Bravely Default 2 - Test, Rollenspiel, Switch, PC

Bravely Default 2
05.03.2021, Jens Bischoff

Test: Bravely Default 2

Vom 3DS auf die Switch

Die beiden 3DS-Rollenspiele Bravely Default und Bravely Second: End Layer liegen schon einige Jahre zurück. Mit Bravely Default 2 (ab 23,99€ bei kaufen) haben Square Enix und Nintendo die Saga nun auf der Switch mit einem neuen Kapitel fortgesetzt. Ob sich das Warten gelohnt hat, verrät der Test.

Wie schon in Bravely Default spielt auch die Natur in Bravely Default 2 verrückt: Es toben gewaltige Stürme, Gewässer treten über die Ufer, die Temperaturen steigen, die Bevölkerung leidet Not. Auch der junge Matrose Seth fällt den aus dem Gleichgewicht geratenen Naturgewalten zum Opfer. Sein Schiff wird von einer Riesenwelle zerschmettert und er wird ohnmächtig an einen Strand gespült, wo er von zwei Fremden in die ihm unbekannte Stadt Halcyonia gebracht wird.

Klimawandel extrem

Seine Retter stellen sich später als Prinzessin Gloria von Musa und deren Waffenknecht Sir Sloan vor, die nach der Zerstörung ihres Königreichs in Halcyonia Zuflucht gefunden haben, bevor sie von einem Kristall geleitet zu ihm geführt wurden. Zusammen mit dem Wandergelehrten Elvis und dessen Leibwächterin Adele will sich die Gruppe auf die Suche nach drei weiteren Kristallen machen, mit deren Hilfe das natürliche Gleichgewicht wiederhergestellt werden könnte; doch im Hintergrund spinnen auch schon andere ihre Pläne.

Der schiffbrüchige Protagonist wird ans Ufer geschwemmt und von zwei Fremden gerettet.
Außerhalb der Stadtmauern lauern frei umherziehende Monster auf die Reisenden, die einen bei Kontakt in rundenbasierte Kämpfe verwickeln – die Zufallskämpfe der Vorgänger sind damit Geschichte. Wer vorher einen Erstschlag landet, geht sogar mit einem Zugbonus in den Kampf, den sonst der angreifende Gegner erhält. Wer will, kann auch wieder wie in Bravely Second: End Layer mehrere Gegner zusammenrotten und so in den darauffolgenden Auseinandersetzungen Kettenboni auf Beute und Erfahrungspunkte kassieren.

Zug um Zug

Die Kämpfe selbst sind im Grunde sehr klassisch gestrickt: Man kann mit der ausgerüsteten Waffe angreifen, klassenspezifische Fertigkeiten, Zauber und Spezialangriffe nutzen, mitgeführte Gegenstände einsetzen, einen Fluchtversuch unternehmen oder sich per Default-Befehl verteidigen, wodurch man zudem Bonuspunkte für zusätzliche Aktionen ansparen kann. Außerdem lässt sich die Ausführung der Kampfaktionen mit aktivierbaren Wiederholungen beschleunigen und in vier Geschwindigkeitsstufen variieren.

In den Rundenkämpfen kann man Zugpunkte nicht nur ansparen, sondern auch borgen.
Das Besondere ist aber nach wie vor der Brave-Befehl, mit dem man sich Punkte für bis zu drei zusätzliche Züge quasi borgen kann, um fulminante, aber riskante Aktionsstafetten vom Stapel zu lassen. Denn für jeden geborgten Zug muss man im Anschluss eine Runde lang aussetzen, was schnell ins Auge gehen kann, wenn der Gegner doch nicht, wie erhofft, vernichtend geschlagen wurde und plötzlich seinerseits zu einem Gegenangriff mit geborgten Bonuspunkten bläst.

Taktisches Risiko

Das Konzept ist nach wie vor etwas Besonderes, hat aber im mittlerweile dritten Aufguss nicht mehr ganz die Strahlkraft von damals. Außerdem vermisst man eine klare Zugfolgenleiste für taktische Angriffsplanungen. Die gibt es nämlich nur bei eigenen Gruppenmitgliedern, während Gegner erst kurz bevor sie an der Reihe sind entsprechend markiert werden; automatisch agierende Gastcharaktere handeln gar ohne jede Vorwarnung...

Die im Kampf einsetzbaren Fähigkeiten hängen wie in den Vorgängern von der Wahl der von Final Fantasy inspirierten Charakterklassen ab: Als Freiberufler kann man z. B. je nach Stufe die Schwächen von Gegnern offenlegen, leichte Verletzungen kurieren oder die Anzahl ungeöffneter Schatztruhen in der Nähe anzeigen lassen. Weißmagier lernen hingegen hauptsächlich Heilzauber, Schwarzmagier primär Angriffszauber, während defensivstarke Vorkämpfer feindliche Angriffe auf sich lenken oder Barden mit ihren Liedern Mitstreiter stärken und Widersacher schwächen.

Hohe Flexibilität

Die Klassen können abseits von Kampfhandlungen jederzeit gewechselt werden. Die gewählte Hauptklasse sammelt Erfahrungspunkte und entwickelt sich stufenweise weiter, wodurch neue Aktiv- und Passivfertigkeiten freigeschaltet werden. Die gewählte Nebenklasse fügt bereits mit dieser Klasse erlernte Fähigkeiten hinzu, entwickelt sich aber nicht weiter, was den Spielfortschritt entsprechend zäh gestaltet. Welche Klassen zur Verfügung stehen hängt von erbeuteten Job-Kristallen, sogenannten Asterisken, ab, von denen es mehr als 20 zu finden gibt. Einschränkungen bei der Klassenwahl und -kombination gibt es keine.

Jede Klasse bietet aktive und passive Fertigkeiten, die man erlernen und kombinieren kann.
Lediglich die Plätze für das Anlegen von Passivfertigkeiten sind begrenzt, so dass man je nach Situation immer wieder abwägen muss, welche Auswahl gerade am vorteilhaftesten ist. Auch die Ausrüstung sollte man je nach Klasse anpassen. Welche Waffengattung wie gut für welche Klasse geeignet ist, wird dynamisch angezeigt. Auch positive und negative Einflüsse auf die Charakterwerte sind sofort erkennbar.

Begrenzte Traglast

Allerdings sollte man auch immer ein Auge auf das Gewicht der Ausrüstungsteile haben, da sich die Werte überladener Charaktere deutlich verschlechtern und sie im Kampf langsamer agieren. Trotzdem können es die Einbußen gelegentlich auch wert sein. Das Experimentieren und Optimieren ist jedenfalls sehr reizvoll - wer will, kann aber auch einfach vorgeschlagene Ausrüstungsempfehlungen annehmen und so Zeit sparen.

Den Schwierigkeitsgrad kann man jederzeit in drei, wenn auch nicht allzu verschiedenen Stufen anpassen, den Spielstand außerhalb von Dungeons jederzeit sichern; eine automatische Speicherfunktion kann ebenfalls genutzt werden. Wer will, kann auch wieder auf ein einhändiges Steuerungskonzept umschalten oder auf die Anzeige jeglicher Zielmarkierungen verzichten. Nur die Schriftgröße ist fest vorgegeben und im Handheld-Modus mitunter etwas klein - vor allem bei eingeblendeten Erklärungstexten und den leider unvertonten Gruppengesprächen. Letztere lassen sich in bestimmten Situationen aktivieren, um wie in den Tales-of-Spielen mehr über die Gefährten, ihre Erlebnisse und Ansichten zu erfahren.

Licht und Schatten

Ansonsten sind die meisten Dialoge aber vertont und das wahlweise auf Englisch oder Japanisch - Dialekte und Akzente inklusive. Untertitel gibt’s wiederum auch auf Deutsch und das in ordentlicher Qualität. Das Charakterdesign liegt hingegen nur knapp über Mii-Niveau, während die Inszenierung trotz charmanter Akzente sehr bieder daherkommt. Im TV-Modus fällt zudem unschönes Kantenflimmern auf. Die starke Tiefenunschärfe lässt sich hingegen auch deaktivieren und die Glanzeffekte auf spiegelnden Oberflächen sind sogar ansehnlich.

Leider gibt es in den Dungeons keine Karte, doch die Suche nach Schatzkisten motiviert.
Das Quest- und Leveldesign ist unspektakulär, bietet aber zumindest auflockernde Such- und Erkundungsanreize - vor allem das Finden aller örtlichen Schatzkisten spornt an. Wer Sträucher und Büsche niedermäht, kann hin und wieder auch verlorene Kostbarkeiten finden. Diverse Schnellreisemöglichkeiten sind ebenso verfügbar. Was hingegen fehlt, ist Touch-Unterstützung sowie eine Kartenfunktion innerhalb der zum Teil mehrstöckigen Dungeons.

Wer sucht, der findet

Die Spawn-Rate besiegter Monster hätte ebenso wie die dynamischen Tageszyklen, die auch Auswirkungen auf die aktuelle Fauna haben, ruhig länger ausfallen können. Aber immerhin kann man sich mit speziellen Items vorübergehend leichter an verfolgungslustigen Widersachern vorbeischleichen. Und sobald man stark genug ist, suchen schwächere Gegner bei Sichtkontakt das Weite, so dass man an bereits besuchten Orte nicht ständig in unnötige Kämpfe verwickelt wird.

Nettes Extra: Mit dem spielinternen Sammelkarten-Minispiel B&D kann man viel Zeit verbringen.
Praktisch ist auch, dass man seine Truppe in Abwesenheit auf lukrative (Online-) Erkundungsfahrten schicken und sich in automatisch angelegten Datenbanken jederzeit über Tutorials, Monster, Items, Quests und bereits Erlebtes informieren kann. Legetaktiker werden hingegen ihre helle Freude mit dem optionalen Sammelkarten-Minispiel B&D (Blockieren und Dominieren) haben, für das man immer wieder neue Mitspieler mit begehrten Karten finden kann. Aber auch ohne kann man locker mehrere Dutzend Stunden in der Welt von Bravely Default 2 verbringen.

Fazit

Mit Bravely Default und Bravely Second: End Layer hat Bravely Default 2 keine direkte Verbindung – es wird eine neue Geschichte mit frischen Gesichtern in einer eigenen Welt erzählt. Spielerisch bleibt man den Vorgängern allerdings treu: Auf der Suche nach vier legendären Kristallen schaltet man bis zu zwei Dutzend Charakterklassen frei, die man stufenweise verbessern und kombinieren kann, was natürlich einen gewissen Grind mit sich bringt. Die rundenbasierten Kämpfe mit ihrem taktischen Ansparen und Borgen von Zügen sind nach wie vor interessant konzipiert - der Originalitätsbonus der Vorgänger ist mittlerweile allerdings verflogen. Auch sonst wirken viele Elemente wie Inszenierung, Spielfluss und Leveldesign reichlich angestaubt, die Charaktere wie aus dem Mii-Baukasten. Trotzdem hat mich ihr Abenteuer dank der immer wieder neuen Klassenkombinationen und motivierenden Charakteroptimierung gut unterhalten. Und für nach wie vor Unschlüssige gibt’s außerdem eine kostenlose Demo.

Pro

  • flexibles Klassensystem
  • motivierende Charakterpflege
  • individuell kombinierbare Fertigkeiten
  • Rundenkämpfe mit taktischer Zugsammlung
  • sehr unterhaltsames Sammelkarten-Minispiel
  • wahlweise einhändiges Bedienungskonzept
  • optionale Erkundungsfahrten
  • anpassbares Kampftempo
  • praktische Nachschlagewerke

Kontra

  • mäßige Inszenierung
  • mitunter zäher Spielverlauf
  • puppenhaftes Charakterdesign
  • unschönes Kantenflimmern (TV-Modus)
  • keine klare Zugfolgenleiste
  • keine Kartenfunktion in Dungeons
  • sehr kurze Tageswechsel und schnelle Gegner-Respawns
  • keine Touch-Unterstützung
  • mitunter recht kleine Schrift (Handheld-Modus)

Wertung

Switch

Insgesamt gute, aber auch spürbar angestaubte Switch-Fortsetzung der einst rundentaktisch originellen 3DS-Rollenspiele.

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Kommentare
Krulemuk

Ich bin mittlerweile nach fast 40 Spielstunden in Kapitel 4 und mittlerweile echt angetan von dem Spiel. Der große Storyrahmen kann mich zwar immer noch nicht komplett begeistern, dafür aber die lokalen Geschichten in den Kapiteln selber. Die sind teilweise echt gut gelungen und auch besser inszeniert als befürchtet. Erinnert mich hier und da sogar ein wenig an DQ11.

vor 3 Jahren
Krulemuk

Der Soundtrack ist aber wieder superb, auch wenn er für mich tatsächlich nicht ganz an Octopath herankommt.

Ich bin auch erstaunt, wieviel die verschiedenen Umgebungen hermachen. In meinen ersten 15 Spielstunden habe ich bereits sehr viele abwechslungsreiche Gebiete gesehen, die alle toll aussahen. Die Chibi-Optik der Charaktere trifft zwar immer noch nicht 100% meinen Geschmack, aber irgendwie schafft es das Spiel durch die tollen Umgebungen doch ordentlich was her zu machen.

Das Kampfsystem gefällt mir soweit auch sehr gut, aber dass man die Reihenfolge der Gegner nicht sehen kann, ist echt eine vertane Chance. Das wäre sehr wichtig gewesen und hätte das Spiel für mich nochmal ordentlich aufgewertet...Schade.
Außerdem muss man hier schon ordentlich grinden, die Bosse sind teilweise bockschwer. Bei Octopath musste ich bis auf den allerletzten optionalen Boss nie grinden. Kann aber auch an meinem derzeitigen Set-up liegen...

Story und Dialoge haben mich bisher aber weiterhin nicht abgeholt. Bisher wird das Spiel für mich komplett von den Kämpfen und der Charakterentwicklung mit dem Jobsystem getragen. Ich fühle mich insgesamt aber doch erstaunlich gut unterhalten...

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren
siebensus4

Soundtrack und Kampfsystem kommen leider nicht an Octopath Traveler heran (keine Reihenfolge im Kampf sichtbar, wer als nächstes dran ist; kein Break von Gegnern; Schwächen von Gegnern werden nur über einen extra Bildschirm angezeigt und nicht direkt beim Gegner). Aber ein sehr solides JRPG.

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren
Krulemuk

https://www.pcgames.de/Bravely-Default- ... x-1368108/

"Warum das JRPG ein Meisterwerk ist" - sagt PCGames.

Einige Tester scheinen ja echt begeistert zu sein. Ich bin mal gespannt, wo es bei mir am Ende landen wird.

vor 3 Jahren