Immortals Fenyx Rising: Die verlorenen Götter - Test, Action-Adventure, PlayStation5, XboxOne, PC, XboxSeriesX, Stadia, Switch, PlayStation4

Immortals Fenyx Rising: Die verlorenen Götter
07.05.2021, Matthias Schmid

Test: Immortals Fenyx Rising: Die verlorenen Götter

Darf es ein bisschen Diablo sein?

Der dritte und letzte DLC zum Überraschungserfolg Immortals Fenyx Rising krempelt das Spielprinzip gehörig um: Mit der neuen Heldin Ash müsst ihr zwar wieder Aufträge selbstgerechter Götter erfüllen, allerdings wird aus einem Erkundungsspiel mit toller Aussicht und Flugeinlagen ein starres Simpel-Diablo aus isometrischer Kameraperspektive. Wie sich das auf den Spielspaß auswirkt, verraten wir im Test von „Die verlorenen Götter".

Wer wie ich schon das das reguläre Spiel mit einer weiblichen Fenyx bestritten hat, dem dürfte der Werdegang der neuen Heldin Ash allzu bekannt vorkommen – mit ihrer mutigen, offenen Persönlichkeit ähnelt sie sehr deren Heldentypus. Das ist ein wenig schade, weil sich das neue Abenteuer damit etwas anfühlt, als habe Ubisoft Quebec schlicht sein erstbestes Erfolgsmodell kopieren wollen. Zum Glück wird nach den trägen Gesprächen von „Mythen aus dem Reich des Ostens“ wieder das Dialogniveau des Grundspiels erreicht – die Gottheiten agieren zotig bis selbstverliebt, es gibt Albernheiten und dümmliche Wortspiele. In der neuen, recht großen Spielwelt muss Ash allerhand Aufträge für Götter und Göttinnen übernehmen, die sonst oft in der zweiten Reihe stehen – z.B. Demeter oder Hestia. Anders als im Hauptspiel oder dem zweiten DLC gibt es in der prinzipiell offenen Spielwelt natürliche Grenzen wie z.B. Abgründe, die erst überwunden werden können, wenn man eine bestimmte Mission absolviert hat. Hier hat sich Ubisoft eher am klassischen Zelda-Prinzip orientiert statt auf dessen Open-World-Novellierung aus Breath of the Wild zu setzen.

Fenyx 2.0

Kämpfe fühlen sich im dritten DLC weniger wuchtig und direkt an als im Hauptspiel. Und sie sind mangels Heiloption anstrengender.
In puncto Erkundung schlagen mir diese Einschränkung plus die mangelnde Flugfähigkeit sowie die neue Kameraperspektive – eine dreh-, aber nicht zoombare Draufsicht – gehörig auf den Magen: Weil ich nicht mehr in die Ferne sehen kann, entfällt die Lust, das weite Land zu erschließen, fast komplett – das bedeutet mehr als einen kleinen Kratzer im Hochglanz-Lack von Immortals Fenyx Rising. Im Verlauf des gut zehnstündigen Abenteuer verdient sich Ash zwar wichtige Fähigkeiten (Klettern, kurzer Gleitflug) – doch erstens kommen diese Freischaltungen spät, zweitens berauben sie mich für lange Zeit essentieller Dinge aus dem Hauptspiel. Das hatte der zweite DLC mit seinem frischen Helden zwar schon nicht optimal, aber noch besser gelöst: Ku konnte sich bewegen Fenyx und fast so variabel angreifen, Ash muss sich all das erst erarbeiten.

Nur selten zeigt die neue Perspektive einen Blick auf das Land, das vor euch liegt - dann spürt man aber gleich wieder die Entdeckerlust.
In der Theorie spielt sich das Kampfsystem ähnlich wie bisher: Man weicht aus, haut mit zwei Schultertasten unterschiedlich wuchtig zu, feuert mit dem Bogen, zieht sich zu fliegenden Feinden empor und achtet auf die Ausdauer. Aus der Draufsicht fühlt sich aber kaum ein Element davon so dynamisch und rund an wie bislang. Man wird häufiger getroffen, spürt die Wucht der eigenen Attacken schlechter und das Verschießen von Pfeilen ist nur leidlich erfolgsversprechend. Man kann diese Kämpfe freilich bestreiten, ohne sich groß zu ärgern – trotzdem beraubt sich Immortals eine seiner großen Stärken. Energiespendende Tränke gibt es übrigens nicht mehr – man sammelt entweder rote Kugeln von getöteten Feinden auf oder heilt sich abseits der Kämpfe an Altaren. Diese dienen nicht nur dafür (sowie als Schnellreisepunkte), sondern werden auch zum Speichern und Upgraden benutzt. Warum ich das Speichern überhaupt erwähne? Weil man nicht mehr jederzeit seinen Fortschritt festhalten kann, sondern an den Altären dafür eine Feige opfern muss. Zwar hat man immer genug dieser Früchte dabei, ich empfinde das sperrig-altmodische System aber als Rückschritt.

Anders kämpfen

Die Upgrade-Mechanik für euren Charakter wurde ebenfalls deutlich verändert – vermutlich um, passend zur neuen Perspektive, mehr Rollenspiel in die Immortals-Welt zu drücken. Man kann nun seine göttlichen Kräfte und Fähigkeiten mit Essenzen veredeln, die dann mehr Lebensenergie und Ausdauer spenden oder neue Manöver freischalten. All das verkompliziert die Handhabe des Menüs, wird aber unzureichend erklärt. Waffen und Rüstungen verbessert hingegen man wie gewohnt, auch die Auswahl von Kopfbedeckung, Brustpanzer & Co. wurde aus dem Hauptspiel übernommen. Sogar die bereits freigeschalteten Reittiere sind noch da – allerdings hat man wegen der neuen Perspektive weniger Lust, im gestreckten Galopp durch die digitalen Auen zu preschen, man bleibt ja doch alle Nase lang an einem Vorsprung hängen.

Das Upgrade-System mit mehr freischaltbaren Talenten und Essenzen bringt ein Stück mehr Rollenspiel ins Action-Adventure.
Ja, all das klingt zugegebenermaßen nicht besonders gut: In puncto Abwechslung macht der letzte Immortals-DLC dafür einiges richtig. Neben vielen Kämpfen gibt es Plattformpassagen, dazu ein paar Physik-Aufgaben in den Dungeons sowie Rätsel-Intermezzi in der Oberwelt. Zusammen mit den göttlichen Dialogen und den Hauptmissionen, die schon mal in biedere Bringdienste ausarten, ergibt sich ein unterhaltsames Charivari an Betätigungen. Diese Stärke des Hauptspiels konnte sich der dritte DLC also bewahren. Auch ein paar neue Feinde haben es in den Zusatzinhalt geschafft – Echsen, die sich in den Boden einbuddeln und nur gelegentlich zum Säurespucken auftauchen, können ganz schön fiese Gegner sein – zum Glück kann Ash das Gewürm mit einer Stampfattacke aus der Erde schütteln.

Und auf der Haben-Seite?

Die Rätsel in der Oberwelt, die meist eine Schatztruhe als Belohnung haben, gibt es auch im dritten DLC.
Technisch ist „Die verlorenen Götter“ so poliert wie das Grundspiel – allerdings wirken Land und Leute in der Draufsicht bei weitem nicht so spektakulär und strahlend wie in der gewohnten Third-Person-Perspektive; daran ändern auch die unterschiedlichen Landschaftstypen (Feuerberge, Eiswelt, wuchernde Gärten) nicht viel. An den wenigen Stellen, wo uns der virtuelle Kameramann mal eine Totale mit schöner Fernsicht gönnt, wurde mir umso klarer, wie sehr ich die betörenden Panoramen vermisse – vor allem Demeters labyrinthisches Gartenparadies hätte ich deutlich lieber aus der bekannten Perspektive heraus erkundet. „Die Verlorenen Götter“ ist natürlich Teil des Season Pass, einzeln schlägt es mit 14,99 Euro zu Buche. Wie die anderen DLC-Inhalte auch, kann Ashs Geschichte komfortabel vom Hauptmenü aus gestartet werden – einen bestimmten Punkt im Grundspiel erreicht zu haben, ist also nicht nötig.

Fazit

Schade eigentlich: Ubisoft begeht nicht den Fehler, als Zusatzinhalte einfach mehr vom Gleichen anzubieten, und trotzdem fällt mein Fazit zum abgeschlossenen DLC-Trio ernüchtert aus. War „Ein neuer Gott“ mit seinem Fokus auf Dungeons war zwar arm an Geschichten, dafür mit hochwertigen Prüfungen gespickt; „Mythen aus dem Reich des Ostens“ fand ich schon recht überflüssig, weil es wie ein abgespeckter zweiter Teil wirkte. „Die Verlorenen Götter“ wirkt wegen der frischen Perspektive à la Diablo wie der interessanteste Inhalt, gleichzeitig ramponiert es aber zwei der wesentlichen Spielspaßpfeiler: die Freude am Entdecken und die dynamischen Kämpfe. Die zusätzlichen Rollenspiel-Elemente gehen in Ordnung, auch die Geschichte hat gute Momente, trotzdem hatte ich schon nach relativ kurzer Zeit keine große Lust mehr, die Welt zu erkunden – auch weil ich das weniger offene Spielweltkonzept als Rückschritt im Vergleich zum Hauptspiel empfinde.

Pro

  • Ubisoft traut sich, das bewährte Konzept umzukrempeln
  • unterhaltsame Geschichte mit reichlich Humor
  • abwechslungsreiches Aufgaben-Potpourri
  • große neue Spielwelt
  • Zugriff auf Kleidungsstücke und Reittierer aus dem Hauptspiel
  • Rollenspiel-Elemente machen Ashs Fähigkeiten variabler

Kontra

  • der Reiz am Erkunden geht fast völlig flöten
  • Grafik wirkt aus der Draufsicht viel unspektakulärer
  • Kampfsystem harmoniert nicht mit der neuen Perspektive
  • Heldin lange ziemlich schwach und unbeweglich
  • Rätselaufgaben in den Dungeons weniger ausgefeilt
  • Speichern nur an Altären möglich

Wertung

PlayStation5

Der schwächste DLC: Ubisoft riskiert etwas mit der neuen Kameraperspektive – doch das Action-Rollenspiel-Konzept will nicht recht zur Immortals-Welt passen.

XboxOne

Der schwächste DLC: Ubisoft riskiert etwas mit der neuen Kameraperspektive – doch das Action-Rollenspiel-Konzept will nicht recht zur Immortals-Welt passen.

PC

Der schwächste DLC: Ubisoft riskiert etwas mit der neuen Kameraperspektive - doch das Action-Rollenspiel-Konzept will nicht recht zur Immortals-Welt passen.

XboxSeriesX

Der schwächste DLC: Ubisoft riskiert etwas mit der neuen Kameraperspektive – doch das Action-Rollenspiel-Konzept will nicht recht zur Immortals-Welt passen.

Switch

Der schwächste DLC: Ubisoft riskiert etwas mit der neuen Kameraperspektive – doch das Action-Rollenspiel-Konzept will nicht recht zur Immortals-Welt passen.

PlayStation4

Der schwächste DLC: Ubisoft riskiert etwas mit der neuen Kameraperspektive – doch das Action-Rollenspiel-Konzept will nicht recht zur Immortals-Welt passen.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • weiterhin Waffen-, Ausrüstungs- und Skin-Pakete kaufbar, "Die verlorenen Götter" kostet einzeln 14,99 Euro, ist aber auch Teil des 39,99 Euro teuren Season Pass'
  • Es gibt Käufe nur für optionale Kosmetik wie Farben, Skins, Kostüme etc.
  • Man kann die Spielzeit über Käufe nicht verkürzen, kein Pay-to-Shortcut.
  • Man kann sich keine Vorteile im Wettbewerb oder der Karriere verschaffen, kein Pay-to-win.
  • Season Pass, dessen Inhalte keine bzw. nur minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.
  • Käufe können minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.
Kommentare
craxxis

Der hochgelobte erste DLC hat mich übelst zur Weißglut gebracht, weshalb ich diesen zügig übersprungen habe. Der 2. DLC macht bislang Laune, ich denke mal, daraus hätte man auch ggfs. einen Nachfolger entwickeln können. Mags aber auch generell Asia Settings... wir warten ja immernoch auf ein AC Asia.

Spannend finde ich, dass ausgerechnet beim unterschätzten und kaum wahrgenommenen Fenyx Rising gefühlt alles glatt läuft, während die beiden Blockbuster AC Valhalla und Watch Dogs mit Bugs und Problemen zu kämpfen haben, obwohl letztere mit ziemlicher Sicherheit deutlich mehr Budget und Manpower haben.

vor 3 Jahren
Solon25

allerdings hat man wegen der neuen Perspektive weniger Lust, im gestreckten Galopp durch die digitalen Auen zu preschen, man bleibt ja doch alle Nase lang an einem Vorsprung hängen
Macht mir nichts, ich laufe eh lieber zu Fuß durch die Welt Habe in AC: Valhalla 1290km auf dem Zähler und bin davon höchstens 5 km geritten.
Allerdings ist es blöd das man hier keine Heiltränke mehr hat. Hier und da mal verschätzt, schon krieg man eins auf die Mütze und muss dafür sich einige Gegner erledigen um an die Heilkugeln zu kommen..

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren
X5ander

danke für den Test. Hab das Hauptspiel jetzt durch, dass hat wirklich Spaß gemacht. Der Season Pass müsste dann doch mal gut ins Angebot kommen, damit ich mir den hole. Hat ja noch etwas Zeit.

vor 3 Jahren