen Season Pass. Dazu gibt es, Ubisoft-typisch, Waffen- und Ausrüstungspakete, die stolz bepreist sind (z.B. das „Typhon der Entfesselte“ Charakter-Paket für 1275 Immortals-Credits, also ca. 12 Euro); vor allem das Reittier eines solchen Pakets kann das Spielen minimal erleichtern, bringt es doch deutlich mehr Ausdauer mit. Wer diese Immortals-Credits mit Echtgeld kauft, erhält ein kleines Ressourcen-Paket als Geschenk - die für den Spielfortschritt wichtigen Dinge wie Zeus-Blitze und Ambrosia-Splitter lassen sich erfreulicherweise aber nicht kaufen.

Fazit

Wow, so ein hervorragendes Videospiel hatte ich nicht erwartet. Dass jenes, auf der E3 2019 eher unspektakulär enthüllte „Gods and Monsters“ (so der Projektname) zu meinem Lieblingsspiel des Jahres 2020 avancieren würde, wäre mir nicht im Traum in den Sinn gekommen. Aber dem Team hinter Assassin's Creed Odyssey ist es tatsächlich gelungen, ihre Version eines familienfreundlichen Action-Abenteuers im Zelda-Stil ganz formidabel umzusetzen. Klar ist die Anlehnung an Breath of the Wild - für mich eines der stärksten Spiele überhaupt - in vielen Punkten allzu deutlich und mitunter sogar dreist. Aber durch die technisch wie spielerisch starke Umsetzung bereitet der Titel dann eben auch fast so viel Vergnügen wie das Nintendo-Original. Immortals Fenyx Rising steht in puncto organisch wirkender Spielwelt und Entdecker-Spaß hinter Breath of the Wild zurück, sieht aber deutlich schöner aus und packt mehr coole Action in die Kämpfe. Die vielen kleinen Dungeons strotzen nur so vor spaßigen Kopfnüssen und Geschicklichkeitsprüfungen, ebenso verlangen euch die in der wunderhübschen Welt verteilten Truhen und Prüfungen einen stets angenehmen Cocktail aus Suchen, Grübeln und Zuschlagen ab. Dreieinhalb Jahre nach Zelda: Breath of the Wild sollte jeder Spieler zuschlagen, der mit Links letztem Abenteuer viel Spaß hatte oder der es mangels Nintendo-Konsole verpasst hat - denn Immortals Fenyx Rising kommt seinem Vorbild überraschend nahe.

Pro

  • herrlich farbenfrohe, abwechslungsreiche Spielwelt
  • Erkunden und Entdecken macht großen Spaß
  • klasse Steuerung bei allen Tätigkeiten
  • Humor funktioniert, sowohl in der Spielwelt als auch durch die göttlichen Kommentatoren
  • fetzige Kämpfe mit starken Supermoves und Fokus auf Ausdauer
  • in der Welt verteilte Truhen verlangen Geschick und Köpfchen
  • durchdachte Questlines der Götter
  • simples, gut verständliches Auflevel-System
  • Tartaros-Dungeons sorgen für optische wie spielerische Abwechslung
  • viele pfiffige und durchdachte kleine Kopfnüssen
  • Odysseus Pfeilschuss-Prüfungen sind motivierend
  • legendäre Bestien, versteckte Dungeons
  • stimmungsvoller, verträumter Soundtrack
  • zahllose hübsche Küsten, imposante Tempel, schroffe Berge
  • groß und weitläufig, aber nicht endlos riesig und überfrachtet mit Dingen
  • Rätselhilfen zuschaltbar, Schwierigkeitsgrad top konfigurierbar
  • gute deutsche Synchro

Kontra

  • sehr starke, mitunter fast dreiste Anlehnung an Zelda: Breath of the Wild
  • weniger Spieltiefe als in Zelda (z.B. Kochen, Waffen-Verschleiß)
  • man kann den Grafikstil kitschig finden
  • keine Dörfer und Zivilisten in der Spielwelt
  • auf Switch: Spieltwelt weniger hübsch, Grafik weniger flüssig

Wertung

PC

Hübsches, umfangreiches, spielerisch äußerst elegantes Action-Abenteuer im Stil von Zelda: Breath of the Wild, das die enorme Qualität des großen Vorbilds beinahe erreicht.

PlayStation4

Hübsches, umfangreiches, spielerisch äußerst elegantes Action-Abenteuer im Stil von Zelda: Breath of the Wild, das die enorme Qualität des großen Vorbilds beinahe erreicht.

Switch

Umfangreiches, spielerisch äußerst elegantes Action-Abenteuer im Stil von Zelda: Breath of the Wild, das die enorme Qualität des großen Vorbilds beinahe erreicht. Technisch klar die schwächste Version.

PlayStation5

Hübsches, umfangreiches, spielerisch äußerst elegantes Action-Abenteuer im Stil von Zelda: Breath of the Wild, das die enorme Qualität des großen Vorbilds beinahe erreicht.

XboxSeriesX

Hübsches, umfangreiches, spielerisch äußerst elegantes Action-Abenteuer im Stil von Zelda: Breath of the Wild, das die enorme Qualität des großen Vorbilds beinahe erreicht.

XboxOne

Hübsches, umfangreiches, spielerisch äußerst elegantes Action-Abenteuer im Stil von Zelda: Breath of the Wild, das die enorme Qualität des großen Vorbilds beinahe erreicht.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Waffen-, Ausrüstungs- und Skin-Pakete kaufbar, Season Pass (der drei große Download-Erweiterungen umfasst) erhältlich
  • Es gibt Käufe nur für optionale Kosmetik wie Farben, Skins, Kostüme etc.
  • Man kann die Spielzeit über Käufe nicht verkürzen, kein Pay-to-Shortcut.
  • Season Pass, dessen Inhalte keine bzw. nur minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.
  • Käufe können minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.
Kommentare
Ryan2k22

Ich muss mal eine kleine Lanze brechen für das Spiel.

Ich zocke es gerade auf der Switch und finde es in vielen Teilen besser als Zelda.

Das Setting liegt mir mehr, ich mag einfach antike Götter. Gut, der Humor ist oft etwas drüber, aber ich mag meine weibliche Fenyx sehr.

Die Welt ist nicht so übertrieben groß, sondern kompakter und bietet trotzdem abwechslungsreiche Gebiete, das mag ich sehr. Auch kann ich nicht bestätigen, dass die Map voll wäre mit Symbolen. Ich nutze das Fernglas nicht sondern nur das, was ich unterwegs finde und habe die Map angenehm frei.

Die kleinen Schieberätsel oder Bogen Spiele finde ich ganz nett, die Dungeons bisher auch recht vielfältig, wenn auch etwas viele.

Die Kämpfe sind zwar etwas monoton, aber auf easy zumindest schnell erledigt bzw. weiß man, dass man falsch ist wenn ein Gegner micht fast sofort umhaut und kaum Schaden nimmt.

Bisher habe ich mehr Spaß als bei dem aufgeblähten zu weitläufigem Zelda. Mal sehen ob das so bleibt oder ich irgendwann aufhöre.

vor 3 Jahren
celynn

Das Erkunden wurde für mich schon im Prolog zerstört, indem man einfach durchs Fernglas schaut und durch R2 spamen alles Interessante auf der Karte aufdecken kann . Sogar durch Wände und Berge hindurch.
Das ist mir tatsächlich auch negativ aufgefallen, hatte aber alles in allem trotzdem meinen Spaß mit dem Spiel und habe es sogar platiniert. Aber dass der Entdeckerdrang dadurch direkt am Anfang getötet wurde, ging mir genauso.

Zum Punkt „Man kann es ignorieren“: ja, bestimmt, ich war mir aber direkt unsicher, ob ich dadurch nicht später einen gravierenden Nachteil haben würde, wenn ich eben nicht jedes Ambrosia und was sonst noch rumliegt einsammle. Jetzt im Nachhinein: Wahrscheinlich wäre nichts sonderlich Nennenswertes passiert, am Ende ist man eh total imba wenn man alles mitnimmt. (Platin zu erreichen stelle ich mir ohne die Funktion allerdings viel schwieriger vor)

Ich habe Ubi jedenfalls nicht genug getraut, um die Funktion zu ignorieren.

vor 3 Jahren
Chilisidian

Nur weil man es kann, muss man es ja nicht nutzen. Wenn du so aufs selbstständige erkunden abfährst, warum lässt du die Funktion nicht einfach links liegen?

vor 3 Jahren
x-Tobi-x

Ich hab es jetzt deim 4. Gebiet also beim 4. Gott abgebrochen.Es wird obwohl die Open World schön gestaltet ist auf dauer langweilig . Das Erkunden wurde für mich schon im Prolog zerstört, indem man einfach durchs Fernglas schaut und durch R2 spamen alles Interessante auf der Karte aufdecken kann . Sogar durch Wände und Berge hindurch.
Breath of the Wild feeling kommt hier 0.00% auf.

vor 3 Jahren