Rust - Test, Survival & Crafting, XboxOne, PC, PlayStation4
Falls ihr PvP-basierte Survival-Abenteuer kennt, dann kennt ihr Rust: Möglichst schnell baut man eine Unterkunft, stellt bessere Werkzeuge her, verarbeitet Ressourcen zu hochwertigen Materialien und befestigt damit das eigene Grundstück, um es vor Angriffen zu schützen. Man sollte Produktionsketten für Nahrungsmittel erschaffen und sich nach Pferden, Autos oder Booten umsehen, um schneller an Material zu gelangen, aus dem anschließend Werkzeuge und Waffen hergestellt werden, darunter Pistolen, Gewehre sowie Sprengstoff und Raketenwerfer. Denn unterm Strich bedeutet Überlebenskampf hier vor allem Kampf gegen hunderte andere Spieler bzw. Gruppen – der immer dann von Neuem beginnt, wenn der Server zurückgesetzt wird. Auf den offiziellen passiert das monatlich, auf anderen wöchentlich, alle 14 Tage oder frei nach dem Gutdünken der jeweiligen Betreiber.
Holz, Hacke, Haus – und Action!
Weil PvP der Schwerpunkt ist, wurden Survival-Aspekte denn auch auf ein Minimum reduziert, sodass von Flora und Fauna kaum Gefahr ausgeht. Rust steht damit quasi zwischen dem komplexen Survival-Trip DayZ und einem fast komplett auf Action beschränkten Battle Royale. Plötzlich angreifende Tiere können zwar für unvermittelte Tode sorgen, dienen im Wesentlichen aber nur als Quelle von Fell, Fleisch und anderen Rohstoffen. Und vielleicht ist das auch gut so; die Bären, Hirsche und Wölfe verhalten sich nämlich absolut dämlich, wenn sie unter Beschuss einfach am Fleck stehen bleiben oder in aller Ruhe mehrere Meter unter der Wasseroberfläche über den Meeresboden stapfen.
Jagen und sammeln
Was vielleicht abwechslungsreich klingt, ist in Wirklichkeit nur leider eine furchtbar dröge Angelegenheit, da man im Grunde ständig umher rennt und stets die gleichen Behälter öffnet oder zerstört. Natürlich kann es sein, dass die Umgebung gerade von Kontrahenten abgegrast wurde, meist liegt im Jagen und Sammeln aber nicht die geringste Herausforderung. Fässer, Kisten, Bäume und Steine stehen oder liegen fast überall herum – und wenn nicht, tauchen sie plötzlich direkt vor einem auf oder verschwinden auf ebenso abrupte Art. Eine gute Idee sind lediglich die nach jedem Schlag wechselnden Schwachpunkte von Bäumen und Gesteinsblöcken, an denen man schneller größere Mengen an Material abbaut, sodass man meist aktiv mit Hacke oder Axt beschäftigt ist, anstatt sekundenlang quasi im spielerischem Stillstand zu looten.
Fleißig fördern
Dafür gleichen sich alle Ecken der insgesamt sehr überschaubaren Insel aber sehr stark, obwohl mit Wald, Eis und Wüste stets drei sehr unterschiedliche Biome direkt nebeneinander liegen. Für die sollte man entsprechend gekleidet sein, um weder zu erfrieren noch zu überhitzen, kann grundsätzlich aber mühelos überall entlang sprinten. Im Idealfall besorgt man sich zudem ein Pferd, von denen mehrere fertig gesattelt in der Gegend herumstehen, oder schnappt sich ein kleines Boot, um in Küstennähe zu sammeln. Auch ein selbstgebautes Floß samt Paddel erfüllt diesen Zweck, kommt allerdings nicht so schnell voran und besitzt keinen Lagerplatz für aufgelesenes Treibgut. Es bleibt außerdem unheimlich gerne unter den Paletten mit Treibgut hängen, anstatt einfach davor stehen zu bleiben.
Spätestens beim Ansteuern der dutzendfach auf dem Wasser treibenden Paletten sowie bei den anfangs interessanten Tauchgängen habe ich dann irgendwann den Elan verloren. Denn ist es zunächst noch unglaublich spannend mit Taucherbrille, -anzug und Sauerstoffmaske den Meeresboden abzusuchen, stellte ich schnell fest, dass praktisch jeder Tauchgang an einer beliebigen Stelle zu einem „besonderen“ Felsen oder zu versunkenen Schiffen führt, an denen man Truhen mit Beute findet. Klar: Vielleicht wird man dabei von Gegenspielern erschossen. Das eigentliche Spiel ist an einschläfernder Monotonie aber kaum zu überbieten. Das wäre in Ordnung, wenn sich wie im Battle Royale alles um die reine Action drehen würde, aber so ist es ja eben nicht.
Schrott statt Erfahrung
Wer erfolgreich bestimmte Ressourcen oder Erzeugnisse produziert, kann diese weiterhin verkaufen und beliebige Mengen zu frei wählbaren Preisen an ebenfalls selbst gebauten Automaten zur Verfügung stellen. Das gehört zu den wenigen konstruktiven Interaktionsmöglichkeiten zwischen Spielern. Witzig sind außerdem Briefkästen – richtig cool sogar Telefone, von denen jedes eine Nummer hat, sodass man andere Abenteurer tatsächlich anrufen kann.
„Vermittlung?“
Überhaupt gehört die Kommunikation zu den Stärken in Rust, da man Spieler sprechen hört, wenn sie sich in der Nähe befinden. Schade ist, dass man die Quelle des Aufnahmegeräts nicht einstellen kann, denn dadurch hatten wir technische Probleme uns direkt im Spiel zu unterhalten. Funktioniert das System, bewegen die Alter Egos dann aber automatisch ihre Lippen, was die Illusion sich mit einer virtuellen Figur zu unterhalten nur verstärkt. An dieser Stelle sei außerdem der gute direktionale Ton erwähnt, dank dem man Geräuschquellen sehr genau in der Kulisse verorten kann.
Zu den Schwächen zählen hingegen eine Reihe an Fehlern wie Pferde und Boote, die vor kleinen Hügeln bzw. Wellen abrupt stehen bleiben. Störend ist auch, dass unter bestimmten Umständen Gegenstände aus dem Inventar automatisch weggeworfen werden, obwohl das mit anders ausgeführten Handgriffen nicht passiert. Nicht zuletzt muss man teils sehr weit laufen, um ein Floß ins Wasser zu setzen, obwohl der komplette Strand dafür geeignet sein müsste. Ach, und warum man auf dem Meer nachts Grillen zirpen und Frösche quaken hört, dürfte sich wohl nur den Entwicklern erschließen.
Grillen auf dem Meer
Richtig geärgert habe ich mich schließlich darüber, dass mein Alter Ego mehrmals nach dem Ausloggen in einer stark bewachten sicheren Zone angeblich von einem Bären getötet wurde. Diese sicheren Areale werden zudem oft von KI-Kämpfern „bewacht“, die komplett regungslos am Fleck stehen, während ich von den automatischen Geschützen eines solchen Areals glatt erschossen wurde, obwohl ich wenige Sekunden zuvor extra außerhalb dessen Sperrzone mit einer Waffe hantiert hatte und dafür auch keine Warnung erhielt. Wie gesagt: Die Welt ist wahrlich nicht der Star dieses Spiels.
Frustrierend ist außerdem, wenn das mühsam aufgebaute Heim mal wieder von anderen Spielern im Handumdrehen zerstört wird. Oder wenn man gleich nach dem Aufwachen am Strand erdolcht wird. Auch der Patrouille-Hubschrauber einer vom Spiel gesteuerten Fraktion (deren sporadisch auftauchende sowie an bestimmten Monumenten postierte Wachen stellen die einzige relevante Gefahr der Umgebung dar) geht übermäßig aggressiv vor, sobald er Spieler über sehr große Entfernungen ortet und nicht von ihnen ablässt, bevor er im schlimmsten Fall das komplette Haus einäschert, in dem sie sich befinden.
Frust statt Freude?
Mit anderen Worten, zu viele Ereignisse sind von Umständen abhängig, die mit dem eigentlichen Spiel gar nichts zu tun haben – darin liegt für mich die Crux des Konzepts. Die Sache ist: PvP ist klasse, passt aber denkbar schlecht mit einem langwierigen Aufbau zusammen, so lange es keine Regeln für das Verhalten der Teilnehmer untereinander gibt, der Verlauf also zu großen Teilen von Glück und Zufall geprägt ist.
Was ihr wollt!
So richtig gut gelingt das allerdings den Betreibern einer großen Auswahl an Servern, auf denen PvP nur in bestimmten Arealen erlaubt oder gar komplett verboten ist. Je nach den Regeln darf man Stützpunkte dort auch gar nicht oder nur dann angreifen, wenn deren Besitzer online sind oder der Angriff zumindest angekündigt wurde. Wer Rust samt seiner komplexen Zusammenhänge kennenlernen will oder aus anderen Gründen keine Lust auf Stress hat, ist dort am besten aufgehoben, weshalb wir uns auch für den Test so eingerichtet und dabei wesentlich mehr Spaß hatten als bei unseren Versuchen im offiziellen PvP-Chaos.
Fazit
Ich finde es durchaus bezeichnend, dass das vor kurzem aufgeflammte Interesse an Rust hauptsächlich deshalb aufkam, weil sich bekannte Streamer gemeinsam auf einen Server begaben – nicht weil das Spiel selbst grandios wäre. Tatsächlich ist Rust nämlich ein sehr rudimentärer Shooter mit für sich genommen langweiligen Survival-Elementen. Immerhin: Der Auf- und Ausbau des eigenen Stützpunkts ist unterhaltsam, wird von einer motivierenden Charakterentwicklung getragen und erlaubt das Erstellen halbwegs komplexer Systeme zur Versorgung, Verteidigung sowie der Materialverarbeitung. Dass man so erschaffene Produkte dann in selbstgebauten Verkaufsständen anbieten darf, ist ebenso klasse wie es die Möglichkeiten sind sich mit anderen Spielern zu unterhalten. Im Gegenzug lässt die Interaktion mit der oft fehlerhaften Spielwelt zu wünschen übrig, während das Vermischen reinen PvPs mit langwierigem Aufbau ein unausgewogenes Konzept darstellt, das kooperative Vielspieler massiv bevorteilt. Wer sich einer Gruppe erfahrener Spieler anschließt oder Server aufsucht, die das von Facepunch vorgesehene Dauerfeuer unterbinden, wird also durchaus Spaß mit Rust haben. Ein gutes Spiel ist es in seiner Gesamtheit aber nicht.
Pro
- schnelles Abbauen und Sammeln von Rohstoffen
- hervorragender direktionaler Ton auch mit Stereo-Ausgabe und besonders mit Kopfhörern
- Stimmen anderer Spieler sind korrekt in akustische Umgebung eingebunden
- wahlweise prozedural erstellte Karten für ein wenig Abwechslung...
- zahlreiche Möglichkeiten der Entwicklung und Spezialisierung
- sinnvoll ineinander greifende Systeme aus Ressourcengewinnung, Werkzeug- sowie Waffenbau und Grundstückserweiterung
- Einrichten eigener Shops zum Warenaustausch
- aktiver Ressourcenabbau von Bäumen und Gestein durch wechselnde Markierungen
Kontra
- relativ kleine Insel statt weitläufiger realer Schauplatz
- leblose natürliche Umgebung mit wenigen ineinandergreifenden Systemen
- Tiere bleiben trotz Beschuss stehen, laufen unter Wasser u.v.m.
- ... die sich unterm Strich stets sehr ähnlich sind
- ermüdendes, aber unverzichtbares Sammeln von Schrott
- beim Anziehen neuer Kleidungsstücke aus vollem Inventar wird das ausgezogene Kleidungsstück automatisch weggeschmissen
- Fortbewegungsmittel bleiben vor Hügeln und Wellen hängen
- Fehler u.a. im Hausbau, da das Programm nicht alle Eventualitäten berücksichtigt
- potentielle Beute verschwindet oder taucht direkt vor Spielern auf
- Offline-Spieler können ausgeraubt und getötet werden
- Gruppenzugehörigkeiten und damit Baugenehmigungen gehen verloren
- Softcore-Modus mit entschärften Konsequenzen für Tode und anderen Erleichterungen
- lange Ladezeit bei jedem Spielstart und sogar minutenlanges Warten beim Laden von Festplatte
- Hardware-Quelle für Mikrofon nicht einstellbar
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt Käufe nur für optionale Kosmetik wie Farben, Skins, Kostüme etc.
- Man kann die Spielzeit über Käufe nicht verkürzen, kein Pay-to-Shortcut.
- Man kann sich keine Vorteile im Wettbewerb oder der Karriere verschaffen, kein Pay-to-win.
- Käufe haben keine Auswirkungen auf das Spieldesign.