Returnal - Test, Shooter, PC, PlayStation5
Wenn ich eines nicht von Housemarque erwartet hätte, dann ein Spiel in dieser Größenordnung, das quasi die alte Schule samt "Bullet Hell" in neuer Perspektive auf Filmniveau inszenieren will. Obwohl die Finnen ihre Arcade-Action wie Super Stardust HD, Resogun oder Nex Machina spielmechanisch und technisch immer auf gutem bis sehr gutem Niveau ablieferten, gehörten Storytelling, Charaktere oder gar Regie nicht zur Expertise. Aber weil sich diese Titel zu schlecht verkauften, musste sich das mittlerweile auf 80 Mitarbeiter angewachsene Studio umorientieren. Ich habe alle wichtigen Spiele des Teams in diesem Special zusammengefasst und meinen Standpunkt vor dem Test in diesem Video-Prolog erläutert.
Können die das, die Finnen?
Ich liebe die Arcade-Action der Finnen schon seit Amiga-Zeiten. Nachdem ich über Stormdivers nur den Kopf schütteln konnte, weil das Battle Royale so austauschbar und mit seinem PvP so trendfixiert wirkte, war ich bei der Ankündigung des markanteren Returnal für Solisten zunächst sehr erleichtert. Aber ich war auch skeptisch: Denn Begriffe wie "Science-Fiction-Thriller" oder "Horror-Flair" verbindet man eher mit den anderen und wesentlich populäreren Finnen, denen von Remedy Entertainment, die u.a. Control und Alan Wake entwickelten. War das nicht eine Nummer zu groß? Wieviel Substanz steckt im PR-Gerassel? Kann Housemarque tatsächlich erzählen?
Ja, können sie. Und das mit einigen Überraschungen über 25 bis 30 Stunden plus X. Dafür sorgt u.a. Greg Louden (Narrative Director), der einige Jahre wertvolle Erfahrung bei Remedy sammeln und diese jetzt einbringen konnte. Die brauchte er auch, wenn man bedenkt, dass dieses gnadenlose Spielprinzip des ewig Gleichen eine Hürde aufstellt, die eine Story erstmal überspringen muss, um der Monotonie vorzubeugen - Hades ist das gelungen, doch Returnal geht in der Struktur noch einen Schritt weiter.
Rogue als Science-Fiction-Thriller
Aber zunächst zur Ausgangslage: Die Heldin ist auf dem Planeten Atropos in einem Kreislauf aus Tod und Wiedergeburt gefangen - Ziel ist es, diesen zu durchbrechen und nach Hause zurückzukehren. Bevor ich näher auf die Erzählweise eingehe, sollte sich jeder Interessierte ohne Erfahrung mit so genannten "Roguelikes" bewusst sein, auf welchen Trip er sich einlässt - ohne Geduld und Leidenschaft im wahrsten Sinne des Wortes wird man frustriert. Man muss das ständige Scheitern quasi als Training akzeptieren, das sich später auszahlt; daher empfehlen wir unseren Einsteiger-Guide (auch als Video).
Man ist ähnlich wie in Demon's Souls oder Dark Souls 3 dazu verflucht, nach dem Ableben immer wieder von vorne, in diesem Fall immer wieder an der Absturzstelle des eigenen Raumschiffs Helios zu starten. Aber im Gegensatz zur Soulsreihe sind die Auswirkungen radikaler, denn man verliert bis auf wenige Ausnahmen (Pistole, Schwert etc. sowie permanente Fähigkeiten wie Teleport, Schub oder mehr Ausrüstungsplätze) all seine Waffen, Gegenstände, Ressourcen und Artefakte.
Damit folgt man dutzenden, teils mit anderen Schwerpunkten besetzten Nachahmern von Rogue (1980) wie Spelunky, The Binding of Isaac, FTL: Faster Than Light, Brut@l, Below, Dead Cells, Synthetik: Ultimate, Mothergunship oder aktueller und gerade hinsichtlich des erzählerischen Rahmens ähnlich, Hades. Aber es gibt einen Unterschied: Housemarque hievt diese inflationär besetzte Spielart erstmals auf Triple-A-Niveau, inszeniert rund um den Zufall und das gnadenlose Prinzip ein "großes" Abenteuer mit Story in prächtiger Kulisse.
Die von Wildnis überwucherte Ruinen-Landschaft wird wie die Beute prozedural erstellt und verändert sich mit jedem Start, so dass man mal früher oder später auf diese Schlucht, diesen Tempel oder jene Halle trifft. Es gibt die Ansicht, dass dieser modulare Baukasten, der immer wieder gemischt wird, es den Entwicklern einfacher macht, weil sie - im Gegensatz zu linear gestalteten Welten - weniger Landschaften designen und durch den Zwang zur Wiederholung letztlich Spielzeit strecken können. Das stimmt schon im Kern, aber innerhalb dieser Methode gibt es extreme Unterschiede, was Qualität und Vielfalt im Ergebnis betrifft. Man muss sich nur die Welten zwischen Brut@l und Hades ansehen.
Sechs Biome von Dschungel bis Wüste
Aber Returnal setzt innerhalb dieser Spielart eine neue Duftmarke. Ich war verblüfft, wie viele unterschiedliche Areale man selbst nach zig Anläufen noch entdecken kann, wie gut sie im ausgefeilten Leveldesign verschmelzen und wie hochwertig sie designt sind - das erste "große" Spiel von Housemarque erreicht vielleicht nicht die Pracht eines Demon's Souls en detail, aber hat eine überraschende Qualität, was die visuelle und akustische Inszenierung betrifft, zumal es teilweise ein farbenfrohes Feuerwerk bei rasantem Tempo inszeniert.
Aber auch in Ruhe ist es ansehnlich: Man fühlt sich bei all dem exotischen Leuchten, den bewegten Pflanzen, die sich einem nähern oder einen plötzlich als Fleisch fressende Liane greifen, dem wabernden Nebel und vor allem auch den unheilvollen Geräuschen wie vor Ort. Die Soundkulisse dieses Abenteuers ist ebenso vielfältig wie großartig! Schön auch, dass der DualSense-Controller unterstützt wird. Zwar nicht auf dem vielfältigen Niveau von Astro's Playroom, aber neben dem unterschiedlich dosierten Rumble sind u.a. auch Regentropfen spürbar und weitere Töne hörbar. Falls ihr mit Kopfhörern spielt, dürft ihr euch ebenfalls auf klasse 3D Audio freuen - obwohl sich die Unterschiede zum klassischen Surroundsound über die Anlage in Grenzen halten. All das sorgt jedenfalls für eine angenehme Präsenz in der fremdartigen Welt.
Doch zurück zum Storytelling: Die Finnen erzählen zwar auch reduziert, aber im Gegensatz zu From Software etwas direkter - man sammelt mehr greifbare Informationen, so dass sich im Bordcomputer ein Archiv zum Stöbern sowie langsam ein Mosaik aus Daten bildet. Natürlich kann man nicht bei jedem Anlauf etwas Neues finden, zumal es ja keine Dialoge mit NSC gibt und der eine Spieler vielleicht nur fünf, der andere zwanzig oder gar fünfzig Anläufe bis zum Sieg gegen den ersten Boss benötigt - erst danach öffnet sich ein weiteres der sechs Biome, erst danach gibt es permanente Boni wie einen zweiten Ausrüstungsplatz und frische Erkenntnisse zur Geschichte. Es gibt also einige erzählerische Leerlaufphasen, das ist kein flüssig erlebbarer Science-Fiction-Thriller, zumal es nur einen Schwierigkeitsgrad gibt und keinen ultraleichten "Story Modus". Aber man wird für seine Erkundungen und Leistung belohnt, erfährt mit jedem Run etwas mehr: Zum einen trifft man auf seine eigenen Leichen und hört in Audiologs, was eine "frühere" Selene über die tragische Situation dachte; alles übrigens in sehr guter deutscher Sprachausgabe und Übersetzung.
Verknüpfte Schicksale
Zum anderen verschwindet das Wissen und Erlebte nicht in der "aktuellen" Selene - sprich: Sie stirbt, aber vergisst nicht. Die Erkenntnis darüber wird u.a. spürbar, wenn Selene nach einem Tod aufwacht und in Monologen darüber spricht, dass sie z.B. nicht aufgeben darf - sie ist sich der Zeitschleife also bewusst. Außerdem wird ihr Schicksal mit den Geheimnissen des fremden Planeten verknüpft, indem plötzlich alptraumhafte Visionen in ihrem Zuhause spielbar werden. In diesen fühlt man sich an die unheilvollen Flure von P.T. aka Silent Hills erinnert, wenn man sich Familienbilder anschaut oder plötzlich ein lautes Klopfen an der Tür hört. Und hier darf man sich auf einige tolle Kniffe der Regie freuen, denn nach jedem Besuch gibt es neue Einblicke, so dass sich die losen Fäden langsam nähern - falls man denn die Bosse killt.
Dabei spielen auch die griechischen Wurzeln von Selene eine Rolle, denn je mehr Artefakte sie scannt, je mehr der (wunderbar designten!) Kreaturen sie archiviert, desto mehr fühlt sie sich aufgrund ihrer Erscheinung und Namen an irdische Mythologie sowie etwas aus ihrer Vergangenheit erinnert. Sie findet auf dem Weg die Spuren einer riesenhaften Alien-Bevölkerung, sowohl Monumente wie beeindruckende Archive, in denen sich meterhohe Skulpturen aus dem Nebel materialisieren. Hinzu kommen Schriftzeichen auf Säulen: Diese kann sie erst nach und nach entziffern, um so auch etwas über das Schicksal dieser untergegangenen Zivilisation zu erfahren. All das sorgt für ein angenehm mysteriöses, leicht archäologisches Flair mit archetypischer Symbolik.
Aber auch wenn die Story für ein Spiel dieser Art gut ist, steckt der faszinierende Kern ganz woanders: und zwar in einer ausgetüftelten, von präziser und frei belegbarer Steuerung getragenen Spielmechanik, in der ruhige Phasen des Herumstöberns in adrenalinhaltige Kämpfe übergehen, die es mit jedem Shooter aufnehmen können. Das Schöne an der Erkundung ist, dass man überall Spuren der Aliens findet und es innerhalb des angenehm vertikalen Leveldesigns mit all den Plattformen, Höhlen und Schächten so einige Verstecke und kleinere Rätsel gibt. Mal muss man Schlüssel für Truhen finden, über verborgene Schalter etwas entriegeln oder einfach nur genau die Umgebung beobachten, um Beute zu finden. Warum glühen die Augen mancher Statuen? Tief unten in einem Schacht glimmt etwas? Einfach mal weit fallen lassen und rechtzeitig vertikalen Schub geben, dann landet man in einer geheimen Kammer! Manchmal stürzt man auch in eine Schatzkammer, von der es viele Varianten gibt - auch mit bösen Überraschungen. Oder man muss Aufgaben mit Timing meistern, indem man schnell sammelt oder akrobatisch geschickt rotierenden Lasern ausweicht.
Motivierende Erkundungsphasen
Hinzu kommt, dass man ähnlich wie in Metroid Prime (an das mich übrigens so einiges positiv erinnert) trotz Sprung und Schub in der Luft nicht sofort alles Sichtbare erreichen und erst über weitere Ausrüstung neue Wege gehen oder Feinde besiegen kann. Erst wenn Selene den Schub einsetzt, kann sie gefahrlos durch Laserbarrieren jagen. Erst wenn sie das rote Lichtschwert hat, kann sie entsprechende Hindernisse einschlagen. Erst wenn sie den Greifhaken hat, kann sie sich zu den orange markierten Punkten ziehen - und sich noch freier in der Luft bewegen. Es gibt also trotz der Verluste auch Entwicklung. Sehr hilfreich bei der Erkundung ist sowohl die dreh- und zoombare Karte mit Anzeige nicht geöffneter Schätze oder Tore, auf der man aber leider nichts markieren darf (manchmal ist es sinnvoller, erst später eine Kiste zu öffnen oder einen Gegenstand einzusammeln), als auch ein Netz aus Teleportern für kurze und weite Distanzen, so dass man schnell von A nach B kommt, zumal man auch endlos sprinten kann - denn Ausdauer spielt keine Rolle.
Adrenalinhaltiger Shooter
Sobald man nach der Absturzstelle durch das erste Tor wandert, kann man - je nach zufällig platziertem Areal - sofort von einem bösen Brüllen begrüßt werden. Returnal fängt zwar im ersten Biom eher langsam mit wenigen Feinden an, aber steigert sich hin zu Gruppen und mehreren Wellen, die alle ihre leuchtenden Projektile abfeuern oder sich irgendwann mit Klauen und Reißzähnen aus der Luft auf einen stürzen - das markante Figurendesign ist u.a. inspiriert von Tiefsee-Kreaturen, aber setzt auch auf Dämonen oder in den weiten Wüsten auf bizarre kubische Konstrukte. Und wenn dann noch das Tor hinter einem geschlossen wird, so dass man in einer Arena überleben muss, fühlt man sich an die dynamischen, hoch intensiven Gefechte eines Doom Eternal erinnert. Man wird umzingelt, manchmal geortet oder muss neben Geschütztümen zuerst zentrale Heilsäulen vernichten, damit die verbundenen Aliens auch Schaden nehmen. Returnal macht auch als reiner Shooter richtig Laune! Ähnlich übrigens, aber intensiver als im Roguelike Mothergunship.
Das Kampfgefühl ist rasant, explosiv, offensiv, man muss geschickt ausweichen, in Deckung zischen und seinen Schub einsetzen - auch, um rechtzeitig die an Goldstaub erinnernde Währung "Obolit" einzusammeln, die Feinde nur kurze Zeit hinterlassen. Der Schub hat im Gefecht zudem eine nützliche defensive Nebenwirkung hat: im Moment das Vorpreschens kann man nicht verletzt werden. Außerdem sorgt das rot glimmende Lichtschwert dafür, dass sich die Offensive auszahlt, zumal manche Aliens nach einem Treffer mit der Klinge in die Knie gehen. Man braucht allerdings eine gute Balance aus Kills aus der Nähe sowie der Distanz, denn die eigene Gesundheit ist die größte Schwäche - manchmal reichen wenige Treffer und man ist tot.
Im Gegensatz zur Soulsreihe kann man ja nicht permanent seine Werte wie Stärke oder Gesundheit über Seelen verbessern, sondern ist auf Beute angewiesen, um sich sofort zu heilen oder den Lebensbalken stückweise in einem Run über Harz zu erhöhen. Spätestens in den coolen Bosskämpfen, in denen "Bullet Hell" in leuchtenden Kaskaden spürbar wird, wird man sich seiner Verletztlichkeit schnell bewusst - und erst wenn man diese meistert, öffnet sich ein neues Biom. Übrigens: Die Qualität dieser Endgegner steigt mit jeder Welt. Housemarque steigert sich Stück für Stück. Und gerade weil man das merkt, weil man geködert und belohnt wird, steigt die Motivation trotz so vieler frustrierender Tode und neuer Anläufe.
Schon am ersten Boss werden viele verzweifeln - nicht weil er kniffliger wäre als etwa jene aus Bloodborne oder Sekiro, die deutlich mehr Timing verlangen, sondern weil man sich auf dem Weg dorthin immer wieder aufs Neue optimal stärken sollte, um sich besser zu schützen und effektiver auszuteilen. Und weil man dabei ungeduldig oder übermütig werden kann, stirbt man häufiger. Diese Gewissheit der eigenen Schwäche ist natürlich auch wichtig, denn so hat man auch ordentlich Respekt vor einem Areal, das man schon zig mal gesäubert hat.
Spielmechanische Feinheiten
Denn wenn man sich gerade einbildet, mit all der Ausrüstung sehr stark zu sein, wird man in null Komma nichts gebrutzelt. Hinzu kommen spielmechanische Feinheiten: Man hat zwar unendlich Munition, aber Waffen überhitzen und sind dann einige Sekunden nicht einsatzfähig - was fatal sein kann. Um das zu verhindern, muss man nach dem Abschuss der letzten Kugel ein kleines Minispiel meistern und rechtzeitig die Schusstaste betätigen.
Überhitzung, Leistung und Adrenalin
Je nach Pistole, Karabiner, Schrotflinte etc. sorgt man für andere Treffer in anderen Distanzen. Hinzu kommen freischaltbare Waffenfähigkeiten, die sowohl die eigenen Werte wie z.B. den Schutz erhöhen als auch konzentriertere Salven oder zielsuchende Raketen ermöglichen. Sehr wichtig ist das alternative Feuer über die adaptiven Trigger: Drückt man nur leicht die Schultertaste, visiert man Feinde an und kann Schwachstellen besser treffen, drückt man sie komplett durch, aktiviert man einen alternativen Feuermodus, der großen Schaden anrichtet und nach einer Abklingzeit wieder verfügbar ist. Trifft man damit, im Idealfall eine verwundbare Stelle, sind selbst mächtige Aliens schnell erledigt.
Last but not least wird das Kämpfen auf zwei Arten belohnt, so dass man immer wieder zur Perfektion bzw. Optimierung animiert wird - ähnlich wie bei den Multiplikatoren in Resogun & Co: Zum einen steigt die Leistung in Stufen, je mehr Feinde man tötet, so dass man bessere zufällige Waffen in höheren Stufen findet, je länger man unterwegs ist. Zum anderen steigt der Adrenalinpegel in mehreren Stufen, je länger man ohne feindlichen Treffer bleibt. Diese Unversehrtheit bringt nette parallel wirksame Boni wie etwa eine verstärkte Überladung, bessere Sicht, bessere Leistung etc. Außerdem ist es angenehm, dass einen auch das Adrenalin vor Stürzen rettet: Wer in einen Abgrund oder das tödliche Wasser fällt, taucht dann an der Stelle davor wieder auf.
Auch das Aufsammeln der Beute ist spannend, denn manche lila wabernden Truhen versprechen zwar wertvolle Gegenstände oder Waffen, aber sie bergen auch das Risiko einer schadhaften Fehlfunktion, die einem direkt schaden kann. Lässt man sich darauf ein? Hat man drei Fehlfunktionen, wird sofort etwas aus der wertvollen Ausrüstung zerstört! Diese kann man beheben, indem man eine kleine Aufgabe meistert wie etwa acht Feinde zu besiegen oder einfach einen Gegenstand zu benutzen.
Das Risiko der Beute
Noch cooler: Man kann lebende Parasiten finden, die man an seinen Anzug andockt und die immer einen nützlichen Vorteil, wie etwa Heilung bei Nahkampftreffern oder weniger Abklingzeit für das alternative Feuer, aber auch einen miesen Nachteil auslösen, wie etwa Schaden für jeden benutzten Gegenstand - oder gar à la Eternal Darkness eine verzerrte Sicht auf die Karte, so dass man sich schwerer orientieren kann. Hier stecken viele nette Ideen drin, die man teilweise erst nach vielen Anläufen entdeckt.
Da es zig Arten von Gegenständen, Artefakten und Parasiten gibt, entsteht eine Fülle an sich verstärkenden Kombinationen - wenn man denn das Glück hat, diese zu finden. So kann man Selene aber nur bedingt "skillen" - vielleicht hätte man die Motivation mit wählbaren Klassen oder einer besseren Spezialisierung des Spielstils noch erhöhen können. Ansonsten kann man auch etwas über die beiden Währungen Obolit sowie Äther einkaufen. Nur hat man immer die Angst im Nacken, dass man stirbt, denn alles an Waffen und Artefakten verschwindet nach dem Tod und man startet, bis auf wenige permanente Verstärkungen, quasi nackt mit der Pistole sowie dem Schwert. Hier hätte Housemarque den spürbaren Fortschritt etwas mehr stärken müssen, vor allem was die geringe Lebensenergie betrifft.
Kein Speichern während eines Runs
Es gibt ja weder wie in der Soulsreihe einen Nexus mit direkten Zugängen in entfernte Gebiete noch Lagerfeuer zum Speichern. Und ein "perfekter" Run durch ein komplettes Biom mit all seinen verbundenen Arealen kann schon mal über ein, zwei Stunden dauern. Während dessen kann man also weder frei noch an bestimmten Punkten innerhalb eines Areals speichern. Die einzige Möglichkeit an einer Stelle zu pausieren, um später dort weiter zu machen, liegt im Ruhemodus der PlayStation 5 - das ist natürlich komplett nervig! Ich hab nichts gegen die Konsequenz des Todes, aber hier hätte Housemarque eine elegantere Lösung für alle finden müssen, die auch mal pausieren wollen. So muss man quasi jeden Run abschließen. Und falls man dann mit Kollegen was anderes online zocken will, ist der Spielstand futsch...
Aber dem Frust über das schnelle Ableben kann man durchaus begegnen. Denn man kann auf mehrere Arten dafür sorgen, dass man nicht sofort stirbt: Es gibt z.B. einen Parasiten und einen Gegenstand, die sofort wiederbeleben - hat man beide, sind das also zwei Leben mehr, was gerade im Bosskampf Gold wert ist. Noch besser: Hinzu kommt ein Konstrukt, das einen gegen die Bezahlung von Äther quasi klont, so dass man mit kompletter Ausrüstung wieder aufersteht, ohne dass besiegte Aliens wieder da sind. Da man für das Abschließen einer täglichen Online-Herausforderung recht flott Äther bekommt, kann man Letzteres quasi immer machen - das ist eine wichtige Kompensation, die das Spielerlebnis etwas erleichtert.
Fazit
Glückwunsch an Housemarque! Mit Returnal beweisen die Finnen, dass sie sowohl an ihre Arcade-Tradition anknüpfen als auch neue Wege hin zu größeren Abenteuern beschreiten können. Die Science-Fiction-Story wird auf mehreren Ebenen erzählt, verwebt das Schicksal der Heldin mit den Geheimnissen des Alien-Planeten und sorgt für Horrorflair à la P.T. Trotzdem ist das nur der stimmungsvolle Rahmen für den faszinierenden Kern: Der steckt nicht nur in der hochwertigen Präsentation, sondern in der wunderbaren Shooter-Mechanik, den adrenalinhaltigen Gefechten, dem ausgefeilten Leveldesign und der verblüffenden prozeduralen Überraschung - selbst nach zig Durchläufen entdeckt man noch Geheimnisse, Artefakte oder Areale. Aber Vorsicht: Returnal richtet sich an Hardcore-Zocker, die mit Leidenschaft und Geduld nach dem perfekten Run suchen. Nicht einmal, nicht zweimal, sondern immer wieder in einer endlosen Zeitschleife. Zwar hätte man vor allem mit temporärem Speichern (Ruhemodus der PS5 - wtf?) sowie mehr spürbarem Fortschritt und Spezialisierungen für den Spielstil die Motivation noch und sogar Platin erobern können. Aber der mysteriöse Planet ködert auch nach dutzenden Anläufen mit starker Anziehungskraft, die explosiven Kämpfe rocken und die Freude nach dem Sieg über einen Boss ist einfach enorm. Hinzu kommt eine Spielzeit von 25 - 30 Stunden plus (je nach Skills) X. Es gibt viele "Roguelikes" da draußen - Returnal ist eines der besten seiner Art und das erste auf Triple-A-Niveau. Viel Spaß, nicht aufgeben, es lohnt sich!
Returnal ist zu schwer? Wir haben Tipps im Einsteiger-Guide! Den gibt es auch als Video.
Zweites Fazit von Benjamin Schmädig:
Da ist es also, das erste Triple-A-Roguelike. Doch was bedeutet das überhaupt? Returnal erfindet die prozedurale Wiederholschleife ja nicht gerade neu, lässt Abwechslung in der Charakterentwicklung sogar missen und kann ähnlich wie ein Souls-Abenteuer gewaltig frustrierend sein. Denn nach wie vor wird man gezwungen tief durchzuatmen, verlorene Ausrüstung einfach abzuschütteln und mit einer läppischen Pistole im Griff immer wieder von vorn zu starten – nur dass man das zum ersten Mal in einem exzellenten Shooter tut, der sich durch explosive Feuergefechte und eine rasante Akrobatik auszeichnet! Mit schrillen Kugelwänden und clever verflochtenen Mechanismen hebt Housemarque dabei mal eben die klassische Arcade-Action in die dritte Dimension und erweckt neben zahlreichen einfallsreichen Kreaturen auch großartige Bosse zum Leben. Es schadet nicht, dass die fulminante Action nicht nur prachtvoll aussieht (schaut euch die bedrohlich aufgeplusterten Tentakelwesen an!), sondern vor allem von einem herrlich fremdartigen Kreischen, Wabern und Dröhnen begleitet wird. Triple-A ist aber nicht nur der Shooter; Triple-A ist auch das prozedurale Leveldesign, dem die Entwickler so viel mehr entlocken als zufällig nebeneinander gesteckte Räume. Zum einen sind die Abschnitte selbst so interessant gestaltet, dass man nie gelangweilt auf ausgetretenen Pfaden latscht, und zum anderen entdeckt man selbst nach Dutzenden von Stunden noch komplett neue Areale in vermeintlich bekannten Gebieten, findet ständig neue Ausrüstung und folgt nicht zuletzt einer Geschichte, die mit dem Auslegen spannender Mosaikteile ständig den Ehrgeiz am Zusammenfügen des gesamten Puzzles weckt. Und spätestens wenn nach einem langen Run dann in einem harten Kampf das alles auf dem Spiel steht – und man diesen einen fiesen Gegner endlich niederringt... das sind großartige Momente, die sich ins Gedächtnis brennen. Von daher, liebes Roguelike: Willkommen bei Triple-A!
Pro
- erstes "großes" Spiel von Housemarque
- Metroid Prime trifft auf Doom Eternal und Alien
- Storytelling auf mehreren Ebenen
- interessantes Horror-Flair
- guter Wechsel aus Ruhe und Bullet-Hell-Action
- adrenalinhaltige, höchst explosive Gefechte
- sehr einfallsreiche Bosskämpfe
- sechs Alien-Welten mit eigenem Charakter
- angenehm vertikales Leveldesign
- Teleporter sorgen für zügige Bewegung im Level
- zufällig angeordnete Level sorgen für Überraschung
- viele Erkundungsreize mit Geheimnissen
- Schatzkisten & Parasiten mit negativen Effekten
- neue Gegenstände/Waffen machen Wege frei
- zig Artefakte, Waffen-Upgrades und Items
- präzise Bewegungen mit Sprüngen und Schub
- klasse Art- und Figurendesign
- tolle Nebel-, Licht- und Partikeleffekte
- gutes Archiv mit Monstern, Items, Audiologs etc.
- Tutorial-Videos erleichtern den Einstieg
- gutes Feedback des DualSense-Controllers
- einige Controller-Belegungen und frei einstellbar
- sehr gute Klang- und Geräuschkulisse
- optimiert für 3D Audio über Kopfhörer
- Online-Funktionen à la Nioh mit getöteten Spielern
- Online-Herausforderungen mit Ranglistensystem
- sehr gute deutsche Lokalisierung (Sprache & Text)
Kontra
- Speichern eines Runs über Ruhemodus der PS5? Wtf?
- nur sehr langsamer permanenter Fortschritt
- kaum Spezialisierungen im Spielstil möglich
- man kann die Karte nicht markieren
- kleinere Bildraten-Einbrüche (vor dem Release-Patch)
- ein Absturz (vor dem Release-Patch)
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt keine Käufe.
- Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.