PixelJunk Eden 2 - Test, Arcade-Action, Switch

PixelJunk Eden 2
15.01.2021, Jan Wöbbeking

Test: PixelJunk Eden 2

Hypnotisch schwungvoll

Hypnotische Klänge, ein entschleunigter Spielfluss und eine Schwungsteuerung aus einer anderen Welt: Pixeljunk Eden 2 vermag dieser Tage vermutlich am ehesten das typische Gefühl zu emulieren, nach einer Hamburger Partynacht in einem Electro-Club musikalisch zu versumpfen. Gut zwölf Jahre nach dem PS3-Original überprüfen wir im Nachtest, wie viel sich im Switch-exklusiven Nachfolger verändert hat.

Im Jahr 2008 hatte es noch etwas Faszinierendes, die volle 1080P-Auflösung seines Full-HD-Fernsehers ausnahmsweise mal komplett mit 2D-Grafik zu bedecken. Zumal die außerirdisch leuchtenden, kontrastreichen Alien-Gärten damals noch etwas Besonderes waren: Von technoider Musik inspirierte Spiele im Stil von Rez waren schließlich bei weitem nicht so gängig wie heute. Auch spielerisch zeigte man sich beim Studio aus Kyoto überaus experimentierfreudig, da man als eine Art freundlich grinsender Alien-Floh („Grimp“) am Seil schwingend massenhaft Pollen einsammelte.

Kleiner Grimp, große Botanik

Am Grundprinzip hat sich in Teil 2 für die Switch wenig geändert: Auch diesmal verankert die kleine Spielfigur ihre Harpune an Pflanzenstängeln, um wild drumherum zu rotieren und im passenden Moment den Absprung zu schaffen. Nur wer dabei oder beim Drehsprung in der Luft genügend Pollen einsammelt, füllt die benachbarten Samenkörner auf, aus denen bei Berührung neue Stengel sprießen. Und schon wachsen neue Wege zu den Level-Zielen - den begehrten Spectra-Blüten - die den Spieler stetig mit pulsierenden Pheromon-Kreisen in die passende Richtung locken. Hier wird schnell deutlich, dass die Bestäubung im All ein wenig anders abläuft als es bei Ausstellungen des irdischen NABU-Kreisverbands gelehrt wird.

Zeit für eine Kombo!
Doch auch im All gelten neue Regeln – zumindest im Vergleich zu denen von der PS3: Gemäß §16 des Weltraumkleingartengesetzes ist es auf der Switch nicht mehr erlaubt, seinen Schwung aus der Drehbewegung für einen physikalisch korrekten Absprung in andere Parzellen zu nutzen. Stattdessen sorgt das vereinfachte Handling für ein noch arcadelastigeres, abstrakteres Spielgefühl.

Galaktischer Maschendrahtzaun

Rotiert man erst einmal am Seil, kann man neuerdings selbst gegen die Schwungrichtung oder in beliebige andere Richtungen abspringen. Zu Beginn ist es natürlich etwas traurig, dass sich die neuen Mechanik weniger tarzanig anfühlt. Auf Dauer hebt sich das Spielgefühl so aber ein wenig vom Vorgänger und spielerisch ähnlichen Titeln wie Rotastic, Bionic Commando: Rearmed, Go! Go! Cosmo Cops oder Kick & Fennick ab. Im Endeffekt also durchaus eine willkommene Änderung, da sich die Gärten im Endeffekt etwas schneller und freier erschließen lassen.

Entspannung oder Jagd nach der Bestzeit?
Wie man sich das in der Praxis vorstellen kann? Die Figur hüpft und hüpft wie ein kleiner Floh über ein paar Felsbrocken, beginnt, um Pflanzen herum zu rotieren, bringt die herbei schwebenden Pollen zum Platzen und sammelt möglichst viel Pollenstaub ein, der klickernd in ein angrenzendes Samenkorn schwebt. Sobald es voll ist, springt und schleudert man sich im Zickzack-Kurs per Doppelsprung in die entsprechende Richtung, so dass bei Berührung eine neues, verschnörkeltes Gewächs sprießt. So kommt man den verführerischen Signalkreisen der finalen Spectra-Blüte nach und nach immer näher. Später muss man sich dabei übrigens etwas geschickter durch sich tanzend aufteilende Pollengebilde fädeln oder auch Teleportationskammern nutzen.

Auf dem Weg zur Blüte

Kombos für die Massensprengung von Pollen sind nach wie vor möglich. Gemäß des Zeitgeists verdient man neuerdings nicht mehr Zeit für den Countdown-Timer, sondern Modifikatoren.  „Gewürze“ manipulieren vor einer Runde bestimmte Statuswerte: Sie sorgen z.B. für eine höhere Pollendichte, eine etwas schnellere Schwunggeschwindigkeit oder ein häufigeres Signal der Spectra-Blüte. All das wirkt im Rahmen des reduzierten Spielkonzepts ein wenig aufgesetzt und willkürlich, stört aber auch nicht übermäßig.

Unnötige Rollenspiel-Einflüsse?

Die alternativen Grimp-Figuren bringen dagegen Schwung in den Ablauf, weil man sich mit ihnen über längere Zeit auf neue Steuerungs-Feinheiten einstellt. Der DJ „Techno“ etwa macht den zweiten Sprung schneller; MC „Microphone“ entdeckt häufiger seltene Gärten. Am meisten Spaß macht es jedoch, mit dem „Painter“ wie im Rausch immer größere Wolken von Pollen abzugrasen, da sich sein Seil beim Einsammeln immer weiter verlängert. Den Schwachpunkt der zu wenigen Levels hat das Team leider aus dem Vorgänger übernommen. Und dieses Manko fällt nach gut zwölf Jahren mit immer umfangreicheren Indie-Titel deutlich negativer auf als im Jahr 2008. Es gibt zwar einige Variationen freizuschalten, insgesamt werden aber trotzdem zu häufig altbekannte Umgebungen abgegrast.

Der Ein- und Ausstieg des zweiten Spielers wurde unkompliziert umgesetzt.
Wer das gerne in ruhigerem Rahmen erledigen möchte, kann ganz gechillt im freien Modus ohne Timer auf Tour gehen, um nach und nach fünf Blüten und viele, viele Samenkörner zu entdecken. Bei größeren Ambitionen lässt sich dabei auch Erfolge einsacken und eine lokale Bestzeit aufstellen; Online-Funktionen fehlen aber. Vorm TV oder im Mobilmodus der Switch dürfen nur noch zwei statt drei Teilnehmer gemeinsam auf Tour gehen. Auch hier wurde mit dem nicht immer idealen, etwas zu trägen Scrolling eine Altlast übernommen, so dass der Mitspieler manchmal ungünstig vom Bildrand verschluckt wird. Schluckauf gibt es manchmal übrigens auch bei der Bildrate: Seltsam, dass sogar ein 2D-Titel wie dieser unter leichten Ruckel-Einlagen leidet, die den Spielfluss insgesamt aber glücklicherweise kaum trüben.

Auch ohne Zeitdruck

Für etwas Aufruhr sorgen zwischendurch auch einfache Gegner wie an Ahornsamen erinnernde Rotations-“Rumtreiber“ oder angriffslustige Wesen mit zielsuchenden Raketen. Meist lassen sie sich aber leicht mit Kollisionen von der richtigen Seite knacken und halten sich angenehm im Hintergrund. Vermutlich sollten sie nicht zu sehr vom Spielfluss des Kernprinzips abzulenken. Ihr Design und das der Umgebung wirken noch etwas abstrakter und klarer abgegrenzt, während Teil 1 mit seinen Farbverläufen und blinkenden Details noch stärker an die Light-Synthesizer-Ästhetik von Jeff-Minter-Titeln erinnerte. Musikalisch bleibt sich das Team aber treu und untermalt den Trip erneut mit leichten Ambient- und Triphop-Klängen. Zwischendurch werden treibende, sich stetig weiterentwickelnde Progressive-Trance-Stücke mit technoiden Acid-Einlagen eingestreut.

Fazit

Ungewohnt, hypnotisch und hochgradig entspannend: Diese drei Merkmale treffen auch beim zweiten Teil von Pixeljunk Eden den Kern des surrealen Trips zur Trance-Musik. Nach einer Weile hat man sich wieder an die (leicht abgeänderte) Steuerung gewöhnt und schwingt dann wie in Trance mit dem sympathischen Alienfloh durch verschnörkelte Gärten, um möglichst viele Pollen einzusammeln und all die Besonderheiten der verschiedenen Figuren und Modifikatoren kennenzulernen. Schade allerdings, dass das Team auch in Teil 2 auf Dauer nicht für mehr Abwechslung gesorgt hat. Heutzutage liegt die Erwartungshaltung an den Umfang schließlich auch bei kreativen Indie-Titeln deutlich höher als im Jahr 2008. Als entspannter Arcade-Eskapismus für kurze abendliche Sessions eignet sich Pixeljunk Eden 2 aber auf jeden Fall!

Pro

  • entspannter, nach wie vor eigenwilliger Arcade-Spielablauf
  • kontrastreiche traumartige Kulissen...
  • hypnotische Progressive-Trance- und Triphop-Klänge
  • Sammeltrieb wird auf spielerisch befriedigende Weise geweckt

Kontra

  • Level-Varianten sorgen für zu viel Wiederholung
  • ...Kulissen könnten ebenfalls mehr Abwechslung bieten
  • leichte Ruckel-Einlagen

Wertung

Switch

Ungewohnt, hypnotisch und unheimlich entspannend: Auf Dauer wiederholt sich zwar vieles, trotzdem steckt auch in Pixeljunk Eden 2 ein faszinierend schwungvoller Arcade-Trip.

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Kommentare
Nerix

Danke für den Test, der weckt gute Erinnerungen an den ersten Teil, mit dem ich viele spaßige Stunden hatte.

Ist bekannt, ob der Titel auch auf anderen Plattformen erscheint? Würde den eigtl sehr gerne spielen.

vor 3 Jahren