Baldo: The Guardian Owls - Test, Action-Adventure, Switch, XboxOne, XboxOneX, PlayStation4Pro, PC, PlayStation4

Baldo: The Guardian Owls
27.10.2021, Matthias Schmid

Test: Baldo: The Guardian Owls

Zelda bei Wish bestellt?

Baldo: The Guardian ist der letzte, von euch gewählte Wunschtest auf 4Players.de. Das hübsche Action-Adventure sieht stark nach Zelda oder Ni no Kuni aus - doch wie schlägt es sich in der Praxis? Das erfahrt ihr nach dem Klick…

Des Deutschen liebstes Dekotier, die Eule, hatte schon ein paar schöne Videospiel-Auftritte: Neben Otus aus dem wunderbaren Owlboy, Olcadan aus SoulCalibur 3 und Lechku & Nechku aus Okami fallen mir vor allem solche aus Nintendo-Spielen ein. Zum Beispiel die Eule Frederik aus Super Mario 64, der korrekte Eugen aus Animal Crossing, die weise Methusa aus der Zelda-Serie oder der niedliche Coo aus Kirby's Dream Land 2. In Baldo: The Guardian Owl nehmen die prachtvollen Vögel wenig überraschend eine wichtige Rolle in der Mythologie der Spielwelt Rodia ein. Die Hauptfigur des Titels, der unbedarfte Knabe Baldo, muss ihre legendäre Stadt finden, um seine Bestimmung zu erfüllen und die Welt zu retten.

Ein Hoch auf die Strigiformes!

Gestatten, ich bin der erste Endgegner. Und wenn ihr mich im Galeonen-Dungeon endlich findet, habt ihr schon lange keine Lust mehr.
Baldo: The Guardian Owls sieht dabei richtig hübsch aus: Der an Studio-Ghibli-Filme erinnernde Grafikstil ist zwar nicht ganz so fein ausgearbeitet wie in Ni no Kuni: Der Fluch der weißen Königin, trotzdem ist die heimelige Spielwelt mit ihren netten Ruinen, den knautschigen Figuren und der stimmigen Beleuchtung in den Dungeons der offensichtliche Star des Spiels. Look und Design ziehen euch an, während sonst so ziemlich alles sich Mühe gibt, euch vom Controller zu vertreiben. Denn, soviel sei hier schon verraten, Baldo: The Guardian Owls ist ein eher schlechtes Spiel, das euch ärgert, nervt, im Dunkeln lässt und viel Geduld einfordert. Wie konnte das passieren? Kann man nicht einfach so ein bisschen Zelda kopieren und immerhin ein harmloses Abenteuer fabrizieren? Nun, den italienischen Entwickler vom Naps Team wäre das offenbar zu billig gewesen…

Der schöne Look, die Figuren, die Exposition der Geschichte, das Spielprinzip, die fixe isometrische Perspektive - all das erinnert eindeutig an das große Nintendo-Verbild. Jedoch wurden sämtliche Einflüsse mit schlechten Designentscheidungen oder purem Sadismus verpaart - das Ergebnis ergibt ein gerade noch ordentlich spielbares, aber an vielen Stellen auch furchtbar enervierendes Spielerlebnis. Baldo läuft, teils von einem maulfaulen Mädel begleitet, durch ein weitläufige, halboffene Welt mit grünen Ebenen, rauschenen Bächen, idyllichen Dörfern, kauzigen Bewohnern, ein bisschen Landwirtschaft, etlichen knackigen Feinden, manch dunklen Höhlen und ausgewachsenen Dungeons.

The Legend of Dark Souls

Schaut das hübsch aus: Vor allem in Dörfern oder den Innenräumen sieht Baldo nach einem richtig tollen Spiel aus.
Seine kurze Ausdauerleiste sorgt dafür, dass Sprinten nur bedingt möglich ist, das macht die teils langen Wege, die man oft mehrfach bewältigen muss, schon recht zermürbend. Dazu kommen Tode, wo immer es möglich ist: Sturz aus drei Metern Höhe? Tot. Ein simpler Gegner mit zwei Attacken (Blocken fühlt sich wegen des schwammigen Timings schlecht an)? Tot. Abstecher ins Wasser? Tot. Schmale Planke im Dungeon? Tot. Feind hinter der Ecke? Tot. Schwingende Pendelfalle? Tot. Zwar wird Baldo fast immer nur Meter entfernt am Eingang eines Raums oder Bereichs mit voller Lebensleiste wieder aufgesetzt, dennoch ist das Sterben furchtbar nervig. Zudem ist Baldos Herzleiste ausgesprochen kurz, auch nach vielen Stunden im Spiel killen euch die meisten Gegner ratzfatz. Dabei ist das Kampfsystem simpel - Zuhauen per Schwert, Blocken mit dem Schild, plus Ausweichrolle; da fühlt es sich einfach schlecht und unfair an, wenn man häufig stirbt, weil man eben nicht durch Trainieren, Move-Studieren und Antizipieren entscheidend besser wird. Auch macht der Instant-Respawn mit voller Leiste im selben Raum das Heilungssystem fast überflüssig - warum umständlich über die Pfeiltaste eine Wurzel auswählen und mit zwei weiteren Tastendrücken verspeisen, wenn ich auch einfach in den Tod hopsen kann?

Baldo: The Guardian Owls versteht es meisterlich, euch an Orte zu führen, wo es nichts zu finden gibt. Dieser eine schmale Durchgang an der Küste, wo man eine Weile läuft, aber immer gerade so durchkommt? Natürlich ist am Ende nur eine Sackgasse ohne Belohnung. An anderer Stelle läuft man an wichtigen Items vorrüber und bemerkt es erst, wenn zehn Dungeonräume später ein Schlüssel fehlt. Die Entwickler haben es überhaupt nicht geschafft, das Auge des Spielers auf relevante Dinge zu lenken. Nicht interaktive Objekte scheinen interessant beleuchtet, Baldo bekommt den Prompt „Drücken“ an Kisten, auch wenn diese nicht geschoben werden können. So werden selbst gut gemeinte, einfallsreiche Rätseleinlagen zur ätzenden Geduldsprobe. Weil man eben nicht sicher sein kann, ob eine vermeintliche Fährte wirklich etwas bedeutet, ob das Spiel gerade einfach nur schlecht funktioniert oder man sich selbst zu blöd anstellt.

Gibt es hier etwas zu sehen?

Nicht einfallsreich, aber stimmig: Wie in Zelda spielt Baldo ein magisches Instrument.
Ich möchte die These aufstellen, dass selbst geduldige Naturen während der locker 30 Spielstunden vielfach zu YouTube, Reddit & Co. pilgern, um sich Tipps zu holen. Alle andere hätte ich zumindest nicht ertragen! Dabei blieb ich von Bugs, von denen Spieler vielfach berichten (z.B. kaputte Quests) komplett verschont. Richtig fies hat mir aber die Karte zugesetzt: Während die stets eingeblendete Minimap noch in Ordnung geht, ist die Karte im Menü eine Zumutung. Es dauert ewig, bis man die einzelnen Teile bei den gut versteckten Händlerposten findet, und selbst dann ist der praktische Nutzen (kein Zoom!) gleich null. Überhaupt führt Baldo den Menschen am Gamepad viel zu wenig: Ja, ich schätze spielerische Freiheiten auch und ärgerte mich schon über so manches stundenlange Nintendo-Tutorial im Häppchenformat - aber die Art, wie Baldo seine Mechaniken unzureichend erklärt, den Spieler ratlos durch die Welt scheucht, das grenzt schon an Mobbing. Da hilft es wenig, wenn immerhin ein paar Eulen Tipps zum Benutzen des magischen Horns geben und das Musikinstrument auch, je nach gespielter Melodie, als Schnellreise-Werkzeug taugt.

Viele Figuren labern euch mit allerlei Namen zu, am Ende wisst ihr oft nicht recht, wohin ihr als nächstes gehen sollt.
Ich wollte die ansprechende Fantasy-Welt wirklich gerne erkunden, die von Tentakeln gekaperte Galeone befreien, noch mehr Unsinn mit dem Bombenitem anstellen oder das weitläufige Höhlensystem von vorn bis hinten durchkämmen, aber Baldo wirft mir so viele Knüppel zwischen die Beine, dass meine Reise schon nach wenigen Stunden zur Quälerei verkam. Banale Kämpfe mit starken Damage-Dealern, schwammige Kontrollen auf schmalen Pfaden, langwieriges Umherwandern in Kombination mit grottenschlechter Karte, eine fixe Kamera, die wichtige Details im toten Winkel lässt - so hübsch ist die Spielwelt dann doch nicht, dass ich nach der Testphase freiwillig auch nur für eine Sekunde in die Welt Rodia zurückkehren würde…

Der Wille war da

Fazit

Na, vielen Dank auch! Nachdem ich euch, liebe User, für die Auswahl des letzten Wunschtests The Forgotten City loben musste, habt ihr diesmal eine ziemlich Gurke angeschleppt. Baldo: The Guardian Owls wirkt harmlos, süß und ansprechend, ist aber ein ziemlich fieser Brocken. Und dabei geht es mir nicht mal um die reine Schwierigkeit von Kämpfen oder Rätseln, sondern vielmehr um die vielen ätzenden Tode und Laufwege, die ich beim bloßen Erkunden von Welt und Dungeons hatte. Hier passen Prämisse, Zielgruppe und Spielerlebnis überhaupt nicht zusammen. Zudem haben die Entwickler das verbockt, was gute Titel exzellent schaffen, ohne dass man etwas davon mitbekommt: Die Führung des Spielers in der Welt, das sanfte Hinstoßen auf interaktive Dinge oder den richtigen Lösungsweg, das kleine Belohnen steter Neugier. Stattdessen denke ich mir bei im Ansatz interessanten Haupt- und Nebenquests jedes Mal, wo zum Teufel ich da wohl wieder hin muss und warum ich mir den Kram überhaupt geben sollte. Mein Tipp daher: Gebt eure sauer verdienten Dindis für ein anderes Spiel aus und macht ein Bogen um Baldo!

Pro

  • hübscher Grafikstil
  • interessante Spielwelt
  • stattlicher Umfang
  • ein paar interessante Nebenquests
  • manch guter Einfall beim Rätseldesign
  • sympathische Figuren

Kontra

  • tausend nervige Tode
  • Baldo läuft zu langsam
  • Baldo stirbt zu schnell
  • grauenvolle Karte
  • Neugier wird nicht belohnt
  • Gegner teilen zu heftig aus
  • schwammige Steuerung
  • träges Kämpfen und Blocken
  • kaum Spielerführung
  • keine Sprachausgabe
  • Tod schon bei Stürzen aus geringer Höhe
  • langweilige Feinde
  • keine Karte in den Dungeons
  • umständliche Item-Auswahl
  • man weiß oft nicht, ob man nur zu doof ist oder es hier gerade gar nicht weiter geht

Wertung

Switch

Hübsches Action-Adventure nach Zelda-Art, dass euch mit tausend Toden nervt, viel zu wenig erklärt und Komfort ganz hinten anstellt.

XboxOne

Hübsches Action-Adventure nach Zelda-Art, dass euch mit tausend Toden nervt, viel zu wenig erklärt und Komfort ganz hinten anstellt.

PC

Hübsches Action-Adventure nach Zelda-Art, dass euch mit tausend Toden nervt, viel zu wenig erklärt und Komfort ganz hinten anstellt.

PlayStation4

Hübsches Action-Adventure nach Zelda-Art, dass euch mit tausend Toden nervt, viel zu wenig erklärt und Komfort ganz hinten anstellt.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Es gibt keine Käufe.
Kommentare
Cordovan Karolus

Ich gehöre auch zu den gefühlt 5 Leuten, die versucht haben, Baldo probezuspielen. Als Apple-Arcade-Nutzer (wegen Sakaguchis neuem Spiel und der Integration in Apple-One) habe ich auch schon länger drauf geschielt, weil ich Musik und Grafikstil sehr "appealing" fand. Ich liebe zudem Eulen, weshalb ich auch den letzten Ori-Teil so süß fand.

Allerdings ist die Apple-Arcade-Umsetzung auch sehr schlampig. Auf dem Apple-TV läuft das Spiel nicht mal in den niedrigsten Einstellungen ruckelfrei, bei denen die Umgebungsgrafik schon echt nicht gut aussieht und auf dem iPhone XS stürzt es ständig ab. Außerdem läuft es nicht rund und ist echt übertrieben schwer, was ich aber zuerst für einen Bug der iOS-Version hielt. Außerdem ist das Spiel so stark komprimiert, dass die ohne Zweifel exzellent komponierte Musik klingt, als käme sie aus einer Glückwunschkarte. Gepaart mit einer nicht motivierenden langweiligen Handlung, hab ich das Spiel nach dem ersten Dungeon weggelegt. Wäre es im Gamepass gelandet, hätte ich es vielleicht noch mal auf der Xbox Series X versucht...

Es ist halt sehr traurig, wenn ein Spiel mit so viel Potenzial und Herzblut der Entwickler so in die Hose geht. Ich denke einfach, dass ein Zwei-Mann-Projekt in einer solchen Qualität nicht gut gehen kann. Hier hat man im Grunde ein technisch versiertes Spiel in der eigentlichen Klasse der Zweite-Riege-Square-Enix-Titel (Octopath, Lost Sphear, Bravely Default II, etc.), das einfach schief gegangen ist.

Daher decken sich die Wertung und wie der Test geschrieben ist mit meinen Erfahrungen. Und ich glaube, das ist auch allgemein zutreffend, da man hier aufgrund der fehlenden Manpower auch das Balancing sträflich vernachlässigt hat. Und das finde ich an 4Players-Reviews so gut. Man kann halt sehr genau herauslesen, wo es harkt. Auch die 48er-Wertung ist in meinen Augen absolut zutreffend.

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren
Wulgaru

Der dritte Zelda-Klon innerhalb eines Jahres, den man sich sparen kann. Ist es denn so schwer, ein halbwegs brauchbares Zelda-Like mit gutem Gameplay und schweren Rätseln zu erschaffen?
Ich vermute mal das ist eben der Tatsache geschuldet das es ein Handygame ist (also die punkte betreffend Steuerung etc). Aber wenn man sich klar macht das das ein Smartphone game ist sind Umfang etc eigentlich sehr gut.
Nö, es ist kein originäres Smartphone-Game. Es sollte vor der Verschiebung auf dieses Jahr, zunächst zeitexklusiv für Switch erscheinen. Das es auch für iOS erscheint, verändert das ursprüngliche nicht.

vor 3 Jahren
Seitenwerk

Der dritte Zelda-Klon innerhalb eines Jahres, den man sich sparen kann. Ist es denn so schwer, ein halbwegs brauchbares Zelda-Like mit gutem Gameplay und schweren Rätseln zu erschaffen?
Ich vermute mal das ist eben der Tatsache geschuldet das es ein Handygame ist (also die punkte betreffend Steuerung etc). Aber wenn man sich klar macht das das ein Smartphone game ist sind Umfang etc eigentlich sehr gut.

vor 3 Jahren
PfeiltastenZocker

Vielen Dank für den Test, jetzt weiß ich dass ich mir das Spiel...

DEFINITIV

Holen werde.
Für mich ließt sich das wie der ultimative Game-Journalist Zerstörer mit Anspruch und keinem bzw kaum Handholding, wie in den guten alten Zeiten, wo man ein Spiel endlich mal selbst wieder entdecken kann. Für mich klingt das so als sei Matthias von der Erfahrung einfach nur frustriert gewesen, weil man da Geduld investieren muss und nicht schnell durchrauschen kann um noch kurz den Test zu Ende zu schreiben.
Ich hoffe wirklich dass sie das nach der Resonanz nicht kaputt patchen, sondern so belassen bzw in einem alternativen "Game-Journalist" Schwierigkeitsgrad auslagern, es sah ja echt nicht so aus, aber das hier scheint mir endlich mal wieder ein Spiel zu sein wo man sich reinknien kann.
Dann wünsche ich dir, ganz ehrlich, viel Spaß.

Es ist schon ein bisschen auffällig, dass sie eher Spiele bevorzugen, die einen strenger an die Hand nehmen und nicht ganz so anspruchsvoll sind.
AC Valhalla hat bei ihnen dadurch einen Gold Award erhalten, während ich das Spiel z. B. als ein einziges Abgrasen von a nach b - manchmal noch über c - empfand und daher überhaupt nicht gut fand.
Auch Kena war für mich furchtbar einfach. So einfach, dass dann schon Langweile aufkommen kann.
Das sind halt zwei komplett unterschiedliche Spielauffassungen.

Aber dann Spiele abzuwerten (sie bezeichnen es sogar als Gurke!), nur weil sie nicht unter die persönliche Schablone passen, empfinde ich auch nicht als ganz so glücklich.

Sorry, nicht böse gemeint!
Ja das ist mir auch schon aufgefallen, wobei das auch immer von der Präferenz des Testers abhängig ist. Bei Matthias scheint es mir aber dass ihm Komfort schon immer sehr wichtig war, wobei die Grenzen hier sehr denhbar sind, wo Komfort aufhört und Handholding beginnt.
Nichtsdestotrotz wurden meistens schwere Spiele hoch bewertet wo das Marketingtechnisch schon klar gegeben ist, so richtige Überraschungshits habe ich daher leider nicht Wertungstechnisch bei 4players erfahren, bzw eher selten. Jens Bichoff hatte ein paar interessante Geheimtipps mal fair bewertet.

Ich mag ja 4players trotzdem irgendwie, aber vielleicht ist es nach 20 Jahren auch besser dass es mal zu einem Ende kommt, die Leute hier werden auch nicht jünger und sollten mal so langsam uns Millenials das Feld überlassen.

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren
JudgeMeByMyJumper

Vielen Dank wie immer für den Wunschtest. Diesmal leider zum letzten Mal. Meist waren es Gurken, manches Mal aber auch Highlights und einmal sogar ein Spiel des Jahres. Danke 4P für dieses schöne Konzept.

vor 3 Jahren