Pokémon Strahlender Diamant & Pokémon Leuchtende Perle - Test, Rollenspiel, Switch

Pokémon Strahlender Diamant & Pokémon Leuchtende Perle
03.12.2021, Dominik Zwingmann

Test: Pokémon Strahlender Diamant & Pokémon Leuchtende Perle

Pokémon durch und durch

Es ist mal wieder an der Zeit für ein weiteres Pokémon-Remake. Es steht mit Pokémon Strahlender Diamant und Leuchtende Perle die vierte Spiele-Generation auf dem Plan, die ihr Debüt erstmals 2007 auf dem Nintendo DS feierte. Jetzt sind die Spiele visuell aufbereitet auch für Nintendo Switch erhältlich. Was wir bei unserer Rückkehr in die Sinnoh-Region erlebt haben, erfahrt ihr im Test.

Über 15 Jahre ist es mittlerweile her, dass die vierte Pokémon-Generation mit Pokémon Diamant und Perl in Japan eingeläutet wurde. Im Jahr 2007 fand das Abenteuer dann auch seinen Weg nach Europa. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich mich als Fast-Teenager und meinem klobigen Nintendo DS erneut der Aufgabe gestellt habe, meinen Pokédex zu vervollständigen. Nun dürfen Neulinge und Veteranen dank Pokémon Strahlender Diamant und Leuchtende Perle in die Welt der Sinnoh-Region zurückkehren – in überarbeiteter Optik und für Nintendo Switch. Neu ist jedoch, dass nicht das Team von Game Freak hinter dem Remake steckt. Stattdessen wurde das eher unbekannte Studio ILCA für die Neuauflage beauftragt. Wirklich aufgefallen ist das allerdings nicht.

Wie die Zeit vergeht

Am Grundgerüst des Originals wurde kaum etwas verändert. Alle bekannten Städte, Routen, Trainer und Aktivitäten sind da, wo sie auch schon vor 15 Jahren waren. Nach der Wahl eures Pokémon-Trainers startet ihr eure Reise in Zweiblattdorf. Hier lernt ihr euren Rivalen Barry und etwas später auch Professor Eibe kennen, der euch mit dem Sinnoh-Pokédex und dem Starter-Pokémon eurer Wahl versorgt, bevor ihr euch auf den Weg macht, um der nächste Champion der Region zu werden. Für langjährige Pokémon-Fans gibt es hier keine Überraschungen. Ihr levelt euer Team auf, sammelt alle acht Orden ein und stellt euch anschließend dem Kampf

Chelast, Panflam oder Plinfa? Erneut stehen Starter-Pokémon der Typen Pflanze, Feuer und Wasser zur Auswahl.
gegen die "Top Vier". Weil zwischen Original und Remake aber mehr als ein Jahrzehnt liegt und viele Teile der Geschichte vermutlich wieder vergessen wurden, ist eine erneute Erzählung kein Beinbruch. Viel mehr überfallt einem das schöne Gefühl von Nostalgie, wenn man sich doch wieder an eine Stelle aus alten Zeiten erinnert.

Visuell wurden die Remakes von Pokémon Diamant und Perl deutlich modernisiert. Zwar bleibt die Vogelperspektive aus dem Original bestehen, die Charaktere der Spielwelt werden nun aber im putzigen Chibi-Look präsentiert. Stellenweise erinnert dies an das Remake von The Legend of Zelda: Link's Awakening, bei dem sich Nintendo für einen ähnlichen Grafikstil entschied. Besonders loben muss man die Wasser-Effekte von Strahlender Diamant und Leuchtende Perle, die das Team von ILCA fantastisch umgesetzt hat. Kommt es zu einem Pokémon-Kampf, bekommt ihr allerdings nicht mehr die neue Chibi-Optik zu sehen. Hier haben sich die Entwickler am aktuellen Hauptteil von Pokémon Schwert und Schild bedient und - bis auf minimale Änderungen - nahezu alles vom bestehenden Kampfsystem übernommen. Im Gesamtbild machen die Remakes somit einen richtig gelungenen Eindruck. Einbrüche der Bildrate hat es bei meinem Durchlauf nicht gegeben – etwas womit vorherige Pokémon-Spiele für Nintendo Switch immer wieder zu kämpfen hatten.

Neue Höhen und Tiefen

In den Kämpfen setzt man auf die Darstellung, die Fans aus Pokémon Schild und Schwert kennen.
Wie bereits erwähnt, sind die beiden Neuauflagen im Kern mit ihren früheren Originalen inhaltlich identisch. Ein paar Verbesserungen und Innovationen haben die Entwickler am Ende aber doch in Pokémon Strahlender Diamant und Leuchtende Perle untergebracht. Dazu gehören beispielsweise die neuen Untergrundhöhlen, die ihr schon früh im Spiel betreten könnt. Im Vergleich zur Vorlage wurde dieser Bereich massiv erweitert und ist nun sogar fast so groß wie die Spielwelt von Sinnoh selbst. Trainer können hier aber nicht nur nach Schätzen graben oder Pokémon-Fosilien entdecken. Die Untergrundhöhlen bieten auch mehrere unterschiedlichen Biome an, in denen spezielle Pokémon leben, die ihr teilweise nur dort findet. Gleichzeitig bieten sich die Höhlen auch als optimaler Ort an, wenn ihr das Level eurer Pokémon erhöhen wollt. Die Stufen der Gegner sind hier abhängig von eurem aktuellen Spielfortschritt. Gerade für das Endgame ist das vorteilhaft. Vorher werdet ihr die Höhlen wahrscheinlich nur besuchen, wenn ihr euren Pokédex schnell füllen oder euer Team mit anderen Pokémon verstärken wollt. Wirklich leveln müsst ihr eure Pokémon – bei einem normalen Durchlauf – nämlich nicht, um zum Sinnoh-Champion gekrönt zu werden.

Der Schwierigkeitsgrad von Pokémon Strahlender Diamant und Leuchtende Perle wird für die allermeisten Spieler keine ernstzunehmende Herausforderung darstellen – zumindest, bis ihr zum ersten Mal auf die "Top Vier" trefft. Hauptverantwortlich dafür ist der EP-Teiler, der sämtliche Erfahrungspunkte unter all euren Pokémon im Team aufteilt. Auf der einen Seite sorgt dieser Gegenstand dafür, dass ihr euch viel Zeit spart, wenn ihr eure Pokémon auf einen bestimmten Level bringen müsst, um das Abenteuer fortsetzen zu können. Auf der anderen Seite haben die Entwickler offenbar keine wirksamen Änderungen am Balancing vorgenommen, weshalb der EP-Teiler euer Team tatsächlich so übermäßig stark macht, dass man keinerlei Probleme in selbst wichtigen Duellen gegen Team Galaktik haben sollte – sofern ihr effektive Attacken gegen eure Widersacher einsetzt. Aber auch hier werden mittlerweile Hinweise angezeigt, welche Angriffe gegen ein Pokémon am wirksamsten sind - ebenfalls etwas, das man aus aktuelleren Pokémon-Spielen übernommen hat und das im Original noch fehlte. Vereinfachende Dinge, wie der EP-Teiler, spalten die Meinungen der Fans bis heute. Es ist und bleibt eine knifflige Aufgabe für die Pokémon-Macher, hier einen richtigen Weg zu finden, der alle Spieler am Ende glücklich machen wird.

Erst viel zu leicht, dann urplötzlich super schwer

Gegen die "Top Vier" und im anschließenden Endgame zieht der Schwierigkeitsgrad der Remakes dann plötzlich enorm an. Ohne Vorbereitung und Pokémon, die nicht nur dem Level eurer Gegner entsprechen, sondern auch deren Typen im Kampf effektiv kontern, dürfte es schwer werden, die letzten Schritte zum Pokémon Champion in einem Zug zu schaffen. Wer viele Stunden in die Spiele stecken möchte, wird in Strahlender Diamant und Leuchtende Perle definitiv fündig. Es sind nicht nur zahlreiche legendäre Pokémon in der Welt von Sinnoh verteilt – auch weitere Nebenmissionen, Rückkämpfe und sogar eine zusätzliche Insel mit knallharten Herausforderungen stehen euch im Endgame zur Verfügung. Würde es sich nicht um Remakes handeln, hätte man diese Bonusinhalte durchaus als DLC anbieten können. Weil die Inhalte aber schon im Original waren, hat

In den Untergrundhöhlen treffen Trainer im Unterschlupf auf verschiedene umherlaufende Mini-Versionen der Pokémon.
man diese im Spiel gelassen. Auch die Vervollständigung des Nationalen Pokédex, den ihr erst erhaltet, wenn ihr alle Pokémon des Sinnoh-Dex gesehen habt, wird viel Zeit in Anspruch nehmen. Störend sind hier die etwas langen Animationen, die ihr zu Beginn eines Kampfes zu sehen bekommt und damit zusätzliche Sekunden bei der Suche nach neuen Pokémon kosten,  was sich auf Dauer durchaus summieren kann. Im Gegensatz zu Schwert und Schild oder Let's Go Pikachu und Let's Go Evoli übernehmen die Neuauflagen nämlich wieder die Zufalls-Begegnungen. Dadurch wisst ihr nicht, welche Pokémon im hohen Gras auf euch warten. Einzige Ausnahme ist der Untergrund – hier laufen die Pokémon als Mini-Version im Unterschlupf umher.

Der neue Chibi-Look passt sehr gut in die Welt von Pokémon.
Ein Highlight des Originals für den Nintendo DS war das sogenannte Pokétch – ein Gadget voller Apps, die man über den unteren Touchscreen des damaligen Handhelds verwenden konnte. Auch in den Remakes steht das Pokétch zur Verfügung, allerdings habe ich die Spielereien der Uhr nicht mehr ganz so oft genutzt wie damals auf dem Nintendo DS. Das lag schlicht und einfach daran, dass es auf der Nintendo Switch keinen zweiten Bildschirm gibt, der die Funktion damals so handlich gemacht hat. Stattdessen wird die smarte Uhr nun über die R-Taste aufgerufen. Spielt ihr die Neuauflage im Handheld-Modus, kann das Pokétch mit dem Touchscreen navigiert werden. Am Fernseher müsst ihr einen Cursor mit dem Analogstick bewegen, um entsprechende Eingaben zu tätigen. Sehr praktisch ist das Gadget in Strahlender Diamant und Leuchtende Perle aber beim Einsatz der wichtigen VM-Attacken. Wollt ihr Surfer, Zerschneider, Stärke und andere VMs verwenden, könnt ihr diese nun direkt über die Uhr aktivieren. Außerdem muss kein Pokémon im Team die VM mehr in seinen Repertoire haben. Das spart nicht nur viel Zeit, sondern schenkt dem jeweiligen Pokémon auch eine zusätzliche Attacke, dessen Slot sonst für eine VM verloren gegangen wäre.

Die Smartwatch für Pokémon-Trainer

Der Pokétch wird nun direkt auf dem Spielbildschirm angezeigt. Zahlreiche Apps stehen hier zur Verfügung, von denen ihr viele weitere auf eurer Reise erhalten werdet.
Entwickler ILCA hat mehrere Quality-of-Life-Verbesserungen in den Remakes untergebracht, welche die Spiele jedoch nicht auf revolutionäre Art und Weise verändern. Neben den bereits erwähnten Neuerungen können Trainer zum Beispiel nun auch ihre Outfits verändern. Zusätzliche Sticker für die Dekoration eurer Pokébälle gibt es ebenfalls. Damit verleiht ihr euren Pokémon das besondere Etwas, wenn sie im Kampf aus ihrem Pokéball kommen. Außerdem bringt es Vorteile für die Super-Wettbewerbs-Show, die natürlich auch in den Neuauflagen nicht fehlt. Hier treten Trainer mit ihren Pokémon in verschiedenen Kategorien auf einer Bühne gegeneinander an und lassen ihren Auftritt von einer Jury bewerten. Auch beim Multiplayer orientieren sich die Neuauflagen an dem, was es schon im Original gab: So kehrt mit dem Konnex-Klub z.B. eine Einrichtung zurück, in der Trainer über das Internet miteinander interagieren können. Zur Wahl stehen hier Kämpfe oder auch der Tausch von Pokémon.

Fazit

Die Remakes von Pokémon Diamant und Perl haben genau das geliefert, was ich mir im Vorfeld der Veröffentlichung von den Spielen gewünscht habe: Eine modernisierte Version der damaligen DS-Spiele, mit denen vor allem langjährige Pokémon-Fans mal wieder in Nostalgie schwelgen können. Allerdings bekommen auch Neueinsteiger eine tolle Möglichkeit geboten, die vierte Generation der Reihe zu erleben. Zwar sorgt die Neuauflage wegen des anfänglich einfachen Schwierigkeitsgrads stellenweise für etwas Langeweile bei den Kämpfen – wer jedoch Spaß am Sammeln von Pokémon hat und seinen Pokédex vervollständigen will, wird über diese Tatsache schnell hinweg sehen können. Dank des umfangreichen und anspruchsvollen Endgames können Spieler auch nach Krönung zum Pokémon Champion viele Stunden mit den Spielen verbringen. Es wäre schön gewesen, wenn die Remakes vielleicht doch ein paar drastischere Veränderungen erhalten hätten, die der Sinnoh-Region frischen Wind verliehen hätten. Stattdessen handelt es sich um ein  solides Pokémon-Abenteuer, das dem damaligen Original von 2007 treu geblieben ist.

Pro

  • fantastischer neuer Grafikstil
  • viele kleine Optimierungen, die das Spiel erleichtern
  • umfangreiches Endgame mit vielen Inhalten
  • riesige Untergrundhöhlen bieten noch mehr Erkundung
  • Pokédex vervollständigen macht erneut viel Spaß
  • Bildrate bleibt durchgehend stabil
  • viele Nostalgie-Gefühle für langjährige Fans
  • VM-Attacken können auf Knopfdruck eingesetzt werden
  • toller Soundtrack

Kontra

  • EP-Teiler macht das Spiel anfänglich viel zu einfach
  • keine drastischen Änderungen im Vergleich zum Original
  • Animationen dauern teilweise sehr lang
  • Zufalls-Begegnung sind wieder zurück
  • Pokétch-Uhr ist nicht mehr ganz so handlich

Wertung

Switch

Solide Remakes von Pokémon Diamant und Perl, die ihrem Original nahezu komplett treu geblieben sind. Einige bedeutsame Neuerungen hätten dem Spiel aber wohl nicht geschadet.

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