Yuki - Test, Arcade-Action, OculusRift, OculusQuest, PlayStationVR, HTCVive, VirtualReality, ValveIndex

Yuki
29.07.2021, Jan Wöbbeking

Test: Yuki

Das Kugelmeer der Zukunft

Nichts passt so gut zu VR wie die direkte Bewegungssteuerung – vor allem, wenn man die dauerfeuernde Heldin wie eine Actionfigur in der Hand hält. Das bemerkten schon Valve in The Lab oder die Entwickler von Shooty Skies Overdrive . Die VR-Kugelhölle Yuki jedoch hebt das Prinzip auf ein neues Level.

Amiga-Veteranen könnten sich noch an ein ähnliches Aha-Erlebnis erinnern, als sie den schwebenden Helden aus Space Harrier plötzlich direkt mit der Maus bewegen konnten. Dank der Neuerung waren unglaublich schnelle Ausweichmanöver drin, wenn Drachen und wild gewordene Moai-Statuen damit begannen, Feuer zu speien. Der Rogue-lite-Shooter Yuki erinnert mich auf Anhieb an dieses Gefühl. Das Prinzip wird allerdings auf eine neue Stufe gehoben, da ich mittlerweile persönlich im Kugelchaos stehe. Wichtig ist dabei nur, dass Heldin Yuki nichts davon abbekommt. Ihr kugelrunder Begleiter „Pod“ und ich als Spieler sind schließlich immun gegen die bunten Projektile.

Welcome back to the Fantasy Zone!

Nach der Option für Rechts- oder Linkshänder halte ich Yuki in meiner dominanten Hand, während die lineare Spielwelt wie in einem Rail-Shooter auf mich zu fliegt – langsam, komfortabel und übelkeitsfrei. Sobald Wolfsköpfe und Teufelsdrachen zu schießen beginnen, fädele ich die Heldin in wilden Ausweichbewegungen durch den Teppich glühender Schüsse. Worte oder Videos können nur schwer beschreiben, wie gut sich das Abtauchen unter roten Wellen oder das geschickte Gleiten durch multiple „Schraubenzieher“ anfühlt, die langsam auf mich zuschweben. Der brasilianische Entwickler Arvore (Pixel Ripped) hat diesmal einen bezaubernde Interpretation aus japanischer Folklore und abgespaceten Weltraum-Verrücktheiten zusammengestellt.

Bei der Aufzeichnung auf der Quest 2 hat die Kompression ganz schön zu kämpfen - deshalb haben wir lieber einen der ruhigeren Screenshots herausgepickt.
Mal zischen unzerstörbare Steinkatzen in Richtung Yuki, kurze Zeit später erinnert eine klappernde Holzmaske an einen Party-Trick von Rauchern: Im Laufe des schön orchestrierten Bosskampfes pustet er blitzschnelle Kugelringe durch langsame Kreise - und bringt noch mehr Tempo in den Tanz des Todes. Der Soundtrack von Diogo Rodrigues hat mir dabei immer wieder Gänsehaut verschafft. Er erinnert mit seinen euphorischen bis melancholisch angehauchten Melodien an Rave- und Hardtrance-Klassiker von RMB oder Raver’s Nature. Die Story hingegen spielt hier fast keine Rolle. Die fiesen Yokaliens wollen der allmächtigen Star-Flower ihren „Creative Drive“ abluchsen, um Chaos und Zerstörung herbeizuführen. Um das zu verhindern, sammle ich die blauen Kapseln lieber selbst ein.

Steinige Katzen und luftige Klänge

Ich war immer wieder erstaunt darüber, wie viel besser ich hunderten von Kugeln ausweichen konnte, wenn die Steuerung derart direkt ausfällt – und es zu den Seiten hin ein paar Kubikmeter Platz zum Ausweichen gibt. Wenn ich es zu sehr übertreibe, stoppen mich die seitlichen Begrenzungsgitter, doch der sprichwörtliche Raum schafft ein spürbar weniger frustrierendes Erlebnis als in knallharten Bullet-Hell-Spielen auf einem gedrängten 2D-Bildschirm. Dazu trägt auch der unbesiegbare Sidekick „Pod“ in der linken Hand bei, mit dem ich gefahrlos Dinge einsammeln kann. Die Entwickler haben mit ihrem Rogue-Lite-Ansatz eine angenehm fordernde, aber nicht übertrieben knifflige Mischung erreicht. Trotz generierter Angriffswellen gibt es thematische Levels wie eine traditionell anmutende fernöstliche Stadt oder ein Laternenwald im All. Es sind also genügend charakteristische Eigenheiten vorhanden, um nach dem Scheitern wieder und wieder von vorne beginnen zu wollen.

Das Spiel startet zwar stets wieder zu Beginn, umsonst waren die vorigen Anläufe aber nicht. Nach und nach wird eine größere Auswahl an „Bladewing“-Anzügen mit diversen Waffentypen freigeschaltet. Hinzu kommen neue temporäre und dauerhafte Power-Ups, die schön auf den Kampf abgestimmt wurden. Der Nutzen einer größeren maximalen Energieleiste erklärt sich von selbst, doch auch die unterschiedlichen, neben Yuki schwirrenden Drohnen setzen fette Widersacher schön unter Druck. Wuselt zu viel um mich herum, setze ich zudem gerne den temporären Schild, eine Frost-Bombe zur Gegner-Erstarrung oder die alternative Homing-Waffe ein – inklusive nützlicher Audio-Hinweise. Einfach kurz das Dauerfeuer unterbrechen, einen aufgeladenen Schwarm Raketen losschicken – und schon kann ich wieder ein wenig durchatmen.

Nochmal!

Atempausen gibt es in der Daueraction aber allgemein zu selten: Nach etwa zwei Durchgängen sind meine Synapsen meist von der Reizüberflutung gegrillt und ich muss erst einmal das Headset absetzen. In diesem Bereich leidet der Titel unter dem typischen Problem, dass kleine VR-Studios meist noch nicht die Tiefe bewährter klassischer Spiele erreichen. Ein alternativer Endlos-Modus ist im Hauptmenü noch für ein Zukunfts-Update ausgegraut. Trotzdem ist Yuki der bisher „kompletteste“ Genrevertreter mit einer in der Hand gehaltenen Figur. Der für 19,99 Euro erhältliche Titel wirkt um einiges vollwertiger und motivierender als z.B. Antiprism oder Shooty Skies Overdrive.

Im Tutorial bleibt es noch beschaulich. (Valve Index)
Schade jedoch, dass es weder Kombos noch weltweite Bestenlisten gibt. Der lokale Highscore lässt sich aber immerhin durch Tricks wie das riskante Streifen von Projektilen (Grazing) oder eine schnelle Boss-Abfertigung in die Höhe treiben. Schön auch, dass die Upgrade-Kapseln während eines Runs so viel Auswahl bieten: Je nachdem, wie es grad läuft, kann ich z.B. Vorteile wie eine höhere Schussfrequenz oder Upgrades vor Bosskämpfen herbeiführen. Alternativ spare ich einfach für kommende Freischaltungen in der Werkstatt.

Mängel beim Langzeitspaß

Yukis liebevoll eingerichtetes Jugendzimmer und dessen glänzende Figürchen wirken auf dem PC übrigens einen Deut authentischer. Trotzdem habe ich mir lieber die Quest 2 als die Rift S übergestülpt, weil das Spielgefühl mit seinen freien Armbewegungen so gut zum kabellosen Konzept passt – und ich so nicht Gefahr lief, mich zu verheddern. Zudem muss ich dort nur mit leichten grafischen Abstrichen leben, bei flüssigen 90 Hertz und Bildern pro Sekunde. Die farbenfrohe Welt mit etwas unscharfen Texturen kommt auf Facebooks mobilen System fast genau so gut zur Geltung. Negativ überrascht hat mich die Umsetzung für die Index. Die Übersicht profitiert zwar ein wenig vom weiteren Sichtfeld, doch Yuki ist hier etwas zu weit nach oben geneigt. Auf Dauer wird das Zielen der Heldin mit Valves Controllern also unbequem. Zudem sorgen die starken Kontraste im All auf der Index für stärkere God-rays (Licht-Schlieren).

Fazit

Vorm Spielen von Yuki wusste ich gar nicht, dass ich so gute Reflexe besitze: Das Konzept der räumlichen Kugelhölle passt einfach ideal zu VR – und Arvore hat einen erstaunlich mitreißenden Weg gefunden, es umzusetzen! Stilvolles Ausweichen, Abtauchen und Zielen direkt mit den Bewegungscontrollern geht hier derart schnell und präzise von der Hand, dass selbst hunderte Projektile gleichzeitig mich irgendwann nicht mehr schocken konnten. Auch anderswo steckt viel Liebe im knuffigen Design und den motivierende Aufrüstungen des Rogue-lite-Konzepts. Nur im Bereich der Langzeitmotivation mangelt es auf Dauer an Umfang und Abwechslung - wie leider so oft im VR-Bereich. Nach zwei, drei Durchgängen ist mein visueller Cortex allerdings ohnehin meist frittiert, so dass ich eine Pause brauche. Für ein paar kurze, intensive Arcade-Runden fesselt mich aber kaum ein VR-Spiel so sehr wie Yuki!

Pro

  • unheimlich intensive, körperliche Action
  • motivierendes Abtauchen durchs räumliche Kugelmeer
  • coole Projektil- und Gegnermuster
  • VR-Bewegungssteuerung wird ideal genutzt
  • angenehm viel Raum zum Ausweichen
  • fordernd aber nicht übertrieben knifflig
  • gefühlvoll-energetischer Soundtrack
  • gelungenes Japano-Space-Design
  • geschickt kombinierte temporäre und permanente Upgrades
  • komfortabel und übelkeitsfrei

Kontra

  • Umfang und Abwechslung recht begrenzt (bisher nur ein Modus)
  • keine weltweiten Bestenlisten
  • dem Dauerbeschuss fehlen Erholungspausen
  • nur auf Englisch verfügbar
  • unangenehmer Winkel der gehaltenen Spielfigur (Index)

Wertung

OculusRift

Mit dem Kabel im Rücken fühlen sich die blitzschnellen Ausweichbewegungen nicht ganz so frei an wie auf der Quest 2.

OculusQuest

Endlich hat es jemand richtig umgesetzt: Toll orchestrierte, unheimlich mitreißende VR-Kugelhölle mit in der Hand gehaltener Spielfigur!

VirtualReality

Endlich hat es jemand richtig umgesetzt: Toll orchestrierte, unheimlich mitreißende VR-Kugelhölle mit in der Hand gehaltener Spielfigur!

ValveIndex

Mit dem Index-Controller wird die Spielfigur in einem unangenehmen Winkel gehalten; im Gegenzug profitiert die Übersicht etwas vom weiten Sichtfeld.

Echtgeldtransaktionen

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  • Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.
Kommentare
MrTheBino

Gerade mal auf der Quest 2 gespielt. Ziemlich cool!

vor 3 Jahren
No Way

Muss ich mir wohl mal ansehen. Mit der Vive Cosmos Elite wird das wohl aber ähnlich wie mit den Index Controllern sein nehme ich mal an?

vor 3 Jahren
Blaexe

Ich glaube hier sind die 8€ Store Guthaben die ich bekommen habe gut aufgehoben. Bin gespannt!

Bonus Punkt: Unser Hund heißt Yuki

vor 3 Jahren