Comet 64 - Test, Logik & Kreativität, PC

Comet 64
08.03.2021, Benjamin Schmädig

Test: Comet 64

Ein C64 ohne Commodore

Es gehört nicht viel dazu, den Comet 64 als fiktives Abbild des Commodore 64 zu verstehen, denn genau das ist er natürlich auch. Der Computer Baujahr ‘84 existiert ja nicht wirklich. Es gibt ihn nur als Benutzeroberfläche in einem Spiel, das sich ums Programmieren dreht. Genauer gesagt nutzt man eine ebenso frei erfundene, an Assembler angelehnte Programmiersprache, um aus verschiedenen Eingabewerten vorgegebene Outputs zu erzeugen. Ob das Spaß macht?  Mehr dazu im Test.

Was Alleinentwickler Onur Ayas mit seiner Version des C64 erstellt hat, dürfte Manche von euch an TIS-100, Shenzhen I/O oder Exapunks erinnern und damit liegt ihr goldrichtig. Denn hier wie da dient eine stark vereinfachte Programmiersprache dazu, Variablen oder Zeichenketten zu verändern, miteinander zu vergleichen oder anderweitig zu bearbeiten – wobei völlig offen ist, wie genau man das macht. Im Anschluss wird lediglich verglichen, wie effektiv die eigene Lösung gegenüber den Lösungen anderer Spieler ist, doch das dadurch motivierte Optimieren ist optional. Ärgerlich finde ich nur, dass jede Aufgabe lediglich das Abspeichern einer einzigen Lösung erlaubt. Man könnte diese zwar durch das Anfügen von // vor jeder Zeile so modifizieren, dass sie beim Ausführend des Programms nicht bearbeitet wird...

Ein C64, den es nie gab

... doch das ist schon alleine deshalb viel zu umständlich, weil jedes Programm sehr kurz sein sollte. Immerhin ist der sichtbare Teil des Editors gerade mal 22 Zeilen lang. Das macht natürlich auch den Reiz aus: Die fast ausschließlich textbasierte Benutzeroberfläche fühlt sich auf überzeugende Art wie ein 8-Bit-System an. Es ist bedauerlich, dass man manche Funktionen trotzdem einen Mausklick erfordern, dafür werden neue Aufgaben aber mit kurzer Verzögerung wie von Diskette geladen, während sämtliche Optionen sowie das Handbuch Teil der Oberfläche sind.

Das Vergleichen der Lösungen spornt zum Optimieren der kleinen Programme an.
Die Anleitung sollte man dabei genau studieren, denn sie enthält alle wichtigen Informationen zur Funktionsweise der Befehle. Ein Tutorial gibt es ja nicht. Man erarbeitet sich alles über das eigene Kennenlernen des Systems, was ich nach wie vor als sehr angenehm empfinde. Dass Comet 64 auch auf jede erzählerische Grundlage pfeift, ist allerdings schade.

Dennoch habe ich mich mit diesem C64 eine Zeitlang wohl gefühlt. Ich kann heute leider nicht mehr programmieren, mag es aber sehr, mich in dafür notwendige Logik hineinzudenken und vertrackte Herausforderungen zu knacken. Genau da kommt das Spiel aber auch schnell an seine Grenzen; die einfache Programmiersprache ist nämlich so rudimentär, dass man nie komplexe Operationen erstellt, sondern quasi immer wieder neu definiert, wie z.B. eine Schleife überhaupt funktioniert, anstatt über fortschrittlichere Befehle clever mit Schleifen zu hantieren.

Kleine Schleife

Apropos hantieren: Das geht ohnehin nicht so gut von der Hand, wie es gut wäre, was u.a. daran liegt, dass STRG+Z oft an nicht nachvollziehbare Rücksetzpunkte führt und STRG+Y gar nicht erst existiert. Als ganz seltsam empfinde ich schließlich knapp 20 Bonusaufgaben, deren Lösungen dermaßen profan sind, dass ich mich gefragt habe, ob ich irgendetwas übersehen habe. Selbst das Bonusziel dieser Aufgaben ist lächerlich einfach zu erreichen, weil Ayas drauf verzichtet bestimmte Einschränkungen vorzugeben. Seltsam daher, dass es so viele dieser abschließenden „Rätsel“ gibt.

Fazit

Als Fingerübung und weil das Programmieren grundsätzlich Spaß macht, ist Comet 64 ein lohnenswerter Ausflug in die Ursuppe der digitalen Logik. Das fiktive Gerät versprüht den rustikalen Charme antiker Technologie, in die man sich über ein scheinbar authentisches Handbuch erst hineinarbeiten muss. Beim Erstellen der Lösungen hat man schließlich alle Freiheiten, während man die Ergebnisse mit denen anderer Spieler vergleicht. Das spornt zum Weitermachen und Verbessern an – geht allerdings auch nicht lange in die Tiefe, weil sowohl die verwendete Programmiersprache als auch der Editor so beschränkt sind, dass komplexe Herausforderungen hier keine Rolle spielen. Mir fehlen auch das Speichern mehrerer Lösungen sowie ein erzählerischer Hintergrund oder wenigstens eine genauere Beschreibung der Hardware, wie das etwa bei dem am ehesten vergleichbaren TIS-100 der Fall war. Vom Umfang der Zachtronics-Vorbilder ist Comet 64 also weit entfernt, weshalb ich letztlich weit weniger Zeit mit diesem Heimcomputer verbracht habe als ich im Vorfeld angenommen hatte.

Pro

  • stilvolles Nachahmen eines (fiktiven) altmodischen Computers
  • freies Programmieren eigener Lösungen
  • vergleichen der Ergebnisse mit Ergebnissen anderer Spieler

Kontra

  • nicht komplett mit Tastatur bedienbar
  • praktisch kein erzählerischer Hintergrund und keine interessanten Entdeckungen
  • insgesamt sehr profanes Programmieren und Problemlosen statt anspruchsvoller Operationen
  • nur eine Lösung pro Aufgabe speicherbar
  • STRG Z setzt Fortschritt in nicht nachvollziehbaren Abständen zurück und STRG Y gibt es nicht

Wertung

PC

Unterhaltsames Programmieren eines fitkiven altmodischen Computers, dem komplexe Befehle und Herausforderungen fehlen.

Echtgeldtransaktionen

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Kommentare
8Bit

Hab's doch gekauft

Netter Snack zwischendurch, aber die Syntax wurde wohl von einem Sadisten kreiert. Völlig unlogisch.

vor 3 Jahren
8Bit

Gibt es schon! Aber nur im Kleinen mal und insgesamt ist Comet 64 halt weniger komplex und auch weniger umfangreich.
Danke

vor 3 Jahren
8Bit

Assembler und Strings, Arrays? Gab es beim (C64) Assembler so nicht. Diese fiktive Sprache sieht eher aus wie ein verkrüppeltes, sorry vereinfachtes, Turbo Pascal mit möglicherweise fehlenden hochsprachlichen Wiederholstrukturen. Aber da kann ich mir nicht vorstellen, wie man nur mit Sprüngen alleine mit 22 Zeilen auskommen soll. Zachtronics TIS-100 ist viel näher an Assembler,als die hier aussieht.

Ich mag solche Spiele hin und wieder, aber werde diesen Vertreter überspringen, da ich noch genug mit besseren Vertretern dieses Genres zu tun habe. Die Anlehnung an den Namen des C64 scheint mir auch nur kaum mehr als ein Marketinggag zu sein.
Good point.
Was haben wir nächtelang 6502 Asm optimiert, bis die (Raster-)Effekte funktioniert haben.

vor 3 Jahren
Andraax

Assembler und Strings, Arrays? Gab es beim (C64) Assembler so nicht. Diese fiktive Sprache sieht eher aus wie ein verkrüppeltes, sorry vereinfachtes, Turbo Pascal mit möglicherweise fehlenden hochsprachlichen Wiederholstrukturen. Aber da kann ich mir nicht vorstellen, wie man nur mit Sprüngen alleine mit 22 Zeilen auskommen soll. Zachtronics TIS-100 ist viel näher an Assembler,als die hier aussieht.

Ich mag solche Spiele hin und wieder, aber werde diesen Vertreter überspringen, da ich noch genug mit besseren Vertretern dieses Genres zu tun habe. Die Anlehnung an den Namen des C64 scheint mir auch nur kaum mehr als ein Marketinggag zu sein.

vor 3 Jahren
4P|Benjamin

Gibt es schon! Aber nur im Kleinen mal und insgesamt ist Comet 64 halt weniger komplex und auch weniger umfangreich.

vor 3 Jahren