Edge of Eternity - Test, Rollenspiel, Mac, XboxSeriesX, PlayStation4, PlayStation5, XboxOne, Linux, PC
In Edge of Eternity prallen zwei Welten aufeinander, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Die Bewohner Heryons versuchen sich mit altertümlichen Waffen und magischen Kräften gegen die Invasion der außerirdischen Archeliten und deren technologische Überlegenheit zu stemmen. Heryon scheint zuletzt sogar im Vorteil. Doch dann setzen die Archeliten eine besonders grausame Waffe ein: Die Zersetzung - ein biologischer Kampfstoff, der seine Opfer nach und nach in abscheuliche Missgestalten verwandelt.
Krieg der Welten
Ein Schicksal, das auch der Mutter von Soldat Daryon blüht, wie ihm seine als Priesterin tätige Schwester Selene in einem Brief mitteilt. Doch sie stellt auch die Hoffnung auf ein Gegenmittel in Aussicht, für das sich beide auf eine lange Reise durchs ganze Land begeben, um Meister Alpharius zu finden - anfangs ganz allein, später auch mit der Unterstützung wehrhafter Weggefährten wie Ex-Armeekamerad Khalder oder Wahrsagerin Myrna.
Sattel die Katz'
Die Schauplätze sind weitläufig und abwechslungsreich, die Fußmärsche oft lang. Zumindest bis man einen der katzenartigen Nekaruh als Reittier nutzen kann - sogar für Wettrennen. Darüber hinaus können die domestizierten Großkatzen auch Schätze wittern und bei entsprechender Annäherung ausgraben. Manchmal fördern sie statt versteckter Kleinode aber auch aggressive Monster zutage, welche die Gruppe dann in rundenbasierte Kampfhandlungen verstricken.
In freier Wildbahn kann man potentiellen Angreifern hingegen auch ausweichen oder mit einer vorteilhaften Initiative-Attacke in den Kampf starten. Als Basis für die Auseinandersetzungen dient ein Active-Time-Battle-System wie man es seit Final Fantasy 4 kennt: So füllt sich bei jedem Kampfteilnehmer kontinuierlich eine Aktionsleiste auf, die erst bei vollen Füllstand die Auswahl einer Kampfaktion, wie Waffenangriffe, Item-Einsätze, Fluchtversuche oder Zauber erlaubt, wobei Letztere eine Vorbereitungszeit erfordern und unterbrochen werden können. Während der Auswahl wird das Kampfgeschehen jedoch pausiert, so dass man seinen Zug in Ruhe planen und abwägen kann.
Taktisches Stellungsspiel
Man kann auch manuell Zeit verstreichen lassen, eine Verteidigungshaltung einnehmen oder die Position wechseln. Im Gegensatz zu vielen Genrekollegen finden die Kämpfe nämlich nicht nur in symbolischen Arenen, sondern auf sechseckig gerasterten Schlachtfeldern statt, auf denen es nicht nur Waffen- und Aktionsreichweiten zu berücksichtigen gilt, sondern wo man sich auch für vorteilhafte Rücken- oder Flankierungsangriffe umherbewegen kann. Das Ausnutzen elementarer Schwächen, die einmal herausgefunden dauerhaft vermerkt werden, ist ebenfalls wichtig. Im Hauptmenü können außerdem bevorzugte Startformationen festgelegt werden.
Auf bestimmten Feldern finden sogar Interaktionen mit der Umgebung statt: So kann man z. B. fest installierte Ballisten bedienen, Selbstschussanalgen aktivieren, Heilkristalle nutzen oder aber auch elektrische Schläge von nahen Blitzkristallen erhalten. Manche Abwehrschlachten haben dadurch fast Tower-Defense-Charakter. Außerdem gibt es in jedem Kampf optionale Bonusherausforderungen, deren Erfüllung mit Fertigkeitskristallen für Waffen-Upgrades belohnt wird. So hat man selbst gegen harmlose Gegner immer wieder Anreize, sich trotzdem ins Zeug zu legen, während man die Kampfanimationen in mehreren Stufen beschleunigen kann.
Außerdem gibt es entlang der Haupthandlung auch immer wieder lukrative Nebenaufgaben zu erledigen, die man direkt von besorgten Bürgern oder regionalen Anschlagtafeln erhält. Welt- und Questdesign erinnern oft an Online-Rollenspiele und versprühen trotz durchaus stimmungsvoller Kulissen leider auch eine gewisse Sterilität. Außerdem hat auch die Vollversion noch mit diversen Darstellungsfehlern zu kämpfen, die von harmlosen Clippings und Pop-Ups bis hin zu wirklich nervigen Menü- und Kamera-Aussetzern reichen.
Viel zu tun
Ähnliches gilt für die deutsche Lokalisierung, die an sich gut gelungen ist, aber nach wie vor auch Fehler und Lücken aufweist. Das Charakterdesign wirkt ebenfalls durchwachsen - vor allem Mimik und Animationen sind oft etwas starr und unnatürlich, während Nebencharaktere oft eine massive Diskrepanz in punkto Detailgrad aufweisen. Die englischen Sprecher machen hingegen mehrheitlich einen guten Job, auch wenn es leider keine durchgehende Vertonung gibt. Dafür wartet Edge of Eternity mit gefühlvollen Kompositionen von Altmeister Yasunori Mitsuda (u. a. Chrono Trigger und Xenoblade Chronicles) auf.
Insgesamt ist die audiovisuelle Präsentation jedenfalls ordentlich. Vor allem die dynamischen Tages- und Wetterwechsel, die selbst während Gesprächen und Kämpfen stattfinden, sorgen für Stimmung. Es gibt sogar Raytracing-Unterstützung inklusive DLSS. Twitch- und Modding-Anbindung (via Steam Workshop) ist ebenfalls an Bord. Besonders widrige Witterungen können ebenso wie zu lange Sprints an der Gruppenausdauer zehren, die sich nur in Gasthäusern oder an Lagerfeuern wieder auffrischen lässt. Außerdem kann man dort die Uhrzeit manipulieren und spezielle Dialogszenen erleben. Verbrauchte Zauber- und Lebensenergie wird hingegen nach jedem Kampf automatisch wiederhergestellt, Gefallene wiederbelebt.
Die Charakterentwicklung erfolgt weitestgehend automatisch - allerdings erhalten nicht nur die Gruppenmitglieder, sondern auch deren Waffen Erfahrungspunkte, wodurch sie nicht nur stärker werden, sondern auch immer mehr Steckplätze für Kristalle mit Werteverbesserungen und Kampffertigkeiten erhalten, die man ähnlich wie bei einem Skilltree in farblich passende Slots platzieren und aktivieren kann. Der Schwierigkeitsgrad lässt sich vor und während des Spiels sehr facettenreich anpassen, Gegnerstufen auf Wunsch sogar synchronisieren.
Waffen nach Maß
Neue Ausrüstung kann man in Geschäften kaufen oder an entsprechenden Werkbänken selbst herstellen. Die dafür benötigten Rohstoffe kann man von Händlern erwerben, in Kämpfen erbeuten oder in freier Natur sammeln. Die Navigation per Karte lässt allerdings zu wünschen übrig, da die Ansicht via Minikarte begrenzt und die statische Gesamtansicht sehr grob ist. Auch die Suche nach bestimmten Objekten gestaltet sich unnötig zäh, da es weder Vergleichsmöglichkeiten beim Einkaufen und Herstellen, noch Datenbanken für Beute und Fundorte gibt.
Zeit zum Grübeln
Immerhin kann man Teleporter für Schnellreisen nutzen, auch wenn man dafür jedes Mal Geld berappen muss. Spielstandsicherungen sind ebenfalls nur an Teleportern möglich - das allerdings kostenlos. Gefallen haben mir auch die hexfeld-basierten Rätseleinlagen, wo z. B. zwei Charaktere gemeinsam einen Weg in eine Schatzkammer finden müssen, indem sie einander im richtigen Moment die passenden Türen öffnen, was manchmal gar nicht so einfach ist. Das Design der Dungeons ist teils ebenfalls angenehm verwinkelt und hält für findige Entdecker versteckte Belohnungen parat.
Hinsichtlich des Umfangs kann man auch nicht meckern. Allein mit dem Launch-Update hat man dem Spiel nochmals über 20 Stunden an zusätzlichen Inhalte hinzugefügt. Außerdem sollen dieses und nächstes Jahr regelmäßig kostenlose Updates mit neuen Spielinhalten und -funktionen erscheinen - darunter Verbesserungen des Mod-Kits, neue Quests und Skins sowie das Züchten von Nekaruhs auf der eigenen Farm.
Fazit
Mit Edge of Eternity hat das kleine französische Midgar Studio ein beachtliches Rollenspielepos japanischer Prägung auf die Beine gestellt, das sich in punkto Story, Spielmechanik und Umfang auch vor Titeln größerer Studios nicht zu verstecken braucht. Das Szenario ist interessant, die Welt riesig, die Schauplätze abwechslungsreich. Das rundenbasierte ATB-Kampfsystem (Active Time Battle) hat mir mit seinen Positionswechseln, Schlachtfeldinteraktionen und Bonusherausforderungen sogar richtig gut gefallen - ebenso wie das individuelle Modifizieren der Waffen. Spielwelt und Charaktere wirken hingegen trotz durchaus stimmungsvoller Momente ungewohnt starr und steril. Oft kommt man sich wie in einem Online-Rollenspiel ohne Mitspieler vor. Hinzu kommen lästige Darstellungsfehler und Einschränkungen bei Navigation und Handhabung, während die deutsche Lokalisierung nach wie vor ihre Lücken hat. Doch trotz des merklich fehlenden Feinschliffs hat mich die Odyssee von Daryon und Selene insgesamt gut unterhalten.
Pro
- interessantes Szenario
- abwechslungsreiche Spielwelt
- Kämpfe mit Umgebungsinteraktionen und Bonusherausforderungen
- individuelle Waffenverbesserungen
- dynamische Zeit- und Wetterwechsel
- facettenreich anpassbarer Schwierigkeitsgrad
Kontra
- sterile Inszenierung
- durchwachsenes Charakterdesign
- lästige Menü
- und Darstellungsfehler
- limitierte Kartenansicht
- keine Vergleichsfunktion beim Herstellen und Handeln
- unfertige Lokalisierung
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt Käufe nur für optionale Kosmetik wie Farben, Skins, Kostüme etc.