Matchpoint Tennis Championships - Test, Sport, PC, PlayStation4, Switch, XboxSeriesX, PlayStation5, XboxOne

Matchpoint Tennis Championships
13.07.2022, Matthias Schmid

Test: Matchpoint Tennis Championships

Ordentlicher erster Aufschlag

Matchpoint Tennis Championships ist ein ungewöhnliches Spiel: Es ist voller nerviger Baustellen und spielt sich ziemlich anders als man es von den meisten Tennis-Titeln gewohnt ist. Trotzdem sprechen wir eine vorsichtige Kaufempfehlung aus – weil das Geschehen auf dem Platz motivierend ist und die Ballwechsel bisweilen sogar spektakulär sind. Warum? Das erklären wir im Test!

Aus der Heimat der Tennis-Legenden Margaret Court, Rod Laver und John Newcombe sowie (für die etwas Jüngeren) Ash Barty, Leyton Hewitt und Nick Kyrgios stammen alle aktuell relevanten Tennis-Videospiele. Seit aus dem Hause Sega und 2K keine frischen Filzball-Sims mehr kommen, müssen es die Kleinen richten. Das gelang ihnen in den letzten drei, vier Jahren mehr schlecht als recht: Tennis World Tour 1 & 2 landeten bei uns unterhalb der 50%-Spielspaß-Marke, die beiden AO Tennis-Episoden nur unwesentlich darüber. Drei dieser vier Titel wurden von den australischen Big Ant Studios programmiert – und auch das neue Matchpoint Tennis Championships stammt aus Down Under. Verantwortlich zeichnet das unabhängige Studio Torus Games, das schon seit 1994 Spiele entwickelt, darunter sehr viele Lizenztitel für eine junge Zielgruppe.

A wie Australien

Sieht netter aus, ist aber nur bedingt praxistauglich: die nahe Kameraperspektive.
Zusammen mit dem deutschen Publisher Kalypso – vor allem bekannt durch seine Tropico-Reihe – wurde jetzt eine neue Tennisspiel-Marke aus dem Boden gestampft: Matchpoint Tennis Championships verzichtet auf Grand-Slam-Turniere oder die ATP- und WTA-Lizenz, hat aber ein paar prominente Stars am Start: Nadal und Djokovic sind dabei, doch unter den 16 Original-Sportlern (11 Männer, 5 Damen) sind durchaus namhafte Profis. Darunter Muguruza, Keys oder Azarenka auf der einen, sowie Nishikori, Ruud, Alcaraz, Rublev oder Medwedew auf der anderen Seite. Damit sind bei den Herren von der aktuellen ATP-Top-10 erfreuliche vier Athleten verfügbar, bei den Damen sind es immerhin zwei aus den ersten 20 Plätzen der WTA-Rangliste. Nett, dass mit Haas und Henman auch zwei erfolgreiche Spieler der Vergangenheit auflaufen – das Preisschild von 5,99 Euro für dieses bereits erhältliche "Legends-DLC"-Paket ist aber unschön. Ähnlich unschön sind die virtuellen Athleten selbst: Während die Tenniscourts aus der typischen Spielperspektive noch das Prädikat "ordentlich" verdienen, wirken die Spieler in der Nahaufnahme grob und wenig lebensnah.

Ein kurzer Schwenk übers Hauptmenü suggeriert, dass hier alles am Start ist, was ein Tennisspiel so braucht – schaut man jedoch genauer hin, werden erhebliche Versäumnisse sichtbar. Für ein "schnelles Match" zum Beispiel stehen nur drei verschiedene Beläge zur Verfügung, unterschiedlich aussehende Stadien gibt es aber nicht. Zwar dürfen Männer und Frauen gegeneinander ran, doch Doppel-Matches werdet ihr im Spiel nicht finden. Als Länge der schnellen Matches gibt es nur einen, drei oder fünf Sätze sowie die Option Super-Tie-Break (bis 10 Punkte) – eine wirklich fixe Runde mit zwei oder drei Gewinnspielen fehlt. Zudem wurde die Wahl der Schwierigkeit in die Optionen ausgelagert, im Menü für das schnelle Match fehlt sie. Immerhin bedeutet das auch, dass ihr während eines Matches einfach mal so die Schwierigkeit anpassen dürft; das ist praktisch.

Was wird geboten?

The Punkt marks the spot: Eure Tennisprofi schlägt dorthin, wo ihr den Cursor platziert habt.
Online sind die Optionen noch spärlicher: Es gibt zwar Ranglisten-Matches, Spiele gegen Freunde sowie lockere Partien (mit Regions- und Cross-Play-Einstellungen), man darf aber weder den Belag wählen noch die Matchlänge bestimmen (fix ist: ein Satz). Obendrein sieht man in der Spieler-Auswahl keine Werte – man muss sich vom Menü der schnellen Matches also merken, wie die Stats für Aufschlag, Vorhand & Co. der einzelnen Sportler sind. Auf PS5 wurden ein paar meiner Online-Partien von Rucklern gestört, auf Xbox Series X blieb ich davon verschont. Willige Gegner waren stets innerhalb weniger Sekunden gefunden – in der Release-Woche ist das zwar nicht überraschend, aber leider nicht bei jedem Spiel aus der zweiten oder dritten Reihe selbstverständlich.

Die weiteren Modi geben eine schwächere Figur ab: Während das Tutorial schlicht ist, aber alles Wesentliche erklärt, sind "Übung" und "Training" einfach nur brutal langweilig. Im Modus "Übung" steht einzig eine träge Ballmaschine als Spielpartner bereit und beim "Training" habt ihr die Wahl zwischen sechs langweiligen Platzierungs-Übungen, die kaum beim Verbessern der Fähigkeiten helfen. Die Karriere startet mit der Charakter-Erstellung im altbackenen Editor, geht dann ganz nett mit dem finalen Tiebreak-Spiel eines Turniers weiter. Doch dann wird es sofort extrem bieder: In einem von zwei Menüs wählt man Trainer oder Turnschuhe aus, im anderen sieht man den Turnierkalender und kann sich aussuchen, ob man das aktuelle Event mitspielt oder aussetzt. Die gelegentlichen Trainingseinheiten entsprechen den langweiligen Trainings-Minigames aus dem Grundspiel – mit dem einzigen Unterschied, dass man damit die Werte des eigenen Spielers steigert; dabei ist es aber leider ziemlich egal, wie ihr in den Disziplinen performt. Das K.o.-Kriterium für die nüchtern präsentierte Tennis-Karriere ist aber die Länge der Matches: Sämtliche Runden bei einem stinknormalen Standard-Turnier werden über die volle Drei-Satz-Länge ausgespielt. Dadurch ziehen sich selbst kleine Turniere zum Karrierestart ins Unendliche und man hat keine Lust, sich auf diesen Solo-Modus einzulassen.

Langweilig und lang: In der steril präsentierten Karriere gibt es wenig zu tun und die Match-Länge kann leider nicht verkürzt werden.
Klingt nach einem rundum bescheidenen Sportspiel, oder? Flankiert von mittelgroßen Mankos wie dem Fehlen einer "Entscheidung anfechten"-Funktion. Und weiteren Schönheitsfehlern, z.B. keine km/h-Anzeige bei Aufschlägen, spärlich-träger deutscher Kommentator, zuckelige Wiederholungen, keine Spieler-Intros. Trotzdem wäre es falsch, Matchpoint Tennis Championships im Nu auf die Resterampe zu verfrachten und keines zweiten Blicks zu würdigen. Denn auf dem Platz ist das Spiel bisweilen richtig gut. Bestes Beispiel: Ich wollte nachts nur einen raschen Blick auf die Technik der Xbox-Series-X-Fassung werfen – zwei schnelle Partien und ein paar Online-Matches später waren zwei Stunden rum! Doch beginnen wir von vorn: Matchpoint Tennis Championships setzt auf die etablierten Standards "harter Schlag", "Topspin" und "Slice", lässt euch Aufschläge durch simples Knopf-Halten ausführen (bis eine Runder-Punkt-Anzeige voll ist), hat mäßig effektive Stopp-Bälle und ein schnörkelloses, aber sprödes Netzspiel am Start. Der Aufschlagende ist klar im Vorteil, Breakbälle sind, gerade im Vergleich zu anderen Tennis-Titeln, relativ selten – das finde ich gut, weil es realistisch ist.

Auf dem Platz

Der Aufschlag nach außen ist der beste Weg zum Spielgewinn. Und wenn ihr doch mal variiert und die Kugel in die Mitte knallt, ist der Gegner überrascht.
Generell fallen die Ballwechsel recht lang aus; wenn beide Gamepad-Sportler ihr Handwerk beherrschen, entsteht ein packendes Hin-und-Her aus Vorhand-Peitschen, Cross-Schlägen und dem ein oder anderen eingestreuten Slice. Manchmal wirken die Animationen der Athleten hölzern, an anderer Stelle gibt es richtig gut passende Auslauf-Bewegungen, wenn ein Ball nicht erreicht wird. Das Tempo-Gefühl ist stellenweise hervorragend: Druck und Power kommen gut rüber und ein hart geschlagener, unerreichbarer Return an die Linie verschafft euch ein gutes Gefühl.

Power-Tennis: Egal ob off- oder online, das Grundlinienspiel in Matchpoint Tennis Championships kommt ziemlich druckvoll rüber.
Wie das dem Spiel gelingt? Durch ein System, das die Platzierung des Balles an die erste Stelle und eure Bewegung auf dem Feld hintenan stellt. Bei Switch Sports Tennis finde ich es schrecklich, dass ich die Sportler nicht steuern darf – doch hier gefällt es mir, dass mir der Computer unter die Arme greift, während ich mich aufs Zielen konzentriere. In der Praxis geht das so: Sobald man erahnt, in welche Richtung der gegnerische Ball fliegt, läuft man dorthin, drückt dann aber sehr schnell die gewünschte Schlagtaste. Dann taucht ein weißer Zielpunkt auf der gegnerischen Seite aus, der den Ort markiert, wo euer Schlag landet. Währenddessen übernimmt das Spiel die letzten Schritte zum Ball für euch und sorgt dafür, dass ihr gut zur Filzkugel steht. Ist eure Schlagpower dann voll, lasst ihr den Knopf los und der Ball saust an die vorher per linkem Stick markierte Stelle. Das System erfordert ein Umdenken vom tausendfach exerzierten Tennis-Prozedere an der Konsole – und ich denke nicht, dass es sich als neuer Standard etabliert. Bei Matchpoint funktioniert es aber richtig gut – in Verbindung mit den kraftvollen Schlägen entstehen so druckvolle Ballwechsel mit stark platzierten Bällen haarscharf an Grund- und Seitenlinie heran. Wer vom Gegner über den Court gehetzt wird, der hat wiederum kaum Zeit, den Zielpunkt gut zu platzieren – das System geht also auf – und wird bald Opfer eines (übertrieben harten) Smashs. Habt ihr nach einigen Stunden Spielpraxis so viel Feingefühl entwickelt, dass ihr die Bälle auch ohne Zielhilfe sicher platzieren könnt, dann schaltet ihr die Funktion in den Optionen einfach aus.

Matchpoint Tennis Championship leidet auf der PS5 unter regelmäßigem Tearing, auf der Xbox Series X ist mir dieser Lapsus nicht begegnet; spielerisch hat das keine Auswirkungen, die ohnehin nur semigeile Technik wirkt dadurch aber sauberer. Die PC-Fassung konnten wir leider nicht unter die Lupe nehmen, die Switch-Version soll erst im Oktober kommen.

Fazit

Ich habe lange überlegt, welche Wertung am Ende unter Matchpoint Tennis Championships stehen soll. Ist eine 70 noch gerechtfertigt bei einer so langen Mängelliste? Ja, weil ich als altgedienter Konsolensportler wirklich einigen Spaß damit hatte. Trotz trister Technik, zu weniger Optionen (was aber leicht zu patchen wäre), überschaubarer Online-Features und der erwähnten Schnarch-Karriere mit ihren viel zu langen Matches. Die Ballwechsel finde ich nämlich richtig gut, stellenweise sogar höchst packend. Online habe ich mit manchem Gegner den Platz abgezogen, gegen andere Widersacher gab es Duelle auf Augenhöhe mit dramatischem Hochgeschwindigkeits-Tennis. Auch das simple, aber gut funktionierende Aufschlag-System und die Vorteile, die der eigene Service mit sich bringt, gefallen mir. Dank der ungewöhnlichen Ziel-Mechanik können Bälle deutlich ins Aus gehen, wenn man unter Druck ist oder überdreht. Und wer geübt hat und schließlich mit abgeschalteter Zielhilfe die Karacho-Vorhand an die Grundlinie schweißt, der verspürt sogar einen Hauch von Triumph. Und das hatte ich bei keinem der anderen vier Tennisspiele der letzten Jahre!

Pro

  • interessantes Zielpunkt-System
  • spannende Ballwechsel
  • Power kommt gut rüber
  • einige namhafte Profis am Start
  • Online-Matches meist sauber, Gegnersuche schnell

Kontra

  • wenig Optionen für schnelle Matches & Online-Partien
  • nüchterne Karriere mit zu langen Matches
  • Trainings
  • und Übungsmodi brutal langweilig
  • schläfriger Kommentator
  • triste Präsentation, keine Atmosphäre, null Glamour
  • schickere Nah-Dran-Perspektive unpraktisch
  • Sportler sind schwach modelliert
  • auf PS5: regelmäßiges Tearing
  • Stopps sowie Serve
  • & Volley-Spiel könnten dynamischer sein

Wertung

XboxSeriesX

Grafisch ausbaufähiges Tennis mit wenig Optionen und lahmer Karriere – auf dem Platz hat dieses Sportspiel aber seine starken Momente.

PlayStation5

Grafisch ausbaufähiges Tennis mit wenig Optionen und lahmer Karriere – auf dem Platz hat dieses Sportspiel aber seine starken Momente.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Es gibt ein DLC-Paket mit zwei Zusatzspielern, für 5,99 Euro.
  • Es gibt Käufe nur für optionale Kosmetik wie Farben, Skins, Kostüme etc.
Kommentare
Hokurn

Also bei NBA2k20 habe ich in der Karriere diverse "Hinweise" zu tollen Klamotten oder Frisuren oder oder bekommen, die ich doch easy kaufen kann.
Generell kann man gegen Echtgeldeinsatz in Spielen sein. Ich stecke auch keine Kohle in NBA 2K oder andere Games.
Gerade bei NBA 2K werden einem die VC förmlich hinterher geschmissen und man kommt auch recht schnell an die Potenzialgrenze, die man nur durchs Spielen erweitert um dann wieder VC für seine Attribute ausgeben zu können.
Also in bisher jedem Jahr ist der Kleiderschrank meines MyPlayers voller als mein richtiger...
Und ich spiele jedes Jahr einen Build, der sehr auf die teuren Animationen angewiesen ist.
Wer Echtgeld in NBA 2K steckt, was dir keinerlei Geschwindigkeitsvorteil bringt, hat auch ein wenig selbst schuld.
Pay2Win ist es beim MyPlayer auch nicht, weil die relevanten Dinge, die sich auf das Game auswirken, die Plaketten sind, die du auch nur durchs Spielen und den Trainingseinheiten nach dem Game bekommst.

Ps: Ich glaub die Frisuren kosten nichts mehr.
Es mag n gutes Sportspiel drin stecken, aber man merkt sehr schnell, dass es sich viel Mühe gibt das zu verstecken.
Wieso?
Und der ewige Vergleich von FUT o. ä. mit Panini ist noch immer nicht richtig.
Ich bin bei der FUT Diskussion meist nicht involviert gewesen, weil ich Fifa gespeilt habe als das noch net so das Ding war...
Warum genau ist der Vergleich nicht richtig?

vor 2 Jahren
Ryan2k22

Mario Tennis auf dem Gameboy!

vor 2 Jahren
manu!

Great Courts 2

vor 2 Jahren
Lightningfast

Wenn dann VT3 Das war perfekt.

Zum Spiel. Dank GP reingeschaut. Kann die Wertung nicht nachvollziehen. Das ist vllt ne 50%. Auf dem Feld alles träge und die Spieler bewegen sich auf Schienen hin und her. Kein Dynamik, kein Ballgefühl, nix. Grottenspiel.

vor 2 Jahren
MadMax1803

man echt schade, würde mich mal riesig über ein gutes tennisspiel a Top Spin freuen.
Top Spin 4 (ich meine der Teil war es) war wirklich fantastisch, dass habe ich lange gespielt und war für mich die beste Tennis Simulation. Was Arcade angeht, ist für mich Virtua Tennis 1+2 immer noch unerreicht. Spiele das heute noch ab- und an auf der Dreamcast. Davon ein Remake mit aktuellen Spielern, dass würde mir wirklich fast schon reichen.
Kafelnikov, Moya und Haas sind ja mittlerweile doch schon lange in Rente.
ja da hast du Recht Top Spin 4 und Virtua Tennis 2 sind die besten Tennisspiele seit langem, nur VT war halt etwas arcade lastiger, das war geschmackssache finde ich.

vor 2 Jahren