F1 2021 - Test, Rennspiel, XboxSeriesX, XboxOne, PlayStation5, PlayStation4, PC
Egal ob FIFA, NBA 2K, WRC oder Moto GP: Jährlich erscheinende Spielereihen vermitteln vor allem im (Motor-)Sportbereich häufig den Eindruck, nichts weiter als überteuerte Lizenz-Updates zu sein, die mit etwas Glück neben altbekannten Inhalten auch ein paar mechanische oder technische Detailverbesserungen bieten. Bei F1 2021 kennt man viele Modi, Einstellungen, Features und Abläufe ebenfalls schon aus den Vorjahren. Dazu gehören u.a. die vorgefertigten oder individuell anpassbaren Wagen-Setups, das dynamische Wettersystem, die freie Gestaltung von Rennwochenenden und eigenen Meisterschaftskalendern sowie das Sicherheitsnetz in Form einer Rückspulfunktion. Mit dabei sind außerdem wieder Reifenverschleiß, Benzinverbrauch sowie die nicht immer nachvollziehbaren Inkosequenzen bei Strafsystem und dem leicht verbesserten Schadensmodell – sofern man diese meist mehrfach abgestufen Funktionen in den Optionen aktiviert. Dort findet man auch die üblichen Fahrhilfen, die vom ABS über die Traktionskontrolle bis hin zum automatischen DRS- und ERS-Management reichen. Zusammen mit 110 verfügbaren KI-Stufen sollten damit selbst blutige Anfänger in der Lage sein, die etwa 1000 PS starken Flitzer auf den lizenzierten Pisten zu halten und um Siege mitzufahren.
Auf Stagnationskurs?
Anspruchsvollere Fahrphysik, weniger taktische Mittel
Die neuen FIA-Richtlinien wirken sich außerdem auf das Motorenmanagement aus: Ab sofort ist es nicht mehr möglich, die Motorleistung während des Rennens zu verändern, um z.B. spontan mehr Leistung abzurufen oder gegen Ende Benzin zu sparen. Das ist zwar hinsichtlich des angestrebten Realismus nachvollziehbar, in spielerischer Hinsicht aber trotzdem sehr schade, weil F1 2021 damit einer tollen taktischen Komponente beraubt wird. Keine nennenswerten Veränderungen gibt es dagegen bei der F2. Die Nachwuchsserie ist einmal mehr im Paket enthalten, doch wie in den Vorjahren muss man sich zunächst noch mit der Lizenz aus dem vergangenen Jahr begnügen. Die aktuellen Fahrzeuge, Teams und Piloten werden erst später mit einem kostenlosen Update nachgereicht. Die noch fehlenden Strecken wie Imola und Portimao kommen ebenfalls mit Verspätung. Ob auch Experimente wie das erstmals in Silverstone ausgetragene Sprint-Rennen-Format Einzug ins Spiel halten werden, wird sich noch zeigen.
Rivale oder Teamkollege?
Die Statistiken der KI-Piloten sollen durch regelmäßige Updates aktualisiert werden und so die Leistungen ihrer realen Pendants besser widerspiegeln. Neu hinzugekommen ist neben altbekannten Werten für Erfahrung, Rennkunst, Aufmerksamkeit und Tempo die Kategorie „Fokus“ bzw. „Konzentration“, mit der die mentale Verfassung des Fahrers abgebildet werden soll. Ist der Teamkollege z.B. unzufrieden oder gedanklich abgelenkt, wird er seine theoretische Top-Leistung in anderen Bereichen nicht abrufen können. Käufer der Deluxe Edition haben die Möglichkeit, einige der besten Fahrer der F1-Geschichte als Teamkollegen zu engagieren – wenn man sie sich leisten kann. Realistisch betrachtet ist es natürlich grober Unfug, diese Legenden in die modernen F1-Boliden zu setzen und sie zusammen mit heutigen Piloten auf die aktuellen Strecken zu schicken. Trotzdem ist es ein tolles Gefühl, ein Wiedersehen mit Ausnahmetalenten wie Michael Schumacher, Ayrton Senna oder Alain Prost zu feiern und im gleichen Team für die Konstrukteursmeisterschaft zu kämpfen. Aber wo ist eigentlich Mika Häkkinen? Stattdessen muss hier David Coulthard in die Bresche springen. Was ebenfalls traurig stimmt: Im Gegensatz zu früheren Teilen fehlt das Arbeitswerkzeug der Legenden komplett – man findet im Fuhrpark also keinen einzigen der klassischen F1-Wagen, von ausgemusterten Strecken wie dem Nürburgring, dem (alten) Hockenheimring oder Adelaide ganz zu schweigen.
Der Bogen zur realen F1
Die größte Ergänzung ist ohne Zweifel der Story-Modus „Braking Point“, der sich primär um die Auseinandersetzung zwischen dem jungen Nachwuchstalent Aiden Jackson und dem alternden Veteranen Casper Akkerman dreht, die als Teamkollegen lernen müssen, miteinander klarzukommen. Nach DTM Race Driver wagte Codemasters bereits bei F1 2019 wieder erste zaghafte Versuche, das Renngeschehen mit einer Hintergrundgeschichte aufzuwerten. Dort feierte auch ein gewisser Devon Butler seinen Einstand, der für Braking Point ins Fahrerlager zurückkehrt und seinem Ruf als rücksichtsloser Intrigant einmal mehr alle Ehre macht.
Devon Butler ist wieder da!
Rotstift und Altlasten
Aber was ist denn da teilweise mit den Kommentatoren und dem Funk los? Ein Beispiel: Ich scheide bereits kurz nach Rennstart durch eine Massenkarambolage aus, werde anschließend aber von einem unmotivierten Heiko Wasser und seinem Sidekick Stefan Römer in den höchsten Tönen gelobt, ja sogar zum Fahrer des Tages ausgezeichnet. Bitte was? Und auch beim Funkkontakt zur Box erhält man auf direkte Nachfragen hin und wieder völlig unpassende Antworten aus einem ganz anderen Themengebiet. Apropos Funk: Dank Sprachsteuerung darf man erneut direkt mit seinem Kommandostand kommunizieren – zumindest, wenn man an PC, PS4 oder Xbox One im Cockpit sitzt und ein Headset trägt. Auf der PlayStation 5 und Xbox Series X|S wird die Funktion dagegen aus unerfindlichen Gründen nicht unterstützt. Installiert man auf der neuen Sony-Konsole dagegen die PS4-Version, kann man in der Old-Gen-Fassung ohne Probleme die Sprachsteuerung nutzen und sogar den DualSense samt eingestöpseltem Headset verwenden. Muss man nicht verstehen...
Zu viel Next-Gen für Sprachfunk
Gleiches gilt für die fehlende LAN-Unterstützung auf Xbox-Konsolen, die bereits im vergangenen Jahr sauer aufgestoßen ist. Da die Funktion auf allen anderen Plattformen angeboten wird, liegt die Vermutung nahe, dass Microsoft in diesem Fall der Spielverderber ist – und das, obwohl man in hauseigenen Produktionen wie Gears 5 das gemeinsame Spielen über ein lokales Netzwerk erlaubt. In Zeiten, in denen Mehrspieler-Modi durch das Abschalten von Servern früher oder später unbrauchbar werden, sollte ein alternativer LAN-Modus ohnehin Pflicht sein. Um ein Zeichen zu setzen, haben wir uns dazu entschlossen, die Xbox-Version aufgrund des fehlenden Features etwas stärker abzuwerten als üblich. Immerhin darf man auf allen Plattformen als Alternative zu den gewerteten und ungewerteten Online-Rennen auch lokal am geteilten Bildschirm gegeneinander antreten, wobei die Bildrate in diesem Fall selbst auf den neuen Konsolen eher bei 30 statt den sonst üblichen 60 bzw. 120fps liegt.
Keine LAN-Option auf Xbox
Einstellungsvielfalt für Experten
Nerviger Podium Pass
Dabei sorgt Codemasters selbst dafür, dass man den Podium Pass nicht einfach ignorieren und abschalten darf: Nach jedem einzelnen Rennen bekommt man auf einem separaten Bildschirm die XP-Punkte gutgeschrieben, mit denen man dem nächsten Stufen-Aufstieg und damit dem nächsten Kosmetik-Mist ein Stückchen näher kommt – selbst dann, wenn man liebend gerne auf all das Zeug verzichten würde. Dazu gesellen sich penetrante und nicht deaktivierbare Einblendungen beim Spielstart, wenn es wieder irgendwelchen überflüssigen Nachschub im Item-Shop gibt. Ich habe mich hier teilweise wie in einem mobilen Free-to-play-Spiel gefühlt, wo man ebenfalls ständig mit Nachrichten bombardiert und zum Kauf von irgendwelchem Müll animiert wird. Bevor jetzt alle nach der Codemasters-Übernahme mit dem Finger auf Electronic Arts zeigen: Nein, die Sache mit dem Podium Pass und den Mikrotransaktionen ist schon im vergangenen Jahr auf dem Mist von Monetarisierungs-Experten innerhalb des Rennspielstudios gewachsen, doch wird man bei EA diese neue Tradition vermutlich gerne fortsetzen oder in den kommenden Jahren sogar weiter ausbauen.
Für mich ist das Maß jetzt voll: Ich kann und werde Vollpreis-Spiele nicht länger mit einem Award auszeichnen, die auf derartige und dermaßen widerwärtige Mechaniken zur zusätzlichen Monetarisierung setzen. Würde man dieses dämliche Zeug einzeln für Euro-Beträge verkaufen, wäre das zwar immer noch ätzend, aber zumindest besser als diese furchtbaren Pakete mit irgendwelchen fiktiven Währungen. Wie immer kann ich nur plädieren, solche Features wie Item Shop und Podium Pass komplett zu ignorieren und keinen einzigen Extra-Cent für derartige Zusatzinhalte zu zahlen, selbst wenn man immer wieder auf penetrante Art und Weise darauf hingewiesen wird, es doch zu tun.
Schnauze voll!
Raytracing-Problem auf Konsolen
Fazit
Mit F1 2021 fängt Codemasters die Faszination des Motorsports einmal mehr fantastisch ein! Trotz der erschreckend einfallslosen Handlung erweist sich der Story-Modus „Braking Point“ zumindest spielerisch und hinsichtlich der gelungenen Inszenierung als willkommene Ergänzung. Die leicht überarbeitete Fahrphysik sorgt mit geringerer Bodenhaftung und stärkeren Auswirkungen bei der Berührung von Randsteinen ebenfalls für frischen Wind, selbst wenn die neuen FIA-Richtlinien taktischen Spielereien bei der Motorleistung leider auch im Spiel einen Riegel vorschieben. Höhepunkt ist aber nach wie vor die Karriere mit Features wie Fahrzeugentwicklung und Team-Management, die man jetzt sogar zu zweit erleben und bis ins kleinste Detail den eigenen Vorlieben anpassen darf. Dem gegenüber stehen einige gestrichene Inhalte wie die historischen Fahrzeuge oder Altlasten wie die mitunter übermotivierte KI oder fehlende Unterstützung für CrossPlay und VR. Warum es auf Xbox-Konsolen im Gegensatz zu allen anderen Plattformen keine LAN-Unterstützung gibt, bleibt ebenfalls ein Rätsel. Trotzdem wäre das offizielle Spiel zur Formel Eins auch in diesem Jahr ein ganz klarer Hit-Kandidat. Den Weg zum Award verbaut sich Codemasters aber selbst mit seinem furchtbar penetranten Podium Pass und den ätzenden Pitcoin-Paketen, mit denen man sich kosmetische Inhalte gegen echtes Geld kaufen kann – woran man auch ständig erinnert wird. Liebe Entwickler: Baut diesen unsäglichen Mist entweder komplett aus oder gebt mir zumindest die Möglichkeit, bei all der gebotenen Einstellungsvielfalt auch diesen nervigen Podium Pass komplett zu deaktivieren!
Pro
- NEU: Gut inszenierter Story-Modus Breaking Point
- NEU: Kompletter Karrieremodus für zwei Spieler möglich
- NEU: Zusätzliche Entscheidungen im My-Team-Modus
- NEU: Saison-Einstieg basierend auf realen Daten möglich
- NEU: Performance-Modus erlaubt Bildrate von 120fps (PS5, Xbox Series X)
- NEU: Experten-Einstellungen für detaillierte Spielanpassungen
- NEU: Komplette Wiederholungen lassen sich speichern
- NEU: Überarbeitete und anspruchsvollere Fahrphysik
- Spielmodus My Team mit zusätzlichen Management-Aufgaben
- separater Modus für Gelegenheitsfahrer mit vielen nützlichen Hilfen
- Risiko-Option bei Teile-Entwicklung
- lokale Mehrspieler-Rennen am geteilten Bildschirm möglich
- offizielle und aktuelle F1-Lizenz
- hervorragendes Fahrgefühl und überzeugende Physik
- umfangreiche und gut inszenierte Karriere
- motivierende Weiterentwicklung von zahlreichen Fahrzeug-Komponenten
- kämpferische KI-Piloten mit guter Verteidigungslinie
- variierendes FIA-Reglement in Karriere
- Medien-Interviews wirken sich auf Abteilungen aus
- detailliertere KI-Abstufungen von 0 bis 110
- zahlreiche Hilfen (ABS, Bremsassistent, Traktionskontrolle etc.)
- überwiegend flüssige Bildrate und gutes Geschwindigkeitsgefühl
- ansprechende Kulisse
- umfangreiche Setup-Optionen (schnell & detailliert)
- spürbare Abnutzung der Komponenten bis hin zu mechanischen Defekten
- dynamisches sowie individuell anpassbares Wettersystem
- ERS bzw. Überhol-Knopf als taktische Komponenten
- Reifenverschleiß und Reifenmanagement
- manuelles ERS-Management (optional)
- (optionale) Rückspulfunktion
- (optionales) Schadensmodell in drei Stufen
- (optionale) Einführungsrunde
- manueller Start mit Kupplung und Timing (optional)
- manuelle Boxeneinfahrt (Bremspunkt, Begrenzer & Kupplung-Start) (optional)
- komplett anpassbare Rennwochenenden mit zahlreichen Optionen
- interaktiver Boxenfunk (optional per Sprachsteuerung!)
- Live-Monitore und Zeit-Vorspulen in der Garage
- motivierende Rivalitäten mit anderen Fahrern
- eigener Rennkalender möglich
- optionaler virtueller Innenspiegel
- dynamische Bestenliste / Geisterwagen beim Zeitfahren
- übersichtliche TV- und immersive Cockpitansicht
- HALO-Mittelstrebe lässt sich optional ausblenden
- sehr gute Vibrationseffekte (PS4), Impulse-Trigger (One) und haptisches Feedback (PS5)
- Zugriff auf Spieler-Setups beim Zeitfahren
- Zwischenspeichern jederzeit erlaubt
- virtuelles und reales Safety-Car enthalten
- schöne Auswahl an freischaltbaren Mini-Meisterschaften
- Siegerehrungen & Co mit komplett modellierten Fahrern
- Replays von kompletten Rennen und Highlight-Auswahl
- Vertragsverhandlungen mit eigenen Konditionen
- überzeugendes Force Feedback
- Blickfeld und Kameras lassen sich im Detail anpassen (sogar auf Konsolen!)
- optionaler Boxenfunk via Controller-Lautsprecher (PS4/PS5)
- wöchentliche Online-Herausforderungen
- Online-Rennen (Matchmaking, private Lobbys, eigene Ligen)
- Einstufungssystem für Online-Fahrer
- LAN-Unterstützung (nur PC und PS4 / PS5)
- optionale Leistungs-Egalität der Fahrzeuge im Mehrspielermodus
- optionales Eye-Tracking (PC)
- Showroom mit Infotexten und Audiokommentar zu Fahrzeugen und Teams
- individuelle Anpassungen an separaten Online-Wagen und Piloten
- Integration der Formel 2 (Saison 2020)
- ordentlicher Netzcode
- ansehnliches Beleuchtungssystem bei Nachtrennen
- endlich wieder Michael bei Audionamen
- kostenlose Updates für F2 2021 und Zusatzstrecken angekündigt
Kontra
- lahme und vorhersehbare Handlung im Story-Modus
- keine taktischen Motoreinstellungen mehr (wegen neuer FIA-Richtlinie)
- Strafsystem mitunter inkonsequent (Abkürzungen, Kollisionen)
- HALO Cockpitschutz beeinträchtigt Sicht (Mittelstrebe aber optional ausblendbar)
- Profisaison-Modus wirkt überflüssig
- Boxenfunk und Kommentare mit kleinen Aussetzern
- KI wirkt stellenweise etwas übermotiviert
- Kommentare wiederholen sich mit der Zeit
- Real Season nur mit eigenem Fahrer möglich
- vorgefertigte Gesichter statt Editor oder Gesichts-Scan
- keine klassischen Rennstrecken
- keine historischen F1-Boliden (mehr) enthalten
- KI lässt sich beim Start und im Regen zu leicht übertölpeln
- zu wenig Variation bei Trainingsaufgaben
- sehr langsames Geschwindigkeitsgefühl in Außenansichten
- Auswirkungen der Interviews schnell durchschaut
- keine VR-Unterstützung
- keine verkürzten Strecken-Layouts (mehr)
- nur fiktive Sponsoren bei My Team
- virtueller Innenspiegel wird bei Trainings-Herausforderungen von Anzeigen überdeckt
- keine LAN-Unterstützung (Xbox One)
- kein Cross-Play
- keine Mausunterstützung im Menü (PC)
- ätzende Gestaltung von Preisen und Pitcoin-Paketen
- Podium Pass lässt sich nicht deaktivieren
- penetrante Hinweise und Einblendungen zum Podium Pass
- inakzeptable Bildrate bei Replays & Zurückspulen im Qualitätsmodus (PS5, Xbox Series X)
- keine Sprachsteuerung beim Funk (PS5, Xbox Series X|S)
- keine Mini-Meisterschaften und Einladungs-Events (mehr)
- mitunter grobe Schatten und sichtbares LOD (Level of Detail) auch im Qualitätsmodus
- Trainings-Zusatzziele häufig zu schwammig formuliert
- deutlich reduzierte Bildrate am geteilten Bildschirm
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Podium Pass mit Item-Shop für kosmetische Gegenstände; Pitcoins in Paketen gegen Echtgeld; penetrante Einblendungen zum Podium Pass
- Es gibt Käufe für Fähigkeiten, Karten, Figuren, Waffen, Geld, XP oder Spielmodi.
- Man kann die Spielzeit über Käufe verkürzen, Pay-to-Shortcut.