Aeterna Noctis - Test, Plattformer, XboxSeriesX, PC, PlayStation5, PlayStation4, Switch

Aeterna Noctis
29.12.2021, Mathias Oertel

Test: Aeterna Noctis

Zwischen Frust und Freude

Fans von Action-Adventures, die sich an den Mechaniken der Klassiker Metroid und Castlevania orientieren, haben eine mittlerweile recht stattliche Auswahl an Titeln zur Verfügung – mal mit, mal ohne Rogue-lite-Elementen. Und jetzt ist mit Aeterna Noctis (ab 27,90€ bei kaufen) ein weiterer Vertreter in den Ring gestiegen, um Hollow Knight, Ori oder Metroid Dread den Kampf anzusagen. Wie wir im Test feststellen konnten, ist das Ergebnis spielenswert. Insofern man über eine hohe Frustresistenz verfügt.

Abseits des sehr stimmungsvollen Intros, das im Stile von Glasmosaiken die Geschichte des ewigen Kampfes zwischen der Königin des Lichts und des Königs der Finsternis um die Welt Aeterna erzählt, kommen einem viele Elemente bekannt vor, die Aeterna Noctis verwendet. Das Erstlingswerk des spanischen Teams Aeternum Game Studios zitiert aber nicht nur die Größen aus dem Nischenbereich des Action-Adventures, den man gerne als Metroidvania bezeichnet. Es baut darauf auf und versucht, aus den Versatzstücken etwas Eigenständiges zu schaffen – und das gelingt auch größtenteils. Fans werden das Teleport-System, das der König der Dunkelheit nutzt, ebenso wie einige Ansätze des Artdesigns Castlevania zuordnen, dessen Ableger Symphony of the Night bis heute eines der prägendsten Spiele in diesem Bereich ist. Die Option, durch Töten von Gegnern eine Sonderfähigkeit aufzuladen, die bei Aktivierung einen Teil der Gesundheit auffällt, hat man u.a. auch bei dem seit 2017 auf zahlreichen Systemen auftrumpfenden Hollow Knight gesehen. Das Premieren-Projekt von Aeternum Game Studios schafft dabei jedoch das Kunststück, das jedes Element, das man wiedererkennt, sich als Teil des Ganzen einsortiert – ohne, dass man Stunden später wieder denkt "Ach ja, das ist wie bei Spiel X oder Y!" Alles wirkt sehr homogen und gut miteinander verzahnt.

Mehr als die Summe seiner Einzelteile

Kulisse und Figurendesign von Aeterna Noctis sind stimmungsvoll.

In bester Tradition und in Anlehnung an alte und moderne Klassiker schafft Aeterna Noctis den typischen Sog, der sich aus den knackigen Kämpfen, der umfangreichen Gebietserforschung und neuen Fähigkeiten ergibt, die wiederum Zugang zu neuen Gebieten bzw. vorher nicht erreichbaren Abschnitten offenbaren, die im Normalfall wiederum frische Belohnungen bereithalten. Allerdings muss man dringend über eine hohe Frustresistenz verfügen. Denn die Welt von Aeterna Noctis ist gnadenlos. Der Schwierigkeitsgrad ist hoch angesiedelt. Dabei wird es allerdings nie unfair. Die Kämpfe könnten einem zwar trotz unterschiedlicher Waffen, die man nach und nach freispielt, mehr Abwechslung bieten. Doch die zur Verfügung stehenden Mittel werden ausgeschöpft. Und im Endeffekt kommt es von den einfachsten Standard-Gegnern bis hin zu den natürlich sehr knackigen (und mitunter um eine Phase zu lang dauernden) Bossen immer "nur" darauf an, die Bewegungsmuster zu lernen, die Zeichen zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Doch ggf. eingebettet in punktgenau zu landende Sprungsequenzen muss das Timing der Angriffe absolut präzise sein, wenn man keinen der knappen Lebenspunkte einbüßen möchte. Und bei den sorgsam zusammengestellten Gruppen in den handgezeichneten Abschnitten, die auf jegliche Zufallsparameter verzichten, muss man stets den Überblick bewahren, wenn Nah- und Distanzkämpfer einen gleichzeitig fordern. Jeder Kampf, jede Plattformpassage, die auch von der höchst akkuraten Steuerung sowie Kollisionsabfrage profitiert, ist schaffbar – gefühlt mitunter nur pixelgenau und unter Einsatz aller nach und nach zur Verfügung stehenden Bewegungselemente, aber schaffbar. Extrem hart, aber auch extrem fair. Und extrem motivierend, wenn man es nach zig Versuchen endlich geschafft hat und seine Belohnung einstreichen kann.

Die Kämpfe sind wie die Sprungpassagen hart, aber jederzeit fair, könnten aber unter dem Strich filigraner ablaufen.


Zu viel des Guten

Und so kämpft man sich im wahrsten Sinne des Wortes in nahezu jeder Hinsicht von Abschnitt zu Abschnitt, von Gebiet zu Gebiet, von Kontrollpunkt zu jedem großteils gut gesetzten Kontrollpunkt. Man macht einen Fehler, man stirbt. Man probiert es von neuem. Undsoweiter. Trotz des hohen Frustpotenzials baut das Abenteuer eine enorme Motivation auf. Weil man weiß, dass es weder am Leveldesign noch an den Mechaniken liegt, wenn man scheitert, sondern nur an einem selbst. In zwei Punkten allerdings hat es das Studio etwas übertrieben. Das eine hat mit dem finalen Ableben zu tun: Hat man alle Lebenspunkte verbraucht, startet man am letzten Kontrollpunkt, alle Gegner sind wieder da und am Ort des Todes wartet die bis dahin gesammelte Erfahrung, um wieder aufgehoben zu werden (Dark Souls lässt grüßen). Schafft man es nicht, diese Punkte wieder aufzusammeln, kann man sie zwar bei einem NPC gegen einen (überteuerten) Preis wiedererlangen. Doch egal, ob man diesen Weg wählt oder sich aufmacht, ggf. nochmals durch ein Minenfeld aus schwierigen Sprungpassagen und/oder Monsteransammlungen zu manövrieren: Bis man die Erfahrung wieder aufgesammelt hat, ist die Fähigkeit deaktiviert, die gesammelte Lebensenergie der getöteten Gegner in einen Lebenspunkt umzuwandeln. Und noch schlimmer: Man bekommt vorerst keine weiteren Erfahrungspunkte gutgeschrieben, sondern tatsächlich erst (und dann auch mit allen bis dahin erneut gefällten Gegnern), wenn man wieder mit seiner Erfahrung vereint ist. Doch auch damit ließe sich umgehen.

Es gibt mehr als genug Möglichkeiten, die Figur zu verbessern.

Allerdings ist Aeterna Noctis mit seinen 16 visuell höchst unterschiedlichen, aber jederzeit ansehnlichen sowie überraschend großen Gebieten für meinen Geschmack etwas zu sehr auf Offenheit und Freiheit fokussiert. Nach der relativ linearen Startphase öffnet sich die Welt mehr und mehr. Für Erkundungsfreudige mag dies eine positive Eigenschaft sein. Doch abseits von kryptischen Missionsbeschreibungen und nur rudimentären Anzeigen gibt es nur wenige Hinweise, wo man die Hauptstory wiederfindet, nachdem man durch die zweifellos vorhandenen Erkundungsreize, die ja auch belohnt werden, vom Weg "abgekommen" ist. Zwar kann man bei Händlern nicht nur Heilphiolen oder einen magischen Trank erstehen, der einen zum letzten besuchten Thron/Teleporter zurückbringt, sondern u.a. auch Marker für die Karte kaufen, um sich Erinnerungen zu setzen, wo man ggf. nochmal mit neuen Fähigkeiten schauen sollte. Doch man kann sich auch in der Welt verlieren – im negativen Sinne. In ihrem Spagat zwischen spielerischer Freiheit und dem Verfolgen der Kampagne sind Spiele wie Hollow Knight oder Ori erfolgreicher. Dennoch schafft es auch Aeterna Noctis immer wieder, einen ans Pad zu lotsen – selbst wenn man sich verloren glaubt. Denn irgendwie findet man doch wieder einen Weg, der einen wieder auf den Hauptpfad führt. Und dir Reise dorthin wird auch in den härtesten Momenten audiovisuell versüßt. Stimmungsvolle Landschaften, saubere Soundeffekte, knapp (aber effektiv) eingesetzte Sprachausgabe mit einer eigens für das Spiel entwickelten Sprache, dazu ein Charakterdesign, das sich irgendwo zwischen Castlevania und Titeln von Vanillaware (Odin Sphere, Dragon’s Crown) einsortiert und ein toller Soundtrack: Technisch hinterlässt Aeterna Noctis einen durchweg guten, häufig sogar sehr guten Eindruck. Dass auf der PlayStation 5 u.a. der Lautsprecher des DualSense eingebunden wird, ist ein nettes Element, aber für den Spielspaß ohne Einfluss.

Fazit

Der Award für Aeterna Noctis stand lange auf der Kippe. Ich musste nicht nur mit mir kämpfen, sondern auch und vor allem mit dem Spiel. Es hing alles am Schwierigkeitsgrad. Einerseits hatte ich schon lange nicht mehr so viel Spaß mit einem Action-Adventure dieser Machart – zuletzt mit Ori and the Will of the Wisps oder Hollow Knight. Das Team von Aeternum Game Studios schafft das Kunststück, Elemente aus der "Metroidvania"-Nische nicht nur zu zitieren, sondern sie zu einem stimmungsvollen Ganzen zusammenzufügen. Die Mischung aus (etwas zu oberflächlichem) Kampf, Erkundung samt reizvoller Belohnungen sowie fordernden Plattform-Passagen ist zweifellos gelungen und enorm motivierend. Zumindest bis man zum wiederholten Male auf eine Stelle trifft, an der man wieder und wieder scheitert. Aeterna Noctis bleibt dabei aber stets fair: Es gibt aus jedem Kampf, aus jeder Auseinandersetzung mit den fordernden Bossen (die hier und da zu sehr ausgewalzt werden) sowie jeder noch so peniblen Sprungpassage einen Ausweg, der nicht auf Zufall basiert. Auch weil die punktgenaue Steuerung sowie die hoch akkurate Kollisionsabfrage jederzeit mitspielen. Allerdings ist die weitgehende Öffnung der Welt nach der recht linearen Anfangsphase ein zweischneidiges Schwert, das zusammen mit dem Anforderungsprofil an dem Willen nagen kann, weiterzumachen. Es gibt viele Erkundungsreize, die einen immer wieder vom ohnehin nur rudimentär markierten Hauptpfad abbringen. Aber mitunter manövriert man sich in Situationen, aus denen man sich nur mit viel Geduld befreien und wieder den Weg zurück zur nächsten Hauptmission finden kann. Und in diesen Momenten möchte man das Pad am liebsten hinlegen und nie wieder anfassen – bevor man es doch erneut aufnimmt und einen weiteren Versuch unternimmt. Und noch einen. Und noch einen. Und einen weiteren. Und irgendwann musste ich mir eingestehen, dass der Sog von Aeterna Noctis trotz des happigen Schwierigkeitsgrades enorm ist – und dies letzlich auch einen Award verdient. Frustresistente Anhänger dieses Subgenres des Action-Adventures können sich auf zig Stunden Unterhaltung in einer audiovisuell stimmungsvollen Spielwelt freuen.

Pro

  • gnadenloser Schwierigkeitsgrad
  • punktgenaue Steuerung
  • akkurate Kollisionsabfrage
  • stimmungsvolles Artdesign
  • abwechslungsreiche Gebiete mit vielen Geheimnissen
  • klasse Soundtrack
  • hart, aber jederzeit fair
  • fantasievolles Figurendesign

Kontra

  • gnadenloser Schwierigkeitsgrad
  • Kampf könnte filigraner sein
  • gelegentlich schlecht gesetzte Kontrollpunkte
  • "offene" Struktur mitunter eine zu starke Ablenkung

Wertung

XboxSeriesX

Aeterna Noctis dürfte die Vorbilder wie Metroid oder Castlevania stolz machen: Das Action-Adventure bietet Erforschung, Kampf und Plattform-Sequenzen in einer ausgewogenen Mischung. Aber seid gewarnt: Das Anforderungs-Niveau ist durchweg hoch!

PlayStation5

Aeterna Noctis dürfte die Vorbilder wie Metroid oder Castlevania stolz machen: Das Action-Adventure bietet Erforschung, Kampf und Plattform-Sequenzen in einer ausgewogenen Mischung. Aber seid gewarnt: Das Anforderungs-Niveau ist durchweg hoch!

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Kommentare
peppino_XYungelöst

Ach wie schön nostalgisch und das auf PS5.
Erinnert mich sehr an PS one Games, schade das man da jetzt ne PS5 braucht.

vor 2 Jahren
PfeiltastenZocker

Wow das scheint wirklich genau meine Kragenweite zu sein, vielen Dank für den Test, das werde ich mir sowas von anschauen. Aber da ich es nicht sofort spiele, werde ich mir irgendwo eine *hust* gec* Version ziehen, wer weiß ob nicht noch der Schwierigkeitsgrad über die nächsten Wochen und Monate enorm verwässert wird. (wäre nicht das erste mal), Steam zwingt einem ja leider zum Update.

Aber natürlich kaufe ich das Spiel gleichzeitig, es geht nur darum die Vanilla Erfahrung zu erhalten.

vor 2 Jahren