The Last Spell - Test, Taktik & Strategie, PlayStation4, Switch, PlayStation5, PC

The Last Spell
10.06.2021, Marcel Kleffmann

Test: The Last Spell

Verteidigung bis zum Letzten

Drei Helden kämpfen in The Last Spell (ab 27,93€ bei kaufen) gegen Monsterhorden sowie den unvermeidbaren Untergang. Dank stetiger Verbesserungen nach Roguelite-Strickmuster halten die Kämpfer immer länger durch und stellen sich tapfer den Gegnermassen. Wir haben die intensiven Verteidigungsschlachten des Taktik-Rollenspiels im Early Access getestet.

In The Last Spell versucht man sämtliche Magie aus einer postapokalyptischen Fantasy-Welt zu verbannen und muss dazu in seiner Stadt "den letzten Zauber" wirken, der den einst heraufbeschworenen Kataklysmus mitsamt seinen Monsterhorden wieder rückgangig machen soll. Mehrere Magier haben alles Nötige vorbereitet, um die Welt zu retten, müssen aber während des mehrtägigen Zauberwirkens von zufälligen Helden beschützt werden. Tagsüber lauert praktisch keine Gefahr, doch in der Nacht stürmen große Monsterhorden heran und versuchen "den letzten Zauber" zu verhindern ...

Die Verbannung der Magie

The Last Spell ist ein rundenbasiertes, taktisches Rollenspiel mit Roguelite-Elementen, in dem es darum gilt, die Zauberer zu beschützen und idealerweise auch die Stadt zu verteidigen, da praktisch jede Unterstützung im Kampf willkommen ist. In der Nacht wird gekämpft. Am Tage werden die Wunden kuriert, die Charaktere verbessert, die Stadt ausgebaut und Verteidigungsanlagen hochgezogen. Das Spiel ist in dem Sinne keine Tower Defense, sondern eher eine "Hero Defense" und erinnert beim Spielen an They Are Billions (nur in Runden-Modus), Into the Breach oder Final Fantasy Tactics.

Des Nachts treten die drei steuerbaren Helden (rundenweise) gegen eine große Übermacht an. Übermacht ist hier keine Übertreibung, da locker über 90 Feinde auf dem Bildschirm sein können. Derartige Gegnermassen kennt man normalerweise aus solchen Spielen nicht. Zunächst attackieren sie nur aus einer Richtung, was die Verteidigung recht leicht macht, aber später kommen sie von mehreren Seiten.

Kämpfe in der Nacht

73 Gegner sind noch in dieser Nacht übrig. Und sie greifen von zwei Seiten an. Das violette Ausrufezeichen bedeutet, dass die Panik in dem Dorf steigt und dadurch die Belohnungen niedriger ausfallen werden.
Gekämpft wird hauptsächlich mit Helden, die keinen Klassen angehören. Die Klassen bzw. den Spielstil wählt man vielmehr selbst, in dem man Waffen und bestimmte Perks nach Level-Ups aussucht, schließlich hängen die nutzbaren Fähigkeiten mit den Waffentypen zusammen - ein Nahkämpfer mit einem Schwert könnte man also auch eine Armbrust oder einen Zauberstab in die Hand drücken. Jeder Charakter verfügt über Primär- und Sekundärwerte, limitierte Gesundheits- und Mana-Regeneration (nur am Tag) und weitere Eigenschaften. Zufällig generierte Ausrüstungsgegenstände kommen zusätzlich hinzu.

Bewegungs- und Angriffspunkte sind bei den Helden voneinander getrennt. Trotzdem muss man gezielt und taktisch überlegt vorgehen, da Aktionen und Ressourcen limitiert sind, vor allem das immens wichtige Mana für starke Attacken. Es kommen Flächenangriffe, Schattenblitze, Kettenblitze, magische Geschosse, Feuerbälle, Gift-Zauber und normale Angriffe gegen Einzelziele zum Einsatz. Oftmals ist es sinnvoll, die Gegner nur zu verletzen oder mit Schwächungszaubern zu versehen, damit der Vormarsch ins Stocken gerät und sich besonders gefährliche Feinde als Primärziele herauszupicken.

Knackpunkt Mana

Möglichst viele Gegner mit Flächenangriffen zu erwischen, ist das A und O.
Während Fernkämpfer aus der Distanz mit verheerenden Attacken die Horden dezimieren können, sind Nahkämpfer überraschend schlagkräftig, was ich zunächst unterschätzt hatte. Da die Nahkämpfer in der Regel über Attacken mit zusätzlichen Bewegungspotential verfügen, z.B. Sturmangriffe (durch Gegner hindurch), eignen sie sich prima für Hit-and-Run-Attacken oder um als Bollwerk mit Schild in engen Gassen zu verharren. Untermalt wird das Geschehen von einem immens treibenden Soundtrack (Synth-getriebener Instrumental Progressive Metal) von Rémi Gallego aka The Algorithm.

Der Rundenwechsel geht zum Glück schnell über die Bühne, da die Gegner im Pulk bewegt werden. Wichtige Ereignisse wie Attacken auf Helden oder die Stadt werden gezeigt, wobei die Kamerapositionierung nicht immer glücklich ausfällt. Außerdem greifen die Gegner nicht immer auf direktem Weg die Magier in der Stadtmitte an, sondern prügeln gerne die Gebäude kaputt oder attackieren Verteidigungsanlagen, obgleich sie gar nicht im Weg sind. Na ja. Es sind halt Monster.

Hat man die Nacht überstanden, gibt es erstmal Belohnungen für die noch stehenden Gebäude und die erledigten Monster in Form von "verdorbene Essenzen", die als Währung für die ersten Upgrades dienen. Diese Upgrades sind dauerhaft und partieübergreifend. So kann man z.B. freischalten, dass die Helden mit mehr Mana oder Aktionspunkten starten sollen und neue Gebäude errichtet oder neue Ausrüstungsgegenstände hergestellt werden können. Neben diesem Fortschrittssystem gibt es "göttliche Gaben", die man quasi als Achievements mit ähnlichen Boni verstehen kann. Beides sind Roguelite-Fortschrittsmechaniken.

Das Tagesgeschäft

Zurück zum Tagesgeschäft: Sind die Erfahrungspunkte verteilt, gilt es neue Ausrüstung für die Helden zu kaufen oder herzustellen. Außerdem können Gebäude gebaut und die verfügbaren Arbeiter dazu gebracht werden, irgendwo Trümmer zu recyceln, Mana oder Lebenspunkte für die Helden zu regenerieren oder die Produktion von Waffen und Rüstungen zu beschleunigen. Diese Ressourcen sind beschränkt und je mehr von der Stadt zerstört wird, desto weniger gibt es. Zudem können Verteidigungsanlagen und Barrieren gebaut werden. Barrieren erschweren das Vorankommen des Gegners und verlangsamen bestenfalls ihren Vormarsch, während später Verteidigungsanlagen wie Katapulte im Kampf mithelfen können.

Damit man immer genau weiß, welche Aktionen noch möglich sind, hilft an der linken Seite eine praktische Commander-Leiste. So behält man den Überblick, was zu tun ist. Sind der Stadtausbau und das Management der Helden abgeschlossen, dürfen die Kämpfer auf dem Schlachtfeld platziert werden und los geht der nächste Angriff. Gespeichert werden kann übrigens nur tagsüber.

Mit verdorbenen Essenzen werden neue Vorteile und Verbesserungen dauerhaft freigeschaltet. Die Essenzen bekommt man von besiegten Gegnern nach einer Nacht.
The Last Spell ist grundsätzlich ein schweres und herausforderndes Spiel, obgleich es einen einfachen Modus mit besseren Start-Konditionen gibt, wobei die Entwickler klarstellen, dass dieser Modus nicht die bevorzugte Art und Weise ist, wie das Spiel erlebt werden soll. In den ersten Partien muss man sich darauf einstellen, ziemlich schnell ins Gras zu beißen und nicht die dritte oder vierte Nacht zu erleben. Durch die gesammelten Essenzen und Gaben für den spielübergreifenden Fortschritt der beiden Roguelite-Mechaniken wird man spürbar mächtiger. Einen schnellen Sieg darf man sich generell abschminken ...

Schwer, Neustarts und der Zufall

In meiner ersten Partie war in der dritten Nacht alles vorbei. Die zweite Partie endete nach einer ziemlich doofen Entscheidung und einem Kampftest des Nahkämpfers in einer Gegnerhorde ebenfalls in der dritten Nacht. In der dritten Partie schaffte ich es aber bis in die siebte Nacht. Bis zur fünften Nacht war die Vereidigung relativ souverän und mit "S" bewertet. Die sechste Nacht war trotz einiger Gebäudeverluste gut machbar, aber in der siebten Nacht hatten meine Helden nicht den Hauch einer Chance.

Man merkt eindeutig, wie die freigeschalteten Charakter-Verstärkungen, Gebäude, Verteidigungsanlagen und Ausrüstungsgegenstände die eigene Schlagkraft erhöhen, was natürlich auch motiviert und anspornt, aber man muss sich klar sein, dass das häufige Scheitern und der Neubeginn zum Konzept dazugehören - zumal eine Nacht schon knapp 20 bis 30 Minuten dauern kann (später mehr). So arbeitet man sich langsam weiter voran und kämpft gegen die Monsterhorden, sofern die RNG-Götter wohlgesonnen sind, schließlich spielt der Zufallsfaktor eine nicht zu unterschätzende Rolle, da es zufallsgenerierte Helden mit jeweils anderen Fertigkeiten, Ausrüstungsgegenständen sowie gemischte Gegnerkonstellationen und natürlich Trefferchancen von Attacken gibt.

Mit Perks lassen sich die Helden spezialisieren.
The Last Spell konzentriert sich voll und ganz auf diese spannenden Verteidigungsschlachten, könnte aber mit der Zeit an Reiz verlieren, weil sich der Spielablauf grundsätzlich sehr ähnlich verhält. Es gibt nahezu keine Abwechslung, die vielleicht durch (zufallsgenerierte) Events mehr Leben in die Schlachten bringen könnte - oder andere Spielmodi oder gleich eine kooperative Multiplayer-Variante.

The Last Spell befindet ist seit dem 3. Juni 2021 im Early Access auf Steam (Preis: 19,99 Euro). Publisher The Arcade Crew und das Entwicklungsstudio Ishtar Games (ehemaliger Name: CCCP) schätzen, dass das Spiel mindestens ein Jahr im Early Access bleiben wird. Die aktuelle Version bietet alle Kernfunktionen inkl. Roguelite-Fortschritt. Es lassen sich zwölf Ingame-Tage hintereinander plus Bosskampf spielen, danach ist Schluss.

Mitten im Early Access

Das Dorf ist nahezu ausradiert, aber die Magier und die Helden leben noch. Lange wird es nicht mehr bis zur Niederlage dauern ...
Im Test wirkte das Spiel im Vergleich zu anderen Titeln vergleichsweise ausgereift, gut poliert und sehr stabil. Bugs oder Abstürze fielen nicht auf, bis auf seltene Audio-Abmischungsprobleme (verzögerte oder zu leise Sounds). Auch das Benutzer-Interface macht einen guten Eindruck, wobei die Platzierung von manchen Elementen (Helden) sowie die Zuweisung von Gegenständen verbessert werden könnten. Mehr Informationen über Skills, Effekte und Co. bekommen zu können, wäre ebenfalls gut. Eine deutsche Übersetzung gibt es bisher nicht.

Weitere Inhalte und Schwierigkeitsmodifikatoren sollen mit regelmäßigen Updates folgen. Eine Early-Access-Roadmap liegt noch nicht vor. Die Vollversion wird das Spiel über den Bosskampf hinaus ausdehnen und sollte die Länge eines Durchgangs mindestens verdoppeln. Neue Karten, Feinde, Waffen, Fallen, Gebäude, Bosse, Fertigkeiten, Verbesserungen, Schwierigkeitsgrade etc. zur Erhöhung der Wiederspielbarkeit sind geplant.

Fazit

The Last Spell trifft meinen Nerv ziemlich gut. Ich mag Tower-Defense-Spiele. Mir gefallen rundenbasierte Taktik-Rollenspiel, die sich schnell spielen. Und gut umgesetzte Roguelite-Mechaniken sowie Beutespiralen motivieren mich ebenso. Daher müsste The Last Spell eigentlich eine Win-Win-Win-Situation sein und ich hatte sehr viel Spaß mit dem Titel, was ebenfalls dem formidablen Soundtrack zu verdanken ist. Die taktischen Gefechte gegen die Monsterhorden spielen sich erstklassig. Sie bieten überraschend viel Tiefgang und trotz vieler Zufallselemente kann es eine kleine Heldentruppe mit Gegnermassen aufnehmen, die man in dem Genre so nicht kennt. Auch der Ausbau der Stadt ist okay, während die beiden Fortschrittssysteme eine spürbare Stärkung bieten. Natürlich sollte man einen Faible für schwere und kompromisslose Spiele und Zufallselemente mitbringen - und sich im Klaren sein, dass man Scheitern wird, und zwar mehrfach. Weswegen The Last Spell kein "sehr gut" erhält, liegt daran, dass es sich einzig und allein auf die tollen Gefechte verlässt und zu wenig Abwechslung bietet. Mehr von allem (Beute, Gebäude, Fallen, Waffen, Gegner), was die Entwickler auf ihrer To-Do-Liste stehen haben, würde das Spiel klar aufwerten, aber es dürfte auch gerne mehr Überraschungen, Spielmodi oder Ereignisse geben. Die getestete Early-Access-Fassung machte einen überaus guten und stabilen Zustand, bietet aber keine deutsche Übersetzung.

[Dieser Early-Access-Test beruht auf v0.91.4 - der ersten Early-Access-Version des Spiels mit zwei Hotfixes]

Wertung

PC

Die taktischen Gefechte gegen die Monsterhorden spielen sich erstklassig, könnten aber mehr Abwechslung vertragen.

Kommentare
oc1d

Ich spiele es jeden Abend und mag es sehr - aber es hat (noch) seine Schwaechen!

vor 3 Jahren
flopsy

Was mich bei dem Spiel interessieren würde, ist es eher so ein pseudo Strategiespiel wie Into the Breach - bei dem jede Karte eigentlich nur eine Rätselaufgabe war, die man lösen musste - oder kann man da wirklich mit Strategie und Taktik vorgehen?
Karte, Gegnerzusammenstellung, Helden, Fähigkeiten ... das ist alles random. Strategie eher weniger. Taktik recht viel, gerade bei Mehr-Fronten-Angriffen.
Hört sich an, als könnte es Spaß machen

vor 3 Jahren
4P|Marcel

Was mich bei dem Spiel interessieren würde, ist es eher so ein pseudo Strategiespiel wie Into the Breach - bei dem jede Karte eigentlich nur eine Rätselaufgabe war, die man lösen musste - oder kann man da wirklich mit Strategie und Taktik vorgehen?
Karte, Gegnerzusammenstellung, Helden, Fähigkeiten ... das ist alles random. Strategie eher weniger. Taktik recht viel, gerade bei Mehr-Fronten-Angriffen.

vor 3 Jahren
flopsy

Was mich bei dem Spiel interessieren würde, ist es eher so ein pseudo Strategiespiel wie Into the Breach - bei dem jede Karte eigentlich nur eine Rätselaufgabe war, die man lösen musste - oder kann man da wirklich mit Strategie und Taktik vorgehen?

vor 3 Jahren
Azurech

Das Spiel wurde recht schnell wieder deinstalliert. Der Hauptpunkt - die Kämpfe - sind einfach langatmig und uninteressant für mich. Wie oft ich alleine für die ersten Kämpfe hin und her klicken musste... da sollten die nochmal ordentlich nachbessern.

vor 3 Jahren