Blaston - Test, Shooter, OculusQuest, OculusRift, ValveIndex, VirtualReality, HTCVive, PlayStationVR

Blaston
23.12.2020, Jan Wöbbeking

Test: Blaston

Duell-Sport der Zukunft

Bei manchen einfachen, aber genialen VR-Ideen springt der Funke auf Anhieb über: Beat Saber, Superhot VR, Pistol Whip – und der nächste Süchtigmacher dieser Art heißt Blaston! Im Test des Online-Duells überprüfen wir, wie lange der Spaß am blitzschnellen Abtauchen zwischen leuchtenden Kugeln mit verkabelten PC-Headsets anhält.

Schon Acron (zum Test) war ein Geheimtipp, doch mit  Blaston hatte sich das Stockholmer Studio Resolution Games im Oktober selbst übertroffen: Nachdem ich in meine ersten Kugelduelle mit der Quest abtauchen konnte, war es gar nicht so leicht, wieder aufzuhören. Lediglich der Schweiß unterm Headset sowie die körperliche Erschöpfung brachten mich meist nach einem halben Stündchen dazu, dem vollgeschwitzten Headset und mir eine Pause zu gönnen. Mittlerweile ist Blaston auch für PC-Headsets auf Steam erscheinen; der Start für die kabellose Quest mit ihrem freiem Spielgefühl erwiest sich seinerzeit aber als goldrichtig! Besser als hier kann man ein kleines Roomscale-Spielfeld kaum ausnutzen! Zwei mal zwei Meter solltet ihr am besten trotzdem freiräumen, da man in der Hitze des Gefechts auch schon mal durch die transparenten Gitter am Spielfeldrand ausweicht - was übrigens passend mit Energieverlust bestraft wird.

Futuristischer Wilder Westen

Auch mit dem Kabel an der Valve Index oder Rift S klappen die schnellen Bewegungen im Halbrund meist erstaunlich gut und verhedderungsfrei. Achtet vor dem Start aber unbedingt darauf, das Kabel mittig hinterm Rücken herunterzuführen! Mit der Index profitiert das Spiel zudem natürlich auf Wunsch von knackig-flüssigen, responsiven 144 Hertz. Neu dabei sind mittlerweile ein paar nette kleine Extras wie ein Zuschauermodus per Key-Code oder eine (meist verwaiste) Cyberpunk-Bar, in der man sich mit anderen Spielern treffen und Freundschaftsspiele starten kann. In dieser "Ozo Lounge" und in deren Matches kann man sich neuerdings auch endlich per Voice-Chat unterhalten - abgesehen von den stummen Zuschauern auf den Rängen.

Die Sportler wirken etwas generisch, verströmen zusammen mit der glühenden Kulisse aber eine angenehme Cyberkrieger-Atmosphäre, die u.a. an den Flipper Black Knight erinnert.
Sobald ihr bereitsteht und mit dem Internet verbunden seid (Offline-Spiele oder lokale Duelle gibt es leider nicht), kann es sofort losgehen: Das Matchmaking vermittelt euch einen Spieler oder Bot mit möglichst ähnlichem Rang und nach dem Countdown schweben auch schon die dicken bunten Projektile durch die Luft. Die Kontrahenten stehen sich auf zwei kleinen Plattformen gegenüber und decken sich gegenseitig mit zahlreichen Energiekugeln ein. Das jeweilige Gegenüber muss diesen natürlich ausweichen. Fast wie in einem alten Bullet-Hell-Shooter – nur dass die Kugeln hier in 3D durch den Raum fliegen wie in Superhot VR! Dabei ist natürlich voller Körpereinsatz gefragt, mit einem langsamem Slalom durchs Kugelmeer aus der Schrotflinte, Abtauchen unter ein paar Pistolenschüsse oder Ausweichmanövern in letzter Sekunde, wenn die gefährlich schnelle rote Gewehrkugel am Kopf vorbei zischt.

Voller Körpereinsatz!

Sogar echte Hüpfer über ein Projektil können sinnvoll sein, da passend zu den Bewegungscontrollern nur der Kopf, der schmale Torso und die Hände als Trefferzonen zählen. Ich werde hier schließlich zu einem schwebenden Fantasiewesen, für das sich (nicht all zu viele) visuelle Extras wie acht Skins, diverse Banner oder Podiums-Dekorationen freischalten lassen. Wer möchte, kann dafür Echtgeld investieren. Bei neuen Waffen geht das ebenfalls, die Freischaltungen sind aber glücklicherweise zusätzlich an den Rang gebunden. Bislang hatte ich auch durch normales Spielen stets genügend Geld für die neuen Projektilspritzen, da ich nicht allzu viel in optischen Kleinkram investiert habe. Schade allerdings, dass das Drumherum insgesamt so minimalistisch geraten ist. Es gibt nur einen einzigen öffentlichen Modus, der mir je nach Verfügbarkeit einen menschlichen Mitspieler oder einen Bot ähnlicher Könnensstufe vermittelt. Zusätzlich darf ich wie bei Acron einen privaten Raum für Freunde erstellen, dem sie z.B. per Code beitreten. Die Lage verbessert sich durch monatliche Updates ein wenig, doch nach wie vor wirkt das Angebot auch für einen kleinen Arcade-Titel etwas karg. Man mag sich gar nicht ausmalen, wie viel Spaß eine vollwertige Kampagne im Stil eines großen Tennisspiels machen würde!

Stattdessen erinnert das Spiel gegen die gut reagierende KI eher an die Karriere in Oldies wie Shufflepuck Café: Die Bots mit ihren stacheligen Neonfrisuren oder Cyber-Gladiatoren-Outfits bringen immerhin spielerisch eine persönliche Note ins Spiel: Manche von ihnen gehen oft in die Knie, halten ihren Gegner mit Streuprojektilen in Bewegung oder lassen sich mehr oder weniger leicht im Kugelmeer mit Laserschranken festnageln. Letztere werden z.B. per Blaster oder Granate hinterm Gegner per Zeitzünder ausgelöst – ein herrlich perfides Extra! Die Kreativität der Waffen ist das Highlight von Blaston! Man spürt förmlich, wie viel Spaß Teamleiter Mathieu Castelli beim Austüfteln und Ausbalancieren seiner neuen Gadgets mit ihrer stark limitierten Munition hatte. Sie freizuspielen ist hier ein nicht zu unterschätzender Motivationsfaktor, auch wenn es sich bei manchen Exemplaren nur um leicht veränderte Varianten handelt - z.B. mit mehr Munition, größeren Projektilen oder anderen statistischen Änderungen. Sobald ich ihre Geräusche verinnerlicht hatte, ging das Prinzip bei mir in Fleisch und Blut über, so dass ich irgendwann schon unterbewusst reagierte. Die sich dabei entfaltende Dynamik erinnert an eine Mischung aus Tischtennis und Kugelhölle.

Ausweichen in letzter Sekunde

Sobald ein Online-Gegner gefunden wird, werden KI-Matches leider automatisch abgebrochen. Momentan bekommt man meist (wie so oft in VR-Multiplayer-Titeln) einen Bot serviert, doch auch menschliche Kontrahenten tauchen regelmäßig auf. Gegen den realen Gegner steigen Spieltempo und Herausforderung dann deutlich an. Irgendwann lernte ich aber immer besser, wie sich die verschiedenen Systeme gegeneinander ausspielen, statt nur wild die Luft mit Kugeln zu füllen. Schon das Umdrehen zu den zufällig am Rand erscheinenden Waffen ist ein taktisches Element. Wie lange kann ich den Blick vom Gegner abwenden, der meistens auf exakt diesen Moment wartet? Bewege ich meinen Torso dabei schon einmal langsam durch zwei Kugelwolken oder riskiere ich vorher noch den Griff zum Schild, der ohnehin nur kurze Zeit schutz bietet?

Beim Griff nach den automatisch erscheinenden Waffen oder Gadgets wird es brenzlig - es sei denn man schnappt sie sich ohne hinzuschauen.
Alternativ verschaffen frontale Deckungsplatten Luft für Schüsse aus der Hocke mit ausgestrecktem Arm. Diese lassen sich wiederum mit angeschnittenen Projektilen einer Spezialwaffe umgehen, deren Flugbahn mit der eigenen Armbewegung vorgegeben wird – ganz großes Future-Tennis! Insgesamt also ein Riesenspaß, dessen Dynamik mich körperlich ähnlich stark mitgerissen hat wie seinerzeit Space Junkies! Eine willkommene Abwechslung zu anderen Shootern ist übrigens, dass genaues Anlegen hier kaum eine Rolle spielt. Da die Projektile so langsam fliegen, wird ohnehin meist aus der Hüfte geschossen oder nur ganz kurz gezielt, was die Spielgeschwindigkeit weiter in die Höhe treibt. Der Ehrgeiz und Bewegungsdrang gehen hier soweit, dass ich irgendwann sogar meine geliebten In-Ear-Kopfhörer aus der Buchse der Rift S rupfte, da mich selbst das ins T-Shirt gestopfte Kabel störte.

Tischtennis trifft Kugelhölle

Das Ligen-System verhindert nebenbei auch in Bot-Matches Bewegungsfaulheit. Verliere ich die zwei bis drei kurzen Runden einer Partie, kann ich zwar trotzdem leicht meinen Rang erhöhen - es kostet mich aber auf Dauer die gute Skill-Wertung, an welche auch die Liga-Aufstiege geknüpft sind. Saison-Ranglisten gibt es ebenfalls und auch Cheatern wird sinnvoll entgegengewirkt, soweit ich das bislang beurteilen konnte. Ein Abbruch oder eine Pausierung werden als Niederlage gewertet; wer sich mit etwa der Hälfte des Körpers durch die Außengitter stiehlt, verliert zur Strafe Energie. Es fehlen allerdings immer noch rudimentäre Sportspiel-Features wie ein Clan-System o.ä., zumal der Voice-Chat auf Matches in der erwähnten "Ozo Lounge" begrenzt ist.

Mittlerweile wurde auch ein Zuschauer-Modus nachgereicht.
In meinen Testspielen blieb es angenehm flüssig und lagfrei - alles andere wäre am PC bei dieser schlichten Grafik natürlich auch peinlich. Ruckler oder netzbedingte Verzögerungen würde die nötigen Reaktionen auch empfindlich stören. Beim Design der einzigen Arena hätten sich die Grafiker aber ruhig mehr Mühe geben können. Die maskierten Fans auf den Zuschauerrängen sehen sich schließlich ziemlich ähnlich. Auch die eigentlich coole Musik habe ich binnen kürzester Zeit stumm geschaltet, weil sie sich ständig wiederholte. Davon abgesehen gibt es übrigens fast keine Optionen. Da sich die festen Podeste nicht bewegen, gibt es aber auch keinerlei Anlass für Übelkeit oder Komfort-Optionen. Der Großteil der Steuerung läuft hier ohnehin mit dem eigenen Körper statt mit Knöpfen ab.

Auch grafisch schlicht

Fazit

Welch intensiver Schlagabtausch: Auch in der Umsetzung für PC-Headsets steckt ein kreatives, unheimlich körperliches Future-Sports-Spiel! Entwickler Resolution Games nennt sein Spiel zwar einen Shooter - doch wenn man sich im Zwei-Spieler-Duell mit vollem Körpereinsatz durch die Kugelwolken schlängelt, wird das tatsächlich zu einer sportlichen Prüfung für Auffassungsgabe, Körpergefühl, ein gutes Ohr und schnelle taktische Entscheidungen. Vor allem das Einpferchen des Gegners mit Lasergranaten und streuenden Projektilen spielt eine wichtige Rolle. Der Spaß an schnellen Reaktionen, die Intensität und Spannung wecken Erinnerungen an gute alte futuristische Sport-Duelle wie in Hypa-Ball auf dem C64! Blaston könnte einen ähnlichen Grundstein für den VR-Zukunftssport legen wie es das alte Heimcomputer-Spiel seinerzeit für komplexere Serien wie Speedball tat. Beim Drumherum hinkt der kleine, für 8,19 Euro erhältliche VR-Titel aber sogar den Oldies hinterher. Auch die monatlichen Updates haben bisher nur kleine Ergänzungen gebracht. Hier zeigt sich erneut, wie vorsichtig VR-Studios nach wie vor ihre Multiplayer-Titel ausstatten. Aber auch eine Woche nach dem PC-Start haben wir fast immer einen menschlichen Duellgegner gefunden. Dank nur zwei benötigten Spielern sind auch Privatmatches nicht so schwer zu organisieren wie anderswo. Außerdem stört das Kabel viel weniger als befürchtet - sofern man es vor dem Start des Matches mittig am Rücken herunterhängen lässt und es am Boden außen am Spielfeld vorbei führt. Im Gegenzug profitiert die technisch anspruchslose Kulisse auf der Valve Index zusätzlich etwas vom weiten Sichtfeld und knackig-flüssigen, responsiven 144 Hertz. Im Endeffekt sind das aber nur Feinheiten, denn auch auf der Rift S macht Blaston praktisch genau so viel Spaß! Später soll der Titel übrigens auch im Rift-Store erhältlich werden.

Pro

  • genialer Mix aus Duell und langsamen Bullet-Hell-Projektilen
  • sehr intensives Spiel- und Körpergefühl erinnert an Tischtennis
  • hochspannende Matches mit Abducken in letzter Sekunde
  • coole Projektilwaffen mit Drall, Lasersperren, Schilden und Granaten
  • unheimlich guter Einsatz kleiner Roomscale-Spielflächen
  • Rang und Skill-Ligen-System motivieren
  • sehr einsteigerfreundlich und trotzdem schwer zu meistern

Kontra

  • wenige Modi
  • keine Karriere; wechselnde Bots motivieren nur mäßig
  • nur eine Arena mit billig kopierten Cosplay-Zuschauern
  • (deaktivierbare) nervige Musik wiederholt sich ständig
  • auch lokal oder gegen Bots wird zwingend online gespielt
  • Voice-Chat nur in der "Ozo Lounge" und deren Matches

Wertung

OculusRift

Kreative, unheimlich spannende und körperlich fordernde Zukunftssport-Duelle - Modi und Präsentation wirken aber trotz kleiner Updates nach wie vor sehr minimalistisch.

ValveIndex

Kreative, unheimlich spannende und körperlich fordernde Zukunftssport-Duelle - Modi und Präsentation wirken aber trotz kleiner Updates nach wie vor sehr minimalistisch.

VirtualReality

Kreative, unheimlich spannende und körperlich fordernde Zukunftssport-Duelle - Modi und Präsentation wirken aber trotz kleiner Updates nach wie vor sehr minimalistisch.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

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Extrem
  • Waffen und kosmetische Extras auch gegen Echtgeld erhältlich, Freischaltung aber zusätzlich an den Rang geknüpft
  • Es gibt Käufe für Fähigkeiten, Karten, Figuren, Waffen, Geld, XP oder Spielmodi.