Capcom Arcade 2nd Stadium - Test, Arcade-Action, Switch, XboxOne, PC, PlayStation4

Capcom Arcade 2nd Stadium
22.07.2022, Matthias Schmid

Test: Capcom Arcade 2nd Stadium

Alte Schule & neuer Komfort

Capcom legt nach: Am heutigen Freitag erscheint, knapp 18 Monate nach dem ersten Arcade Stadium, die nächste japanische Retro-Sause. Im Test erklären wir euch, was es mit dem seltsamen Verkaufsmodell auf sich hat, welche ollen Games sich besonders lohnen und weshalb auch wenig frustresistente Spieler auf ihre Kosten kommen.

Bis Mitte der 1990er Jahre ging nix über die Spielhalle: Arcade-Games hatten die beste Grafik, die neueste Technik und die präzisesten Eingabegeräte. Eine ganze Generation von Spielern wuchs auf mit Umsetzungen, bei denen man stets hoffte, dass sie möglichst nah dran am Spielhallen-Original waren. Als Besitzer von PC Engine oder Super Nintendo hatte man da natürlich bessere Karten als ein C64- oder Master-System-Spieler. Längst sind Konsolen und PCs natürlich drölfzigtausend mal so leistungsfähig wie das dickste Arcade-Board der frühen 90er – und wir haben das Glück, dass besonders Capcom Lust darauf hat, seine technisch blitzsauberen Arcade-Originale einem breiteren Publikum unterzujubeln.

Champions League

Einen Klick und ihr seid schlauer: Hier seht ihr alle enthaltenen Retro-Titel.
Im Februar 2021 luden die Japaner zum ersten Mal in ihr Arcade Stadium – zuerst Switch-exklusiv, ein paar Monate später waren dann die anderen Plattformen an der Reihe. Über 30 Retro-Klassiker waren am Start, diese wurden in Zehner-Sets verkauft, das "Grundspiel" mit einem Oldie war für jedermann gratis. Capcom Arcade 2nd Stadium setzt auf ein ähnliches Konzept, dreht aber an den Stellschrauben: Wieder ist die Basis-Software für lau in den Shops verfügbar, wer sich das Teil aus PSN, Xbox Store & Co. zieht, der bekommt aber erneut nur ein Spiel mitgeliefert – den schlichten, aber immer noch launigen Action-Plattformer SonSon aus dem Jahr 1984. Die 31 restlichen Spiele – zur Auswahl kommen wir gleich – kosten jeweils 3,99 Euro als DLC. Seid ihr also nur auf drei, vier, fünf Titel scharf, dann wäre der Einzelkauf eine Option; und immer noch günstiger als vergleichbare Retro-Serien (wie ACA NeoGeo oder die Arcade Archives) in den Online-Stores. Aber eigentlich ist der Kaufpreis für das gesamte "Capcom Arcade 2nd Stadium Bundle" zu verlockend: 39,99 Euro für Retrogames, die einzeln über 130 Kröten kosten würden. Dieses Angebot kann aber nur richtig gut sein, wenn die enthaltenen Titel überzeugen. Dann mal los…

Richtig gute 2D-Action: Black Tiger aus dem Jahr 1987 gefällt auch 2022.
Natürlich sind unter den insgesamt 32 Oldies aus den Jahren ’84 bis ’98 wieder etliche Titel, die schon in anderen Capcom-Sammlungen enthalten waren: Die Darkstalkers-Spiele steckten z.B. jüngst in der Capcom Fighting Collection, zwei Straßenklopper waren im Capcom Beat 'Em Up Bundle enthalten und Shoot'em-Ups wie 1943 Kai oder Eco Fighters gab es schon zu PS2-Zeiten als Teil von Klassiker-Collections. Insgesamt ist der Mix im 2nd Stadium aber ein ebenso bekömmlicher wie hochwertiger – mit prominenten Hits und schrulligen Games, die auch Retro-Afficionados nicht sofort parat haben.

15 Jahre Spielhallen-Geschichte

Manchmal wird der Mann im Mond für seinen treuen Dienst belohnt – und wenn du ihn ganz lieb anschaust... dann schießt er vielleicht nicht auf dich.
Kampfkünstler freuen sich über das allererste Street Fighter, die drei hochwertigen Alpha-Episoden und den unvermeidlichen zweiten Teil in der Hyper SF2 Anniversary Edition; dazu gesellen sich zwei Darkstalkers-Teile und das turbulente Super Gem Fighter Mini Mix. Ob man Mega Man: The Power Battle und Mega Man 2: The Power Fighters nun als Versus-Fighter oder Bossrush-Titel ansieht, sei euch überlassen – auf jeden Fall gibt es hier Robo-Duelle, die sicher noch nicht jeder Capcom-Fan kennt. Und bei den schick modellierten Pixel-Wrestlern in Saturday Night Slam Masters geht es ebenfalls hoch her. Kenner freuen sich über einen Gastauftritt vom Final-Fight-Bürgermeister und Figuren aus der Feder des Fist-of-the-North-Star-Zeichners Tetsuo Hara.

Ein bisschen Knobel- und Geschicklichkeitsspaß wird auch geboten: In Super Puzzle Fighter II Turbo und Pnickies werden Steine arrangiert, Block Block ist ein wenig prickelnder Breakout-Klon. Der Capcom Sports Club ist zwar ein einzelnes Spiel, lädt im Menü aber zu drei Sportarten ein – Tennis (nett), Streetball (passt) und Fußball (naja). Im Shoot'em-Up-Genre konnte Capcom anderen japanischen Studios selten das Wasser reichen, trotzdem sind mit dem Weltkriegsshooter 1943 Kai, dem Fahrzeug-Raumschiff-Ballermix Last Duel und dem kreativen Eco Fighters (mit Umweltschutz-Bezug) ein paar coole Titel am Start. Die Western-Ballerei Gun Smoke und der Insekten-Shooter Savage Bees haben eher musealen Wert, die futuristische Action-Rallye Led Storm steuert sich arg hakelig. The Speed Rumbler dürften die wenigsten von euch kennen: Technisch ist das Spiel von 1986 brutal veraltet, doch der Mix aus Auto-Action und Austeigen plus Ballern zu Fuß ist ein spannender Vorgriff auf GTA, viele Jahre bevor sich DMA Design bzw. Rockstar an dem Konzept versuchte.

Eco Fighters fährt coole Bosse auf, erinnert mit seinem Schwenkarm an Forgotten Worlds und war selbst in japanischen Spielhallen ein seltener Gast.
Spaß mit Schwertern und Drachen wird reichlich geboten: Die Sidescroll-Abenteuer The King of Dragons und Knights of the Round sind ausgesprochen hübsche und kompetente Dauerklopper, mit coolen Fantasy-Hintergründen und einem Spielspaß-Bonus, wenn man mit Freunden loszieht. Black Tiger von 1987 spielt sich für ein 35 Jahre altes Actionspiel noch überraschend knackig: In dem kniffligen Hack'n'Slay gibt es sogar Kletterpassagen, die an God of War erinnern! Grafisch noch doller ist das drei Jahre jüngere Magic Sword, wo ihr euch durch 50 Ebenen voller magischer Kreaturen schlagt. Ein erstaunliches Spiel und mein heimliches Highlight der Collection stellt schließlich Three Wonders dar: Das Arcade-Game beinhaltet drei kurze, aber doch vollwertige Einzelspiele. Die Knobelei Don’t Pull ist unspektakulär, doch der Sidescroll-Shooter Chariot beeindruckt mit wunderhübschen Bossgegnern. Midnight Wanderers schließlich ist ein fürs Jahr 1991 extrem schicker Action-Plattformer mit illustrer Gegnerschar. Für einen Überblick zu allen enthaltenen Titeln empfehle ich Capcoms offizielle Produktseite – dort sind alle Games mit Screenshot, Genre und Erscheinungsjahr aufgelistet.

Es geht noch weiter...

Wer mit einem virtuelle Arcade-Kabinett als Umrandung spielt, der muss mit kleinem Bildausschnitt leben. Hier seht ihr dort Mega Man: The Power Battle.
Bereits im ersten Stadium lobte ich die Aufmachung, die Qualität der Emulationen und das komfortable Drumherum – gestattet mir daher ein Selbstzitat: "Viele Tutorials und Bildschirm-Erklärungen beschreiben alle Funktionen haarklein, dabei geht es um Online-Highscorelisten und regelmäßige Herausforderungen, ein Auflevel-System für fleißige Spieler, das Speichern von Spielständen, das Umschalten zwischen japanischer und englischer ROM-Version oder die Rückspulfunktion. Letztere funktioniert auch in der wildesten Action mit nur einem Knopfdruck fantastisch und mindert gerade bei schweren Spielen den Frustfaktor. In den Menüs findet man allerlei Einstellungsmöglichkeiten (darunter auch die Änderung des Default-Schwierigkeitsgrads), Anleitungen sowie Bildschirm-Optionen. Neben dem bildschirmfüllenden, pixelgenauen Bild überzeugen auch diverse Filter, die z.B. die Krümmung des CRT-Monitors nachahmen. Auch mehrere, ansprechend modellierte 3D-Automatenversionen stehen zur Verfügung – das sorgt für Spielhallen-Flair, verkleinert den Bildausschnitt aber doch sehr."

Davon ab werden auch diesmal leider keine musealen Gimmicks aufgefahren, ein paar Details hat Capcom aber verbessert: Ihr könnt Spiele auf Wunsch auch in verringerter Geschwindigkeit laufen lassen und wer möchte, der zieht sich den Gratis-Invincibility-DLC und bestreitet alle Oldies im Unverwundbarkeits-Modus.

Fazit

Beim ersten Arcade Stadium klagte ich über fehlende Museums-Boni und darüber, dass fast alle Oldies schon mal in anderen Collections steckten. Geschichtliche Hintergründe oder Arcade-Flyer liefert Capcom auch diesmal nicht mit, doch die Auswahl sagt mir deutlich mehr zu. Sehr viele der Titel sind gut gealtert oder immerhin so skurril, dass ich sie mir gerne angeschaut habe. Von Eco Fighters, Three Wonders, Magic Sword oder Saturday Night Slam Masters konnte ich mich kaum losreißen. Die Alpha-Teile der Street-Fighter-Reihe mag ich sehr gern, Gem Fighters lobte ich neulich erst im Test der Capcom Fighting Collection und den Fantasy-Sidescroller The King of Dragons kann ich immer wieder lustvoll durchspielen. In puncto Emulation und Komfort bin ich rundum happy: Die vielen Einstellungen zu Schwierigkeit, Tempo und Grafikfiltern gefallen und vor allem bei beinharten Shoot'em-Ups und Actiontiteln ist das geschmeidige Zurückspulen per Schultertaste ein Hochgenuss. Ich habe schlicht nicht die Zeit, mich wochenlang in jedes Retrogame zu verbeißen – und so sehe ich auch hier die späteren Levels!

Pro

  • über 30 top emulierte Arcade-Spiele
  • abwechslungsreiche Auswahl
  • viele Genres vertreten
  • diesmal: Einzelkauf statt Zehner-Bundles
  • Speichern & Zurückspulen
  • Optionen für Schwierigkeit und Spieltempo
  • viele Erklärungen, sauberes Menü
  • Vielspieler leveln auf

Kontra

  • keine Online-Mehrspieler-Modi
  • leider ohne Artwork-Galerien oder Jukebox
  • keine museale Aufbereitung
  • ein paar (heute) üble Dinger sind dabei

Wertung

XboxOne

Technisch lupenreine Retro-Sammlung mit vielen Komfort-Features – die Auswahl der Titel überzeugt, viele machen heute noch großen Spaß.

PlayStation4

Technisch lupenreine Retro-Sammlung mit vielen Komfort-Features – die Auswahl der Titel überzeugt, viele machen heute noch großen Spaß.

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  • Grundspiel ist gratis, ein Titel ist enthalten. Die restlichen 31 können für je 3,99 Euro pro Spiel erworben werden. Das Bundle mit allen 32 Spielen kostet 39,99 Euro.
Kommentare
Akabei

Leider fehlen ein paar Titel wahrscheinlich wegen irgendwelchem Lizenzgewichse.
Ich fürchte eher, dass die wegen Capcom Arcade 3rd Stadium fehlen, bei dem die einzelnen Spiele dann acht Euro kosten werden.

vor 2 Jahren
djsmirnof

Oh da könnte ich ja im gegensatz zum 1 Teil schwach werden. So viele gute Spiele^^.

vor 2 Jahren
Akabei

So nett die enthaltenen Spiele auch sind, der einzig relevante Unterschied zum ersten Arcade Stadium ist offenbar die Verdoppelung des Preises für ein Einzelspiel.

Daher hält sich mein Jubel in engen Grenzen, 3 Wonders und Eco Fighters nehme ich aber vielleicht mal in einem Sale mit. Die PS2 Arcade Collection habe ich nämlich inzwischen nicht mehr und die beiden Titel waren wirklich nicht verkehrt.

vor 2 Jahren