Assassin's Creed Valhalla: Zorn der Druiden - Test, Action-Adventure, XboxOne, PlayStation5, PC, XboxSeriesX, PlayStation4
Stellt euch vor, ihr seid an einem riesigen Büffet, das eine Vielzahl von Speisen und Getränken aus England anbietet - ihr habt bereits ausgiebig geschlemmt und gebechert, spürt aber, dass trotzdem noch Platz für einen Nachschlag ist. Da wird am Nebentisch ein weiteres Bankett aufgefahren: Und zwar mit Essen und Trinken aus Irland. Alles sieht dampfend heiß und köstlich aus, aber die Zutaten sind beinahe diesselben und die Gerichte sehen fast so aus wie das englische Essen nebenan. Wärt ihr da nicht auch ein bisschen enttäuscht? Klar, plötzlich Sushi oder Falafel zu erwarten, wäre unlogisch - aber warum nicht ein paar Spezialiäten aus Island auftischen oder mal auf Hausmannskost aus Norwegen ausweichen?
Wer möchte noch was?
Natürlich hinkt fast jeder Vergleich an der ein oder anderen Stelle - aber so fühlte sich für mich der erste Valhalla-DLC „Zorn der Druiden“ an. Ich mochte das Hauptspiel sehr gern, konnte mich am Hochglanz-England kaum satt sehen und habe das allermeiste von dem genossen, was ich dort erlebt habe. Und dann kommt Ubisoft und verfrachtet die zwölf- bis zwanzigstündige Erweiterung in ein ebenso betörend aussehendes Irland, das aber schon sehr stark an Englaland aus AC Valhalla erinnert. Wo in der Realität viel größere Unterschiede zwischen beiden Inseln liegen, da wirkt das ins Virtuelle eingedampfte Irland doch sehr ähnlich - man klebt oben den Giant's Causeway an, platziert hier und da ein paar mehr Megalithanlagen, Dolmen und Hochkreuze - doch der generelle Eindruck, die Lichtstimmung, die Siedlungen und Berge wirken sehr vertraut. Meiner Meinung nach hätten norwegische Fjorde oder isländische Vulkanhänge ein besseres Szenario abgegeben - einfach um über die Optik für ein frischeres Gefühl zu sorgen. Diesbezüglich bin ich natürlich schon auf den zweiten angekündigten DLC gespannt, der die Wikinger nach Paris schickt. Aber bleiben wir inhaltlich erstmal in Irland…
Ein neuer Händler
Hat man die ersten Story-Missionen im Hauptspiel absolviert und seine Siedlung in Hraefnathorp gegründet, ist der „Zorn der Druiden“-DLC verfügbar: Dort taucht am Kai eine neue Händlerin auf, die sich als Azar vorstellt und Eivor zu Verwandten nach Irland einlädt. Hat man als Bedingung zwei Mini-Lager an der englischen Küste gesäubert, kann der Trip starten - es geht mit dem Boot nach Irland. Nach der stimmungsvollen Ankunft trifft Eivor den Vetter Baröd, der es dort zu einem gewissen Wohlstand gebracht hat und über das alte Dublin herrscht. Doch im komplizierten Geflecht der irischen Kleinkönige ist er nur einer von vielen - fortan unterstützt ihn Eivor mit Rat und vor allem Tat. Um Baröd gut dastehen zu lassen, schüchtert man dessen Feinde ein, bewahrt einen anderen König davor, vergiftet zu werden, und wird im Storyverlauf mit einer neuen Bedrohung konfrontiert: Der Druidenkult Kinder der Danu sieht nicht nur bedrohlich aus, sondern hat sowohl ein Problem mit den Christen als auch den Nordmännern auf der Insel. Leider erfährt man wenig über die Motivation der finsterer Zauberer, die Halunken sehen zwar cool und bedrohlich aus, werden aber doch recht spät und oberflächlich eingeführt - hier verschenkt der „Zorn der Druiden“ einiges an Potenzial.
Im DLC gibt es weder die umstrittenen Welt-Ereignisse des Hauptspiels mit ihren schrulligen Nebengeschichten, noch die Poetry-Slams nach Wikinger Art, auch die Einsätze mit dem Schiff wurden zurückgefahren. Dafür findet man neue Ziele für Attentate (vergleichbar mit dem Orden der Ältesten) und an etlichen Orten Taubenschläge, wo optionale Aufträge von Königen warten: Die laufen zwar meist nach Schema F ab („Gehe zu A und säubere Lager X“), bieten aber doch ein wenig Abwechslung vom Story-Alltag und locken mit lukrativen Zusatzbedingungen (z.B. keinen Schaden nehmen). Außerdem wollen überall im Land verteilte Warenposten eingenommen werden, damit sich Dublin als Handelszentrum etablieren kann - das treibt einerseits einen der Story-Stränge voran und gibt Eivor andererseits die Möglichkeit, mit dem Erfüllen von Handelsauträgen ein bisschen Geld zu verdienen.
In den Hauptmissionen rund um die Königs- und Kultgeschichte wollen kleinere Schlachten geschlagen, ein Kloster geplündert, Burgen infiltriert oder Kriminalfälle gelöst werden. Valhalla-Profis merken an der Aufzählung schon: So wirklich inspiriert oder geistreich ist fast nichts, was einem in Irland vorgesetzt wird. Das heißt natürlich nicht, dass es nicht trotzdem Spaß macht. Das Kampfsystem funktioniert so gut und wirkt so wuchtig wie bisher, die neue Waffe, eine Sichel, sowie ein paar frische Fähigkeiten fügen sich gut ins Gesamtbild ein: Eivor kann nun z.B. eine Wikinger-Kopfnuss verteilen oder mit Rauchpfeilen für Verwirrung sorgen. Das leisetreterische Meucheln in feindlichen Lagern und Burgen ist in „Zorn der Druiden“ zwar weiterhin eine Option - doch an vielen Stellen sind die Feinde so zahlreich oder aufmerksam, dass Stealth-Versuche doch zu Massenkeilereien werden.
Entdeckerlust
Einer der Hauptgründe, diesen DLC zu genießen, ist der neu aufflammende Wunsch, das wilde Land zu erkunden: Auf dem Pferderücken oder einem riesenhaften Luchs, der als neues Reittier dazukommt, erkundet man verwunschene Sumpflandschaften und kämpft sich bis zur von Wind und Wetter gezeichneten Nordküste vor. Am Giant's Causeway mitsamt seinen markanten eckigen Basaltfelsen, für den echte Irland-Reisende einen Tagesausflug nach Nordirland unternehmen müssen, wartet z.B. eine Drengr auf Eivor, die euch zu einem Kampf herausfordert. Anderorts findet man hinter einem Wasserfall einen Goldschatz oder steigt in die Katakomben unter der Grabanlage von Brú na Bóinne hinab, deren Vorbild auch in der echten Welt von Touristen besucht wird. Dazu kommen reichlich Dolmen, Megalithe oder andere verwunsche Kultstätten, wo es schon mal zu kniffligen Kämpfen kommt - stellt euch auf ein paar Tänze mit Magiern und bissigen Werwölfen ein. Bei all dem freut man sich immer wieder über die pittoresken Hügel und Wälder, staunt über die Texturqualität in den Siedlungen und trifft natürlich auch viele stark aussehende Story-Figuren und NPCs.
„Zorn der Druiden“ ist seit dem 13. Mai erhältlich und kostet einzeln 24,99 Euro. Wer den Season Pass für 39,99 erwirbt, hat natürlich auch Zugriff darauf. Das gesamte Spielgebiet hat den Erfahrungslevel 55 - dieser wird also mindestens als Charakterstufe für die Erweiterung empfohlen. Wer mit einer/m deutlich stärkeren Eivor anreist, für den wird die Schwierigkeit entsprechend angepasst, damit man sich nicht unterfordert fühlt.
Fazit
Der „Zorn der Druiden“ bietet abermals eine wunderschöne, offene Spielwelt voller magischer Orte und rassiger Kämpfe - ich tue mich trotzdem schwer, ihn dem Gros der Spielerschaft zu empfehlen. Weil Valhalla schon im Original so riesig war und für Wochen unterhielt, wirkt der DLC einfach nur wie gelungener Nachschlag ohne eigene Rezeptidee - um mal zum anfänglichen Vergleich zurückzukommen. Beinharte Valhalla-Fans, die in Norwegen und Englaland schon jedes Steinmännchen umgedreht haben und sehnlichst nach mehr lechzen, bekommen genau das, was sie sich wünschen - alle anderen sind mit dem Hauptspiel aber gut genug bedient. Die austauschbare Story um Eivors Vetter Baröd, die recht spät eingeführten Druiden als neue Gegner oder das zusätzliche Handelsfeature sind leider nicht genug, um den DLC zu einem klaren Mehrwert für Valhalla zu machen. Das vortreffliche technische wie spielerische Grundgerüst nimmt davon keinen Schaden - AC Valhalla sieht immer noch stark aus, fühlt sich ebenso gut an und macht auch sofort wieder neugierig. Ob diese Erkenntnis jedoch 25 zusätzliche Euro wert, das wage ich zu bezweifeln...
Pro
- Irland sieht hinreißend aus
- schöne neue Orte mit mythologischem Touch
- große, aber nicht zu ausufernde Spielwelt
- ein paar nette neue Fähigkeiten
- immer noch knackiges Kampfsystem
- herausfordernden Duelle mit Werwölfen und Magiern
- wer schleichen will, der muss sich anstrengen
Kontra
- Schauplatz sehr ähnlich zum Hauptspiel
- Geschichte um Vetter Baröd reißt nicht gerade mit
- halbgares Handelsfeature
- keine Welt-Ereignisse mehr
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Seit Mitte Dezember nachträglich eingefügt: dauerhafte XP-Booster via Echtgeld kaufbar. "Zorn der Druiden" ist Teil des 39,99 Euro teuren Season Pass', im Sommer soll noch ein weiterer großer DLC folgen.
- Es gibt Käufe für Fähigkeiten, Karten, Figuren, Waffen, Geld, XP oder Spielmodi.
- Man kann die Spielzeit über Käufe verkürzen, Pay-to-Shortcut.