WarioWare: Get It Together! - Test, Musik & Party, Switch

WarioWare: Get It Together!
10.09.2021, Matthias Schmid

Test: WarioWare: Get It Together!

Hektik, die Spaß macht?

Nintendos Rotzlöffel ist zurück: Acht Jahre nach der Wii-U-Enttäuschung Game & Wario macht der Anti-Mario wieder eine Heimkonsole unsicher. Er hat dafür einen Haufen Freunde mitgebracht, die das hektische Spielprinzip noch wilder gestalten. Ob das dem Spielspaß zuträglich ist, erfahrt ihr im Test.

1992, also zu antiken Game-Boy-Zeiten, betrat ein charismatischer Schurke mit gezacktem Schnauz und Knollennase die Spielebühne - Wario. Zwei Jahre nach der Boss-Premiere in Super Mario Land 2: Six Golden Coins wurde er zur Spielfigur umfunktioniert (1994: Wario Land: Super Mario Land 3). Doch erst 2003 fand er, abermals auf einem Handheld, seine wahre Bestimmung: Mikrospiel-Meister! Der schräge Zampano und Nasenbohr-Fan lud sein Publikum seit WarioWare, Inc.: Minigame Mania (GBA) regelmäßig zu hübsch-hässslichen, chaotischen und vor allem ultrakurzen Minispiel-Runden. Mein persönliches Highlight der WarioWare-Reihe war die kreative Wii-Episode Smooth Moves, doch auch auf DS(i) und 3DS gab es immer wieder spaßige Episoden, mal mit Do-it-yourself-Fokus, mal mit Best-of-Charakter.

Alter Arsch

Im Story-Modus wählt man auf einer Oberwelt die Mikrospiel-Staffeln an - nach knapp drei Stunden kommt schon der Abspann.
Für WarioWare: Get It Together! (ab 39,99€ bei kaufen) besinnt sich die Entwickler-Kooperation aus Nintendo und Intelligent Systems auf ein klassisches Mikrospiel-Konzept mit den bewährten Kombi aus Simplizität, Stress und Schrulligkeit. Groteske Grafikkombinationen aus Cartoonlook, Fotos, 3D-Grafik und diversen Kunststilen geben sich die Klinke in die Hand, Menüs und HUD schreien die Spielenden konstant an - derweil wollen unzählige Miniatur-Aufgaben gelöst werden, vielfach mit nur einem Controller-Kommando, einer zackigen Reaktion. Hände waschen, Kind wiegen, Windmühle drehen, Fische knutschen lassen, ein Alien fangen, durch Ringe fliegen, eine Blöße bedecken, einen Hund trinken lassen, Bananen schälen, Schlangen verscheuchen, Matrjoschkas auspacken, ein Riff spielen, Eis lecken, Dominos umschubsen, einen Brand löschen. 222 solcher sinnentlehrter Mikrospiele sind an Bord, ein paar davon zitieren sogar Nintendo-Hits wie Super Metroid, Game & Watch oder Breath of the Wild.

Bowser-Besiegen im Duo - je nach Spielmodus tritt man schon mal in zwei Fenstern parallel an. Hier seht ihr eine Disziplin mit Nintendo-Retro-Touch.
18 Figuren werden sich am Ende in der Charakterriege tummeln, darunter natürlich der Namenspatron selbst und lustige Rückkehrer wie Dribble & Spitze, Jimmy, Orbulon oder Dr. Crygor. Und alle steuern sie sich anders: Der eine hopst und rammt, der nächste beamt und explodiert. Wieder andere schießen mit Bazookas, nutzen einen Boomerang oder können sich nur sehr umständlich fortbewegen. Doch alle müssen, die Auswahl erfolgt nach dem Zufallsprinzip, mit allen Mikrospielen kompatibel sein. Das bedeutet für den Ablauf: Je nach Figur kann die Lösung unterschiedlich sein - mit einem Charakter muss man vielleicht irgendwo drauf hopsen, mit dem anderen einen gezielten Schuss abgeben. Für euch heißt das: Ihr müsst nicht mehr nur blitzschnell die aktuelle Aufgabe erfassen und zu lösen versuchen, sondern auch noch bedenken, welche Figur ihr gerade habt. Zwar werden die Manöver aller Figuren nur durch einen Tastendruck ausgelöst, eine zusätzliche Ebene der rasanten Gehirnverdrehung ist aber nötig. Vielleicht macht genau dieser Aspekt für euch einen Spielspaß-Boost aus (mir ging es nicht so), in jedem Fall seid ihr damit aber vorgewarnt.

Dreckiges Dutzend (x 1,5)

Im kurzen, nur knapp drei Stunden langen Story-Modus brettert ihr allein oder mit einem Mitspieler durch sämtliche Mikrospiel-Lande und -kategorien. Wer ein paar mal scheitert, kann für einen lächerlich kleinen Betrag sofort weitermachen, wer trotzdem lieber spart, muss vielleicht zehn Mikrospiele erneut absolvieren - nach jeweils 15 bis 20 davon wartet dann ein kurzer Tanz mit dem Boss, leider sind die wenigsten dieser Duelle besondern einfallsreich. Auf diese Weise schaltet man die über 200 Spiele für den Modus Wariopedia frei - dort kann dann jede Disziplin einzeln für einen oder zwei Spieler angewählt werden.

Die Präsentation ist gewohnt wild, grotesk und abgefahren - es geht mitunter tierisch zu.
Doch es gibt noch mehr freie Plätze im anfangs sehr überschaubaren Hauptmenü: Hinter dem Feld „Charaktere“ warten alle Helden, die ebenfalls im Verlauf der Storykampagne verfügbar werden - wer die Geschichte ganz abschließt, bekommt zusätzlich die Option, die Figuren mit kleinen Geschenken zu erfreuen und somit aufzuleveln, es winken unter anderem neue Charakterfarben. Neben der Option, alle Spielchen zu zweit an einer Switch zu zocken, gibt es auch die Möglichkeit mit zwei Konsolen im lokalen Netzwerk zu daddeln. Im Wario-Cup, der ebenfalls freigespielt werden will, schließlich warten wöchentliche Herausforderungen und Online-Ranglisten.

Bravo, Traube: Beim Trauben-Matsch-Minispiel ist gutes Timing gefragt - bloß nichts verschütten!
Nochmal deutlich mehr Spielspaß verbirgt sich aber hinter dem Feld „Potpourri“: Statt der namensgebenden, duftenden Pflanzen- und Blumenmischung warten dort zehn recht unterschiedliche Spielmodi, die mal Mikrospiele beinhalten, mal aber auch auf sie verzichten: Die launige Fußball-Hochhalte-Disziplin oder ein Volleyball-Match kommen ohne sie aus, doch „Triritorium“ oder „Ballonspannung“ verbinden wohlportionierten Mikrospiel-Wahnsinnn mit taktischen Kniffen - wenn z.B. die anderen Spieler derweil einen bald platzenden Ballon aufpumpen oder vor jeder Runde eine Art Chaos-Airhockey spielen. Mancher Modus bewertet auch, wie viel ein Spieler zur Bewältigung einer Disziplin beiträgt - das sorgt dann mitunter für Lacher bzw. Wut beim Couchduell. Auch ein paar lahme Nummern hat Nintendo hier untergebracht - der Versus-Modus Kettenkampf wirkt wie ein ideenloser Smash Bros.-Klon und die „Arbeitswegelagerei!“ wie eine Fingerübung untalentierter Jump’n’Run-Programmierer. Trotzdem ist hier einiges vorhanden, was euch nach der sehr kurzen Story-Kampagne zu WarioWare: Get It Together! zurückkehren lässt.

Partypeople

Fazit

Ich glaube kaum, dass ich WarioWare: Get It Together! in den kommenden Wochen und Monaten hervorkrame, wenn Freunde da sind - und das ist kein gutes Zeichen. Ja, der absurde Charme der Reihe hat nach wie vor was und manche Disziplinen sind schon richtig lustig und/oder kreativ. Doch viele andere finde auch zu simpel, lahm oder einfach schlecht verständlich. Weil dabei stets die Figuren wechseln und ich manche Charakter-Moves so gar nicht leiden kann, macht das die Action im Durchschnitt leider nur chaotischer, aber nicht lustiger. Die Tatsache, dass man in einigen Modi die Gruppe der auftauchenden Figuren vorab bestimmen kann, schwächt diesen Kritikpunkt etwas ab - aber ist der Sache denn geholfen, wenn ich die Hälfe der 18 Figuren nach der einführenden Pflichtübung nicht mal mehr mit der Kneifzange anfasse? Die Präsentation hat gewohnt anarchistischen Charme und überzeugt mit einem wilden Mix an Grafikstilen. Manchmal jedoch plärrt mich das Spiel zu sehr an - da helfen auch die lustigen Sprachsamples (z.B. die bayrischen Sätze von Dribble) nur bedingt. In puncto Umfang bin ich zwiegespalten: Die Story für Solisten oder ein Zweierteam ist viel zu schnell vorbei (und leider nicht sehr lustig), die Vielzahl an Mikrospielen und freispielbaren Modi wiederum ist beachtlich.

Pro

  • reichlich Mikrospiele dabei (222 Stück)
  • darunter viele gelungene...
  • einige Modi freispielbar
  • Charaktere machen das Spiel herausfordernder
  • wilder Stil-Mix
  • lustige Sprachsamples
  • durchweg simpel zu steuern
  • einzigartiges Art- und Character-Design

Kontra

  • Charakter-Eigenschaften verkomplizieren die Action
  • ...doch auch etliche, die ziemlich durchwachsen sind
  • Charakter-Aufleveln grindlastig und kaum lohnenswert
  • ein paar Ausfälle bei den Zusatzmodi
  • sehr stressig
  • hektische Präsentation

Wertung

Switch

Gewohnt schräger Mikrospiel-Wahnsinn, dem das neue Charakterkonzept aber nicht sonderlich gut bekommt - Partyspaß kommt zwar auf, bleibt aber nicht auf Dauer.

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Kommentare
4P|Matthias

Im kurzen, nur knapp drei Stunden langen Story-Modus
Sorgt der Wario-Cup mit seinen wöchentlichen Missionen und Online Ranglisten für Langzeit Motivation oder wird der auch schnell langweilig?
Das kann ich, so kurz nach Release, noch nicht aussagekräftig beantworten.

vor 3 Jahren
Ultimatix

Im kurzen, nur knapp drei Stunden langen Story-Modus
Sorgt der Wario-Cup mit seinen wöchentlichen Missionen und Online Ranglisten für Langzeit Motivation oder wird der auch schnell langweilig?

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren