Capcom Arcade Stadium - Test, Arcade-Action, PlayStation4, Switch, PC, XboxOne

Capcom Arcade Stadium
24.02.2021, Matthias Schmid

Test: Capcom Arcade Stadium

Capcoms geballte Arcade-Geschichte

Über 30 Spielhallentitel der Jahre 1984 bis 2001 liefert das japanische Traditionshaus aus - aktuell ist Capcom Arcade Stadium exklusiv für die Nintendo Switch erhältlich und hat ein ungewöhnliches Vertriebsmodell: Nur ein Spiel ist gratis dabei, der Rest wird in Retro-Packs verkauft. Was wir von dem Konzept und den Oldies selbst halten, verrät der Test.

Capcom gehört zu den ganz großen Nummern der japanischen Videospielgeschichte: Das Softwarehaus aus Osaka wurde 1979 als I.R.M. Corporation gegründet und später in Capcom (CAPsule COMputers) umbenannt - Weltmarken wie Street Fighter und Resident Evil gehen ebenso aufs Konto der Japaner wie zahlreiche andere, langlebige Kultserien von Monster Hunter über Mega Man bis Devil May Cry. Und obwohl bei Capcom, anders als bei der inländischen Konkurrenz von Sega, Namco oder Taito, der Fokus nie extrem auf Arcade-Entwicklungen lag, hat das Traditionshaus eine bewegte Spielhallen-Vergangenheit. Und die soll nun, mal wieder, in klingende Münze verwandelt werden. Mal wieder - weil Capcom nicht nur ein Hort kreativer Spielideen, sondern auch ein Synonym für das gnadenlose Melken großer Namen ist. Zahllose Neu-Veröffentlichungen, leicht erweiterte Pseudo-Nachfolger, Remakes oder Collections gehen seit Jahrzehnten auf das Konto von Capcom - eigentlich erstaunlich, dass die hier vorliegende Sammlung nicht Super Hyper Arcade Collection - Complete Anniversary Edition heißt…

Mehr als Resident Evil

Ein Klick und ihr seht alle enthaltenen 32 Spiele.
Bevor ich auf die technische Umsetzung, die Qualität der enthaltenen Titel und die vielen Features von Capcom Arcade Stadium eingehe, braucht es einige einleitende Worte zum ungewöhnlichen Format der Sammlung - und einen ausführlichen Vergleich mit dem, was Capcom in ähnlicher Form schon veröffentlicht hat. Also: Capcom Arcade Stadium gibt es aktuell nur für die Switch, die ebenfalls angekündigten Fassungen für PS4, Xbox One und Steam haben noch keinen konkreten Termin. Überraschung: Die „Basis-Software“ Capcom Arcade Stadium kostet null Euro, beinhaltet „ab Werk“ aber nur ein Spiel - das Vertikal-Shoot’em-Up 1943 - The Battle of Midway. Bis zum 25. Februar kann sich jeder zudem den 1985er Hardcore-Hüpfer Ghosts 'n Goblins gratis herunterladen - eine nette Dreingabe anlässlich der diesen Donnerstag anstehenden Veröffentlichung von Ghosts 'n Goblins Resurrection. 30 weitere Titel teilen sich in drei Zehner-Pakete auf: Pack 1 - Dawn of the Arcade ('84 - '88), Pack 2 - Arcade Revolution ('88 - '92) und Pack 3 - Arcade Evolution ('92 - '01). Jedes Set mit zehn Titeln kostet 14,99 Euro - wer gleich zum Gesamtpaket für 39,99 Euro greift, spart fünf Euro. Eine Komplettübersicht aller enthaltenen Oldies sehr ihr im ersten Screenshot auf dieser Seite, auf etliche Namen komme ich später noch konkret zu sprechen.

Schönes Menü: Hier wählt man die Retrospiele aus, ein kurzes Demonstration-Video zeigt an, was auf einen zukommt.
…ist scheinbar auch das Beste aus sechs Collections: Denn, so muss das ernüchternde Fazit meiner Recherche lauten, fast alle hier enthaltenen Arcadegames hat Capcom bereits in anderen Sammlungen recycelt. Ich werde hier explizit nur auf die Retro-Titel eingehen, die in der neuen Collection stecken. Es fing bereits Ende der 1990er auf den 32-Bit-Konsolen PlayStation und Saturn an: Im Rahmen der Capcom-Generations-Serie wurden 1942, 1943, Vulgus, Ghosts 'n Goblins, Ghouls 'n Ghosts, Pirate Ship Higemaru, Commando, Mercs und drei Street-Fighter-2-Versionen neu aufgelegt. Zu PS2- und PSP-Zeiten folgten vier verschiedene Ausführungen der Reihe Capcom Classics Collection - hier waren, neben vielen anderen Capcom-Oldies, schon 1941, 1942, 1943, Bionic Commando, Commando, Final Fight, Forgotten Worlds, Ghosts 'n Goblins, Ghouls 'n Ghosts, Legendary Wings, Mercs, Trojan, Pirate Ship Higemaru, Section Z, drei Street-Fighter-2-Versionen, Mega Twins, Vulgus, Strider und Varth an Bord.

Das Beste aus zwei Jahrzehnten…

2013 erschien dann, mit einem ähnlichen Vertriebsmodell wie die aktuelle Switch-Sammlung, Capcom Arcade Cabinet für PS3 und Xbox 360: Retro-Fans konnten die Gratis-Download-Software mit mehreren Retro-Paketen füttern, die auch 1942, 1943, Ghosts 'n Goblins, Section Z, Pirate Ship Higemaru, Vulgus, Commando und Legendary Wings beinhalteten. Ich schätze, ihr erkennt so langsam ein Muster - doch es geht noch weiter: In Mai und September 2018 beglückte Capcom seine Retro-Fangemeinde mit der Street Fighter 30th Anniversary Collection und dem Capcom Beat 'Em Up Bundle - darin enthalten waren u.a. Street Fighter 2 - The World Warrior, Street Fighter 2 - Hyper Fighting, Super Street Fighter 2 Turbo, Captain Commando, Warriors of Fate und Battle Circuit. Zu guter Letzt tummelten sich auf der luxuriösen, über 200 Euro Arcade-Stick-Minikonsole Capcom Home Arcade u.a. Armored Warriors, Captain Commando, Street Fighter 2 - Hyper Fighting, Strider, Ghouls 'n Ghosts 1944, Giga Wing und Progear.

Altmodisch, bunt, hübsch: Mega Twins erinnert an die Wonderboy-Serie.
Das bedeutet leider: Von den 32 Retro-Titeln des Capcom Arcade Stadium (die aktuelle Gratis-Dreingabe Ghosts 'n Goblins mitgerechnet) bleiben unter dem Streich lediglich drei (!) übrig, die nicht anderweitig schon der Spielhalle entrissen und für zuhause neu veröffentlicht wurden: Dynasty Wars, ein grafisch wie spielerisch überschaubarer Zu-Pferd-Sidescroller und Vorgänger von Warriors of Fate. Carrier Air Wing, ein reizvoller, bisher nie portierter Horizontal-Shooter mit US-Navy-Setting. Und schließlich noch das starke 19XX - The War Against Destiny - der vierte Titel in der langen Serie von Capcoms vertikal scrollenden Weltkriegs-Shoot’em-Ups.

Wer bis hierhin durchgehalten hat, soll dafür mit reichlich Infos zur Ausstattung und Umsetzung der enhaltenen Oldies belohnt werden: Die Sammlung ist nämlich grundsätzlich extrem gelungen - viele Tutorials und Bildschirm-Erklärungen beschreiben alle Funktionen haarklein, dabei geht es um Online-Highscorelisten und regelmäßige Herausforderungen, ein Auflevel-System für fleißige Spieler, das Speichern von Spielständen, das Umschalten zwischen japanischer und englischer ROM-Version oder die Rückspulfunktion. Letztere funktioniert auch in der wildesten Action mit nur einem Knopfdruck fantastisch und mindert gerade bei schweren Titeln wie Ghouls 'n Ghosts, Strider oder diversen Shoot’em-Ups den Frustfaktor. Denn selbst unendlich verfügbare Credits und damit Continues helfen manchmal nur bedingt, wenn Spiele über knackige Rücksetzpunkte verfügen. 

Ausstattung & Technik

Erstmals außerhalb der Spielhalle offiziell spielbar und gut gealtert: Carrier Air Wing. Hier ist auch die Bildeinstellung mit leicht gekrümmten Ecken zu sehen.
In den Menüs findet man allerlei Einstellungsmöglichkeiten (darunter auch die Änderung des Default-Schwierigkeitsgrades) , Anleitungen sowie Bildschirm-Optionen. Neben dem bildschirmfüllenden, pixelgenauen Bild (mein Favorit) überzeugen auch diverse Filter, die z.B. die Krümmung des CRT-Monitors nachahmen. Auch mehrere, ansprechend modellierte 3D-Automatenversionen stehen zur Verfügung - das sorgt für Spielhallen-Flair, verkleinert den Bildausschnitt aber doch sehr. Im sehr hübschen Hauptmenü schaltet man die Klassiker durch, während sich die Kamera durch eine virtuelle Arcadehalle bewegt - dabei laufen auf allen Maschinen die Demonstration-Clips des jeweiligen Titels.

Wer das Nostalgie-Video (heißt wirklich so) im Optionsmenü findet und ansieht, freut sich über ein charmant zusammengeschnittenes Filmchen mit alten Polaroids, Arcade-Flyern und Spiele-Clips. Gleichzeitig macht das Lust auf etwas, was diese Sammlung jedoch leider nicht bietet: ein digitales Museum mit Artworks, Musikbox, Fotos oder - man wird ja noch träumen dürfen - Making-of-Filmen mit O-Tönen der damaligen Programmierer und Designer. Auch ein Zusehen-und-auf-Knopdruck-mitspielen-Feature, wie es die SNK 40th Anniversary Collection bot, hätte mich als alten Arcade-Archäologen mit eingerosteten Fähigkeiten gefreut. 

Wo geht's hier zum Museum?

Auf Wunsch zockt man an einem virtuellen 3D-Arcade-Automaten, z.B. das 1986er Trojan.
Leider gibt es auch ein paar Ungereimtheiten: Gelegentliche Rucker bei Shoot’em-Ups oder Soundbugs (z.B. bei Strider und Forgotten Worlds) sollten bei der Emulation von so betagten Titeln eigentlich nicht auftreten; zudem ist es seltsam, dass von Mercs und Trojan nur die japanischen Fassungen (Senjo no Okami 2 und Tatakai no Banka) an Bord sind. In Street Fighter 2 gibt schließlich sogar zwei kleine optische Anpassungen: In der Badehaus-Stage von Honda wurde die aufgehende Sonne an der gefliesten Zimmerwand entfernt. Hintergrund: Mittlerweile ist die Verwendung der „Kyokujitsuki“ umstritten, war sie doch auch im Zweiten Weltkrieg die Flagge der Kaiserlich Japanischen Armee. Und bei Kämpfer Fei Long wird im Charakter-Auswahlmenü neuerdings nicht mehr die Flagge von Hongkong, sondern die der Volksrepublik China angezeigt - sicher ein winziges, aber doch brisantes Detail.

Ein ungewöhnliches Rundum-Baller-Prinzip, harte 80er-Jahre-Actionhelden und geiles Art Design gibt es in Forgotten Worlds.
Ich muss leider feststellen, dass einige Klassiker sehr stark gealtert sind (Bionic Commando, Legendary Wings, Pirate Ship Higemaru, Vulgus, Section Z) oder schlicht zu oft schon recyclet wurden (Ghosts 'n Goblins, Final Fight, Street Fighter 2) - mit diesen Titeln werde ich auch in der neuen, pixelgenauen, schön präsentierten Full-HD-Form samt superkurzen Ladezeiten und Rückspul-Funktion nur wenig Zeit verbringen. Auf den Sowjet-Actioner Strider, das selten gesehene und fröhliche Hüpfspiel Mega Twins, das immer noch hübsche Ghouls 'n Ghosts oder den krachigen Rundum-Shooter Forgotten World habe ich mich dagegen gierig gestürzt. Neben einigen coolen plus ungewöhnlichen Sidescroll-Kloppern - seit jeher meine Schwachstelle - wie Captain Commando, Armored Warriors oder Battle Circuit überzeugt vor allem die Shoot’em-Up-Fraktion: Das bisher nie portierte Feuerwerk 19XX und Caves wunderschönes Frühwerk Progear mit seinen malerischen Steampunk-Pixelpanzern finde ich ebenso reizvoll wie das hübsche Varth oder den Horizontal-Shooter Carrier Air Wing, der mich grafisch wie spielerisch an Irems In the Hunt erinnert. Auch eine Runde Giga-Wing-Zocken ohne vorher den Dreamcast abstauben zu müssen, ist eine schöne Sache.

Die Spiele

Fazit

Angesichts der guten Emulationen, der starken Bildeinstellungen und der top Rückspulfunktion war ich fast versucht, zu fragen: Wie soll man das noch viel besser machen? Aber: Mehr wäre immer mehr. Ich hätte gerne mehr museale Aufbereitung und natürlich mehr Spiele. Die von mir im Text (lang und breit) erörterte Historie der Capcom-Collections bietet noch zahlreiche andere Klassiker, die diesmal leider fehlen: Wie gern hätte ich die Pixelpracht von Three Wonders auf meiner Switch genossen! Die PSP-Fassung, ich habe sie extra nochmal ausgepackt, kämpft mit langen UMD-Ladezeiten und der Bildschirm ist so winzig. Auch King of the Dragons, einer meiner liebsten Klopper, der nie portierte Versus-Prügler Red Earth, das hübsche Film-Spiel Willow oder die Pang-Serie hätten Capcom Arcade Stadium trefflich zu Gesicht gestanden. Letzlich muss sich diese an sich wirklich schöne Sammlung trotz der vielen Komfortfunktionen mit einer „guten“ Note zufrieden geben - auch die Tatsache, dass fast alle der enthaltenen Klassiker schon anderweitig neu aufgelegt wurden, verhindert das „sehr gut“.

Wertung: gut

Pro

  • über 30 Retro-Spiele
  • gelungene Emulation mit vielen Einstellungsmöglichkeiten
  • Rückspul-Funktion
  • starkes Paket für Shootem-Up-Fans
  • einige selten portierte Arcade-Perlen dabei
  • prachtvolle Pixel der Zeit von 1984 bis 2001
  • Online-Highscore-Listen

Kontra

  • kleinere technische Macken (z.B. Soundbugs)
  • einige Capcom-Klassiker fehlen diesmal
  • kein Online-Mehrspieler-Modus
  • zu wenig museale Aufbereitung

Wertung

Switch

Toll präsentierte Retro-Sammlung mit viel modernem Komfort und starker Spieleauswahl - allerdings waren fast alle Titel schon in anderen Capcom-Collections enthalten.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Grundspiel ist gratis, ein Titel ist enthalten, die restlichen 30 können in 10er-Paketen zu je 14,99 Euro erworben werden.
Kommentare
Sevulon

Gehört es nicht
Doch, natürlich, nämlich seit 1997 offiziell die Übergabe der Staatshoheit an die Volksrepublik China erfolgte.
Es war immer die Rede von "Ein Land, zwei Systeme." - die zwei Systeme sind mittlerweile in Frage zu stellen, "ein Land" - in Form von Hongkong gehört zu China - ist es aber trotzdem schon länger.

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren
Grim85RIP

Gehört es nicht, es ist eine Sonderverwaltungszone mit starker innerer Autonomie und deren Einwohner sind nicht chinesischer Nationalität. Weiterhin haben sie noch immer eine eigene Flagge und nicht die Chinesische.
So leid es mir tut, aber mit der "starken inneren Autonomie" ist es zumindest in der Regierungsebene von Hong Kong nicht mehr weit her. Dort ist man so pro chinesisch wie's es nur geht und das China deine Aussage ganz anders sieht, steht wohl außer Frage: "ein Land zwei Systeme" (als ob). Man sehe hier nur auf Taiwan oder Tibet. Trotzdem finde ich löblich, dass Menschen nicht müde werden, gegen die chinesische Einflussnahme aufzubegehren.

vor 3 Jahren
Ryan2k22

Gehört es nicht, es ist eine Sonderverwaltungszone mit starker innerer Autonomie und deren Einwohner sind nicht chinesischer Nationalität. Weiterhin haben sie noch immer eine eigene Flagge und nicht die Chinesische.

vor 3 Jahren
Umimatsu

Und bei Kämpfer Fei Long wird im Charakter-Auswahlmenü neuerdings nicht mehr die Flagge von Hongkong, sondern die der Volksrepublik China angezeigt - sicher ein winziges, aber doch brisantes Detail.
Schön, dass das erwähnt wird! Wieder ein Kapitel im steigenden Einfluss durch China. Und kein Schönes.
Man muss nicht aus jedem Furz ein Politikum machen. Hong Kong gehört seit 1997 wieder zu China, womit die Änderung durchaus in Ordnung geht.

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren
v3to

Vielleicht liegt das auch an der Framerate des Automaten. Die lag nie exakt bei 60fps.
Bzw mir ist aufgefallen, dass die unterschiedlichen Belegungen für Feuer-Buttons bei einzelnen Spielen auch Auswirkung auf die Framerate hat.

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren