Sturmfront - The Mutant War: Übel Edition - Test, Arcade-Action, XboxOne, PC, Switch, PlayStation4

Sturmfront - The Mutant War: Übel Edition
25.05.2021, Matthias Schmid

Test: Sturmfront - The Mutant War: Übel Edition

Blut, Testosteron & Metal

Sturmfront: The Mutant War ist eine Pixelspiel gewordene, männliche Allmachts- und Zerstörungsfantasie - voller Gewalt und Obszönität. In unter einer Stunde hat Muskelmann Siegfried den letzten Tropfen Blut aus garstigen Alien-Bossen geballert. Hier kommt unser Test zum Indiespiel made in Germany.

Siegfried V. Hammerstein ist ein Abziehbild: Der blonde Hühne mit der blauen Rüstung reiht sich nahtlos ein in eine Riege stereotyper Testosteron-Brocken - irgendwo zwischen Manowar-Plattencover, Wrestlern wie Ultimate Warrior oder Lex Luger und pixeligen Retro-Helden à la Bill Rizer (Contra). Mit dicken Knarren und unendlich Munition marodiert er durch ein monsterverseuchtes Mannheim (!), nachdem er seinen Auftrag (1. Kill, 2. Kill, 3. Kill) vom Forscher Hartmuth Griesgram erhalten hat. Sturmfront - The Mutant War: Übel Edition kommt zwar in englischer Sprache daher, doch Macher Sebastian de Andrade und sein Studio Andrade Games (das in Schwäbisch Hall angemeldet ist) können die Zuneigung zu markigen deutschen Begriffen nicht verbergen.

Gestatten, Siegfried

Bosskampf: Ab dem mittleren Schwierigkeitsgrad sind die Endgegner angenehm fordernd, das Ausweichen der Kugelmuster ist kein Kinderspiel.
Im Spielverlauf ringt man Bosse mit Namen wie „Stadtverschlinger“ oder „Busenzuchtherrin“ nieder, die Level tragen die Bezeichnungen „Grabschande“ oder „Menschenmacherei“. Besonders albern bzw. geschmacklos (je nach Lesart) wird es gleich zu Spielbeginn, als man an Bordellen vorbeikommt, auf deren Neonschilder die Namen der Etablissements stehen: „Nonnenstoß“, „Gutes deutsches Hurenhaus“ oder „Tote Nutten“ sprechen eine sehr deutliche Sprache. In den Credits bedankt sich Andrade bei Metalbands wie Sodom und Slayer, aber auch bei der deutschen Kapelle Eisregen, die es mit thematisch ähnlich gelagerten Texten schon mehrfach auf den Index schaffte. Zu guter (schlechter?) Letzt geben sich die Macher im Abspann auch selbst Spitznamen wie „Blut Maler“, „Fleisch Verzerrer“ oder „Killerspielmacher #1“. Das kann man unangenehm, deplatziert oder pubertär finden, letztlich ist Sturmfront aber ein derart überzogenes Produkt, dass es auch als Parodie auf eine ganze Generation von Videospielen und Actionfilmen durchgehen könnte…

Genug der Namen, so wird gespielt: Im Stil von japanischen Actionklassikern wie Capcoms Commando oder SNKs Ikari Warriors kämpft man sich aus einer Top-Down-Persepktive durch die Level. Dank Twinstick-Steuerung ist es problemlos möglich, in eine Richtung zu laufen, aber in die andere zu feuern. Apropos feuern: Siegfried teilt mit aufrüstbaren MGs, Raketenwerfer, einem an Contra erinnernden Spreadshot sowie seinem Flammenwerfer aus. Letzterer ist besonders wichtig, um Aliennester (aka Feindgeneratoren) auszubrennen, dafür ist allerdings Benzin nötig, das nur gelegentlich in Kanister-Form aufgesammelt werden kann. Ein markiges „Gasoliiiine“ des Ansagers erinnert Ballerfreunde an Metal Slug („Heavy Machinegun!“), auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad löscht der Flammenwerfer nicht nur Feinde, sondern auch feindliche Kugeln aus - so sehen auch Gelegenheitsspieler das letzte der fünf kurzen Levels. Spielerische Kniffe existieren kaum: Es gibt ein paar Portale zu Bonusräumen und einige zerstörbare Objekte - leider verzichtet Sturmfront auf eine Ausweichrolle ebenso wie auf einen Zweispieler-Modus. Beides boten spielerisch ähnlich gelagerte Titel wie Neo Contra oder das 2020 getestete Xeno Crisis.

Ballern, von oben

Keine Gefangenen: Siegfried streicht den Asphalt mit blutroter Farbe.
In grafischer Hinsicht wandelt Sturmfront auf einem schmalen Grat zwischen Pixel-Trash und stimmungsvoller Retro-Liebeserklärung: Manche Feinde oder Objekte sind hübsch gepixelt, andere wirken arg blockig und billig. Das Spiel hat sich seine 18er Freigabe nicht nur mit der vulgären Sprache verdient: Siegfried schreitet zwischen brennenden Leichenhaufen umher, schießt hektoliterweise Blut aus seinen Feinden und liquidiert sogar betende Zivilisten. Wer mit dem zynisch-übertriebenen Setting etwas anfangen kann, dem seien noch zwei weitere Andrade-Titel empfohlen: Im Shoot’em-Up 1917 - The Alien Invasion DX beleidigt die Kampfpiloten Dr. Brunhild Stahlmüller ihre Gegner mit einem ”Friss Sauer­kraut” (erkennt ihr ein Muster?), im letzte Woche veröffentlichten Heidelberg 1693 schießt man sich mit einer Muskete durch eine bluttriefende Castlevania-Hommage.

Fazit

Eben weil ich das Spiel und seine Botschaft, sofern es denn eine besitzt, nicht ernst nehme, hatte ich durchaus Spaß mit diesem altmodischen Baller-Happen. Sturmfront erfindet weder das Twinstick-Shooter-Rad neu noch fügt es seinen Arcade-Vorbildern, von denen es Ende der 1980er viele gab, nennenswerte spielerische Aspekte hinzu. Was bleibt, ist ein blutrünstiger, von treibenden Metalriffs untermalter Kurztrip in ein bizarres Pixel-Mannheim, das vor allem jenen Spielern gefallen dürfte, die schon in den 1980ern Spaß mit Telespielen hatten. Ein paar mechanische Kniffe (Waffenwechsel, Ausweichrolle, Granaten) oder wenigstens ein Zweispieler-Modus hätte diesem Indietitel aber gut getan.

Pro

  • schnörkelloser, gut funktionierender Spielablauf
  • Waffen haben Power
  • zotige, einfallsreiche deutsche Namen
  • Freunde von Pixelblut kommen auf ihre Kosten
  • spaßige Bosskämpfe
  • leichter Schwierigkeitsgrad ist auch leicht
  • spartanische Artwork-Galerie dabei
  • treibende Metal-Riffs

Kontra

  • keine eigenen spielerischen Ideen
  • sehr schnell durchgezockt
  • Zweispieler-Modus wird hier klar vermisst
  • Feindgeneratoren nerven etwas
  • die obszöne Sprache kann man unangebracht finden

Wertung

XboxOne

Brutaler Top-Down-Shooter mit ansprechender Retro-Inszenierung - allerdings ohne eigene spielerische Ideen und mangels Zweispieler-Modus nicht lange motivierend.

PC

Brutaler Top-Down-Shooter mit ansprechedner Retro-Inszenierung - allerdings ohne eigene spielerische Ideen und mangels Zweispieler-Modus nicht lange motivierend.

Switch

Brutaler Top-Down-Shooter mit ansprechender Retro-Inszenierung - allerdings ohne eigene spielerische Ideen und mangels Zweispieler-Modus nicht lange motivierend.

PlayStation4

Brutaler Top-Down-Shooter mit ansprechender Retro-Inszenierung - allerdings ohne eigene spielerische Ideen und mangels Zweispieler-Modus nicht lange motivierend.

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