Carve Snowboarding - Test, Sport, VirtualReality, OculusQuest
Wie setzt man ein authentisches Snowboarding-Gefühl um, ohne einen Fuß-Controller zu benutzen? Entwickler Chuhai Labs lässt den Spieler die Balance-Bewegungen mit ausgestreckten Armen ausführen. Einfach seitlich zur Strecke aufs virtuelle Board stellen, die Arme ausstrecken, die Controller behutsam in den Kurven neigen und zu Sprüngen kurz in die Luft reißen. So authentisch und immersiv fühlte sich die Abfahrt auf einem Brett vermutlich noch nie an – vor allem, wenn man die noch realistischere Kantensteuerung aktiviert! Da der Körper voll involviert ist, hatte ich trotz wilder Manöver nicht einmal Übelkeitsprobleme! Das hätte ich nach meinen VR-Problemen mit Rallye-Spielen nicht erwartet.
Hände sind die neuen Füße!
Der Komfort profitiert auch von einer geschickt als Eisrand getarnten Vignette auf der Skibrille. Lediglich ein Muskelkater in den Schultern machte sich nach einer langen Spiel-Session abends bemerkbar – damit kann ich leben. Schade, dass man im Abfahrtsmodus nur auf Zeit statt gegen menschliche Gegner fährt. Bestenfalls der eigene Geist bzw. der von weltweiten Könnern taucht vor mir auf – sofern die fehlerhaften Ranglisten nicht gerade wieder verrückt spielen.
Echte Sportler im Vorteil?
Der knifflige Einstieg offenbart aber auch, wie nah sich die Umsetzung der Tricks schon am Original bewegen. Wer zwischendurch das Headset absetzt und sich auf Youtube ein echtes (!) Snowboarding-Tutorial anschaut, kann die benötigten Grabs mit etwas Können danach direkt im Spiel umsetzen. Wahnsinn, oder? Die Hände greifen zwar nicht unter die echten Füße des Spielers, sondern nur auf halber Höhe in die Luft, aber die Bewegung ist nah am Original. Nach dem Absprung bewege meine Hände mit den Bewegungscontrollern einfach an den entsprechenden Punkten ans Board, halte eine Weile die Grifftaste gedrückt und versuche, sauber zu landen. Schön, dass wir an diesem Punkt angelangt sind.
Der Flugverkehr nimmt wieder Fahrt auf
Echte Snowboarder könnten hier eine deutlichen Vorteil besitzen, weil sie die Positionen der Hände schon verinnerlicht haben und intuitiv verlässlicher abspulen können. Ich habe allerdings auch nach einigen Stunden noch damit gekämpft, die übertrieben hohen Punktzahlen für genügend Medaillen zu erreichen, um weitere Exemplare der sechs Kurse freizuschalten. Auch das eingeblendete Diagramm des Boards mit vereinfachten Hand-“Slots“ half nur sehr bedingt dabei weiter, sie auch passend mit den Händen zu treffen.
Schliddern, rotieren und zugreifen
Das Aufrechterhalten der Kombos wird aber immerhin ein wenig von den einfacher zu meisternden Slides auf Geländern oder Spins erleichtert. Keine Angst, bei Letzteren müsst ihr euch nicht persönlich um die eigene Achse drehen. Stattdessen werden mit gehaltenem Trigger ein wenig die Arme bewegt, so dass nur das Board vor einem rotiert (der Magen dankt!). Wie genau das umgesetzt wird, muss aber wieder mal alleine ausgetüftelt werden. Flips (z.B. Salti) werden leider nicht geboten. Vorhanden ist dagegen eine alternative Möglichkeit, im Sitzen zu spielen.
Eher etwas für zwischendurch?
Der abwechslungsreiche konfigurierbare Soundtrack kommt nicht nur mit fluffig-verträumtem Indie-Gesäusel daher: Mit „Mad as Hell“ von Black Mustang vs. Kerrier District haben die Entwickler auch einen echten elektronischen Brecher und Geheimtipp aus dem Jahr 2009 ausgegraben (siehe Trailer). Für Freunde von Synkopen und Frühneunziger-Techno ein wahrer Genuss! Spielt auf jeden Fall mit Köpfhörern: Manche Titel massieren die Ohren mit fast schon übertrieben viel Bass, und auch die räumlichen Schnee- und Windgeräusche tragen viel zum Präsenzgefühl bei! Die gemütliche Hütte als begehbares Menü sorgt ebenfalls für Wohlfühl-Atmosphäre.
Hütte, Hund und Dude
Fazit
Mit Carve Snowboarding hinterlässt schon wieder ein VR-Titel ein zwiespältiges Gefühl: Einerseits ist es cool, dass Chuhai Labs eine Umsetzung des Sports gelungen ist, die sich so realgetreu und mitreißend anfühlt! Hier wird schließlich mit intuitivem In-die-Kurve-Lehnen der Bewegungs-Controller und authentischen Griffen ans Board gesteuert! Komplett ausgefeilt wirkt die Technik aber noch nicht, da die virtuellen Griffel nicht immer zuverlässig genug am Board landen. Es fehlen einfach tiefergehende Tutorials oder zumindest Trick-Lexika, um nicht ständig das Headset für Tipps und Recherchen abnehmen zu müssen. Zudem wirken die nur zwei Modi ohne KI-Gegner und Online-Rennen auf Dauer etwas karg. Wer sich auf eine steile Lernkurve einlässt, ein geübtes Körpergefühl oder gar echte Snowboarding-Kenntnisse mitbringt, könnte hier aber trotzdem auf seine Kosten kommen!
Pro
- intensives, sehr intuitives Fahrgefühl
- authentisch umgesetzte Trick-Steuerung nah am Vorbild
- cooler Soundtrack
- trotz wilder Action erstaunlich komfortabel
- sympathische Hütte zur Erholung zwischendurch
Kontra
- Trick-Modus viel kniffliger als die Zeitrennen
- ...Griff-Steuerung aber nicht immer verlässlich genug
- keine KI
- oder Online-Rennen
- karger Umfang ohne komplexe Karriere oder dergleichen
- Bestenlisten und Geister leiden unter Fehlern/Cheatern
Echtgeldtransaktionen
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- Es gibt keine Käufe.
- Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.