Grand Theft Auto: The Trilogy - The Definitive Edition - Test, Action-Adventure, PC, PlayStation5, XboxSeriesX, iPad, PlayStation4, iPhone, XboxOne, Android, Switch
Der Einfluss, den die Third-Person-Action der Grand-Theft-Auto-Serie auf Spielkultur, Action-Adventure im Allgemeinen sowie offene Welten im Besonderen hatte, ist enorm und bis in die heutige Zeit spürbar. Und das nicht nur, weil Rockstar Games später mit Grand Theft Auto 5 sowie den Western aus der Red-Dead-Redemption-Serie die Messlatte immer weiter nach oben schraubte. Doch es gibt kaum ein Spiel, das mit einer offenen Welt hantiert, das sich nicht in der einen oder anderen Form an den dreidimensionalen Gangster-Epen orientierte. Volitions Saints-Row-Serie wäre ohne GTA (3 und folgende) wohl nicht denkbar gewesen. Ohne die Basis von Rockstar hätte Ubisoft vermutlich deutlich länger benötigt, um seine offenen Welten zu entwickeln.
Mehr als nur offene Welten
Mercenaries oder Saboteur, Destroy All Humans (alle von Pandemic), Mafia, The Simpsons: Hit and Run, Jak 2 und 3, Driver: Bei allen spürt man den Einfluss, den Liberty City, Vice City und San Andreas ausübten, in der einen oder anderen Form. Dass man natürlich auch hausintern mit Titeln wie The Warriors (für mich immer noch eine der besten Filmumsetzungen aller Zeiten), der Midnight-Club-Serie oder Bully versuchte, offene Welten aufzugreifen und mit ihnen zumeist erfolgreich zu experimentieren, ist zwangsläufig. Natürlich gilt: Offene Welten gab es schon vor Grand Theft Auto 3. Doch die Art und Weise, wie Rockstar Games diese interpretierte und mit den Fortsetzungen kontinuierlich ausbaute, war neu, erfrischend und unglaublich motivierend.
Der Zahn der Zeit
Doch noch nicht nur bei der Inszenierung ist die Trilogie (abhängig von der gewählten Episode) nur mäßig bis gut gealtert. Vor allem in GTA 3 ist das Missionsdesign bis auf wenige Ausnahmen sehr oberflächlich. Das Fahrverhalten ist selbst nach Arcade-Maßstäben im Zweifelsfall eher „seifig“. Und bei der Nahkampf- bzw. ballistischen Action spürt man ebenfalls, dass Rockstar mit dem ersten dreidimensionalen Ausflug nach Liberty City noch in der Findungsphase war. Auch die KI ist weit von dem entfernt, was man heutzutage in offenen Welten als passabel erachtet. Leute laufen einem vor
die Karre. Wie aus dem Nichts rasen andere Fahrzeuge beim Abbiegen in einen rein. Und bei Auseinandersetzungen ist Deckung auch eher ein Fremdwort für die recht doof auf einen zulaufenden Schergen. Dennoch: Die Story und die Charakterzeichnungen, die wie bei nahezu allen Rockstar-Titeln aus der Feder von Firmengründer Dan Houser stammen, sorgen allen Macken zum Trotz dafür, dass man eine Mission nach der anderen in Angriff nimmt und nebenbei beim Durchstreifen der nach heutigen GTA-Maßstäben eher kleinen Stadt auch das eine oder andere Geheimnis bzw. Sammelgegenstände findet. In Vice City und San Andreas werden die KI-Probleme zwar nicht unbedingt weniger, dafür wird die Inszenierung aber besser und der kontinuierlich größere Action-Spielplatz mit noch mehr Aktivitäten und schließlich auch besserem Missionsdesign lädt zum Verweilen ein.Von Renderware zu Unreal
Dass man die vorhandenen Grafik-Assets der Originale im Rahmen der Anpassung an Unreal „nur“ aufgehübscht und ggf. höhere Auflösungen verwendet hat, um das Spiel in seinem angepassten „Originalglanz“ auf neuen Systemen darstellen zu können, ist nicht einmal das Problem. Klar: Natürlich hätte ich mir sehnlichst gewünscht, dass die drei Klassiker mit Rockstars hauseigener Engine in die Moderne gebracht werden, die auch bei GTA 5 oder Red Dead Redemption 2 zum Einsatz kommt. Damit hätte quasi das Gegenstück zu dem von BluePoint visuell vorbildlich für die PlayStation 5 umgesetzten Remake von Demon’s Souls entstehen können. Warum dieser Weg nicht eingeschlagen wurde, bleibt ein Geheimnis. Zumal man bei den dezenten Steuerungs-Optimierungen auf die Standards setzt, die mit den modernen GTAs eingeführt wurden
Doch selbst mit dem hier eingesetzten "Update"-Konzept hätte man auf beiden zur Verfügung stehenden Test-Systemen Xbox Series X sowie Switch mehr erwarten können - viel mehr. Ob es jetzt daran liegt, dass das verantwortliche Studio von Grove Street Games (gegründet 2007 als War Drum Studios) bisher hauptsächlich mit erfolgreichen Portierungen von (u.a. Rockstar-Games-) Klassikern auf iOS- und Android-Systeme beschäftigt war, lässt sich nicht genau sagen. Die Vermutung liegt aber nahe, dass all die technischen Mankos, Probleme und Defizite, die sich in allen drei Teilen der „definitiven Neuauflage“ zeigen, auf der Unerfahrenheit mit den „großen“ Konsolen sowie PC beruhen. Da mittlerweile der erste Update-Patch veröffentlicht wurde, der einige der ganz großen Probleme behebt, die in den Startversionen deutlich wurden, fällt das Urteil über die Visualisierung etwas besser aus als es vor einigen Tagen geschehen wäre. Doch auch dann konnten nicht alle Probleme, die von Spielern beschrieben und teilweise im Bewegtbild festgehalten wurden, beobachtet oder gar reproduziert werden. Der Bindfaden-Regen allerdings, der nachts dafür sorgte, dass die Sichtweite auf dem Next-Gen-System
gegen Null ging und die Action für ein paar Minuten unspielbar machte, gehört zu den ganz großen Problemen, die auch ich feststellen konnte. Daneben sind Kleinigkeiten wie über dem Boden schwebende Fahrzeuge (auch in Zwischensequenzen), unsichtbare Hindernisse auf Bürgersteigen, mit denen man kollidiert, fehlende Mimik usw. nur Kleinigkeiten; aber störende Kleinigkeiten allemal.Immerhin: Der Regenschleier gehört zu den Grafikbugs, die mit dem letzten Update behoben wurden. Jetzt regnet es zwar stark, aber nicht mehr störend. Ausgehend von den Patch-Notes sind noch zahlreiche andere Sachen betroffen, die mir während der Testphase nicht auffielen oder bei mir nicht auftraten. Andere Probleme wie die instabile Bildrate sind wiederum noch nicht behoben. Oder vielleicht gab es auch schon Änderungen, deren Auswirkungen sich jedoch nur minimal präsentieren. Denn Patch hin oder her: Weder im Performance-Modus mit seinen angestrebten 60 FPS noch in der Qualitätsvariante laufen die Xbox-Series-X-Versionen sauber. Immer wieder kommt es zu Rucklern, die man bei einer moderniserten Variante gut 20 Jahre alter Titel nicht zu sehen bekommen darf. Zwar laufen auch weder Vice City noch San Andreas komplett flüssig, bei Letzterem haben die visuellen Upgrades aber immerhin dazu geführt, dass es nicht mehr völlig wie ein Spiel der vorvorletzten Konsolengeneration aussieht, sondern in seinen besten Momenten wie ein hochskalierter PS3- oder 360-Titel wirkt.
Switch: Ungewollt nah am Original
Fazit
Ich muss zugeben: Im Vorfeld hatte ich mir eigentlich nur Gedanken gemacht, welchen Award ich zücken würde. Die Tendenz ging zu Gold. Die Aussicht, drei Spiele in einem Paket zu bekommen, die wie eigentlich kein anderes Trio nachfolgende Action-Adventure sowie offene Welten im Allgemeinen beeinflusst hat, ließ mich schon früh euphorisch werden. Vor allem, da mit dem Umstieg auf die Unreal-Engine eigentlich eine mehr als vielversprechende technische Basis vorlag, um die Klassiker der vorvorletzten Konsolen-Generation mit einem frischen Anstrich einem neuen Publikum zu präsentieren. Und an der inhaltlichen Umsetzung gibt es auch nichts auszusetzen. Klar: GTA 3 wirkt mit seinen rudimentären Mechaniken, der groben Inszenierung sowie der überschaubaren Größe nach heutigen Maßstäben etwas spröde. Aber Vice City mit seinem Star-Aufgebot an Sprechern und vor allem San Andreas mit seinen umfangreichen, klasse miteinander verzahnten Spielsystemen zeigt bereits, wieso Rockstar Games Jahre später mit GTA 5 sowie Red Dead Redemption 2 immer noch offene Welten und filmische Inszenierung mit ausgefeilten Charakteren dominiert. Technisch jedoch haben sowohl Switch als auch Xbox Series X viel Luft nach oben – auch noch nach dem ersten großen Update. Und ich spreche nicht mal von den aus der PS2-Ära mitgeschleppten KI-Problemen oder den einschlägigen Videos mit merkwürdigen Verrenkungen, die das Internet kurz nach dem Launch fluteten, die wir aber im Spiel (auch vor dem Patch) nicht reproduzieren bzw. nur in ganz seltenen Fällen entdecken konnten. Wenigstens wurde der unsägliche Bindfaden-Regen entfernt, der die Ausflüge temporär fast unspielbar machte. Doch eine weiterhin instabile Bildrate sowohl auf Switch als auch Series X (hier selbst im Performance-Modus), dazu eine unausgewogene Sound-Abmischung und einige technische Kleinigkeiten, die ebenfalls nach wie vor nerven, nagen gewaltig an der Motivation. In dieser Form wird den Klassikern ein höchst instabiles Denkmal gesetzt, dass sie so definitiv nicht verdient haben. Beide Fassungen schrammen knapp an der Grenze zur nächstniedrigeren Schulnote entlang und retten sich eigentlich nur durch den letzten Patch, der einige Mankos behebt sowie den grundsätzlichen Spaß, der trotz der technischen Defizite immer wieder auch dank der bombenstarken Radiosender in den offenen Welten entsteht.