MXGP 2020 - Test, Rennspiel, PlayStation5, PlayStation4, PC, XboxOne

MXGP 2020
20.01.2021, Matthias Schmid

Test: MXGP 2020

Bessere Technik, weniger Inhalt

Das erste Milestone-Rennspiel für die neue Konsolengeneration: Im PS5-Test von MXGP 2020 (ab 17,68€ bei kaufen) analysieren wir, wie viel Next-Gen-Flair unter der Schlammkruste der Motocross-WM verborgen ist und an welcher Stelle die italienischen Fließband-Entwickler diesmal gespart haben.

Unter dem so lautenden Menüpunkt verbergen sich Zeitrennen, Grand Prix oder eine Meisterschaft (was eigentlich kein sehr „schneller“ Modus ist) - und erstmals in der Seriengeschichte ist man tatsächlich richtig schnell in der Action. Nur zehn Sekunden Ladezeit dauert es vom Menü bis zur Motocross-Piste und der Chance auf den Holeshot - ein dramatischer Fortschritt im Vergleich zu den Vorgängern auf PS4 und Xbox One. Holeshot nennt man übrigens das Startmanöver, das einem Fahrer die Führungsposition in der allerersten Kurve des Rennens einbringt - und in MXGP gelingt das durch perfekt getimtes Loslassen der Kupplung. Sobald das Startgatter fällt, heißt es Vollgas und eine kämpferische Linie. Wem das zu anstrengend ist, der lässt sich ein paar Meter zurückfallen, fährt hinter dem losbrausenden Feld vorbei und die erste Kehre spitz an - und drängt sich so locker in die Top 5; ein Manöver, das seit mehreren Serienteilen hervorragend funktioniert und wogegen die Entwickler wohl noch immer kein Mittel gefunden haben.

Schnelle Modi

Das als "Playground" titulierte Trainingsgelände bietet zwar keine Tutorials, dafür dröge Checkpoint-Rennen.
An anderer Stelle werden das Abkürzen von Kurven oder das kurzzeitige Verlassen der Piste rasch sanktioniert - flugs wird man auf die Strecke zurückgesetzt und verliert wertvolle Positionen. Aber halt: Die R1-Taste schafft Abhilfe. Das Zurückspulen geht nun noch flotter und komfortabler - so bügelt man jeden Fahrfehler und Sturz aus. Natürlich umweht die Nutzung dieses Features stets ein schaler Beigeschmack, allerdings ist sie hier aus zweierlei Gründen vertretbar und nützlich: Zum einen können Rempler und Kollisionen mit anderen Fahren sowie Stürze ohne Fremdeinwirkung schon mal recht beliebig erscheinen - und da mindert die Funktion natürlich den Frust. Zum anderen kann man bei dieser Motorsportart in einer Kurve extrem viel gewinnen oder verlieren - je nachdem ob man sie temporeich an der kleinen Wand der Kurvenaußenseite durchfährt oder durch hartes Bremsen und Herausbeschleunigen einen engeren Kurs wählt, dazu gesellen sich Unwägbarkeiten wie Bodenwellen oder Pfützen. Und weil die Rennen nie sonderlich kurz sind und die Kurse vor kniffligen Kehren und Unebenheiten nur so strotzen, habe ich beim Benutzen der Rückspul-Funktion seltener ein schlechtes Gewissen als in Forza & Co.

Viele Gegner, gute Weitsicht, anständige Modelle und trotzdem 60 Bilder pro Sekunde. Technisch ist MXGP 2020 auf PS5 sauber.
Das Fahrgefühl und die Dynamik der Rennen des Milestone-Schlammrasers bieten, wie schon in den Vorjahren, wenig Anlass zur Kritik: Die Maschinen lenken sich nicht zu arcadig, rutschen im Schlamm derbe weg und verlieren auf Waschbrettern schon mal dramatisch an Tempo - die Kluft zwischen euren ersten, von Stürzen geprägten Gehversuchen und den überlegenene Siegen nach vielen Spielstunden ist groß! Zudem versprühen die zahlreichen Positionskämpfe und Überholmanöver einen Hauch von MotorStorm-Flair. Anspruchsvolle Fahrer deaktivieren Hilfen beim Schalten und der Gewichtsverlagerung, zusätzlich darf man vor den Rennen am Setup schrauben - Übersetzung, Federhärte, Radstand & Co. können justiert werden. Wer das Wetter auf „wechselhaft“ stellt, freut sich über aufkommenden Regen während des Rennens - schon nach kurzer Zeit sammelt sich in den Fahrrinnen- und -spuren des Wasser, die Fahrer werden mit Schlamm vollgespritzt und eure Maschinen haben in schnellen Kurven deutlich mehr zu kämpfen. Dann zeigt sich allerdings auch, dass die Zeichentiefe bei den Bodendetails nicht allzu hoch ist - die glänzende Oberfläche der gefüllten Pfützen fährt dann quasi vor euch her. Ansonsten erzeugen die vielen Tropfen auf (je nach gewählter Perspektive) dem Helmvisier oder dem gesamten Screen ein schönes Regenwetter-Gefühl, das mitunter sogar an die fantastische Wetterdarstellung im (gepatchten) DriveClub erinnert.

Auf der Piste: richtig gut

Generell ist die Optik zwar nicht spektakulär für ein Next-Gen-Rennspiel, trotzdem holt sich MXGP 2020 auf der PS5 das Prädikat des bislang schönsten MXGP-Rasers von Milestone ab. Die Rennen laufen mit sauberen 60 Bildern pro Sekunde, die Motorräder und Fahrer sehen ein Stück detaillierter und schärfer aus als im Vorjahr auf der PS4. Umso schwächer finde ich die fehlende Konsequenz bei der Zurschaustellung der Modelle: Zwar werden Maschinen und Fahrer im Menü sauber und akkurat gezeigt, ein genaues Betrachten, Hinzoomen & Co. ist aber nicht möglich - da war Forza schon vor Äonen zwei Schritte weiter. Auch die nie besonders eindrucksvollen Fahrer-feiert-auf-Podium-Szenen der Vorjahre fehlen, auch deswegen (und mangels Kalender-Funktion und generell sporadischer Menüs) wirkt die Karriere noch statischer als bisher. Abgesehen vom Motorrad-Kauf und dem Anheuern bei Teams und Sponsoren entpuppt sich die Karriere als biederes Abfahren der Meisterschaften in zuerst MX2 und dann MXGP.

Wir sehen einen "Scrub" - das Flachlegen der Motocross-Maschine, um bei Sprüngen Zeit zu sparen. Wird im Spiel halt leider nicht erklärt.
Apropos Meisterschaft: Zwar sind die Jahre vorbei, in denen virtuelle Motocross-Piloten im Herbst eines Jahres noch die WM des Vorjahres nachfahren durften, allerdings wird die „offizielle 2020er-Saison“, wie Milestone es verspricht, auch nicht so richtig auf Konsole umgesetzt: Zwar sind alle Profis inklusive Weltmeister Tim Gajser an Bord, doch bei den Strecken ist das nicht der Fall. Es sind weder alle Pisten des usprünglich geplanten MXGP-2020-Kalenders (vor Corona) dabei, noch alle Kurse des tatsächlichen WM-Verlaufs (mit Corona); das belgische Lommel fehlt beispielsweise ebenso wie der Abstecher nach Finnland. Tatsächlich ist das Streckenaufgebot aber nah dran am geplanten Kurskalender der 2020er Saison. Erneut mit dabei ist ein (in Norwegen angesiedeltes) Trainingsgelände, wo sogar ein paar fiktive Rennkurse oder Checkpoint-Rennen fahrbar sind - trotzdem langweilt der Aufenthalt dort schon nach wenigen Minuten; mir persönlich ist das Areal auch zu hügelig, dafür dass die Motorräder in steilem Gelände bockig reagieren.


Lizenz, Online & Co.

Vier Kameraperspektiven (2 x Third-Person, 1 x Helm, 1 x Lenker) sind verfügbar: Die Helmkamera bei Regenwetter sorgt für starke Motocross-Immersion.
Wie im Vorjahr (und der Schwester-Serie Monster Energy Supercross) ist auch ein Streckeneditor an Bord. Leider. Denn Milestone liefert aktuell nur ein (1!) Setting mit (Italien), spart sich das Tutorial oder erklärende Hilfen komplett und patzt auch bei der Einbindung ins Spiel: Von anderen Spielern erstellte Kurse können zwar heruntergeladen und gefahren werden - allerdings gibt es weder ein Bewertungssystem, noch eine Vorschau auf das Streckenlayout. Immerhin sorgt ein Autopilot-Check vor dem Abschließen einer Strecke dafür, dass alle Kurse tatsächlich „funktionieren“. Nett ist, dass Milestone sich an neuen Funktionen des DualSense-Controllers probiert hat: Je nach Bodenbeschaffenheit, Steigung und Kontakt mit der Konkurrenz rüttelt das Pad unterschiedlich kräftig und macht Bodenwellen, Stürze oder auch Vollgas während der Flugphasen angenehm erspürbar; auch das erschwerte Gasgeben via kratzig-widerspenstigem Trigger passt zum Offroad-Gefühl. Das ergibt zwar kein komplett neues Fahrgefühl, ist aber eine willkommene Ergänzung, die zumal in mehreren Stufen heruntergeregelt werden kann. Eine Einschätzung hinsichtlich der Qualität der Online-Rennen (für bis zu 12 Piloten) kann ich leider nicht abgeben: Bei meinen Versuchen, mich mit anderen Fahrern zu messen, fand ich keine verfügbaren Sessions, auch tauchten keine Gegner in den von mir erstellen Lobbys auf.

Fazit

Die Rennen, vor allem in der stärkeren MXGP-Klasse, machen mir seit Jahren Spaß - das ändert sich auch in der 2020er-Version auf der PS5 nicht. Im Gegenteil: Dank anständiger Regeneffekte, tiefen Spuren im Schlamm und DualSense-Effekten fühlt sich der Offroad-Raser noch besser an als bisher. Andererseits möchte ich es Milestone nicht durchgehen lassen, dass sie abseits des Kerngeschäfts (aka der WM-Rennen) schlechter statt besser werden: Die im Ansatz gute, von Gran Turismo entlehnte Fahrschule gibt es nicht mehr, auch der Editor ist weder mächtig noch wird er erklärt. Das große Trainingsgelände sieht optisch okay aus, aber das Fahren wird mir dort nicht beigebracht - dabei hätte ein Motocross-Spiel das tatsächlich nötig, eine schnöde Texteinblendung reicht sicher nicht aus, um den Sinn und die Durchführung von z.B. Scrubs zu erläutern. Auch die Karriere wirkt noch lebloser als in den Vorjahren und abseits von Grand-Prix-Rennen, Zeitfahren und der Meisterschaft wird zu wenig geboten - warum nicht mal wieder spannende echte Rennsituationen zum Nachspielen anbieten? Zwar fehlen die unschönen Echtgeld-Boosts aus einigen Vorgängern, dafür bietet das Spiel kein Upgrade von der bereits im Dezember erschienen PS4- auf die PS5-Fassung an.

Pro

  • bisher schönster MXGP-Teil, saubere Bildrate
  • spannende Rennverläufe
  • guter Kompromiss aus Sim-Anspruch und rassigem Fahrspaß
  • DualSense-Features werden genutzt
  • offizielle FIM-Lizenz mit vielen Fahrern
  • komfortable Rückspulfunktion
  • Streckeneditor für eigene Kurse
  • Rennwochenende konfigurierbar
  • ansehnliche Regeneffekte mit Wasserpfützen
  • ordentlich funktionierender Foto-Modus

Kontra

  • kein großer Grafik-Sprung beim Generationenwechsel
  • weniger Modi als in den Vorjahren
  • nicht alle echten Strecken dabei
  • Kollisionen immer noch nicht sonderlich realistisch
  • spartanische Einbindung selbst erstellter Kurse
  • sehr biedere Karriere
  • schwache Gegner-KI in der ersten Kurve
  • Trainingsgelände und Check-Point-Rennen dort lahm
  • keine Tutorials
  • keine Upgrade-Funktion von der PS4-Version möglich
  • der Zwang zu zwei Rennen pro Strecke ist zwar realistisch, aber nervig für Gelegenheitsspieler

Wertung

PlayStation5

Technisch sauberer Offroad-Raser mit gutem Fahrgefühl und ansprechender DualSense-Nutzung - in puncto Spielmodi, Umfang und Tutorials war Milestone aber schon viel weiter.

Echtgeldtransaktionen

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Kommentare
Chocobo1912

Moin.

Weiß nicht ob es hier hin passt, aber hat jemand von euch auch die PS5 Disc Version gekauft?

Bei meiner Version ist glaube ich die Hülle irgendwie fehlerhaft, wenn ich quasi "seitlich" aufs Spiel schaue steht dort kein Titel sondern man sieht nur die orange Fläche.

Wenn man also mehrere Spiele nebeneinanderstellt erkennt man nicht welches Spiel es ist.

MfG

vor 3 Jahren
Ryan2k22

Ah ok, danke für die Info!

vor 3 Jahren
4P|Matthias

Da du es gerade ansprichst, wie ist das eigentlich? Testet ihr nur was vom Publisher kommt? Oder kauft ihr auch mal ne PC Version dazu wenn nur eine PS5 kommt um es zu testen? Geht natürlich nur, wenn es schon verfügbar ist.
Nachvollziehbare Frage:
Meist erhalten wir vom Publisher / PR-Agentur Codes für mehrere Systeme - geraten also gar nicht in diese Situation. Wenn dies nicht der Fall ist, wird von Fall zu Fall entschieden. Ja, wir kaufen regelmäßig Versionen oder Titel, die wir nicht als Testexemplar erhalten. Aber halt nicht für jeden "kleinen" Titel - das ist halt auch eine Budget- und Zeitfrage.

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren
Ryan2k22

Schade das ihr nicht auch auf die Technik am PC eingeht.
Wir haben vom Publisher leider nur eine PS5-Version erhalten
Da du es gerade ansprichst, wie ist das eigentlich? Testet ihr nur was vom Publisher kommt? Oder kauft ihr auch mal ne PC Version dazu wenn nur eine PS5 kommt um es zu testen? Geht natürlich nur, wenn es schon verfügbar ist.

vor 3 Jahren
4P|Matthias

Schade das ihr nicht auch auf die Technik am PC eingeht.
Wir haben vom Publisher leider nur eine PS5-Version erhalten

vor 3 Jahren