Cyber Shadow - Test, Plattformer, PlayStation4, XboxOne, Switch, PlayStation5, PC
Tut das gut, endlich mal wieder das Hirn abzuschalten und sich - fast wie früher - durch eine lineare Welt zu schnetzeln. Nach zahlreichen „Metroidvania“-Titeln wie (den sehr gelungenen) The Messenger oder Ori and the Will of the Wisps ist Cyber Shadow eine willkommene, geradlinige Abwechslung. Zumindest weitestgehend linear, um genau zu sein - denn Geheimkammern, kleine Abzweigungen und erneute Besuche gemeisterter Levels gibt es auf Wunsch auch hier.
Geradlinig
Und doch ist es ein sehr klassisches, direktes Spielgefühl: Verrat im Klan, das Ziel vor Augen, die geliebte Meisterin entführt und ihr verrückt gewordener Vater als Bösewicht in einer von „Syntheten“ eroberten Mekacity. Nach einer verheerenden Explosion flimmern die Trümmer der Skyline apokalyptisch im Hintergrund. Auch den Klan von Hauptfigur Shadow hat es hart erwischt. Auf der Reise durch die Nacht trifft er auf ihre zwischen Dies- und Jenseits dahinsiechenden Mitglieder und erlernt in anderweltlichen Meditations-Prüfungen neue Fähigkeiten. Auch der treue blaue Roboter-Gefährte L-Gion bekommt zwischendurch immer wieder einen Auftritt.
Cyber-Ninja mit Killer-Jo-Jo
Dabei macht sich schnell Yacht Club Games‘ gestiegene Erfahrung bemerkbar, denn der Publisher griff Hunziker beim Feintuning und der Qualitätskontrolle unter die Arme: Der insgesamt fordernde Schwierigkeitsgrad steigt im Verlauf des Abenteuers angenehm sachte an und leidet weniger unter Schwankungen als noch in Shovel Knight oder Team Meats kürzlichem Runner Super Meat Boy Forever. Im Gegensatz dazu oder zum bockschweren Celeste bleibt die Action hier auch für durchschnittlich begabte Spieler stets machbar, wenn sie die Zähne zusammenbeißen und geschickt auf Angriffsmuster reagieren.
Nach und nach turnt man immer souveräner durch rotierende Metallkugeln, erklimmt per Haftsprung Wände und bugsiert sich mit Hilfe flackernder Leuchten über weite Abgründe. Ein befriedigendes, behutsames Voranarbeiten also! Besonders viel Spaß machen die mehreren Phasen der teils bildschirmgroßen Metallbosse, darunter eine feuerspuckende Wasserschlange oder ein hartnäckiger schwebender Scharfschütze mit fetter Wumme. Sie halten den Spieler schön in Bewegung und zwingen ihn zur effektiven Nutzung der Schwachstellen, Attacken und sicheren Plattformen. Hier und da kann es schon mal zu frustigen Wiederholungen der gleichen Passagen kommen - die futuristischen Checkpoint-Portale könnten ruhig etwas näher beisammen liegen!
Lernkurve & Bosse
Die so genannten "Service Pods" bieten aber trotzdem überwiegend gelungene Ankerpunkte. Schon erledigte Minispiele wie die glühenden Firewall-Levels müssen zum Glück nicht mehrmals angegangen werden. An den Pods lassen sich auch die Spirit-Points für Spezial-Fähigkeiten und -Extras mehrmals auffüllen, sofern man genügend gesammelte Spielwährung "Essenz" ausgegeben hat - eine nützliche Feinheit. Die aus dem Portal ploppenden Kapseln und in Levels verstreuten Special-Items könnten im Spiel aber ruhig etwas besser erklärt werden (im PlayStation-Blog gibt es übrigens eine passende Erläuterung). Eines spaßiges Extra ist z.B. der fette knisternde Elektro-Schild. Er schluckt nicht nur ein paar Projektile, sondern lässt sich auch in Richtung Gegner schleudern, was z.B. angeschlagene Drohnen mit ihren lästigen Notfallkanonen viel schneller aus der Luft klatscht.
Technik und Metaphysik
Etwas angestaubt wirken auch die nüchternen Dialogtexte. Sie lockern das Abenteuer bei weitem nicht so charmant auf wie die schnippischen Kommentare in The Messenger oder die audiovisuell mitreißende Inszenierung von Celeste, welche die komplette morphende Welt in passende Bildstimmungen taucht. Die rätselhafte Korrumpierung von Dr. Progen und Erzählungen über Elementare und den Ethos bringen aber immerhin eine gewisse übersinnliche Komponente ins Spiel. Die damit verbundenen Rätsel wecken durchaus Neugier darauf, wer oder was denn nun genau die Welt ins Chaos gestürzt hat.
Zirpende Nostalgie
Als ich vor zerbombten Wolkenkratzern über ein gigantisches mechanisches Ungetüm voller Feinde turnte, hätte ich mir etwas mehr Schmackes und Adrenalin gewünscht - in etwa so, wie ich es aus Contra oder Thunderforce kenne. Technische Unterschiede zwischen verschiedenen Systemen und Konsolen lassen sich bei solch einem Titel natürlich bestenfalls mit der Lupe suchen. Ein erwähnenswertes Detail ist allerdings die extraflüssige 120-Hertz-Darstellung auf der PlayStation 5, sofern man sie an einem entsprechend modernen Fernseher betreibt.
Fazit
Nach zahlreichen „Metroidvania“-Erkundungen, Rogue-likes und bockschweren „Masocore“-Titeln war es eine schöne Abwechslung, mich endlich mal wieder durch einen klassischen, geradlinigen Plattformer alter Schule zu kämpfen. Auch hier gibt es kleine Abzweigungen und Erkundungstouren, doch im Kern halten sich die Entwickler nah an Vorbilder wie Shinobi oder Strider. Auch an Shovel Knight aus gleichem Hause erinnern der Rhythmus und einige Attacken natürlich. Dank der nur behutsam modernisierten Formel entfaltet sich meist ein schöner Spielfluss – inklusive Upgrades und Gadgets wie dem Killer-Jo-Jo. Vor allem der Kampf gegen bildschirmgroße Metallbiester bietet eine angenehm knifflige, aber machbare Herausforderung. Trotzdem konnte mich das etwas angestaubt wirkende Konzept nicht ganz so mitreißen wie etwa das abwechslungsreichere The Messenger mit seinem charmanten Humor und zwei Zeit-Ebenen, Rayman: Legends mit seiner schwungvollen Analog-Steuerung oder Fly'n mit seinen coolen Rätsel-Ideen. Als fordernder nostalgischer Kampfplattformer macht Cyber Shadow seine Sache aber richtig gut.
Pro
- nostalgisch-cooler Hüpfausflug mit Klinge, Wurfstern, Wandsprung & Co.
- coole kleine Upgrades und Extras wie Killer-Jo-Jo
- faire Checkpoint-Regeln erleichtern das Spiel...
- eingängig-meditative Ohrwurm-Melodien
- gute Balance mit forderndem, sanft ansteigendem Schwierigkeitsgrad
- gelungener klassischer Design-Mix aus Ninja-Romantik und technischen Ruinen
Kontra
- Ideenmangel im Vergleich zu moderneren Plattformern sorgt manchmal für Monotonie
- fade formulierte Dialoge
- ...Speicherpunkte sind aber etwas zu spärlich verteilt
- Musik bleibt manchmal zu ruhig und undymanisch
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