Story of Seasons: Pioneers of Olive Town - Test, Simulation, PC, Switch
Schon in den ersten Minuten wirkt die Präsentation eine ganze Ecke aufwändiger als im aktuellen Harvest Moon: Eine Welt: Aus einer weitgehend festen Perspektive wiegen sich Bäume und Kirschblüten sanft im räumlichen Comic-Design. Leider trübt auch hier ein Dauerruckeln das Bild, zumal das Nachladen für lange Pausen, Bild-Hänger und sichtbaren Grafikaufbau sorgt. Trotzdem wirkt die etwas heruntergekommene Küstenstadt Olivingen schon bei der Ankunft um einiges liebevoller als Natsumes Welt.
Vom Chaos zur Idylle
Als Neuankömmling aus dem simplen Charakter-Editor macht man eben das, was man schon aus Dutzenden Vorgängern und Vorbildern kennt: Den überwucherten Hof mit Feldarbeit und Tierzucht auf Vordermann bringen. Dazu Baumaterial fürs verschlafene Städtchen liefern, damit auch dort neues Leben einkehrt, was wiederum Touristen anlockt. Alles also sehr austauschbar, aber dank der putzigen Präsentation und der Erfahrung des Teams wurde das weitgehend bekannte Thema immerhin relativ hübsch umgesetzt und dürfte daher auch einige Serienkenner mit Ermüdungserscheinungen anlocken.
Freiräumen und Zähmen
Wie gehabt lässt man in der vorindustriellen Bauernhofidylle morgens die Tiere aufs Feld, melkt und streichelt, sammelt gelegte Eier ein und ackert auf beliebig vielen umgegrabenen Feldquadraten. Das Saatgut aus dem benachbarten Lädchen wird je nach Fähigkeitsstufe auf mehrere Felder gleichzeitig geschleudert. Danach folgt das Gießen per Knopfdruck und ein paar Tage später die Ernte, die bequem per Versandbox verkauft wird. Die Konstruktion von Sprinklern erleichtert die irgendwann monoton werdende Routine. Um an die benötigten Erze zu gelangen, sind vorher aber etwas zu viele Ausflüge in diverse Minen nötig, wo das exzessive Hacken per Knopfdruck schnell ähnlich monoton wird.
Ratter, ratter!
Je nach Jahreszeit gedeihen nach ein paar Tagen unterschiedliche Feldfrüchte wie Rüben, Zwiebeln, Tee, Beeren, Blumen oder Reis – teils mit mehrfacher Ernte. Im Städchen oder dem Wald gibt es ebenfalls viel zu tun, etwa die Entdeckung wilder Früchte oder neuer Pflanzenarten, die Fotojagd auf Wildtiere oder das Abliefern diverser Erzeugnisse, um die Einwohner und den Bürgermeister glücklich zu machen. Großprojekte wie Straßen oder der Ausbau des Rathauses werden schließlich in schlichten, nicht vertonten Zwischensequenzen präsentiert. Dazwischen werden kleine Entscheidungen im Adventure-Stil eingestreut, die sich u.a. um das Ködern von Touristen und neuen Heiratskandidaten drehen. Apropos Köder: Mit speziellen Exemplaren an der Angel beißen auch die Fische besser an. Das entsprechende Angel-Minispiel mit dem nötigen Timing und zitternder Leine wurde gelungen umgesetzt; anderswo verlassen sich die Tätigkeiten aber zu oft auf fade Fleißarbeit und einfaches Knöpfchendrücken.
Die Komplexität von Sakuna: Of Rice and Ruin beim Reisanbau wäre hier vermutlich zu viel des Guten - trotzdem würde mehr mechanische Abwechslung dem Spiel gut tun. Sogar der zunächst geheimnisvolle Besuch bei den kugelrunden Wichteln verkommt schnell zum öden Abklappern ihres Dorfes, um per Knopfdruck Belohnungen abzusahnen und Aufgaben zu verteilen. Ähnlich lustlos wurden die Online-Features umgesetzt, z.B. zum Hochladen von Schnappschüssen. Selbst in Wii-Oldies wie Animal Crossing: Let's Go to the City konnte man schließlich schon die Welten anderer Spieler besuchen, sogar inklusive Sprach-Chat. Hier hingegen scheint man nur seinen Avatar auf die Reise zuschicken.
Zu viel simples Knöpfchendrücken
Trotz all dieser Versäumnisse offenbaren sich aber auch schnell einige Stärken von Pioneers of Olive Town: Der üppige Umfang und das Feintuning der ineinander greifenden Tätigkeiten profitieren schließlich spürbar von der langen Erfahrung des Teams. Die wirtschaftlichen Zusammenhänge, technischen Hilfsmittel, Läden und helfenden Handwerker wurden größtenteils sinnvoll aufeinander abgestimmt – auch wenn man hier die Konkurrenz durch Mitbewerber vermisst.
Konkurrenz für Stardew Valley?
Kurze Gespräche und individuelle Geschenke fördern erneut die Freundschaft, um später z.B. zu heiraten und eine Familie zu gründen. Wie gehabt spielen auch Geburtstage und Festivals eine wichtige Rolle in der Dorfgemeinschaft, insgesamt gibt es über 200 Events. Sie sorgen aber nicht unbedingt für Abwechslung, da Feste wie die an Ostern erinnernde Eiersuche automatisch ablaufen. Interessanter wird später die Haltung von Pferden zum Reiten, diversen Schaf-Züchtungen oder exotischen Tierarten wie Lamas. Auch verschiedene Pilze lassen sich züchten, sobald man einen entsprechenden Baumstamm zum Anbau repariert hat.
Ländlicher Zeitfresser
Fazit
Am Ende des Tages steckt in Story of Seasons: Pioneers of Olive Town zwar ein ideenarmes, dafür aber immerhin routiniertes Bauernhof-Abenteuer. Der Großteil der umfangreichen Mechaniken wurde gut aufeinander abgestimmt, besitzt aber kleine Macken und verlässt sich etwas zu sehr auf Fleißarbeit per Knöpfchendrücken. So monoton wie in Harvest Moon: Eine Welt mit seiner stupiden Einknopfsteuerung wird es aber zum Glück lange nicht! Die stagnierende Serie hat nichtsdestotrotz viel von ihrer Faszination verloren. Die Entwickler von Stardew Valley oder My Time at Portia sind mit spürbar mehr Herzblut bei der Sache, statt ständig nur ein leicht verändertes Konzept zu recyceln. Viele neue oder junge Spieler mit einer Switch dürften trotzdem Spaß auf dem Feld haben, da immerhin ein routiniertes Aufbau-Abenteuer geboten wird.
Pro
- idyllische Comic-Kulisse
- viele motivierend abgestimmte Mechaniken
- zahlreiche Tiere, Maschinen und Möglichkeiten
Kontra
- Übertriebene Fleißarbeit und starker Wildwuchs macht einige Aufgaben, Minispiele und Festivals monoton
- dauerhaft leichtes Ruckeln
- kleine technische Probleme, z.B. bei der Wegfindung
- Story und Charaktere wirken sehr austauschbar
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt Käufe nur für optionale Kosmetik wie Farben, Skins, Kostüme etc.