Valkyrie Elysium - Test, Rollenspiel, PlayStation4, PC, PlayStation5

Valkyrie Elysium
30.09.2022, Boris Connemann

Test: Valkyrie Elysium

Voller Spaß in leeren Gängen?

Wenn der düstere Ruf Gjallahorns über den Reichen Asgard, Midgard und Niflheim erschallt, kann das nur zwei Dinge bedeuten: Göttervater Odin wurde beim Kampf gegen den Wolf Fenrir heftig verwundet und gleichzeitig ist die allesverschlingende Dämmerung Ragnarök im Anmarsch, um Mann und Maus zu vertilgen. Doch bevor die schwarzen Schiffe, die aus den Fingernägeln der Toten erschaffen wurden, dem blutrot gefärbten Himmel entsegeln, gibt es noch eine letzte Hoffnung: Die einzig verbliebene Walküre Maria muss dem Eid, den sie Odin geleistet hat, folgen. Und ist die letzte Hoffnung für das Abwenden des eigentlich Unabwendbaren.

Im Palast bekommt Maria neue Aufträge von Göttervater Odin.
Walküre Maria wacht ohne Erinnerungen an ihre Vergangenheit auf einer Wiese aus Glockenblumen auf. In der Ferne hört sie eine Stimme, die ihr dennoch seltsam vertraut vorkommt. Ein Tutorial später eröffnet sich, wer hinter dem mysteriösen Ruf steckt: Kein geringerer als der Göttervater Odin erwartet die Walküre zu einer dringenden Audienz in seinem prächtigen Thronsaal. Da die Walküre ihrem Erschaffer zu bedingungslosem Gehorsam verpflichtet ist, muss sie seiner Bitte, alles dafür zu tun, den drohenden Untergang aufzuhalten, natürlich Folge leisten. Neben dem Kampf gegen die Armeen von Monstern, die nun ohne Scheu durch das Land ziehen und alles verwüsten, gilt es wichtige Gegenstände zu finden, die dabei helfen sollen, das Unheil noch in letzter Sekunde zu stoppen. Ohne zu zögern, macht sich die mutige und erfahrene Kämpferin auf, um Odin seinen Wunsch zu erfüllen – dass schon zu Beginn für den Betrachter deutlich erkennbare, doppelte Spiel des listigen Göttervaters durchschaut sie in all ihrer Hörigkeit nicht.

Der königliche Palast von Valaskjalf

Die bereisten Gebiete bieten nur sehr wenige optische Highlights.
So durchstreift Walküre Maria in den nächsten 20 bis 30 Stunden verlassene Burganlagen, erklimmt verschneite Gipfel, erkundet mächtige Wälder, vom Kampf gezeichnete Dörfer und Städte, in denen kein Leben mehr zu finden ist. Jedenfalls keines, das man begrüßen würde. Stattdessen lauern alle paar Meter mehr oder weniger große Ansammlungen verschiedenster Boten, die von der Götterdämmerung vorausgeschickt wurden. So stellen Hexenmeister, Golems, Eis- und Feuerdämonen, Baumriesen, Tentakelmonster, Wölfe, Zombie-Soldaten und bildschirmfüllende Bossgegner die einzige Art von Leben dar, welches in diesen albtraumhaften Zeiten noch Bestand hat. Jedes Monster hat dabei ein eigenes Element, wie Eis, Feuer, Blitz, Dunkelheit oder Licht – und die sind in jedem Kampf, der in Valkyrie Elysium (ab 14,99€ bei kaufen) stattfindet, das sprichwörtliche Zünglein an der Waage. Denn die tapfere Walküre kann zwar mit ihren Waffen – zwei davon können in den Scharmützeln zum Einsatz kommen –  schon ganz gut austeilen. So richtig zünden die Attacken allerdings erst, wenn zusätzlich die entsprechenden Zauber gezündet werden.

Elementare Prügel-Kunde

Mit der Wahl des richtigen Elements geben alle Gegner recht schnell klein bei.
Da neben der Energieleiste jedes Gegners schnell und einfach zu erkennen ist, mit welchem Element die Monstrosität so gar nicht klarkommt, führt der entsprechende Magie-Einsatz zu einer Art katatonischer Starre, die natürlicherweise viel Zeit und Raum für krachende Kombos lässt. Natürlich gibt es, wie in jedem Spiel dieser Art, für jeden Prügel eine seitenlange Move-Liste. Hat der Spieler die drei wichtigsten Manöver, leichter Schlag, schwerer Schlag, Seelenkette, Zauber wirken verinnerlicht – was rund fünf Minuten dauert – ist aber auch mit dem bei Profis verpönten Button-Mashing eine Menge rauszuholen. Also einfach mit der richtigen Magie um sich schmeißen, dann ein paar krachende Kombos landen und damit der zeitlich großzügig bemessene Zähler am rechten Bildschirmrand nicht bricht, hilft die Seelenkette. Mit diesem magischen Seil zieht sich die Walküre in Windeseile ganz einfach zum nächsten Unhold, der nach Schellen bettelt. Die dabei entstehenden Effekte zaubern dem Spieler schon nach den ersten Kämpfen ein sehr breites und sehr zufriedenes Grinsen ins Gesicht. Doch es geht noch besser…

Bevor die Einherjar mitkämpfen dürfen, müssen sie aus ihrem Schattendasein befreit werden.
In einigen Spielgebieten verfügt Maria über eine weitere Fähigkeit: Per Knopfdruck ruft sie einen Schwarm von Schmetterlingen herbei, die ihr den Weg zu der verlorenen Seele eines Einherjar weist. Die rastlosen Seelen dieser einstigen Krieger sind zwar nicht einfach von der neuen Aufgabe – dem Kampf an der Seite der Walküre – zu überzeugen. Nach und nach werden sich Blitzmagie-Ritter Eygon, Eis-Perfektionist Clyde, die Lichtkriegerin Kristoffer und Feuer-Spezi Taika aber ihrer Verantwortung bewusst und stellen sich in die Dienste der furchtlosen Kämpferin. Mit dem Einsatz der magiebewussten Vasallen geht der Spaß erst so richtig los: Die Unterhaltungen, welche die Walküre ab sofort auf ihren Wegen durch menschenleere Umgebungen mit den nun wieder fleischgewordenen Seelen führt, erklären dem Spieler weiter die Hintergründe und Umstände ihres vergangenen Lebens und die Motivation, die hinter dem Einsatz steht.

Gemeinsam einsam

Und natürlich sind die treuen Begleiter auch in den nun etwas schwieriger werdenden Kämpfen eine mehr als willkommene Bereicherung. Denn jeder Einherjar besitzt die Kraft eines bestimmten Elements. So werfen die Recken nicht nur derartig mit Zaubersprüchen um sich, dass jedem Gegner schwindlig wird, sondern sorgen in den 30 Sekunden, die sie nach ihrer Beschwörung agieren auch dafür, dass die Waffe der Walküre mit der Kraft des Elements gesegnet ist. Eine Horde blitzanfälliger Stressmacher im Angesicht des Blitz-Einherjar und des dann blitzgestärkten Kombo-Gewitters der Walküre, lassen nicht nur den Zähler ganz locker in die Hunderte emporschnellen, auch der Bildschirm scheint vor Effekten nur so zu explodieren – was beim Betrachter die ersten zehn Spielstunden für Stauen und Begeisterung sorgt. Am Ende einer überbordenden Schlacht, die sich vor bunten Licht- und Slow-Motion-Effekten kaum retten kann, springen dann unzählige Seelenkristalle aus den platzenden Gegnern hervor und sorgen für weitere Befriedigung im JRPG-Zentrum des Kleinhirns. Nach einer absolvierten Mission geht es dann brav zu Vater Odin in den Thronsaal, um Bericht zu erstatten. Dann entscheidet der Spieler, ob er sich gleich in den nächsten Einsatz begibt, oder in die bereits gespielte Welt zurückkehrt, um einige Nebenaufgaben zu erledigen.

Mit den Seelenkristallen steht es dem Spieler frei, entweder die Walküre fähigkeitentechnisch auf Vordermann 

Zusammen mit den befreiten Mitstreitern wird jeder Kampf zum Effekt-Feuerwerk
zu bringen oder die Lieblingswaffen mit mehr Wumms zu versehen. Das Level-Gating für die Waffen ist in Valkyrie Elysium allerdings etwas fantasielos geraten: Versierte Komplettierer, die bei der Erkundung der relativ kleinen und sehr ähnlich anmutenden Spielgebiete, keinen Zipfel auslassen und fleißig sammeln, sind schon nach kurzer Spielzeit eine fast unbesiegbare Ein-Frau-Armee. Anstatt aber am Schwierigkeitsgrad und dem Balancing zu feilen, verstecken die Entwickler besonders wichtige Seelenkristalle einfach in Spielstufen, die erst viel später im Spiel zu besuchen sind. Das gilt auch für die Kräfte der Einherjar, die durch das Absolvieren ihrer persönlichen Problem-Quests, nach und nach erweitert werden können.

Zuviel des Guten?

Anstatt den Spieler also vor gewichtige Entscheidungen zu stellen, was die Aufwertung der Waffen und Fähigkeiten angeht, wird mit allem Material wild herumgeworfen – nur die wichtigsten bleiben bis viel später im Spielverlauf hinter einer unsichtbaren Wand. Das geht besser! Ebenfalls ein zweischneidiges Schwert ist der Schwierigkeitsgrad. Denn Valkyrie Elysium ist nicht nur nicht schwer, sondern selbst auf der härtesten Stufe schon fast viel zu einfach. Im gesamten Testzeitraum hat die 4-Players-Walküre kaum mehr als dreimal ins Gras gebissen. Anfängern und Freunden von einer eher meditativen Ausrichtung des Spielablaufs kommt das sicherlich gelegen, wer eine echte Herausforderung sucht, der findet in dem Walküren-Ritt eben diese zu keiner Zeit. Und sich am farbenfrohen Netzhautgewitter auf dem Bildschirm zu erfreuen, währt auch nur eine gewisse Weile. Wenn nach rund 20 Stunden die X-te Prügelei gegen ein immer sehr ähnliches Gegnerfeld ansteht, dann entlockt das Spiel dem Pad-Akrobaten nicht mal mehr ein müdes Lächeln. Dazu sind auch die Aufgaben im Verlauf allesamt viel zu ähnlich, so leidet nicht nur die dringend notwendige Abwechslung, auch die etwas dröge und sehr vorhersehbare Story kann ab und an für einem narkoleptischen Anfall bei actionverwöhnten Spielern sorgen.

Genre-üblich gibt es nach dem Kampf eine Einstufung des Könnens.
Was hätte Valkyrie Elysium gebraucht, um ein deutlich besseres Spiel zu sein? Neben einem ausgewogeneren Schwierigkeitsgrad hätte ein Online-Koop-Modus wahre Wunder gewirkt. Die Umgebungen, die recht dröge und uninspiriert wirken, bieten bis auf die Gegner, Schatztruhen und tonnenweise zerstörbare Kisten und Fässer einfach gar nichts, was die Neugier des Spielers wecken würde. Die Mini-Rätsel sind ein Feigenblatt-Witz, keine verschlossene Tür, die zu einer geheimen Kiste führen soll, bleibt länger als 30 Sekunden in diesem Zustand. Auch die Gegnerschar besteht aus weniger als 20 Modellen, die sich nur durch die Element-Ausweisung unterscheiden – und keiner aus dem Fieslings-Line-Up braucht eine besondere Herangehensweise oder Strategie, was für ein Spiel dieser Machart eigentlich unabdingbar ist, um beim Spieler für die nötige Aufmerksamkeit zu sorgen. Das gilt auch für die optisch lahmen und starr inszenierten Zwischensequenzen, die selbst bei den hartgesottensten JRPG-Fans zu dem unerwünschten Ergebnis führen, dass der Finger weniger als einen Millimeter über dem Skip-Button schwebt – und diesen ab und zu sogar drückt.

Dinge, die die Spielwelt braucht

Fazit

Den Anspruch der japanischen Entwickler von Soleil, den altgedienten Valkyrie Profiles ein recht seichtes Actionspiel mit RPG-Elementen in der Größe eines Däumlings zur Seite zu stellen, haben die Macher nur teilweise erfüllt. Die augenbetäubenden Kämpfe, die eine Zeit lang wirklich für eine Menge Spaß vor der Daddelkiste sorgen, werden auf die Dauer zu eintönig und sind vor allem viel zu einfach. Wer Bock auf eine hirnlose Klopperei hat, die ein wenig wie ein JRPG anmutet, ist hier genau richtig, besonders wenn dabei kein großes Interesse an Figuren und Handlung besteht oder das eigene Skillset bei vielen anderen Spielen dieser Art nicht ausreicht. Optik der Umgebungen und der Spielfigur sind allenfalls mittleres PS-4-Niveau, dafür laufen die optisch prächtigen Prügeleien auf der Playstation 5 zu 99,9% mit butterweichen 60 Bildern pro Sekunde. Das ist perfekt für die effektreichen Kämpfe, bei denen sich bis zu zehn Gegner und auf Wunsch die Walküre samt aller verfügbaren Einherjar tummeln. Leider macht in die Spielkamera in dem Getümmel oftmals schlapp, nicht selten merkt der Spieler erst nach Sekunden, dass er auf Ziegel anstatt Monster einprügelt. Sollten sich die Entwickler für einen etwaigen Nachfolger von Valkyrie Elysium einlassen, dann müssten das Balancing, die Abwechslung und eine verbesserte Optik jedenfalls ganz oben auf der To-Do-Liste stehen.

Pro

  • schnelles Kampfsystem
  • niedrige Lernkurve
  • viele Waffen
  • auch für Anfänger geeignet

Kontra

  • altbackene Optik
  • vorhersehbare Story
  • leere Umgebungen
  • wenig Abwechslung
  • zickige Kamera
  • Sprachausgabe nicht lippensynchron

Wertung

PlayStation5

Ein farbenfrohes Kombo-Geballer im Stil von Genshin Impact, Bayonetta und Dynasty Warriors kann nicht über schwache Umgebungs-Optik und einen repetitiven Spielablauf hinwegtäuschen.

Echtgeldtransaktionen

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Kommentare
Alandarkworld

heißen die gefallenen Krieger nicht Einherjer?
Es ist so: Im PS2-Titel "Valkyrie Profile 2" haben sie (sowohl in englischem Ton als auch deutschem Text) "Einherjar" geheißen. In der englischsprachigen Synchro in "Valkyrie Elysium" sprechen die Charaktere auch von "Einherjar". Und dann kommt der deutsche Untertitel und da steht dann plötzlich "Einherier". Sorry, ne, das geht für mich nicht, irgendwo hört Lokalisierung auf ("John Schnee", anyone?)

Zuletzt bearbeitet vor 2 Jahren

vor 2 Jahren
Todesglubsch

Und.... heißen die gefallenen Krieger nicht Einherjer?
Beides ist korrekt

vor 2 Jahren
Herschfeldt

Ich habs gestern durchgespielt (ca. 14 Stunden Gesamtlaufzeit im mittleren Schwierigkeitsgrad, hab fast alle Sidequests gemacht) und ich stimme dem Test größtenteils zu. Die Action funktioniert gut bis sehr gut und geht locker von der Hand. Die Figuren wiken allerdings von der Optik über die Animation bis hin zur Story durchwegs hölzern und austauschbar. Die Umgebung hätte schon zu PS3-Zeiten niemanden mehr vom Hocker gehauen. Die Levels reichen von eng und schlauchartig bis hin zu recht großen Arealen, was sie eint ist die inhaltliche Leere. Umgebungs-Interaktionen sind Mangelware. Da und dort gibts mal nen Schalter zu aktivieren, oder einen Schlüssel für eine Tür zu "suchen" der ungelogen 5 Meter weiter in einer Kiste liegt.

Was mir hingegen sehr gut gefallen hat war das Element-System im Kampf, welches sich spürbar auf das Geschehen ausgewirkt hat. Umso mehr schmerzt es, dass es insgesamt nur 4 Einherjar im Spiel gibt, aber mehr unterschiedliche Elemente, sodass man im Kpf gegen Gegner eines Schwäche-Typs, für den es keinen Einherjar gibt, automatisch im Nachteil ist. Hier werde ich das Gefühl nicht los, dass das Spiel im Umfang gekürzt wurde.

Die 70er-Wertung geht also in Ordnung, meiner Meinung nach wäre viel mehr Potenzial da gewesen und ich werde das Gefühl nicht los dass das Spiel vorschnell veröffentlicht wurde und eigentlich noch 1-2 Jahre in der Produktion hätte bleiben müssen. Dafür rennt es relativ sauber und ohne gröbere Bugs.
Schöner kurzer "Abriss"! Danke dir. Spielte gerade mit dem Gedanken an ein Erwerb für PC. 14 h mit allen SQ ist jetzt nicht gerade viel, wenn ich für Sniper Elite V bereits mindestens 3 h für ein Level benötige (9 + DLC´s gibt es), um alles zu finden. Die Krux ist wohl auch die Grafik a.D. 2010?! Und.... heißen die gefallenen Krieger nicht Einherjer?
Edit: Jo, kommt ja erst am 11.11.22 für Steam. Hab ich beim querlesen wohl überlesen. Wollte nicht gespoilert werden. Aber 59,99 € sind dann auch mir zu viel! Mal schauen, wird bestimmt schnell purzeln und im Weihnachtssale eingesackt.

Zuletzt bearbeitet vor 2 Jahren

vor 2 Jahren
Todesglubsch

Was ist denn an der Dame jetzt ne Kampflesbe?

Ich kenn mich mit der Valkyrie-Reihe jetzt nicht so aus, aber hatten die Walküren da nicht schon immer nen leichten Yuri-Vibe und waren eher stoisch charakterisiert? Passend zur hellen Haarfarbe? (Nur in Japan gibt's nen direkten Zusammenhang zwischen den Haarfarben und den Charaktereigenschaften )

vor 2 Jahren