Shin Megami Tensei 5 - Test, Rollenspiel, Switch
Der Schauplatz von Shin Megami Tensei 5 ist Tokio, traditionell ein beliebtes Ziel für jede außerirdische Macht, die den globalen Untergang der Menschheit anstrebt. Diesmal wird die fernöstliche Metropole zum Schauplatz für die letzte Schlacht zwischen Gott und Luzifer. Die Bösen gewinnen und hinterlassen eine zerstörte Welt. Natürlich muss es hierzu auch einen Helden geben, der alles wieder ins Lot bringen soll. In diesem Fall sind es sogar zwei. Ihr beginnt das Spiel als durchschnittlicher Student in Tokio, der sich zur falschen Zeit am falschen Ort befindet. Durch einen seltsamen Zufall wird er zwanzig Jahre in die Zukunft versetzt und landet in einer Postapokalypse. Kurz bevor er hier einer örtlichen Dämonengruppe zum Opfer fallen kann, wird der junge Mann von einem geheimnisvollen Wesen namens Aogami gerettet.
Nächster Halt: Apokalypse
Als der Student die helfende Hand des Fremden berührt, verschmelzen die beiden durch eine übernatürliche Fügung und werden zum Nahobino: Ein ätherisches Wesen, bestehend aus zwei Seelen. Als Nahobino begebt ihr euch auf eine lange Reise, um herauszufinden, was vor zwanzig Jahren vorgefallen ist und ob die Welt wieder in ihren alten Zustand zurückversetzt werden kann. Der Großteil der Handlung spielt sich in vier weitläufigen, offenen Gebieten des postapokalyptischen Tokios ab. Zerstörte Gebäude und wichtige Wahrzeichen ragen aus sonnenverbrannten Wüsten oder düsteren Ödlandschaften empor. Als Spieler werdet ihr sehr viel Zeit in diesen
Ebenen verbringen, aber visuell wird euch immer fast das gleiche präsentiert. Auch wenn das natürlich zu einem postapokalyptischen Schauplatz passt, wirkt die Gestaltung der Umgebung auf Dauer uninspiriert und öde. In diesem Bereich wird die verwendete Unreal-Technologie nicht ausgereizt.Der Fokus von Shin Megami Tensei 5 liegt aber auch nicht auf Besichtigungstouren, sondern auf Auseinandersetzungen mit den dort lebenden Monstern. Die sind auch sehr scharf darauf, euch auf die Pelle zu rücken und wenn man nicht aufpasst, greifen sie euch hinterrücks an. Als Nahobino könnt ihr ihnen aber auch mit Leichtigkeit ausweichen und sogar davonrennen. Sobald ihr einen Dämon angreift oder er euch berührt, wechselt der Bildschirm wie in vielen anderen Rollenspielen dieser Machart in den Kampfmodus. Die Auseinandersetzungen sind klassisch rundenbasiert, habt ihr euren Gegner zum Kampf aufgefordert, seid ihr als erstes am Zug. Es gibt verschiedene elementare Fähigkeiten, wie z. B. Feuer, Eis, Licht oder Schatten, aber auch Gegenstände, die benutzt werden können. Ihr selbst und eure Gegner haben Stärken und Schwächen, die ausgenutzt werden wollen. Je mehr Schwächen eures Gegners ihr ausnutzt, desto mehr Züge bekommt ihr. Das kann so weit gehen, dass eure Gegner überhaupt keine Chance haben, einen eigenen Angriff zu starten. Wählt eure Taktik also mit Bedacht und findet schnellstmöglich die Schwächen eurer Widersacher heraus.
Catch 'Em All
Die Begleiter, die auf dem Weg eingesammelt werden, sind aber nur Mittel zum Zweck. Denn die wahre Herausforderung in Shin Megami Tensei 5 besteht darin, sich die perfekten Begleiter heranzuzüchten. Wenn ihr nur die stärksten Dämonen benutzt, die euch über den Weg laufen, werdet ihr nicht weit kommen. Damit ihr für alles gewappnet seid, was euch hier entgegengeworfen wird, bekommt ihr allerlei Werkzeuge zur Verfügung gestellt. Mit ihnen könnt ihr für jedes Gebiet oder sogar für jeden einzelnen Boss ein perfektes Team erschaffen, das genau nach euren Vorstellungen modelliert ist. Eure erste Anlaufstelle, um neue und stärkere Dämonen zu rekrutieren, ist die Welt der Schatten. Ihr könnt diese durch sogenannte Drachen-Linien-Punkte betreten, die im Spiel auch als Speicherpunkte dienen. In der Welt der Schatten könnt ihr eure vorhandenen Begleiter miteinander fusionieren. Das Verschmelzen von zwei oder mehr Phantomen zu stärkeren Dämonen ist das A und O, um in SMT 5 voran zu kommen. Die dadurch entstehenden neuen Schreckgespenster können dabei die elementaren Stärken und Resistenzen der Geopferten übernehmen.
Göttliche Kräfte
Eine weitere Möglichkeit sich gegen die Gegner zu schützen, ist das Essenzsystem. Damit können bereits vorhandene Dämonen aber auch der Nahobino Fähigkeiten eines anderen Dämons erlernen und sogar dessen elementare Resistenzen und Schwächen übernehmen. Zu guter Letzt steht euch der Erwerb von Wundern zur Verfügung, mit welchen ihr neue Fähigkeiten für den Nahobino und sein Team freischaltet. Dafür muss Glorie gesammelt werden, die man wiederum durch die Erfüllung von Aufgaben bekommt. Mit Hilfe von Fusionen, Wundern und Essenzen ist es möglich, die eigene Strategie flexibel an die Gegebenheiten im Spiel anzupassen. Dabei werden diejenigen belohnt, die vor Experimenten und dem berüchtigten Grind nicht zurückschrecken.
Keine halben Sachen
Man könnte meinen, dass der leichte Schwierigkeitsgrad ein „simpler“ Einstieg ist, aber selbst im Casual-Modus kann es passieren, dass man für einen Boss mehrere Anläufe braucht oder diesen nur ganz knapp besiegt. Atlus selbst beweist hier göttliche Gnade und spendiert eine Abhilfe im Nintendo E-Shop. Dort könnt ihr euch neben weiteren DLCs mit neuen Bossen oder einer japanischen Vertonung, auch einen weiteren Schwierigkeitsgrad namens „Sicher“ herunterladen - und das vollkommen kostenlos. Dieser Schwierigkeitsgrad wird für Einsteiger empfohlen und solche, „die hauptsächlich die Handlung genießen wollen“.
Wenn ihr mal nicht die Einöde erkundet und gegen Dämonen kämpft, verbringt ihr ein paar kurze Sequenzen in der nicht-apokalyptischen Version von Tokio. Das wirkt allerdings aufgesetzt und losgelöst vom restlichen Spiel - die einzige Aktionsmöglichkeit dort ist das Bewegen einer Spielfigur durch eine herausgezoomte Stadtkarte. Doch wirklich viel gibt es dort nicht zu tun. Diese Abschnitte sind zum Glück immer schnell vorbei. Ein anderer Bereich, der zu wünschen übrig lässt, sind die Nebencharaktere. Nach stundenlangen Abenteuern begegnet man ihnen nur für ein paar Minuten in Zwischensequenzen. Das reicht natürlich nicht, um sie wirklich kennen zu lernen. Dementsprechend wird nie so etwas wie eine emotionale Bindung aufgebaut und ihre Beweggründe oder Persönlichkeiten bleiben bis zum Schluss sehr oberflächlich. Auch der Nahobino selbst hätte etwas mehr
Charakter vertragen können. Normalerweise wären Menschen doch sehr erstaunt, ob der Ereignisse um sie herum. Aber er wirkt schon fast teilnahmslos, so als wären alle Vorkommnisse keine richtige Reaktion wert. Sein Motto scheint „Augen zu und durch!“ zu sein.Augen zu und durch!
Immerhin wird das mit dem Design des JRPGs wieder einigermaßen wettgemacht. Die Designer haben die Umgebung zwar etwas vernachlässigt, dafür sind die vielen verschiedenen Dämonen ein wahrer Augenschmaus. Ihre großartigen Designs und individuellen Angriffsanimationen sind immer wieder ein Genuss. Dabei haben sich die Macher nicht nur auf die japanische Kultur bezogen, sondern haben Wesen aus internationalen Geschichten und Märchen übernommen. Im Spiel wird zum Beispiel der Sandmann der deutschen Kultur zugesprochen und taucht dort als knallrotes Männchen mit einem Halbmond als Kopf auf. Die Story selbst braucht zwar etwas Zeit, um richtig Fahrt aufzunehmen, wird aber einer Geschichte über den Kampf zwischen göttlichen Mächten durchaus gerecht. Auch wenn man sie bedingt durch den Grind nur häppchenweise genießen kann.
Fazit
Shin Megami Tensei 5 ist nicht einsteigerfreundlich. Und das habe ich als Neuling in der SMT-Welt auch am eigenen Leib erfahren müssen. Da hilft nur Zähne zusammenbeißen und sich durch die dämonischen Angreifer zu kämpfen. Auch wenn das Spiel verglichen mit anderen Nippon-Rollenspielen schwieriger ist, kann man sich auch hier mit etwas Durchhaltevermögen, Geduld und einer Frustresistenz gut zurechtfinden. Die Kulisse könnte bei der Spielwelt zwar aufwändiger sein, da sie auch für eine Postapokalypse für meinen Geschmack viel zu leer ist. Das Design der verschiedenen Dämonen ist jedoch durch die Bank klasse und ich kann verstehen, dass das Hauptaugenmerk der Spielemacher eher darauf lag – zumal die Umgebung irgendwann ohnehin nur noch zweitrangig ist. Im Endeffekt kann ich das Spiel allen JRPG-Fans empfehlen, die eine Herausforderung suchen. Vorausgesetzt ihr bringt viel Zeit mit und seid Grind nicht abgeneigt, um euer perfektes Team zusammenzustellen.
Pro
- viele verschiedene Gegnertypen
- schöne Dämonendesigns
- ausgefallene Fusionsmechanik
- zahlreiche gut integrierte multikulturelle Einflüsse
- Easy-Mode für Einsteiger
- Schwierigkeitsgrad lässt sich (fast) jederzeit wechseln
- keine Zufallskämpfe
- taktische Rundenkämpfe mit interessanter Elementar-Mechanik
Kontra
- öde Umgebungen
- Charaktere haben keine signifikanten Persönlichkeiten
- keine großartigen Höhepunkte in der Story
- grindlastig
- aufgesetzte Sequenzen im prä-apokalyptischen Tokio
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt im e-Shop Inhalte, um die Häufigkeit von Begegnungen mit Mitama-Dämonen erhöhen. Diese Dämonen hinterlassen Gegenstände, die für den Protagonisten oder seine Begleitern nützlich sind.
- Käufe können minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.