Cult of the Lamb - Test, Rollenspiel, Switch, PC, XboxSeriesX, PlayStation5, XboxOne, PlayStation4
Indie-Titel erlangt Kult-Status
Kaum ein Indie-Titel konnte in den vergangenen Wochen so viel Aufmerksamkeit erregen, wie die Kultisten-Simulation des australischen und US-amerikanischen Entwicklers Massive Monster, der mit Cult of the Lamb neue Genre-Wege einschlägt. Dabei erinnert der Cartoonige-Grafikstil samt den makabren Inhalten rund um Opferungen, blutige Rituale und Drogenkonsum durchaus an Titel wie The Binding of Isaac. Und genau wie dieses ist Cult of the Lamb trotz aller kulleräugigen Tierchen kein Spiel für Kinder. Diese Ähnlichkeit spiegelt sich auch in den Rogue-Like Elementen wider, welche uns das Spiel vor die blutrünstigen Hufe wirft. Das integrierte Base-Management-System lässt sich dabei am ehesten mit einer etwas abgespeckten Version von Titeln wie Oxygen Not Included vergleichen, die trotz gewisser Komplexität, nicht ihren Humor oder die Übersichtlichkeit verlieren, aber mehr dazu später.Ein Bischof kommt selten allein
Man schlüpft in die mit Wolle überzogene Haut jenes Lamms, das den vier Bischöfen des Alten Glaubens – den Göttern dieser Welt – geopfert werden soll, um "die Prophezeiung" zu verhindern. Welche Prophezeiung fragt ihr? Einst wurde einer der Bischöfe namens „Jener der Wartet" von seinen Geschwistern in eiserne Ketten gelegt. Das Opfer soll die Chancen seiner Rückkehr vermindern. Doch kommt alles anders als gedacht und man begegnet jenem Gott im Angesicht des eigenen Ablebens. Der Wohltäter gewehrt mir dabei die Möglichkeit wieder in die Welt der Lebenden zurückzukehren, vorausgesetzt ich errichte einen Kult in seinem Namen und schwöre seine Geschwister niederzustrecken und ihn aus den Ketten seiner Niederlage zu befreien. Klingt doch nach einem guten Deal…Ein Kult im Kornfeld, der ist immer frei…
Dabei lässt sich sowohl der Name als auch das Aussehen der Anhänger individuell durch freischaltbare Skins anpassen. Wo dies zu Beginn noch meine kreative Ader angesprochen hat, wird gerade gegen Ende der Anhänger-Verschleiß aber doch recht groß, weshalb ich diese Möglichkeit kaum noch in Betracht gezogen habe. Wer möchte schon seinem Haustier einen Namen geben, wenn dieses bereits morgen auf dem Teller landet, logisch oder? Jeder eurer kultigen Freunde hat dabei individuelle Eigenschaften, die euch entweder zu Gunsten kommen können oder euer Dasein als Anführer erschweren. Diese spezifischen Werte lassen sich durch generelle Eigenschaften, welche für den gesamten Kult gelten, ergänzen. Solche legen wir mit freischaltbaren Doktrinen fest, wobei wir in verschiedenen Kategorien, wie z. B. Arbeiten und Beten immer zwischen zweien wählen dürfen. Möchten wir gläubigere Anhänger oder sollen diese lieber schneller arbeiten? Dies erzeugt einen gewissen Wiederspielwert, da euch auf diese Weise auch bestimmte Rituale verwehrt bleiben.
Auch Kultanführer haben's nicht einfach
Gutes Ressourcenmanagement mit Nahrung, Stein, Holz & Co. sowie das richtige Verteilen der Anhänger auf diese Aufgaben ist dabei das A und O. Je weiter man im Spiel kommt desto automatischer lassen sich diese Vorgänge durch neue Gebäude abspulen, was bei einer immer größer werdenden Herde auch äußert wichtig ist. Die Objekte wie weitere Schreine, Steinminen, Betten oder ein Dämonenbeschwörungskreis, damit die Anhänger in besessener Form auch auf die Kreuzzüge mitkommen können, lassen sich dabei frei auf der reservierten Fläche mitten im Nirgendwo platzieren. Und auch für den kultivierten Innenarchitekten hat Cult of the Lamb etwas zu bieten. So dürft ihr euch bei Dekorationen und Pfaden frei austoben. Wer wollte nicht schon immer neben einem Schädelhaufen und Gräbern seiner Freunde nächtigen, während man es sich auf einem vergoldeten Boden bequem macht? Eben.
Dieses Prinzip und der spürbare Fortschritt sind motivierend und unterhaltsam, werden gegen Ende allerdings recht repetitiv, da kaum neue Gebäude, sondern eher Verbesserungen der Alten dazu kommen. Auch muss ich beim Kochen oder Entleeren der Toilettenhäuschen immer noch selbst Hand anlegen. Hier hätte es mich gefreut, wenn man seinen Untergebenen auch diese Aufgaben zuweisen könnte.
Doch nun zum Lamm im Raum
So durfte ich in unglaublich süß animierten, aber auch sehr makabren Zwischensequenzen Anhänger an ein Tentakelmonster opfern, sie unter den Einfluss von halluzinogenen Pilzen setzten oder einen verstorbenen Jünger wiederbeleben. Dies kann je nach Ritual unterschiedliche Auswirkungen haben z. B. den Glauben stärken oder den Hunger füllen, aber allein das Zusehen erfreut jeden Möchtegern-Satanisten.
Ein forderndes Lammyrinth
Dabei sind beide Gegenstände wie auch die Dungeons an sich zufällig generiert. Das Level sowie die Art der eigenen Folterinstrumente wird dabei durch unseren Fortschritt im Spiel festgelegt. So schalte ich nach und nach stärkere Dolche, Schwerter, Äxte, Hämmer und Handschuhe sowie Fähigkeiten frei. Diese besitzen unter anderem Schadens-Fähigkeiten wie Gift, Frost oder Vampirismus. Auch wenn die verschiedenen Arten zu spielen durchaus unterhaltsam sind und sich die Waffen dank Treffer-Feedback wuchtig anfühlen, so ähnlich verhalten sich diese leider auch. Sprich, bis auf das Angriffstempo und den Schaden unterscheidet sich das Kampfgerät im Spielstil kaum. So ist ein leichter oder harter Schlag oder das Aufladen einer normalen Nahkampf-Attacke schlichtweg nicht möglich. Die Flüche fühlen sind da schon deutlich individueller an, es wird aber auch hier lediglich nur ein Knopf belegt.
Der Zufall legt die Karten
Im Laufe der Zeit entwickelt sich so ein richtiger Flow aus Ausweichrollen, Nahkampfangriffen und gezieltem Einsatz des Fluchs, wobei ich mich oft bei dem Gedanken ertappen durfte: „Ach, eine Runde geht noch“. Erfreulich ist auch, dass es die Möglichkeit gibt, die Schwierigkeitsstufe jederzeit anpassen zu können. Ein bisschen mehr Tiefe hätte ich mir hier allerdings schon gewünscht, denn trotz des interessanten Settings wirken die Räume nach gewisser Zeit doch etwas repetitiv und auch die Gegnertypen wiederholen sich gegen Ende recht häufig. Auch über mehr Umgebungsdetails wie ausgeklügeltere Fallen hätte ich mich durchaus gefreut.
Ein DiLämmer
Neue Tarotkarten lassen sich wie Dekorationen, Anhängerformen und vieles weitere auch, im Laufe des Spiels freischalten. Das ist auch durchaus sinnvoll, sind diese doch zumeist stärker als ihre Vorgänger. Der Fortschritt führt aber auch zu einem Dilemma. Denn wer neue Tarotkarten freischaltet, reduziert damit die Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Karte während eines Durchgangs zu erhalten, schließlich befinden sich nun mehr Karten im Pool, aus welchem zufällig gezogen wird. Andersrum kann ich mir ebenfalls mit hart verdientem Geld eine verbesserte Tarotkarte kaufen, die Wahrscheinlichkeit diese zu erhalten sinkt aber mit jeder weiteren, die ich freischalte. Hier hätte ich mir die Möglichkeit gewünscht ein eigenes Kartendeck zusammenstellen zu können, aus dem dann zufällig Karten auf den Kreuzzügen gezogen werden.Kniffel mal anders
Doch neben der harten Arbeit darf sich auch ein Kultanführer einmal seinen Hobbies widmen. So gibt es die Möglichkeit zur Nahrungsbeschaffung zu angeln – wobei das Angelsystem sehr an Stardew Valley erinnert. Außerdem gibt es auch ein Würfelspiel namens Astragaloi, mit dem man sich etwas dazuverdienen kann. Die Regeln sind recht simpel, auf eurem eigenen 3x3-Feld platziert ihr einen vorher von euch gewürfelten Würfel und wechselt euch dabei mit eurem Gegner ab, welcher sein eigenes Feld bestückt.Werden Würfel mit gleicher Augenzahl in derselben Reihe platziert, dann multiplizieren sich ihre Werte. Platziert der Gegner in seiner gegenüberliegenden Reihe dieselbe Augenzahl, so werden die eigenen mit diesem Wert in der Reihe zerstört. Das Spiel endet sobald ein 3x3-Feld voll besetzt wurde und der Gewinner ist derjenige mit der höchsten Gesamtpunktzahl. Auch wenn sehr viel Glück dazu gehört, so haben die kurzen Partien durchaus Spaß gemacht und sind eine erfreuliche Abwechslung zum Töten und Opfern.
Technisch gibt es einiges zu Määh…kern
Nach Release häuften sich im Internet Erfahrungsberichte von Bugs und Performance-Problemen von Cult of the Lamb. Und ja: auch ich wurde auf der Switch nicht von diesen Fehlern verschont. So läuft das Spiel zwar grundsätzlich solide, aber grade bei vielen Partikeleffekten und Gegnern brechen die FPS gut und gerne mal ein, was oft ein unfreiwilliges frühes Ableben bedeutet. Ebenso konnte ich einige Male beobachten, dass ein paar meiner Anhänger wohl nicht aus eigenem Willen meine Befehle missachteten, sondern weil sie eingefroren waren. Eine Quest abgeben, sie zu Bett schicken oder sie füttern, war dann nicht mehr möglich. Dies ließ sich allerdings recht einfach durch Verlassen des Gebiets lösen – dennoch recht nervig. In meinem Durchlauf gab es glücklicherweise keine Game-Breaking-Bugs oder Softlocks und auch die schlechte Performance hat das Spielgefühl für mich nur in Maßen beeinträchtigt.
Aber auf ein Feature oder Bug - je nachdem wie man es sehen möchte - will ich noch eingehen. So habe ich die Möglichkeit mich während eines Kreuzzuges wiederzubeleben, indem ich eines meiner Schäfchen für eben diesen höheren Zweck opfere. Nun kam es bei mir vor, dass ich nach dieser Prozedur für die gesamte Ebene unverwundbar war – ich konnte gar 0 Herzen haben. In der nächsten Ebene war es mir zwar wieder möglich das Zeitliche zu segnen, aber innerhalb von Bosskämpfen konnte ich so ohne Probleme den Sieg davontragen. Und da gerade gegen Ende Anhänger Massenware sind ist dieses „Feature“ durchaus overpowered und sollte in beiden Fällen angepasst werden. Des weiteren kann es vor allem im Handheld-Modus auf dem kleinen 6,2 Zoll Bildschirm der Switch durchaus unübersichtlich werden. Diesbezüglich würde ich den Docked-Modus empfehlen.
Fazit
Nach knapp 20-Stunden Spielzeit muss ich sagen, ich will mehr vom Lämmerkult. Die kleine Indie-Perle Cult of the Lamb zeigt wie ein Wolf im Schafspelz, dass auch hinter einem unscheinbaren Titel dank kreativer Ideen und einer interessanten Genre-Fusion etwas Großes schlummert. Und auch wenn die Story die Kirche im Dorf lässt, wird sie dennoch so charmant erzählt, dass dies kaum ins Gewicht fällt. Die kultigen Charaktere in niedlicher Cartoon-Optik konnten mir immer wieder ein Grinsen ins Gesicht zaubern und ließen mich bei ihrer Opferung deshalb oftmals zögern. Die Kreuzzüge ziehen einen dabei in einen belohnenden Sog weshalb man oft länger vor dem Bildschirm sitzt, als geplant. Dennoch ist auch Cult of the Lamb nicht perfekt. So hätte ich mir etwas mehr Tiefe im wuchtigen Kampfsystem und Dungeon-Design gewünscht. Auch auf technischer Ebene ist der Kultisten-Simulator auf der Switch durchaus ausbaufähig. So beeinträchtigen FPS-Einbrüche bei vielen Gegner und Partikeln sowie nervige Bugs wie das Einfrieren von Anhängern das Spielerlebnis. Der Publisher gelobt allerdings Besserung. Das Management-System ist dabei über längere Zeit unterhaltsam, überfordert aber nicht. Dennoch hätte ich mir auch hier etwas mehr Umfang und Möglichkeiten zum Automatismus gewünscht. Kurz gesagt: Cult of the Lamb unterhält von Anfang bis Ende. Die circa 15-minütigen Dungeon-Durchläufe laden zum gemütlichen Abend vor der Konsole ein, während die Zwischenstopps als Kultmanager eine verdiente und belohnende Pause vom blutigen Kreuzzug darstellen, in der man sich dank freischaltbarer Gebäude, Dekorationen und Anhängerformen kreativ ausleben kann. Wer hätte gedacht, dass das Leben als Lamm so viel Bock macht.
Pro
- Gelungener Genre-Mix ...
- interessantes Setting ...
- abwechslungsreiches Gameplay ...
- niedliche Grafik und Animationen
- Möglichkeiten sich kreativ einzubringen
- anpassbarer Schwierigkeitsgrad
Kontra
- ... dem etwas mehr Tiefe nicht schaden würde
- ... aber FPS-Einbrüche bei vielen Gegnern und Partikeln
- ... das gegen Ende etwas repetitiv wird
- Bugs keine Seltenheit
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