Signalis - Test, Action-Adventure, Switch, PlayStation4, PC, XboxOneX

Signalis
04.11.2022, Eike Cramer

Test: Signalis

Stylisher Retro-Horror aus Hamburg

Das Action-Adventure Signalis (ab 26,99€ bei kaufen) ist eine Zeitreise in die Neunziger. Im PS1-Look inszeniert das Hamburger Entwickler-Duo Rose-Engine klassischen Survival-Horror mit einem psychologischen Twist in den Tiefen einer von Zombie-Androiden heimgesuchten Mine auf einer fremden Welt. Wie sich das im Game Pass erhältliche Action-Adventure spielerisch schlägt, klärt unser Test.

Zombie-Replikanten in finsteren Gängen: Signalis ist klassischer Survival-Horror im besten Sinne.
Replikantin Elster hat ein Problem: Nach dem Absturz ihres Raumschiffes auf einer unwirtlichen Planetenoberfläche erwacht die Androidin ohne ihre menschliche Gestalt-Partnerin Ariane. Ihre Suche führt sie in eine labyrinthische Minenanlage Sierpinski-23, tief unter der Oberfläche des Planeten Leng, wo anscheinend nicht alles ganz nach Plan gelaufen ist. Infizierte Replikanten durchstreifen wie blutdurstige Zombies die düsteren Metallgänge – und auch Elsters Speicher scheint bei der Bruchlandung einen Schlag abbekommen zu haben. Merkwürdige Erinnerungs-Visionen und Trugbilder spinnen ein Mysterium, an dessen Ende nichts wirklich das ist, was es zu sein schien.

Gefangen in der Horror-Mine

Spielerisch ist Signalis dabei klassischer Survival-Horror im Stil der PlayStation 1 – Ära. Ich durchstreife die düsteren Gänge der Minen aus der Iso-Perspektive, öffne Türen, löse Rätsel und bekämpfe auf dem Weg die zombiehaften Replikanten, die von einer fiesen Seuche heimgesucht worden sind. Im Kampf stehen mir dabei eher klassische Knarren wie Pistole und Shotgun statt Lasergewehr und Co. zur Verfügung, denn die Sci-Fi von Signalis ist verdammt Retro. Der hochentwickelten Replikanten-Technologie stehen Langwellen-Funkgeräte, Videokassetten und Audio-Tapes gegenüber, die eher an die Achtziger erinnern. Das ist eine durchweg gelungene Mischung aus Hightech und analoger Welt, die genau wie bei Filmen wie Alien oder Blade Runner eine dichte Atmosphäre schafft. Diese wird durch die vor allem über Notizen erzählten Hintergründe zusätzlich verstärkt: Hinweise auf ein totalitäres System, Terraforming auf dem Mond „Rotfront“ und der dokumentiert harsche Umgang mit den Arbeitern verdichten die metallene Welt von Signalis zu einem spannenden Universum, über das ich dringend mehr erfahren möchte.

In den Rückblenden schaltet Signalis oft in eine Ego-Sicht um.
Genau wie bei Resident Evil steht bei der Erkundung der im Horror-Mine vor allem das Ressourcenmanagement im Vordergrund – die Inventarplätze sind extrem begrenzt, nur sechs Gegenstände kann Elster verstauen. Angesichts einer Vielzahl von Schlüsselkarten, Medikits, Rätsel-Items und Knarre ist das ganz schön wenig. Altbekannte Safe-Rooms halten dafür neben Speicher-PCs geteilte Aufbewahrungskisten bereit, an denen ich mich für den nächsten Erkundungsabschnitt ausrüsten kann.

Viel Gerenne in metallenen Gängen

Da ich allerdings nicht weiß, was genau ich für das kommende Rätsel brauche, kann das zu ganz schön viel Gerenne quer über die Stockwerke der Krankenstation, Arbeiterquartiere etc. führen, da ich ständig Gegenstände austauschen muss. Das wird manchmal richtig nervig, da Ressourcen wie Munition genretypisch wichtig sind. Entsprechend müssen manche Räume mehrfach angesteuert werden, um alles abzugrasen. Das ist eine ärgerliche Designschwäche von Signalis, das an vielen anderen Stellen mit toller Retro-Inszenierung glänzen kann.

Ein Hauch von Anime: Der Look der Figuren bringt einen Anflug von Ghost in Shell ins Artdesign.
Vor allem die Rätsel sind dabei die große Stärke des Action-Adventures. Immer wieder wird meine Kombinationsfähigkeit gefordert, etwa wenn ich den Inhalt von Wasserbehältern ausgleichen oder die Spannung eines Stromkreises per Schalterrätsel konfigurieren muss. Die abwechslungsreichen Aufgaben sind logisch und fügen sich richtig gut in den Spielfluss ein, fordern aber manchmal eine gute Kombinations- und Beobachtungsgabe. Richtig cool ist die Einbindung eines Radio-Empfängers, den ich im Inventar frei auf Langwellen-Frequenzen einstellen kann. Immer wieder muss ich die richtigen Frequenzen nutzen, um etwa Codes für Tresore zu erhalten, oder mit Melodien Behälter oder Türen zu öffnen. Die Rätsel werden dabei visuell wie in klassischen Render-Adventures aus der Ego-Perspektive in Szene gesetzt und erinnern mich dabei stark an Myst, Zork Nemesis oder Atlantis. Der haptische Eindruck von gedrückten Schaltern und aufleuchtenden Code-Eingabefeldern tut sein Übriges, um mich auch visuell zu faszinieren. Das ist richtig stark und hat für mich jedes Rätsel in ein echtes Highlight verwandelt.

Rätsel zum Verlieben

Der Kampf von Signalis ist wie früher aber eher rudimentär, ich ziele mit der Knarre auf die Zombie-Replikanten, warte bis sich das Fadenkreuz verengt und drücke im besten Moment ab. Dabei spannend: Die Liebe von Rose-Engine ging tatsächlich so weit, auch die Streichholz-Mechanik aus Resident Evil zu übernehmen. Die Zombie-Replikanten sind nur dann endgültig außer Betrieb, wenn man sie mit einer Thermit-Fackel endgültig zu Bio-Elektroschrott verbrennt. Das ist nett, angesichts des mit wenigen Ausnahmen aber eher überschaubaren Schwierigkeitsgrades von Signalis sehr selten wirklich nötig. Meist reicht es nämlich, einfach um die kreischenden Viecher herum zu navigieren – aufgrund der Platzknappheit habe ich weite Teile der Station sogar ganz ohne Waffe bereist.

Die Rätsel werden in Ego-Ansicht dargestellt, was an alte Grafik-Adventures wie Myst erinnert.
Die echten Stars des Sci-Fi-Horrors sind für mich aber vielmehr die grandiose Kulisse und das fantastische Sounddesign. Die Kulisse glänzt mit ihrem pixelig-kantigen Neunziger-Charme, der die PS1-Ära so darstellt, wie ich sie in Erinnerung habe. Schöne Animationen, hübsche Lichteffekte, stimmungsvoller Schattenwurf und schicke Reflektionen erzeugen ein künstlerisches Gesamtbild, das ich wirklich wahnsinnig ansprechend finde. Dazu kommt, dass Signalis nicht nur bei Rätseln, sondern auch in Rückblenden teilweise in die Ego-Sicht wechselt. Dann steure ich Elster nämlich direkt durch eine wunderbar rückwärtsgewandte 3D-Kulisse, die mit spannenden Formatwechseln ebenfalls zum starken Gesamteindruck des Spiels beträgt.



Was für ein Artdesign

Das zu jeder Zeit extrem stilsichere Artdesign veredelt die Technik. Plakate, Räume, Gegner, Rätsel – wirklich alles passt in seinem retrofuturistischen Sci-Fi-Look richtig gut zur Kulisse. Selbst Inventar, Karte und Co. sind bis ins letzte Detail durchdesignt und entsprechen flackernden CRT-Bildschirmen die manuell durchgeschaltet werden. Das verbessert nicht unbedingt die Lesbarkeit der Elemente, erzeugt aber ein unheimlich stimmiges Gesamtbild. Wann gab es schon mal einen Bluescreen bei einem Bildschirmtod? Eben! Klar ist aber auch: Das alles ist extreme Geschmackssache. Wer von Kanten und Pixeln abgestoßen wird, der wird hier eher nicht glücklich. Ich persönlich finde den Look von Signalis aber wirklich wahnsinnig gut.

Der starke Sound flankiert den visuellen Eindruck mit einem grandiosen Soundtrack aus der Feder von Cicada Sirens & 1000 Eyes der zwischen atmosphärischen Streichern, Retro-Synths und teils fies-metallischen Elektro-Sounds laviert. Diese Kombination aus visueller Retro-Pracht, Musik und kreischenden Zombie-Sound erzeugen eine Atmosphäre, für die man einen Laser-Schneider bräuchte. Kombiniert mit den teils komplett bizarren Rückblenden und Erinnerungs-Einwürfen wird Signalis so zum Teil zu einem psychologischen Grenzgang, der die Minen-Hölle von Sierpinski-23 zu einem intensiven Horror-Erlebnis macht.

Fazit

Signalis ist richtig guter, klassischer Survival-Horror der alten Schule. Mir hat es vor allem das fantastische Art- und Sounddesign angetan, dass der Alien-Mine von Sierpinski-23 eine zum Schneiden dichte Atmosphäre verleiht. Außerdem habe ich mich in den knapp acht Stunden der Story auf jedes einzelne, toll in Szene gesetzte Rätsel gefreut. Aber auch hier ist nicht alles Gold: Das viel zu kleine Inventar und das andauernd notwendige Austauschen von Items in den Speicherräumen nervt, da es eine Vielzahl immer gleicher Laufwege durch bereits absolvierte Gebiete erfordert. Dazu kommt ein zu niedriger Schwierigkeitsgrad, der im Kampf gegen die Zombie-Replikanten nur selten echte Horror-Stimmung aufkommen lässt. Das beklemmende Gefühl entsteht eher durch die dichte Atmosphäre und bizarre Rückblenden als durch spielerisch erlebten Terror. Trotzdem ist Signalis eine spannende Erfahrung, deren mysteriöse Handlung auch nach dem Abspann nachwirken wird.

Pro

  • tolle Grafik mit spektakulär konsequentem Artdesign
  • starke Musik und Sounds
  • interessante, mysteriöse Handlung
  • guter Schauplatz, spannende Welt
  • gute Rätsel

Kontra

  • sehr viel repetitives Rumgerenne
  • viel zu kleines Inventar
  • Menüs teilweise unübersichtlich
  • Bedienung zum Teil unnötig komplex
  • niedriger Schwierigkeitsgrad

Wertung

PC

Stilsicherer, richtig guter Survival-Horror der alten Schule, der vor allem durch Kulisse, Rätsel und Atmosphäre überzeugt.

XboxOneX

Stilsicherer, richtig guter Survival-Horror der alten Schule, der vor allem durch Kulisse, Rätsel und Atmosphäre überzeugt.

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Kommentare
Rooster

Das Geräusch, wenn man ein Item ins überfüllte Inventar nehmen will, ist übrigens der Soundeffekt des Jahres! Bin jetzt im After Credits Kapitel und immer noch schwer begeistert. Callisto muss sich definitiv anstrengen ... richtige Survival Horror Renaissance im Moment.

vor einem Jahr
AdrianVeidt

Ohne Gamepass wär mir das Game komplett durch die Lappen gegangen, aber dank dem Gamepass hatte ich eine Unterhaltsame Zeit während der Halloween Zeit.

Das Konzept um die Vogelnamen ist sehr Interessant wie auch die Störche mit ihren langen Beinen die bis an den Himmel reichen, die habens mir angetan.

Ich wünschte man könnte das Spiel auch aus Sicht der verschiedenen Klassen spielen.

vor einem Jahr
ActuallyKindra

Ja, das "erste Ende" ist kein Ende. Ist nen fake out.

vor einem Jahr
Lohreck

Soooo gut! ich habs dank Gamepass direkt gezogen und in zwei 3 Stunden sessions durchgezockt. Hat mir richtig gut gefallen.

Ich spiele sowieso noch sehr gerne diese "Tanksteuerung" da ich ab und an immer mal wieder in die alten Resi teile reinschaue von daher lag mir das auch hier sehr gut. Rätsel waren auch super. Teilweise echt knackig (für mich).

Bitte mehr von solchen oldschool Tank-Spielen !!
2x3 Stunden? kann es sein dass du nach den Credits im Hauptmenü nicht nochmal neu gestartet hast?

Spoiler:


Es geht weiter! Ich hätte da auch fast aufgehört
WTF ist nicht dein ernst oder? Ich dachte da würde einfach ein zweiter durchgang oder NG+ oder sowas starten. Gehts da noch richtig weiter mit der story nach den Credits??????
Hab noch so 30 Minuten bisher weitergespielt (bevor GoW dazwischen kam) und würde schon sage, dass das noch ziemlich Story-Relevant ist. Will da heute noch weiter machen

vor einem Jahr
Rooster

Ich stecke jetzt auch mittendrin und kann mich kaum davon lösen. Wer Resi und/oder Silent Hill mag ist hier quasi zum Spielen verpflichtet. Inventar managen, Routen planen, Ressourcen haushalten, Rätsel lösen und viel erkunden ... alles dabei. Am Anfang habe ich noch befürchtet, dass man sich auf dem markanten Stil ausruht und das Gameplay nur hinten anhängt. Aber ne, das ist ein vollumfängliches Survival Horror Spiel, in ursprünglicher Form, mit viel Liebe zum Detail und schönen Ideen. Musik ist auch großartig und meistens sehr subtil eingebunden. Endlich mal wieder ein Spiel das die Fresse halten kann und mit seiner ruhigen Gangart überzeugt. Überhaupt ist Signalis durch und durch stilsicher. Ich bin mal gespannt wie die Story sich noch entwickelt ... für mich hat das Potential für ne neue Horror Franchise. Ganz heißer GOTY Kandidat!

vor einem Jahr