Elden Ring - Test, Rollenspiel, PlayStation4, PC, XboxSeriesX, PlayStation5, XboxOne
Ob Demon's Souls, das erste Dark Souls, Teil 2 oder Dark Souls 3, ob Bloodborne und Sekiro: Shadows Die Twice: Diese Spiele haben alle einen festen Platz in meinem Spieler-Herz! Dabei standen die Zeichen nicht von Anfang an auf Liebe: Denn Demon's Souls auf der PlayStation 3 hab' ich zuerst einfach nicht verstanden und schneller ins Regal gepackt, als ich das beiliegende Artbook durchblättern konnte. Der große und im Rückblick unausweichliche Aha-Moment war das Zusammentreffen mit Dark Souls auf der Xbox 360: Mit der besseren Hälfte als äußerst hilfreiche Backseat-Gamerin mit klarem Auge stellte sich nach und nach ein Verständnis für die Materie, die vorherrschenden Mechaniken und den ungewohnt hohen Schwierigkeitsgrad ein. Dazu gesellten sich die Gefühle, die das Spiel in mir auslöste, und dafür sorgten, dass es kein Zurück mehr gab. Der Look, die scheinbar unbesiegbaren Endgegner und die trostlose, schwere und düstere Fantasy-Stimmung zogen mich unweigerlich in ihren Bann. Und es gab ein neues Phänomen, das besonders meinen Nachbarn zu schaffen machte: Denn nach kaum zählbaren, aber unermüdlichen Versuchen, den Sieg über einen der Bosse zu feiern, entlockte mir das Geschehen einen lauten Jubelschrei, der die Devotionalien in den Glas-Vitrinen des Spielzimmers erzittern ließ – und eben nicht nur meine.
Dark Souls & ich
mit zitternden Händen zur Seite zu legen, während mir noch das Adrenalin aus den Ohren lief, und ein paar Minuten durchzuatmen konnten allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass bereits der nächste Boss oder sauschwere Abschnitt vor mir lagen – und ungewöhnlicherweise freute ich mich darauf. Natürlich schwang da auch immer das Thema "Angst" mit – da ist aber tatsächlich die dezent wohlige Ausprägu g dieses sonst eher als unangenehm empfundenen Gefühls gemeint...
Das gab so es in meiner mittlerweile über 40-jährigen Erfahrung mit Videospielen bis dahin nicht! Das Gamepad
Erinnerungen an Bloodborne
Danach war es war schlicht toll zu sehen und zu spüren, dass das Kampfsystem von Bloodborne auch einen maßgeblichen Einfluss auf Dark Souls 3 hatte, das sich fast wie ein Best-of aller bis dahin erschienenen Souls-Games spielte. Bloodborne 2 war (und ist) zu meinem großen Bedauern nicht in Sicht, aber auf der E3 2019 ließ From Software die Bombe platzen: Ein neues Spiel mit dem ungewöhnlichen Namen "Elden Ring" wurde anhand eines ominösen Trailers angekündigt – und stand bis zum Release am 25. Februar 2022 nicht nur auf meiner Wunschliste ganz weit oben.
Dass Vorfreude die schönste Freude ist, kann ich in diesem Fall nicht behaupten – die Tage bis zum nächsten Trailer, der im Juni 2021 erstmals echtes Gameplay zeigte – das teilweise leider schon vorab geleaked war – waren eine Qual. Die Info-Häppchen, die man bis dahin aufschnappen konnte, waren, dass sich Mastermind Hidetaka Miyazaki und sein Team von Spielen wie The Witcher 3, Breath of the Wild, Shadow of the Colossus und der Elder Scrolls-Serie inspirieren ließ – natürlich nur, um diese köstliche Melange mit der großen eigenen Erfahrung und dem unerreichten Souls-Rezept zu würzen. Auch die Infos über einen Trip des Teams nach Schottland, wo zahlreiche Fotos geschossen wurden, um einen Look für Elden Ring zu finden, wurden von mir gierig aufgesogen. Und schließlich war es dann so weit: Am 25. Februar diesen Jahres erschien Elden Ring. Wie alle braven Bürger hatte ich mir für diesen Tag (und die folgende Woche) Urlaub genommen, um mir mein sehnlichst erwartetes Spiel ganz in Ruhe zu Gemüte zu führen. Also morgens schnell zu Müller – Media Markt hatte es nicht für nötig befunden, das Spiel schon morgens in den Regalen zu platzieren –, zweimal Elden Ring für PS5 abgegriffen und dann ab nach Hause so schnell die Füße tragen. "Nein Schatz, für einen Kaffee haben wir jetzt wirklich keine Zeit mehr!" Um es an dieser Stelle schon vorwegzunehmen: Nach 216 Stunden hatte ich nicht nur eines der besten Spielerlebnisse überhaupt hinter mir, sondern bin auch nur ganz knapp an einer persönlichen Tragödie vorbeigeschrammt – aber dazu später mehr...
Elden Ring kündigt sich an
Der Treueschwur
schon auf dem Weg nach Stormveil Castle sollten sich drei Dinge herauskristallisieren: Meiner Frau war das Spiel zu schwer und der Koop-Modus zu umständlich, zudem war für sie das in der Koop-Variante fehlende Reittier ein Ding der Unmöglichkeit. Also zogen wir zu zweit weiter, mein Online-Kumpel und ich versprachen uns in die Hand, dass keiner einen Schritt im Spiel macht, ohne dass der andere dabei ist. Da wir beide schon seit jeher auf Melee-Builds setzen war das besonders bei dem Kampf gegen Drachen keine Freude. Zudem war die Idee schon im Vornherein irgendwie zum Scheitern verurteilt. Aus diesem Grund wurde unser Versprechen leicht abgeändert: Nun durfte jeder auch alleine seine Runden drehen – allerdings nur bis zum nächsten Boss-Tor.
Das funktionierte einige Stunden lang erstaunlich gut – und noch besser war, dass man sich, nach der Online-Zusammenfindung nicht nur über die eigenen Erlebnisse aufgeregt austauschen, sondern seinem Spiel-Partner auch entdeckte Geheimnisse, Dungeons oder lohnende Schatztruhen zeigen konnte. War man allein unterwegs, griff in Elden Ring natürlich wieder die berühmte Schwere, Traurigkeit und Mystik, wie sie eigentlich nur die Spiele der Souls-Serie vermitteln können. Dabei sind die Zwischenlande eine Welt voller Wunder, in der der Spieler den Mund vor lauter Faszination kaum schließen kann: Monster, Geister, Riesen, Banditen und vor allem die brandgefährlichen Bären, die in Mistwood ihr Unwesen treiben, waren der pure Terror. Sich noch vor dem ersten Zusammentreffen mit Schwierigkeitsgrad-Wächter Margit weit in den östlichen Teil der Karte zu wagen, bedeutete den einen von hundert sicheren Bildschirmtoden. Dabei gelingt es dem Spiel ganz vorzüglich, den Spieler sanft, aber bestimmt in die richtige Richtung zu schubsen. Klar, an Leuchtfeuern deutet ein goldener Schweif die ungefähre Marschroute an, aber wie die Karte und das absolut notwendige Studium dieser zur Faszination der Spielwelt beitragen, war bis dato unerreicht, ist es bis heute und wird es noch lange bleiben. Man kann sich nach Jahren des Fragezeichen-Abarbeitens fast bildlich vorstellen, wie die Assassin's-Creed-Designer beim Anblick der Elden-Ring-Karten-und-Entdeckungsmechanik in einem Meer aus Tränen versunken sein müssen.
Gemeinsam einsam
Das kommt besonders zur Geltung, wenn man im Koop-Modus Besuch von einem menschlichen Invader bekommt – was zum Leid meines Koop-Kumpels und mir leider viel zu oft der Fall war. Anstatt sich gemeinsam an der Spielwelt zu ergötzen und einen Angriffsplan für den nächsten Boss zu entwickeln, stand es auf der Tagesordnung, sich rund alle 30 Minuten mit einem Störenfried auseinanderzusetzen. Selbst eingekeilt war dieser mit unendlichem Rollen in der Lage, die Großzügigkeit der iFrames ausnutzen, so dass Schlagserien von zwei Spielern gleichzeitig praktisch ins Leere gingen. So werden Koop-Spieler in Elden Ring also gleich mehrfach für ihren sozialen Entdeckungsdrang bestraft: Es gibt kein Reittier (das macht besonders die Kämpfe gegen Drachen ultrahart) auch die neu eingeführten und im späteren Spielverlauf wirklich unglaublich mächtigen Geisteraschen dürfen nicht genutzt werden, zudem drückt das ständige Invaden kräftig auf den Spielspaß.
nachhallen werden: Die Entdeckung der unterirdischen Welt(en) samt ihren Geister-Minotauren und erbarmungslosen Blitzkugeln, der unerwartete Warp in die Kristallhöhle samt dann noch viel zu starker Gottesanbeterinnen, lachende, tanzende sowie augenscheinlich verrückte Damen, und natürlich die verhassten Streitwagen, die sicherlich viele Spieler mehr Nerven gekostet haben als die anstrengendsten Bosse im Spiel. So erlebten wir auf unserem abendlichen Reisen allerlei Faszinierendes, Wunderliches und Spannendes, staunten über neue Geheimnisse und der Jubelschrei am Ende eines schweren Kampfes wurde per Headset nicht selten gedoppelt. Manchmal waren es auch Angstschreie, besonders die gruseligen und auch mal gefährlichen Spinnen-Hände im Caria Manor oder die fürchterlichen, immer gefährlichen, vielarmigen Gift-Krabbler werde ich niemals vergessen.
Ärger im Koop-Paradies
Spielte man mal wieder alleine, war ordentlich Studium von Guides nötig, um die Nebenquests zu erfüllen. Es ist mir ein Rätsel, warum From Software auch dort so sehr bei der Zugänglichkeit geizt. Keiner kann und will mir sagen, wo ich hinmuss, was wann zu tun ist, und was danach gemacht werden muss, um den wichtigen Gegenstand A zu bekommen, der wiederum zur wichtigen Person B gebracht werden muss. Viele werden jetzt argumentieren, dass ja gerade dieser Umstand ein wichtiger Teil eines jeden Souls-Spiels ist. Gerade weil die Entwickler in Elden Ring aber an vielen Stellen eine bis dahin ungewohnte Milde walten lassen, um auch Neulingen einen Einstieg zu ermöglichen, sorgt diese total vertrackte Missionsführung für Kopfschütteln. Sie ist sogar Schuld, dass große und spannende Gebiete mit vielen neuen Gegnern und Schätzen von vielen Spielern nur entdeckt werden können, wenn eine Anleitung zu Rate gezogen wird. Das geht besser – und nein, es müssen auch dann keine großen, gelben Ausrufezeichen auf der Karte der Spielumgebung sein...
Kryptisch gleich gut?
Kleinere, oft gemeine Spielchen, wie etwa der nur vermeintlich nützliche Gegenstand der Kuschel-Tante oder das ewige Gerede mit der Geisteraschen-Verbesserin, bis diese endlich ihren Shop eröffnet, sind noch im Rahmen, etwas weniger kryptisch wäre an vielen Stellen dennoch deutlich hilfreicher und motivierender. Ich weiß nicht, wie vielen Kollegen ich erzählt habe, dass sie sich in in der Hütte des Kriegsmeisters die augenscheinlich vollkommen nutzlose "No-Skill-Asche" kaufen und auf das Schild pappen sollen. Erntete ich dafür zuerst schallendes Gelächter, kamen die Beratenen schnell auf den Trichter, dass der Spezialschlag der geführten Waffen so deutlich einfacher und schneller auszuführen ist.
Die zahlreichen unterschiedlichen Waffen, damit verbundene Manöver, Rüstungen, Talismane, Fette, Verzauberungen, Buffs und Zauber in Elden Ring sind so dermaßen weit über allem, was in der Welt der Videospiele angeboten wird, dass man ganze Bücher damit füllen kann – was ja auch getan wird.
Böses Erwachen
Damit war auch fast das gebrochene Versprechen vergessen – fast. An der Konsole wird man jeden Tag zum Kind, dann kann man auch mal ausnahmsweise wie ein Erwachsener reagieren: Einige hitzige Gespräche, gegenseitige Schuldzuweisungen und seitenlange E-Mails später haben mein Online-Kumpel und ich glücklicherweise das Kriegsbeil +10 begraben und freuen uns nun gemeinsam auf den Nachfolger von Monster Hunter: World.
Fazit
Mit Elden Ring krönen die Entwickler von From Software die Erschaffung eines ganz eigenen und bis heute meist erfolglos kopierten Genres. Die Zwischenlande auf eigene Faust oder mit Freunden zu erkunden, sich dabei fiesen Monstern, Drachen und Bossen zu stellen, ist eines der besten Spielerlebnisse , die man als begeisterter Action-RPG-Fan haben kann. Malerische Sonnen-Auf- und Untergänge, majestätische Schlösser, geheimnisvolle Dungeons, dunkle Höhlen und von Nebel überzogene Ebenen können optisch als Gesamtbild überzeugen, bei genauem Hinsehen stolpert man dennoch über einige technische Schwächen, die nach einem Update der hauseigenen Engine schreien. Auch die Spielerführung und der doch sehr kantige Koop-Modus müssen sich etwas Kritik gefallen lassen. Es gibt also, unbestreitbar, auch bei Elden Ring noch etwas Luft nach oben – trotzdem ist das Fantasy-Open-World-Abenteuer für mich noch einen Zacken innovativer, phantasievoller und in allen Belangen immersiver als die zweifellos tolle Vater-Sohn-Geschichte in God of War Ragnarök. Was letztlich auch daran liegt, dass der Spieler in Elden Ring seinem ganz eigenen Abenteuer statt einem vorgezeichneten Weg folgt und so jeder ein anderes Erlebnis in seinem Herzen trägt, wenn das Spiel ein Ende findet. Einigen wir uns einfach darauf, dass Elden Ring mit satten 94 % aus diesem "Test" geht und dabei trotzdem mit Leichtigkeit mein Spiel des Jahres, wenn nicht sogar des Jahrzehnts ist. Einen richtigen, echten und vor allem pünktlichen Test verspreche ich euch dann zu Elden Ring 2, mit Glück haben die genialen Japaner ein Erbarmen und wir können uns 2027/28 wieder in den heißgeliebten und knallschweren Circus Maximus à la From Software stürzen.
Pro
- riesige Spielwelt voller Überraschungen
- sehr viele Gegner-Varianten
- extrem viele Waffen, Rüstungen, Schilde
- Open-World neu gedacht
- fantastisches Setting
- denkwürdige Endgegner
- famoses optisches Gesamtbild
- viele Möglichkeiten zur Anpassung (Kampf, Klasse)
- Koop-Modus für bis zu vier Spieler
- unnachahmliche Stimmung
- auch für Souls-Neueinsteiger geeignet
- geniale Karte ohne Symbole
Kontra
- kaum Spielerführung
- unzureichendes Tutorial
- arg unzugängliche Nebenquests
- technisch nicht ausgereift
- Invader stören die Koop-Erfahrung
- Online-Koop unnötig sperrig
- einige Copy & Paste-Dungeons
- recycelte Mini-Bosse
Echtgeldtransaktionen
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